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27. März 17 Krankenhausstreik im Saarland Jürgen Roth, Neue Internationale 219, Mai 2017 Wir berichteten in NI 218 über die ver.di-Tarifkampagne in den 21 saarländischen Akutkrankenhäusern. Hierbei geht es um Arbeitserleichterungen für alle Beschäftigtengruppen. Ältere KollegInnen sollen im Bereitschaftsdienst entlastet, das Personal auf bestimmten Stationen (z. B. Intensivmedizin) aufgestockt und zusätzliche Stellen für Personalpools (SpringerInnen) geschaffen werden. Verhandelt werden soll auch über ein „Konsequenzenmanagement“. Soll heißen: Was passiert, wenn vereinbarte Regelungen zur Entlastung nicht eingehalten werden? Das erhoffte Tarifwerk soll hier konkrete Maßnahmen festschreiben, fordert Gewerkschafterin Charlotte Matheis. Dies sei Konsequenz aus Erfahrungen mit Ultimatum-Aktionen, bei denen versprochene Verbesserungen zum Teil nicht umgesetzt wurden. Rund 600 KollegInnen aus 12 Krankenhäusern streikten an diesem Tag und protestierten vor dem Saarbrücker Landtag. Sie forderten die Abgeordneten auf, ihre Wahlversprechen, die Situation in den Kliniken zu verbessern, einzuhalten und appellierten an die Arbeit„geber“seite, Verhandlungen mit ver.di über einen Tarifvertrag Entlastung aufzunehmen. Das Uniklinikum Homburg, die DRK-Kliniken Mettlach und Saarlouis, die Caritas Trägergesellschaft Saarbrücken sowie die katholischen Marienhaus-Kliniken wurden vom Streik ausgenommen, weil sie noch im April in Verhandlungen mit ver.di einzutreten beabsichtigen. Das Saarland hatte vor der Landtagswahl im März eine Bundesratsinitiative für Personalvorgaben in allen Krankenhausbereichen gestartet, die Bundesgesundheitsminister Gröhes Pläne übertreffen. Landesministerin Bachmann (CDU) hatte gleichzeitig versprochen, verbindliche Besetzungsvorschriften bei Pflegekräften und ÄrztInnen in den nächsten Landeskrankenhausplan aufzunehmen. Ferner wollte sie die Landesinvestitionsmittelzuschüsse um jährlich 5 Millionen Euro erhöhen und 60 freigestellte PraxisanleiterInnen für die Pflegeausbildung anheuern. Diese alten Absichtserklärungen veranlassen manch ver.di-FunktionärIn bereits, von „phantastischen Erfolgen“ zu fabulieren. Der bescheidene Fortschritt bei der saarländischen Tarifbewegung in Gestalt des eintägigen Streiks wurde dadurch möglich, dass die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder - auch in konfessionellen Einrichtungen - deutlich gestiegen ist. Verantwortlich dafür sind gute Werbung gewesen sowie phantasievolle Aktionen, z. B. What's App-Gruppen und Stammtische zwecks Gedankenaustausch. In Verbindung mit einer Situation, wo die Beschäftigten allerorts der Schuh drückt, treffen diese auf erhöhtes Interesse. Am 12. Mai wird zu Ehren des Geburtstags von Florence Nightingale alljährlich der internationale Tag der Pflege gefeiert. Ver.di will diese Gelegenheit ausnutzen und auf seine Entlastungskampagne (nicht nur) für die Pflege aufmerksam machen. Das Augenmerk liegt auf der Verdeutlichung, welche Maßnahmen häufig der Personalnot zum Opfer fallen, im Fachjargon „implizite Rationalisierung“ genannt. |
Nr. 219, Mai 2017
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