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Militarismus

Aufrüstung der Bundeswehr

Lars Filder, Neue Internationale 201, Juli/August 2015

Mit der seit 2008 anhaltenden Krise des Imperialismus hat sich der Konkurrenzkampf weltweit verstärkt. Im Zuge dessen wird versucht, Aufrüstung und Abschreckung wieder hoffähig zu machen. Dazu dient auch ideologische Vernebelung wie der „Kampf um Demokratie“, der Krieg gegen den Terror“ oder die „Abschreckung gegen Putin“. Die Aufrüstung der Bundeswehr folgt aber nur dem globalen Rüstungstrend. So beschafft sich Russland neue Panzer und Kernwaffen, die USA drängen die NATO-Partner zur  Erhöhung der Rüstungsausgaben und auch China rüstet enorm auf.

Schlechte Ausrüstung?

Immer wieder machen Meldungen die Runde, dass sich die Bundeswehr in einem desolaten Zustand  befinde. Zu nennen wären hier u.a. flugunfähige Hubschrauber und Kampfjets, ein nicht treffsicheres Gewehr 36, ein von Kinderkrankheiten heimgesuchtes neues Transportflugzeug Airbus A 400 M, Gefechtshelme ohne Splitterschutz und ein von Mängeln und fehlender Bewaffnung geprägter neuer Schützenpanzer Puma. Diese Mängel sind aber relativ zu betrachten: Was vor einigen Jahren noch der globalen Situation entsprach, reicht in Zeiten der imperialistischen Zuspitzung nicht mehr aus.

Wenig überraschend beschwert sich neben den Unionsparteien auch die seit dem Ersten Weltkrieg dem deutschen Imperialismus treu ergebene SPD über die Ausrüstungsmängel bei der Armee. Der Wehrbeauftragte Bartels sprach gegenüber einem Manager bezüglich der neuen NATO-Osteuropa-Eingreiftruppe in Polen von einem „Zusammenkratzen von Geräten der ganzen Bundeswehr“ und fordete sogleich mehr Schützenpanzer Puma und eine Erhöhung des Wehretats. So wird die vermeintlich schlechte Ausrüstung für die SPD zur Rechtfertigung für Aufrüstung.

Da die Welle von Rüstungsaufträgen aus dem In- und Ausland in Deutschland tausende Jobs schaffe und sichere, freut sich natürlich auch die sozialpartnerschaftliche Führung der IG Metall über die Aufrüstung.

Immer mehr Richtung sozialchauvinistisches Lager wechselt auch die LINKE: Der Noch-Fraktionsvorsitzende Gysi forderte auf dem jüngsten Parteitag, Mitverantwortung für NATO und Bundeswehr, um seine Partei regierungsfähig zu machen. Angesichts dieser Partner aus Gewerkschaften, SPD und LINKE braucht sich das Kapital um den inneren Widerstand gegen den Militarismus derweil keine allzu großen Sorgen zu machen.

Anschaffungen und Rekrutierung

In der Tat steht den Pannen bei der Bundeswehr eine massive Aufrüstung gegenüber. Über 200 bereits ausgemusterter Leopard 2-Panzer werden reaktiviert. Zum Neukauf des Puma kommen neue Boxer-Transportpanzer.

Das Raketenabwehrsystem Patriot - derzeit u.a. in der Türkei an der syrischen Grenze stationiert - soll für 8 Milliarden Euro durch das neue MEADS-System ersetzt werden. Ausschlaggebend war hier eine bessere Software - der Krieg wird mehr und mehr digital gesteuert. Zudem hat Ursula von der Leyen Ende Mai die Entwicklung einer eigenen EU-Kampfdrohne verkündet, bewaffnete Drohnen waren bis dahin von der Bundesregierung abgelehnt worden.

Für die Marine werden vier neue Mehrzweckkampfschiffe für 4 Mrd. Euro bestellt sowie neue Kampfhubschrauber.

Auch personell stellt die Verteidigungsministerin die von der Wehrpflichtarmee zur Berufsarmee umgebaute Bundeswehr neu auf und versucht, eine höhere Rekrutierung durch Attraktivitätssteigerung zu erreichen. Dazu gehören der Erziehungsurlaub für SoldatInnen, Teilzeitbeschäftigung für Eltern, bessere soziale Absicherung sowie ein verstecktes Anwerben an Schulen und Universitäten mit einem bezahlten Studium. Die Rüstungsausgaben lagen 2014 bei ca. 46,5 Mrd. Dollar, dieses Jahr dürften das mehr werden.

Einsätze

Künftige Einsatzgebiete zeichnen sich bereits heute ab: Bundeswehr inklusive Marine nehmen zur Zeit und demnächst an mehreren NATO-Manövern in Osteuropa, der Ukraine und im Schwarzen Meer teil. Hier geht es nicht nur um ein bewusstes Säbelrasseln gegenüber Russland, sondern auch darum, die Einsatzfähigkeit zu beschleunigen. Eine neue, schnelle NATO-Osteuropaarmee wurde jüngst auf 40.000 SoldatInnen aufgestockt, deren Speerspitze wird derzeit von der Bundeswehr geführt.

In Afrika ist die Bundeswehr unter dem Deckmantel von „Friedensmissionen“ bereits in Mali, dem Sudan und Südsudan, der Zentralafrikanischen Republik, Westsahara und Liberia vertreten. Das Mandat für Afghanistan wird womöglich bis 2016 verlängert.

Das Mandat für den Einsatz vor der libanesischen Küste und der Marine-Einsatz am Horn von Afrika wurden bereits verlängert. Dort wird weiter gegen die Piraterie gegen Frachtschiffe vorgegangen, welche selbst eine Folge der vom Imperialismus verursachten Armut und Hungersnöte in Somalia ist.

Im Mittelmeer bemüht sich die Bundeswehr derweil weiter um einen humanitären Anstrich und entsendet zwei Fregatten zur „Flüchtlingsrettung“. Hier werden auch die Folgen des deutschen Imperialismus bekämpft, welcher mit Waffenexporten an reaktionäre Kräfte (z.B. an den IS-Partner Saudi-Arabien) oder Spekulation mit Nahrungsmitteln viele Menschen zur Flucht zwingt. Ein Interesse an einer unbeschränkten Aufnahme von Flüchtlingen hat Deutschland freilich nicht.

Die deutsche Bourgeoisie muss zur Durchsetzung ihrer globalen Interessen und ihres Führungsanspruchs in der EU andere EU-Länder dominieren und versuchen, diese an sich zu binden. Die Mächte Großbritannien und Frankreich schwächeln derweil und verlieren in Afrika zugunsten der USA und Chinas an Einfluss, weswegen bspw. Paris beim Mali-Einsatz auf deutsche Hilfe angewiesen war. 2007 wurden bereits die länder-übergreifenden EU-Battlegroups eingeführt. Im Konflikt mit Russland direkt vor der Haustür wird in diesem Zusammenhang von Bundespolitikern, aber auch von EU-Kommissionschef Juncker erwogen, die europäischen Armeen noch mehr miteinander zu verbinden, sogar von einer einheitlichen europäischen Armee ist die Rede.

Die aktuellen Aufrüstungen und das vermehrte Säbelrasseln erinnern stark an die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Damals wie heute sind es dieselben grundlegenden Mechanismen, die die Rüstung antreiben und damals im Völkerschlachten mündeten. Es ist der Niedergang des Kapitalismus und seine imperialistische Krise, die zu solch mörderischer Konkurrenz führt. Damals wie heute lautet die Alternative „Sozialismus oder Barbarei“. Unser Slogan muss damals wie heute sein: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“

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Nr. 201, Juli/Aug. 2015
*  EU-Imperialismus und Griechenland: Ein Exempel soll statuiert werden
*  Editorial
*  LFI-Stellungnahme: Oxi - und jetzt weiter voran!
*  Tarifabschluss bei der Post: NEIN zu diesem Abschluss!
*  Gegen die Troika-Diktate: Solidaritätsbewegung aufbauen!
*  Charité Berlin: Streik ausgesetzt
*  Tarifkämpfe 2015: Streikwellen über Deutschland?
*  AfD und das Ende von Bernd Lucke: Die Geister, die ich rief
*  Das Erneuerbare-Energien-Gesetz: Energiewende, Bluff oder Flop?
*  Militarismus: Aufrüstung der Bundeswehr
*  Krise der NaO: Revolutionäre Einheit oder plurale Beliebigkeit?
*  Syrien: Nein zur türkischen Intervention! Verteidigt Rojava!