Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Stuttgart 21

Kämpfen statt (aus)verkaufen

Norbert Teller, Neue Internationale 164, November 2011

Ende November findet die „Volksabstimmung“ über Stuttgart 21 statt. Ursprünglich sollte es um die Frage gehen, ob S21 überhaupt weitergebaut wird. Nun wurde die Abstimmung thematisch verändert: es geht nur noch darum, ob das Land Geld dafür gibt. Das zeigt, wie manipulativ solche Referenden sind und dass diese nur dazu dienen, vom realen Widerstand abzulenken.

Die Entscheidung über das „Milliardengrab“ fällt nicht in den Wahllokalen: Selbst wenn das undemokratische Quorum erfüllt würde, steht in den Sternen, ob Bund und Bahn auch ohne die Mittel des Landes Baden-Württemberg weiter bauen werden, ob die Gerichte die Entscheidung wieder kippen werden, die Landesregierung ihre Position ändern oder ob die Bauunternehmen ihre „Umsatzeinbußen“ als „Schadenersatz“ einklagen würden.

Diese Form der Demokratie, in der die „demokratischen Entscheidungen“ vom Wohlwollen der Regierung oder der Parteiapparate abhängen, ist völlig ungeeignet, die Interessen der Bevölkerung durchzusetzen. Wenn S21 gestoppt wird, dann wird dies auf der Straße und im Betrieb passieren - und das weiß auch die Regierung. Daher hat sie sich auf die Abstimmung eingelassen, und so sollten wir die Abstimmung betrachten: Als Propagandaschlacht, in der die Regierung die Bewegung schwächen will - und in der wir die Lohnabhängigen und die Jugend für den wirklichen Kampf gegen S21 mobilisieren können und aufzeigen, dass der bürgerliche Staat nicht dazu da ist, Mehrheitsentscheidungen zu suchen und umzusetzen, sondern das Diktat des Kapitals.

Daher rufen wir auch dazu auf, für den Ausstieg zu stimmen - damit der Regierung dieser Sieg verwehrt bleibt und die Bewegung eine bessere Position hat, S21 tatsächlich zu stoppen. Verlassen können wir uns aber keineswegs darauf, dass dann Schluß mit S21 ist - eher wohl das Gegenteil.

Vorbereitung auf das Danach

Als Hinweis darauf, was danach kommen könnte, beginnt die Polizei schon einmal, mit den Säbeln zu rasseln. In Bad Cannstatt soll auf dem Wasen-Gelände, wo vor kurzem noch das Volksfest stattfand, ein provisorisches Gefängnis aus Containern errichtet werden. Schließlich sei mit zunehmenden Protesten zu rechnen. Obwohl die DemonstrantInnen nicht unbedingt „gewaltbereite Chaoten“ seien, müssten genug Kapazitäten vorhanden sein, um Protestierende in Gewahrsam zu nehmen, erklärte der Stuttgarter Polizeisprecher.

Zudem hat die Polizei angeblich mehrere hundert Hotelbetten reserviert, um auswärtige Verstärkung unterzubringen.

Angst macht der Polizei jedoch wahrscheinlich weniger die „offizielle“ K21-Führung. Diese setzt v.a. auf neue „kreative“ Konzepte: die Marke K21. Ihr Motto: „Willst du S21 stoppen, dann kauf K21-Sauerkraut, K21-Wein oder Sei gscheit-Bier!“ Kaufen statt kämpfen - kein Scherz, sondern bittere Realsatire.

Neben dem offiziellen Klamauk gibt es jedoch in der Bewegung auch einen Flügel, der politisch entschlossener ist und sich von dieser Führung entfernt hat. Dies drückt sich v.a. darin aus, dass seit Juli nahezu jede Woche nach der Montagsdemo weitere Aktionen mit deutlich kämpferischem Charakter stattfinden, die zum Teil von der K21-Führung klar verurteilt wurden. Die überwiegend unangemeldeten Demos formieren sich nach den offiziellen Montags-Demos am Schloßplatz und ziehen von dort zu politisch symbolträchtigen Orten wie CDU, SWR oder der Staatsanwaltschaft. Da diese Aktionen zu Anziehungspunkten der radikaleren und bewussteren AktivistInnen geworden sind, rücken K21-Sprecher Conradi u.a. auch mal ganz dicht mit der Polizei zusammen, wenn sie im Gleichklang mit dieser die „Verkehrsbehinderungen“ durch unangemeldete Aktionen kritisieren.

Blockaden, Streiks u.a. kämpferische Aktionen sind jedoch die einzigen Mittel, die im Kampf gegen S21 tatsächliche Wirkung entfalten. Nur wenn wir klar machen, dass wir die Baumaschinen und, wenn nötig, die ganze Stadt lahm legen werden, können wir S21 stoppen.

Leserbrief schreiben   zur Startseite


Nr. 164, November 2011
*  Occupy-Bewegung: Gegen die Macht der Banken!
*  Wie kann unsere Bewegung siegen?
*  Interview: Leiharbeit verbieten!
*  Solidarität: Rücknahme der Kündigung von Mehmet Sahin!
*  Stuttgart 21: Kämpfen statt (aus)verkaufen
*  Alpenland/CMF-Streiks: Wo bleibt ver.di?
*  Heile Welt
*  Berlin: Arm, aber "sicher"
*  Griechenland: Die Revolution und ihre Perspektiven
*  G20-Gipfel in Cannes: Im Schatten der Krise
*  Pakistan: Arbeiterinnen kämpfen um ihre Rechte
*  Brasilien: Gewerkschaftskämpfe weiten sich aus
*  Konflikt bei SMA: Kein New Deal für ZeitarbeiterInnen
*  Gorleben: Castor stoppen - Kapital schottern!



Die Schlichtungs-Seifenblase ist geplatzt

Wie weiter im Widerstand?

Eine marxistische Analyse des Ursprungs, Charakters und der Perspektiven der Bewegung gegen Stuttgart 21

Januar 2011

*  Vorwort
*  Das Projekt
*  Die Bewegung und ihre Führung
*  Entwicklung der Bewegung und die Frage des Staates
*  K 21-Bündnis und Aktionskonferenzen
*  Wie weiter?
*  Nachsatz: Die Landtagswahlen im März