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Metall-Tarifrunde

Prozentualer Kampf?

Frederik Haber, Neue Internationale 132, September 2008

7 bis 8% Tariferhöhung wird die IG Metall fordern. Derzeit hat in den Bezirken noch keine Tarifkommission getagt, aber der zweite Vorsitzende hat diese Zahlen bereits lanciert und der Apparat der IG Metall ist stark genug, das auch durchzusetzen.

Die Vorstellungen der Basis liegen in vielen Betrieben weit darüber. Mit Mühe konnte die VKL-Leitung von Daimler Untertürkheim ihren Vorschlag von 9,5% in der Vollversammlung durchsetzen, Porsche schlägt sogar 9,8% vor. Diese Zahlen zeigen, dass die betrieblichen FunktionärInnen einen zweistelligen Vorschlag verhindern wollten.

Natürlich gibt es auch andere Diskussionen in den Betrieben. Dort, wo es keine Vertrauensleute mit Kampftradition gibt, setzen sich diejenigen durch, die um die Konkurrenzfähigkeit „ihres Betriebes“ fürchten und die Lektionen der Standortsicherung und von ERA gelernt haben: Löhne senken und die ausländische Konkurrenz bekämpfen.

Statistisch konnte die IG Metall mit ihren Tarifergebnissen in den letzten 10 Jahren die Reallöhne sichern, im Unterschied zu allen anderen Branchen in Deutschland. In Wirklichkeit haben Standortsicherungsverträge und ERA aber auch das oft untergraben. Zugleich sind die Lohnstückkosten in den letzten 5 Jahren gefallen. Vom großen Kuchen des gewaltigen Produktivitätsanstiegs in der Branche bekamen die Beschäftigten aber gerade die Krümel ab.

So wie sich bei der Höhe der Lohnforderung Welten auftun zwischen den Aktiven an der Basis und dem Apparat, so auch bei der Begründung der Forderung. Traditionell und auf Beschlüssen des Gewerkschaftstages beruhend, setzen die Tarifstrategen der IG Metall ihre Forderung aus den Komponenten Preisanstieg, Produktivitätsfortschritt und Umverteilungskomponente zusammen, wobei die Huber-Leute schon vor Jahren versucht hatten, letztere zu kippen. Bei den Zahlen verlassen sie sich auf die Wirtschaftinstitute und das Statistische Bundesamt. So nehmen sie den gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritt, der deutlich unter dem der Metall- und Elektroindustrie liegt, mit der Begründung, dass dies solidarisch sei mit weniger produktiven Branchen.

Inflation

Auch die Lebenshaltungskosten für die arbeitende Bevölkerung sind höher gestiegen als die offizielle Inflationsrate von ca. 3 Prozent. Angesichts der zu erwartenden Preissprünge muss gefordert werden, dass die Löhne und Gehälter auch während der Laufzeit des Tarifvertrages entsprechend den Preiserhöhungen erhöht werden können (gleitende Skala der Löhne). Dazu kann aber nicht die Inflationsstatistik herhalten - dazu muss ein Preisindex von den Gewerkschaften festgelegt werden, entsprechend dem Warenkorb von Werktätigen. Diese sind es auch, die die Preisentwicklung kontrollieren sollen!

Eine dritte Differenz zwischen Führung und Basis besteht bezüglich der sozialen Komponente. An der Basis sind Forderungen nach Festgeld, Sockel- oder Mindestbeträgen so populär, wie schon lange nicht mehr. Die KollegInnen verstehen, dass die Teuerung die Niedrigverdiener mehr trifft als Besserverdienende. Die Antwort eines IGM-Bevollmächtigten: „Das ist nicht unsere Klientel“. Die IG Metall soll offensichtlich den Weg fortsetzen, diejenigen zu vertreten, die dank Exportüberschüssen noch etwas besser gestellt sind. Dienstleistungsbereiche und Leiharbeiter sind schon herausgefallen. So würde die IGM zur "Elitegewerkschaft". Dagegen setzen wir die Forderungen nach Festgeld und Übertragung des Ergebnisses auch auf LeiharbeiterInnen.

Auch wenn die Bürokraten an der Spitze der IG Metall alles tun, um die Forderung nicht zu hoch ausfallen zu lassen - der Druck aus den Betrieben ist da. Die Frage ist, wie entschlossen die Kapitalisten sind, diesem Druck zu widerstehen und einen Arbeitskampf zu riskieren. Die Aufgabe aller kämpferischen GewerkschafterInnen ist es, den KollegInnen zu helfen, ihre Forderungen zu formulieren, sie gegen die Argumente des Kapitals und der Bürokraten zu bewaffnen und so die Grundsteine für eine organisierte Opposition gegen die Bürokratie zu legen.

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Nr. 132, Sept. 2008
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*  Anti-Islam-Konferenz: Rassisten stoppen!
*  Metall-Tarifrunde: Prozentualer Kampf?
*  Gesundheitswesen: Schulterschluss mit "Arbeitgebern"?
*  70 Jahre Gründung der Vierten Internationale: Aufbruch und Zerfall
*  Revolutionäre Arbeiterbewegung: Vorwärts zur 5. Internationale
*  Einzelhandel: Offene Klassenjustiz
*  Bayern: Linke Wählen, aber Widerstand organisieren
*  Heile Welt
*  Wahlen in Österreich: Linksprojekt tritt an
*  Georgien: Imperialer Clinch