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Gewerkschaftslinke

Holpriger Neustart

Frederik Haber, Neue Internationale 173, Oktober 2012

Nach langer Zeit hat die Linke in den Gewerkschaften es wieder geschafft, eine Konferenz zu organisieren. Der Erfolg des letzten Jahres hatte Mut gemacht. Damals konnte die unsägliche Initiative von DGB-, IGM- und ver.di-Spitzen gestoppte werden, die gemeinsam mit Regierung und Unternehmerverbänden unter dem Titel „Tarifeinheit“ das Streikrecht beschneiden wollten. Der Arbeitsausschuss zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken hatte aus diesem Anlass zu einer Konferenz eingeladen. Jetzt waren es wieder die Linken, welche die Initiative ergriffen.

Initiative

Gekommen waren rund 120 GewerkschafterInnen aus verschiedenen oppositionellen Gewerkschaftsstrukturen wie dem Zukunftsforum Stuttgart oder der ver.di-Linken NRW. Es war aber auch deutlich, dass viele zugleich politisch organisiert sind - eine natürliche Angelegenheit, denn wer die Dominanz der Sozialdemokratie in den Gewerkschaften bekämpfen will, sollte das auch in der Klasse tun. Dazu ist eine politische Organisierung Voraussetzung. Dass heute offener mit politischer Organisationszugehörigkeit umgegangen wird, als noch vor zehn Jahren, ist auch ein Ergebnis des Gründungs-Prozesses der WASG bzw. der LINKEN.

Anwesend waren also viele Mitglieder der Linkspartei und ihrer AG Betrieb und Gewerkschaften, von DKP, SAV, isl, RSB, DIDF, ATIF, Gruppe Arbeitermacht (GAM), RAS, RSO, die Zeitungen express und Sozialismus; MLPD und Arbeiterbund verteilten lediglich Material. Es waren auch KollegInnen da, die zugespitzte Kämpfe der letzten Jahre vertraten, jene von Behr Stuttgart und der Charité Berlin wurden auch dargestellt.

Das Bemühen der OrganisatorInnen, auch den Kämpfen in Südeuropa einen Platz zu geben - gegen die nationalistische Linie der deutschen Gewerkschaftsspitzen ging allerdings daneben. Der Bericht einer Soli-Delegation nach Griechenland durch A. Hesse aus Berlin gipfelte lediglich in der Erkenntnis, dass es dort keine Tarifpolitik mehr gebe.

Die Diskussion drehte sich - strukturierter als in der Vergangenheit - um die Fragen, was heute die Aufgaben sind und was in der Vergangenheit falsch gemacht wurde. Zugespitzt wurde diese Debatte mit der Rede des LINKEN-Vorsitzenden Riexinger und erneut, als es um die Abschlusserklärung ging.

Riexinger, seinerzeit einer der InitiatorInnen des Stuttgarter Zukunftsforums Gewerkschaften und einer bundesweiten Vernetzung, ging in seiner Analyse durchaus scharf ins Gericht mit der Politik der Gewerkschaftsführung, vielleicht schärfer, als er es noch als ver.di-Chef von Stuttgart getan hätte. Dann warf er den Gewerkschaftslinken Wirkungslosigkeit und Basisferne vor und forderte sie auf, praktisch die Real-Politik in den Gewerkschaften links zu begleiten.

Dabei stützte er sich natürlich auf die Rolle, die ver.di Stuttgart in den letzten 10 Jahren entwickeln konnte, und die lokale Erfolge vorweisen kann, wie verhinderte Privatisierungen und hohe Streikfähigkeit. Letztlich konnte aber der Ausverkauf jeder Tarifrunde im Öffentlichen Dienst oder im Handel auch nicht verhindern werden.

Welche Perspektive?

Welche Erklärung und welche Perspektive hat er der Basis zu bieten? Was können sie tun, damit ihr Engagement im Kampf nicht wieder ausverkauft wird? Gerade Sektoren von ver.di Stuttgart müssten und könnten für eine klassenkämpferische Basisbewegung gewonnen werden, für einen Kampf, um die Bsirske-Führung abzulösen, ver.di in vernünftige Strukturen umzubauen und sich mit entsprechenden Bestrebungen in anderen Gewerkschaften zu verbinden.

Keinerlei Antwort gab er auf die Frage, dass solche Politik in der IG Metall offensichtlich nicht möglich ist. Seine LINKEN-KollegInnen in der IG Metall haben kein „Stuttgart“ vorzuweisen, sondern gleichen einer Sammlung Bettvorleger.

Riexingers deutliche Worte gegen die Formierung einer organisierten oppositionellen Strömung wurden tags drauf von hauptamtlichen Metallern aufgegriffen. Sie wollten am liebsten jede Abschlusserklärung verhindern, die Gewerkschaftslinke weiter als Debattierklub belassen. Ohne Erklärung wäre aber die ganze Konferenz nach außen als ergebnislos erschienen und hätte jegliche Attraktivität verloren.

Das würde aber dem Verlauf nicht gerecht. Viele Gruppen, die in den letzten Jahren sich aus dem Arbeitsausschuss herausgezogen hatten, haben erklärt, wieder mitarbeiten zu wollen, es gibt auch neue Zusagen. Aus den Arbeitsgruppen am Sonntag kamen Übereinkünfte zu gemeinsamem Handeln, die beim nächsten Koordinierungstreffen zusammengefasst und abgestimmt werden müssen.

Unter dem Einigungsdruck und unter Zeitdruck akzeptierte die Konferenz am Sonntag eine sehr schwache Erklärung. Einige wichtige Themen werden angesprochen, es fehlt aber an einer Erklärung, warum die Gewerkschaftsführung so handelt, warum sie z.B. an der Seite von Merkel gegen die griechische Arbeiterklasse steht und warum sie nicht gegen die Krisenlasten mobilisiert.

Als GAM haben wir unsere Positionen in dem Text "Ohne Kampf zahlen wir weiter für die Krise! Vorschläge der Gruppe Arbeitermacht für die Entwicklung einer kämpferischen Basisbewegung" schriftlich ausgearbeitet und in der Diskussion vertreten. Wir werden weiter in den Strukturen der Gewerkschaftslinken dafür eintreten. Nur wenn die Gewerkschaftslinke zu einer echten Opposition gegen die verräterische Führung wird und zugleich mehr Basisverankerung erreicht, wird sie etwas ausrichten können.

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Nr. 173, Oktober 2012
*  Europa: Ein heißer Herbst
*  Spanien: Das neue Griechenland
*  Veranstaltungsbericht: Solidarität mit Griechenland
*  Nachlese zu UmFAIRteilen: Vom Herbstlüftchen zum Winterschlaf?
*  Autoindustrie: Comeback der Krise
*  SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück: Merkel-Flüsterer
*  Gewerkschaftslinke: Holpriger Neustart
*  Soziale Lage: Perspektive Armut
*  NAO: Eine neue Chance
*  Syrien: Warum ich mich dem Aufstand anschloss
*  Wahlen in Venezuela: Chavez wählen?
*  Heile Welt
*  Rassismus: Wider Islamhetze und religiöse Doppelmoral