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SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück

Merkel-Flüsterer

Theo Tiger, Neue Internationale 173, Oktober 2012

Von drei potentiellen Kanzlerkandidaten blieb nun Peer Steinbrück übrig, weil der eine, Steinmeier,  nicht mehr wollte und der andere, Gabriel, zu schlechte Umfragewerte hat. Steinbrück ist durchaus der SPD-Lieblingskandidat der deutschen Großindustrie.

Die Medien gaben die Kandidatur gerüchteweise bekannt, dabei hatten gerade sie Steinbrück die meiste Unterstützung gegeben - obwohl ohne aktuelles Spitzenamt, bekam er sehr viel Sendezeit. Mal wurde mit Sarrazin ein ganzer Sonntagabend bei Jauch palavert, dann war da die Rundreise als „Schmidts Enkel“ - Standortökonomen der SPD unter sich.

Drei Wahlverlierer

Unter den drei Wahlverlierern (Gabriel in Niedersachsen, Steinbrück in NRW und Steinmeier auf Bundesebene) gab es weder eine Wahl, noch eine programmatische Debatte - allein die Demoskopie entschied. Nachdem Steinbrück in der Woche davor seinen „Bankenwahlkampf“ vorgestellt hatte und damit wohl auch die Fraktion zu begeistern wusste, zog Steinmeier seine Kandidatur zurück. Dass dieser „Oppositionsführer“ überhaupt in der Auslosung war, sagt alles über den Zustand der SPD.

Alle drei Kandidaten waren schon unter Merkel im Kabinett, alle sind Agenda 2010-Vollblutpolitiker und Steinmeier beweist seit drei Jahren, dass eine Opposition gar nicht erst gegen eine Regierung stimmen muss.

So kommt es, dass die erste wichtige Frage an Steinbrück auch war, ob er denn an einen möglichen neuen Kabinettstisch unter Merkel zurückkehren würde. Dies hat er schon mal verneint, er will eine rot/grüne Bundesregierung. Die Grünen-Vize-Fraktionschefin Höhn hat Steinbrück durchaus richtig beschrieben, als sie sagte, dieser sei „näher an der FDP, als an den Grünen“, was die FDP-Granden Kubicki und Lindner freudig bestätigten.

Wenn jetzt der „linke“ Flügel in der SPD Bedingungen für eine Unterstützung nennt, so zeigt das auch den erbärmlichen Zustand dieser „Linken“ auf. Es gab ihrerseits keinen politischen Kampf gegen die Agenda-Politik oder überhaupt gegen die 11jährige SPD-Regierungspolitik. Ganz bescheiden fordern sie, dass die Rentenhöhe nicht unter 50 Prozent des Bruttolohns fallen soll. Über die Rente mit 67 wird gar nicht mehr diskutiert.

Steinbrück steht in der SPD beispielhaft für die Kooperation mit der Exportindustrie, von Clement gelernt und mit Schröder, Steinmeier und Müntefering verwirklicht - als Stiefelknechte des deutschen Kapitals.

Die SPD muss gestärkt aus den Wahlen 2013 hervor gehen, schlechter als die 23% von 2009 geht es kaum noch. Eine gestärkte SPD könnte immerhin eine bessere Verhandlungsposition in der Opposition gegenüber CDU/CSU haben oder in einer Großen Koalition stärker sein. Dass die SPD gewinnt, ist ziemlich unwahrscheinlich - es sei denn, die Krise schlägt noch vor der Wahl massiv auch auf Deutschland durch.

Dass Steinbrück mit einem „Bankenwahlkampf“ ein „Gerechtigkeitsthema“ besetzen will, spottet natürlich jeder Beschreibung. Er war Finanzminister unter Merkel als der „SOFFIN“-Fond in Höhe von 500 Mrd. Euro aufgesetzt wurde, als die Hypo Real Estate und die Commerzbank als „systemrelevant“ bezeichnet und mit Abermilliarden von Steuergeldern gestützt wurden. Zu den Forderungen von Steinbrück meinte der finanzpolitische Sprecher der Unions-Fraktion Flosbach, dass diese Forderungen schon längst von der Bundesregierung und der EU bearbeitet werden. So viel zum Verbalradikalismus des Ex-Finanzministers.

Dass eine SPD, die im Bundestag jede Krisensauerei mitmacht, überhaupt einen Wahlkampf „gegen“ die „Bankenmacht“ führen kann, liegt natürlich auch der Schwäche der LINKEN. Deren neue Führung Kipping/Riexinger bekräftigte ja als erstes das Regierungsangebot an Rot/Grün. Zudem hatte die LINKE auch fast jede außerparlamentarische Arbeit eingestellt, was nicht nur den eigenen Grabenkämpfen geschuldet war. Programmatisch nur wenig links von der SPD und kaum  aktiv in Mobilisierungen ist sie keine ernsthafte Konkurrenz für die SPD - schon gar nicht, wenn sie sich ihr immer wieder anbiedert. So kann der SPD-Kandidat ungestraft das Märchen vom „guten“ Sozialkahlschlag erzählen und die Neuauflage des „guten“ Kapitalismus in der BRD versprechen.

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Nr. 173, Oktober 2012
*  Europa: Ein heißer Herbst
*  Spanien: Das neue Griechenland
*  Veranstaltungsbericht: Solidarität mit Griechenland
*  Nachlese zu UmFAIRteilen: Vom Herbstlüftchen zum Winterschlaf?
*  Autoindustrie: Comeback der Krise
*  SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück: Merkel-Flüsterer
*  Gewerkschaftslinke: Holpriger Neustart
*  Soziale Lage: Perspektive Armut
*  NAO: Eine neue Chance
*  Syrien: Warum ich mich dem Aufstand anschloss
*  Wahlen in Venezuela: Chavez wählen?
*  Heile Welt
*  Rassismus: Wider Islamhetze und religiöse Doppelmoral