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Rechte Vernetzung in Österreich

Neuer Aufschwung für den Akademikerball?

Mo Sedlak, Arbeiter*innen*standpunkt, Infomail 922, 5. Januar 2017

Norbert Hofer hat dort getanzt, Alexander Van der Bellen hat angekündigt, ihn auf jeden Fall wieder in der Hofburg stattfinden zu lassen. Sogar im Präsidentschaftswahlkampf spielte der Akademikerball, gegen den AntifaschistInnen seit Jahren Sturm laufen, eine Rolle. Und wenn man sich dieses „größte Vernetzungstreffen der rechten und rechtsextremen Szene“ ansieht, dann ist das nur logisch. Denn obwohl die TeilnehmerInnenzahlen seit den erfolgreichen Protesten 2012 stark gesunken sind wird der Ball immer wichtiger. Seine Zielgruppe, die Kreise zwischen parlamentarischer und außerparlamentarischer Rechten, ringen nämlich immer offensichtlicher um Einfluss.

Niemand wird bezweifeln dass die radikale Rechte und ihre modern gekleidete Variante, die „Neue Rechte“, im letzten Jahr stärker und wichtiger geworden sind. In Deutschland mischen Gruppen wie „ein prozent“, die Identitäre Bewegung und Götz Kubitscheks „Institut für Staatspolitik“ am rechten Rand der AfD mit. Sie, aber vor allem ihr burschenschaftliches Umfeld, streiten sich mit dem Rest der Partei um Posten als parlamentarische MitarbeiterInnen genauso wie um ideologischen Einfluss. „Ein prozent“ ist eine Art Geldbeschaffungs-NGO (und Tarnorganisation) der Szene, das „Institut für Staatspolitik“ ihr ideologisches Zentrum und die Identitäre Bewegung ihr mittlerweile öffentlich bekannter aktivistischer Arm.

Internationale Verflechtungen

Die „Neue Rechte“ ist international bestens vernetzt und arbeitet eng zusammen. Am besten funktioniert die Koordination über die deutsch-österreichische Landesgrenze und mit hohen Stellen in Russland, zum Beispiel über das „Zentrum für Kontinentale Zusammenarbeit“, zu dessen Netzwerk auch der russische Faschist Alexander Dugin, gehört.

Auch im Präsidentschaftswahlkampf in den USA mischten Führungsfiguren der radikalen Rechten an einflussreichen Positionen mit. Unter Führung der von antisemitischen, frauenfeindlichen und völkisch rassistischen Beiträgen geprägten Nachrichtenseite „Breitbart“ holten sich VergewaltigungsbefürworterInnen, AbtreibungsgegnerInnen, HolocaustleugnerInnen und LGBTQ-HasserInnen Posten im Kampagnenteam von Trump.

Die Folge sind dass Rechtsradikale und FaschistInnen, die sich unter einer neuen Maske tarnen, ihre Forderungen in realen Gesetzesentwürfen und vor großem Publikum unterbringen können. Gleichzeitig durchsetzen sie die Strukturen legaler und aktiver Parteien. In Österreich wird diese Rolle vor allem von den Burschenschaften übernommen.

Immer wieder die Scharnierfunktion

Der Akademikerball wurde genau wegen dieser „Scharnierfunktion“ schon seit Jahren als Vernetzungs- und Planungstreffen angeprangert. Auch deshalb war es antifaschistischen AktivistInnen so wichtig, den Ball öffentlichkeitswirksam anzugreifen und zu verhindern. Tatsächlich schien es so, als hätte seine Bedeutung in den letzten Jahren abgenommen nachdem die Verbindungen von deutschen Nazi-Liedermachern, französischen Rechtsradikalen und ungarischen Jung-FaschistInnen mit FPÖ-PolitikerInnen ans Licht gezerrt worden waren.

Aber während der Einfluss der FPÖ ansteigt und ihre Beteiligung an der nächsten Regierung quasi unbestritten ist, werden auch die Bemühungen der „Neuen Rechten“ hektischer. Sie sehen im europaweiten Rechtsruck eine Chance, ihre Bedeutung sprunghaft zu steigern – und bisher funktioniert das ausgezeichnet. Während die FPÖ die Regierung mit ihren Forderungen vor sich hertreibt (zum Beispiel wenn es um Grenzzäune, Massenabschiebungen oder eine Kürzung der Mindestsicherung geht) werden hier Vorschläge umgesetzt, die vor ein paar Jahren nicht einmal Strache vertreten hätte, sondern eben die Rechtsradikalen wie von der Identitären Bewegung.

Fast unsichtbar, aber nicht ungefährlich

Das macht es zum Gebot der Stunde, die Verbindungen von rechtspopulistischen ParlamentarierInnen und militanten Rechtsradikalen aufzudecken. Diese Verschiebung von real umgesetzten Forderungen und der Strom von am Faschismus kratzenden AktivistInnen in die Parlamente ist der reale Rechtsruck, mit dem wir uns heute konfrontiert sehen. Kombiniert mit der massiven Schwäche der Linken kann er zu einer explosiven Verschlechterung der Situation für MigrantInnen, Linke, Frauen und LGBTQ-Personen führen, wenn die aufgebaute Grundlage tatsächlich an die Hebel der Macht gelangt.

Damit verbunden muss der Kampf gegen den Akademikerball und ähnliche rechte Propagandaveranstaltungen aktiv und entschlossen geführt werden. Nur eine selbstbewusste und kämpferische Linke, die sowohl die rechten HetzerInnen als auch die sozialen Verschlechterungen, die ihnen in die Hände spielen, angreift, kann diesen Rechtsruck stoppen. Dazu ist es notwendig, breite Bündnissen von AntirassistInnen, MigrantInnen, gewerkschaftlichen Strukturen und Parteien der ArbeiterInnenbewegung weiter aufzubauen und den Kampf gegen rechte Hetze und Organisationen ernsthaft anzugehen. Die großen Demonstrationen der Vergangenheit, aber auch der erfolgreiche antirassistische Aktivismus (zum Beispiel bei der Verhinderung von Abschiebungen) zeigen, dass das möglich ist.

Wir danken Bernd Schulte und dem Kollektiv „Von Nichts Gewusst“ über Hintergrundinformationen zur Neuen Rechten.

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