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Berliner Mietproteste

Aufbegehren!

Hannes Hohn, Neue Internationale 199, Mai 2015

Seit Jahren vergrößern sich auch in Berlin die Probleme am Wohnungsmarkt. Seit Jahren gibt es Proteste. Zahlreiche Stadtteil- und Mieterinitiativen sind gegen hohe Mieten, Gentrifizierung und Zwangsräumungen aktiv. Mit dem Volksentscheid zum „Tempelhofer Feld“ war es 2014 sogar gelungen, die Infrastruktur-Pläne des Berliner Senats zu kippen. Allerdings hatte diese Initiative den fragwürdigen „Erfolg“, dass am Tempelhofer Feld überhaupt der dringend notwendige Wohnungsneubau blockiert wurde.

Nun geht die Mieterbewegung das nächste Projekt an: ein Mieter-Volksentscheid soll den SPD/CDU-Senat zwingen, die Wohnungssituation in der Stadt zu verbessern. Dazu soll per Volksentscheid über ein „Gesetz über die Neuausrichtung der sozialen Wohnraumversorgung in Berlin“ entschieden werden.

Zunächst müssen bis Ende Mai mindestens 20.000 Unterschriften zur Einleitung eines Volksbegehrens gesammelt werden. Würde dies abgelehnt, müssten ab Januar 2016 über 175.000 wahlberechtigte BerlinerInnen für die Einleitung eines Volksentscheides votieren. Dieser soll dann parallel zur Abgeordnetenhauswahl im September 2016 stattfinden.

Diese Initiative ist richtig und völlig berechtigt, da sich in Berlin - wie in vielen anderen Städten - die Wohnsituation immer weiter verschlechtert hat. Die Misere hat verschiedene Gründe: verstärkter Zuzug, mehr Tourismus, Luxussanierungen, Privatisierungen von Wohnraum, ein fast total eingebrochener „Sozialwohnungsbau“ usw. Das führte nicht nur zu enormen Preissteigerungen bei Mieten, sondern auch zu Wohnungsmangel.

Vor allem ärmere Haushalte leiden unter der Situation. So müssen derzeit nahezu 260.000 Haushalte mit Einkommen unterhalb der Armutsgrenze leben. Den größten Anteil davon stellen die über 140.000 Ein-Personen-Haushalte, die weniger als 705 Euro im Monat zur Verfügung haben.

Zwar hat der Senat angekündigt, sich für Verbesserungen einzusetzen, doch dabei blieb es bisher auch.

Ziele

Das zentrale Anliegen der Mieter-Initiativen ist der Erhalt bzw. die Schaffung von preiswertem Wohnraum. Dazu wollen sie einen „Wohnraumförderfonds“ und eine einkommensorientierte Mietpreissenkung für öffentlich geförderte Wohnungen. Auch die Förderung von Neubauten mit niedrigen Mieten ist ein wichtiges Thema. Die städtischen Wohnungsunternehmen sollen als Anstalten öffentlichen Rechts neu strukturiert und „mieterfreundlicher“ werden.

Der Mietervolksentscheid soll eingebettet sein in eine „soziale, demokratische und ökologische Umgestaltung“ der Stadt. Die InitiatorInnen wollen „den Ausverkauf unserer Stadt aufhalten“ und sie „nicht länger der Politik und der Immobilienwirtschaft überlassen.“

Ohne Frage verdient die Initiative Unterstützung. Doch die Unterschriftensammlung sollt vor allem auch dazu genutzt werden, möglichst viele Basisaktionskomitees von MieterInnen zu initiieren und deren Vernetzung voran zu bringen. Nur diese Strukturen und deren Aktivitäten können nämlich z.B. Zwangsräumungen verhindern. Auch sollte die Bewegung sich nicht nur auf Berlin fokussieren, sondern sich bundesweit vernetzen. Ziele sollten dann unter anderen eine bundesweite Mieteraktionskonferenz und eine bundesweite Demonstration sein. Auch eine Verzahnung mit anderen Protesten gegen die Krise ist wichtig - schon deshalb, weil im Zuge des Krisenmanagements die Kommunen mit der Schuldenbremse unter starkem finanziellen Druck stehen.

Die aktuelle Bundesregierung glaubt, in der Mietenfrage aus dem Schneider zu sein, wenn sie die von der SPD initiierte ziemlich folgenlose „Mietpreisbremse“ beschließt (siehe dazu NI 198). Doch anstatt solche Beruhigungspillen zu schlucken, sollte die Bewegung Druck auf SPD, LINKE und den DGB ausüben, endlich für die Interessen der MieterInnen - die ja zum größten Teil „ihr“ Klientel sind - praktisch zu kämpfen.

Weitere Infos unter: http://mietenvolksentscheidberlin.de

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Nr. 199, Mai 2015
*  Mai-Aufruf des DGB: Den Verrat der Zukunft machen wir
*  Erster Mai: Der deutsche Imperialismus schreitet voran - und die ArbeiterInnenklasse?
*  Hände weg von Griechenland!
*  Bahn: Solidarität mit der GdL!
*  Tarifeinheit: Fürs Streikrecht auf der Straße
*  Berliner Mietproteste: Aufbegehren!
*  Streik der ErzieherInnen: Bloßer Tarifkampf?
*  Bundesweit Revolution-Konferenz: Ein voller Erfolg
*  Ukraine: Nach Minsk II
*  Venezuela: Hands off, Mr. President!
*  Jemen: Nein zur saudi-arabischen Intervention!
*  Pakistan: Arbeiterinnen organisieren sich
*  Cyberwar und Überwachung: Freiheit stirbt mit Sicherheit
*  EU-Tagung zur Flüchtlingspolitik: Gipfel des Zynismus