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Konferenzen gegen rechts Ratlosigkeit als Strategie? Christian Gebhardt, Neue Internationale 206, Februar 2016 Zum Jahresbeginn 2016 kam es auf Initiativen unterschiedlichster Gruppen zu mehreren Treffen. Es sollten sich als antirassistisch verstehende Strukturen an einen Tisch geholt werden, um gemeinsam zu diskutieren, wie gegen die erstarkende rechte Bewegung in Deutschland agiert werden kann. Neben zwei Treffen in Berlin kam es zu einem weiteren in Dresden. Die Gesamtbilanz fällt leider recht ernüchternd aus. Es wurde zwar viel geredet und diskutiert, aber außer auf dem Treffen von „Jugend gegen Rassismus“ konnte sich nicht auf bundesweit ausgelegte Aktionen mit zentralen Großmobilisierungen geeinigt werden. Auf dem Ratschlag in Berlin und der Strategiekonferenz von Dresden Nazifrei wurde sogar von vornherein darauf verzichtet, gemeinsame Beschlüsse und Aktionen überhaupt anzustreben und die dazu notwendigen Diskussionen zu suchen. Motivation für das neue Jahr wird anders geschaffen! Hier wurde dies positiv von „Jugend gegen Rassismus“ vorgelebt, wo zahlenmäßig noch schwache, aber klare Schritte hin zu einem bundesweiten Schulstreik am 28. April 2016 unternommen wurden. Quasselnd im Kreis drehen... Am gleichen Wochenende trafen sich in Berlin und Dresden ein Ratschlag sowie eine breit aufgestellte, von „Dresden Nazifrei“ organisierte Strategiekonferenz. Bei diesen handelte es sich um Treffen, zu welchen breit eingeladen wurde, um die unterschiedlichsten „gesellschaftlichen AkteurInnen“ der antirassistischen Arbeit an einen Tisch zu holen. Es saßen somit VertreterInnen der radikalen Linken, reformistische Organisationen und auch einige offen bürgerliche Kräfte zusammen. In Berlin wie auch in Dresden wurde von Beginn an peinlichst genau darauf geachtet, heikle Fragestellungen oder gar Beschlüsse jeglicher Art - sei es organisatorischer oder praktischer - zu vermeiden. Somit trafen sich an diesem Wochenende hunderte Menschen in zwei Städten, um nichts voranzubringen und sich in inhaltsleere Phrasen zu hüllen. In Berlin konnte sich nach mehr als sechs Stunden und dem Zusammenschrumpfen auf nur noch rund 20 TeilnehmerInnen auf einen „Fortschritt“ für die antirassistische Bewegung geeinigt werden: und zwar ein weiteres Treffen am 14. Februar unter dem Label „Berlin für Alle?“. Die „Interventionistische Linke“ (IL) hatte sich somit gemeinsam mit der Mehrheit der anwesenden Vereine mit ihrem Konzept durchgesetzt, keine verbindlichen Aktionen zu beschließen. In Dresden konnten sich die TeilnehmerInnen nicht einmal mehr dazu entscheiden, ein weiteres Treffen zu verabreden. Inhaltsleer und demotivierend stand es Berlin jedoch in nichts nach. Hinter diesen „neuen“ Konzepten von Berlin und Dresden steht letztlich nichts Neues. Es ist nichts anderes als das Aufwärmen der alten Sozialforumsidee - jedoch ohne deren ursprüngliche Massenwirkung und ohne deren positive Aspekte. So werden nur möglichst vage Versprechen an ein imaginiertes, breites Publikum gemacht, ohne dabei konkrete Schritte auf umfassender Ebene zu unternehmen. Dies soll verwischt werden durch das Führen von möglichst ziellosen Diskussionen über die „Hegemoniefähigkeit“ der Linken. So darf Mensch sich nicht wundern, wenn sich eine Bewegung im Kreis dreht und keinerlei Alternative gegen die rechten Bewegungen auf die Straße hinbekommt, Hegemoniefähigkeit hin oder her. … oder klare Schritte gehen? Diese praktische Unverbindlichkeit und allgemeine Planlosigkeit ist noch negativer zu bewerten, wenn bedacht wird, dass das dritte Treffen im Bunde, das von „Jugend gegen Rassismus“, schon vor dem Ratschlag in Berlin und der Konferenz in Dresden stattfand. Weder der „Ratschlag“ noch die „Strategiekonferenz“ konnten sich jedoch dazu durchringen, dem Positivbeispiel zu folgen und auf bundesweit angelegte Mobilisierungen zu setzen oder zumindest sich positiv auf den Schulstreik zu beziehen und diesem Unterstützung zuzusichern. Neben Einzelpersonen, welche Interesse an der Mitarbeit anmeldeten, bezog sich neben Arbeitermacht und REVOLUTION bei diesen Treffen allein die „Sozialistische Alternative“ (SAV) positiv auf den Vorschlag eines bundesweiten Schulstreiks sowie der Notwendigkeit der Durchführung bundesweiter Großmobilisierungen. Das vom „Refugee Schul- und Unistreik Bündnis“ Berlin initiierte und mit Hilfe von REVOLUTION organisierte Treffen - an welchem die SAV leider trotz Einladung und positiver Bezugnahme im Nachhinein nicht teilnahm - zeigte dem Rest der deutschen Linken, wie Diskussionen mit der Erarbeitung einer klaren Perspektive verbunden werden können. Rund 40 TeilnehmerInnen aus unterschiedlichen Städten und Jugendorganisationen diskutierten anhand eines Resolutionsvorschlages konkret und zielgerichtet politische Inhalte, Positionen und Aufbauperspektiven für ein bundesweites Bündnis sowie einer bundesweiten antirassistischen Jugendbewegung. Am Ende stand nicht nur fest, dass eine weitere Aktionskonferenz am 20./21. Februar in Berlin - organisiert durch einen Koordinierungskreis - stattfinden soll, sondern alle Mühen in einen bundesweiten Schulstreik im April fließen sollen. Um den Aufbau des Bündnisses voranzutreiben, wurde ein Diskussionspapier veröffentlicht, mit welchem nun „alle antirassistischen und antifaschistischen Organisationen und jene Gliederungen der Gewerkschaften und Parteien, die die rassistischen Mobilisierungen und Übergriffe, die Asylgesetzverschärfungen und deren Umsetzung ablehnen, dazu aufgerufen werden, gegen diese zu mobilisieren und, wo möglich, gegen sie in den Parlamenten zu stimmen.“. Eine erfolgreiche Jugendbewegung gegen Rassismus und Militarismus muss sich laut den anwesenden AktivistInnen auch mit den globalen Problemen der Welt und ihren jeweiligen Auswirkungen auseinandersetzen, welche Menschen zur Flucht zwingen. Dies wird auch aus dem vorgeschlagenen Forderungskatalog ersichtlich. In diesem werden nationale wie globale Forderungen wie z.B. die Abschaffung der Residenzpflicht, Bewegungsfreiheit erhoben und eine klare Absage an die imperialistischen Kriegseinsätze in Ländern wie Mali oder Syrien erteilt. Ein solch internationalistischer Ansatz ist aus unserer Sicht ein wichtiger Schritt hin zum Aufbau einer erfolgreichen antirassistischen Bewegung und zeigt, wie zielorientiert und weitsichtig auf diesem Treffen diskutiert, aber auch gehandelt wurde. Motiviert gingen die 40 AktivistInnen wieder zurück in ihre jeweiligen Städte, um gezielt und gewappnet mit einem Diskussionspapier nun zu versuchen, neue BündnispartnerInnen zu finden. |
Nr. 206, Februar 2016
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