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G20-Finanzministertreffen in Baden-Baden Verhaltener Gegenprotest Veronika Schulz, Neue Internationale 218, April 2017 Im Juli 2017 tagen die politisch Mächtigen der Welt in Hamburg. Zum Auftakt der deutschen G20-Präsidentschaft trafen sich am 17. und 18. März die FinanzministerInnen und Notenbankchefs der 19 führenden Industrie- und Schwellenländer sowie der Europäischen Union in Baden-Baden. Zum Gegenprotest hatte das Bündnis „NoG20 Baden-Baden“ aufgerufen, das neben Gewerkschaften und linken Gruppierungen hauptsächlich vom Netzwerk Attac und dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) getragen wird. Die Ergebnisse des Treffens sind schnell zusammengefasst: Die US-Delegation verhinderte eine Einigung in Sachen Handels- und Klimapolitik, die Presse überschlug sich ob dieser „Kehrtwende“ und zuletzt wurde eine schwammige bis nichtssagende Abschlusserklärung unterzeichnet. Währenddessen trotzten die GegnerInnen des Gipfels dem kalten Dauerregen. Sie drückten ihren Protest gegen die Krisenpolitik der EU auf vielfältige und kreative Weise aus, wenn auch in beträchtlicher Entfernung zum Tagungsort. Die Demonstration, die von mehreren Tausend PolizistInnen überwacht und begleitet wurde, war von einem kämpferischen antikapitalistischen Block dominiert, der sich an die Spitze des Demozuges setzen konnte. Neben der Partei DIE LINKE und ihrer Jugend war insbesondere die Interventionistische Linke vertreten, aus den Gewerkschaften ließen sich lediglich FunktionärInnen der Kreis- und Bezirksebene blicken. Beteiligung? Dies führte dazu, dass die vom Bündnis ohnehin niedrig angesetzte Schätzung von 1.000 DemonstrantInnen noch unterschritten wurde. Gerade einmal 500 AktivistInnen protestierten gegen den „Mini-Gipfel“. Eine solch geringe Beteiligung lässt sich nur zum Teil mit dem schlechten Wetter am außerdem abgelegenen Tagungsort schönreden. Der Hauptgrund dürfte vielmehr die unzureichende Mobilisierung des Bündnisses sein. Ein plausibler - und erfreulicher - Grund ist sicherlich die zeitgleiche Demonstration von KurdInnen in Frankfurt. Hier versammelten sich mehr als 30.000 TeilnehmerInnen anlässlich des kurdischen Neujahrsfestes Newroz, um für ihre Rechte und gegen das vom türkischen Staatspräsidenten Erdogan angesetzte Verfassungsreferendum zu protestieren. Solidaritätserklärungen und Parolen mit Bezug zum kurdischen Befreiungskampf gab es auch in Baden-Baden. Dennoch war das Fehlen migrantischer Gruppen sowohl im Bündnis als auch auf der Demonstration ein weiteres Manko. Zwar haben die Redebeiträge der einzelnen Gruppen verdeutlicht, dass viele richtige Forderungen aufgestellt werden, z. B. in Bezug auf ein Ende des Troika-Spardiktats für Griechenland. Die Argumentation erfolgt dabei aber oft in Schlangenlinien, die Systemfrage wird - wenn überhaupt - nur nebulös angedeutet. Ein Klassenbezug in Parolen ist oft gar nicht vorhanden, wäre jedoch zudem allein nicht ausreichend, wenn man die leeren Floskeln „Antikapitalismus“ und „Feminismus“ mit programmatischem, strategisch-taktischem Leben füllen und nicht nur als Platzhalter auf Bannern verwenden will. Bis zum Hauptgipfel im Juli muss sich daher über das überschaubare Spektrum linker Gruppen hinaus ein schlagkräftiger und kämpferischer Gegenprotest organisieren, um die Forderungen gemeinsam auf die Straße zu tragen. Für die kommenden Aktionen muss insbesondere eine breite gewerkschaftliche Mobilisierung an der Basis erfolgen. Die Gewerkschaften müssen sich an einer Diskussion über die Krisenpolitik der Regierung Merkel und der Rolle Deutschlands beteiligen, statt weiterhin auf Sozialpartnerschaft mit dem Kapital zu setzen. Nur durch eine neue, antikapitalistische Internationale der ArbeiterInnenklasse kann der Widerstand gegen dieses krisenhafte System gebündelt werden, um eine Brücke zum Kampf für eine sozialistische Gesellschaft zu schlagen. |
Nr. 218, April 2017
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