Arbeitermacht
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Kongress der LRKI/L5I

Neues Programm,
neue Losung

Dave Stockton, Neue Internationale 81, Juni 2003

Vom 15. bis 20. April tagte der 6. Kongress der LRKI (Liga für eine revolutionär-kommunistische Internationale). 39 Delegierte der Sektionen der Liga und Gäste von REVOLUTION-Gruppen aus sechs Ländern, diskutierten und entschieden über die wichtigsten Fragen der Politik der LRKI für die nächsten drei Jahre.

Der Kongress nahm ein neues Programm an und wählte eine neue internationale Führung. Die Breite der Teilnahme war größer als bei den letzten Kongressen und die vielen Beiträge und Vorschläge junger GenossInnen zeigten, dass eine neue Generation von Kadern in der LRKI heranwächst.

Die Tagung begann damit, die umfangreiche Arbeit der LRKI und von REVOLUTION in der Anti-Kriegsbewegung zusammenzufassen und zu bilanzieren. Wir haben dabei nicht nur viel neue Erfahrung gesammelt, sondern auch viele neue Mitglieder und SympathisantInnen gewonnen.

Wir diskutierten die Auswirkungen des Sieges der USA im Irak-Krieg, die Verschärfung der inner-imperialistischen Gegensätze, die Entwicklung der Weltwirtschaft und den Charakter der kommenden Periode.

Charakter der Periode

Die Delegierten kamen zum Schluss, dass die 1989 beginnende jüngste Phase des Imperialismus, die "Globalisierung", in eine Krisenperiode eingetreten ist. Die allgemeine wirtschaftliche Tendenz der kommenden Jahre wird einen stagnativen Charakter haben.

Der Sieg der USA im Irak bedeutet, dass die Offensive des Imperialismus in jeder Hinsicht weitergehen wird - sowohl jene zur Sicherung der US-amerikanischen Hegemonie, um das Aufkommen schlagkräftiger Rivalen (allen voran der EU) zu verhindern, wie auch jene von Weltbank, IWF, Welthandelsorganisation zur Durchsetzung des Neoliberalismus.

Es wird weiter zu brutalen Angriffen auf Länder kommen, die nicht in die Weltordnung Washingtons passen - Syrien, Iran, Nordkorea, ... In Palästina wird eine offen prozionistische "Lösung" vorangetrieben werden. Interventionen in Ländern wie Kolumbien oder den Philippinen werden sich häufen, um dort die "Kampagnen gegen den Terror" von Stellvertreterregimes der USA zu unterstützen. All das wird die Weltlage aber nicht stabilisieren: im Gegenteil.

Der Kongress diskutierte auch die Verschärfung der inner-imperialistischen Gegensätze zwischen den Führungsmächten der EU, Deutschland und Frankreich, einerseits und den USA und Britannien andererseits. Trotz (oder auch wegen) der dramatischen militärischen Vorherrschaft der USA werden die nächsten Jahre davon geprägt sein, dass (potentielle) Rivalen eigene Bündnisse gegen die "Koalition der Willigen" schmieden werden.

Vor allem diskutierten wir auch den zunehmenden Widerstand der Arbeiterklasse und der Massen gegen die kapitalistische Globalisierung und den "Krieg gegen den Terrorismus". Der Kongress hob insbesondere die historische Bedeutung der internationalen Antikriegsdemonstrationen vom 15. Februar hervor - mit 20 bis 30 Millionen die größten Anti-Kriegsaktion der Geschichte - und das vor Beginn der Kriegshandlungen!

Die Jugend spielte in diesen Mobilisierungen eine Vorreiterrolle. Ein Grund dafür ist die tiefe Führungskrise in der Arbeiterbewegung. Auch dort, wo reformistische Parteien und Gewerkschaften die Bewegung unterstützen, spielten diese in der Regel eine bremsende, rückwärtsgewandte Rolle. Vor allem zeigte sich die Tiefe der Krise der Führung daran, dass der Krieg trotz gigantischer Demonstrationen nicht verhindert werden konnte. Die Bewegung konnte Millionen auf die Straße bringen, aber sie konnten die Betriebe und die Verkehrsmittel nicht lahm legen. Hier erwiesen sich die GewerkschaftsbürokratInnen, zumindest kurzfristig, als unüberwindliches Hindernis.

In imperialistischen Ländern wie Deutschland, die den Krieg offiziell ablehnten, verschwand die "Friedenspolitik" der Gewerkschaften ganz hinter jener der "eigenen" Regierung, statt gegen deren Inkonsequenz (z.B. Überflugrechte) zu kämpfen und zu streiken.

In all diesen Fällen zeigt sich die Notwendigkeit, für die Revolutionierung und Demokratisierung der Gewerkschaften zu kämpfen und neue, jugendliche Schichten in diese zu ziehen.

Der Kongress stellte fest, dass die wirtschaftlichen Krise und Stagnation, die imperialistische Aggression und die Massenmobilisierungen den Beginn einer neuen Periode signalisieren, die von Kriegen, akuten politischen Krisen und revolutionären Erhebungen gekennzeichnet sein wird. Gleichzeitig wird die Führungskrise der Arbeiterbewegung besonders akut und ihre Überwindung zur Schlüsselfrage.

Wir haben es mit dem Beginn einer vor-revolutionären Periode zu tun. Die zentrale Aufgabe von RevolutionärInnen ist die Lösung der Führungskrise der Arbeiterklasse - der Aufbau neuer Massenparteien und einer neuen Internationale, einer Weltpartei der sozialistischen Revolution.

Der Kongress beschäftigte sich daher besonders ausführlich damit, wie vor dem Hintergrund der anti-kapitalistischen und Anti-Kriegsbewegung eine solche neue Internationale erkämpft und aufgebaut werden kann.

Lehren aus der Geschichte

Die "Liga für eine revolutionär-kommunistische Internationale" (LRKI) hat sich seit ihrer Gründung dieser Aufgabe gewidmet. Die vier revolutionären Internationalen, die in der Geschichte der Arbeiterbewegung geschaffen wurden, haben alle zur Weiterentwicklung der Bewegung beigetragen. Aber sie sind schließlich alle zusammengebrochen oder degeneriert.

Die politischen Strömungen, die aus ihrem Zusammenbruch hervorgegangen sind, existieren noch heute - Anarchismus, Sozialdemokratie, Stalinismus, "Trotzkismus". Aber seit 1951/53 - dem politischen und schließlich auch organisatorischen Zusammenbruch von Trotzkis Vierter Internationale - existiert keine revolutionäre Internationale mehr, die diesen Namen verdient.

Seit 50 Jahren gibt es zahlreiche Versuche, die Vierte Internationale "wieder aufzubauen", "wiederzugründen", ... Aber alle scheiterten, weil sie zu ihrem Ausgangspunkt weder die Erarbeitung eines neuen Programms auf der Grundlage der Methode des Übergangsprogramms noch die Schaffung einer ernsthaften, internationalen demokratisch-zentralistischen Organisation hatten.

Zweifellos waren die objektiven Bedingungen dafür in der Periode des langen Booms, der konterrevolutionären Nachkriegsordnung, die von Imperialismus, Stalinismus und Sozialdemokratie verteidigt wurde, und angesichts der Stärke der Arbeiterbürokratie ungünstig. Sie führten zur Isolation einer kleinen, wenigstens subjektiv revolutionären Avantgarde, die massiv unter dem Druck sektiererischer Abkapselung oder opportunistischer Anpassung stand.

Aber der Zusammenbruch des Stalinismus und der Triumph des Neoliberalismus veränderten die Lage grundlegend - auch wenn zunächst die Konterrevolution materiell und ideologisch erfolgreich war. Nicht nur Marxismus und Kommunismus, selbst die Arbeiterklasse, militantes Gewerkschaftertum und jede "Politik der Straße" wurde für geschichtlich überholt erklärt. Doch nur einige Jahre später ist der postmoderne Nonsens überholt und wartet darauf, auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgt zu werden.

Für die Fünfte Internationale!

Eine neue politische Periode hat begonnen, die enorme Möglichkeiten bietet, aber auch enorme Anforderungen an uns stellt. Die LRKI und ihre Vorläuferorganisation, die BRKI ("Bewegung für eine revolutionär-kommunistische Internationale"), haben dafür rund 20 Jahre gekämpft. Der Kongress entschied sich für einen mutigen Schritt vorwärts, um die Losung der neuen Internationale ganz unzweideutig zu machen.

Er nahm folgende Resolution an: "Vorwärts zur Schaffung der Fünften Internationale, einer neuen Weltpartei der sozialistischen Revolution!" Diese Losung wendet sich nicht ausschließlich - ja nicht einmal in erster Linie - an kleine Propagandagesellschaften, die sich trotzkistisch nennen. Viele dieser Gruppen sind nur Sekten, die jede neue Bewegung, sei es die Anti-Kriegsbewegung oder die anti-kapitalistische Bewegung verabscheuen. Sie existieren in nationaler Isolation und haben schon lange jeden ernst zu nehmenden Versuch aufgegeben, eine neue Internationale zu schaffen. Andere dagegen wiederholen nur, dass die Zeit für eine neue Internationale noch nicht reif sei.

Die meisten von ihnen sind eine Parodie, ein pseudo-revolutionärer Affront auf Trotzkis politische Herangehensweise und seinen unaufhörlichen Kampf für eine Arbeiterinternationale, den er selbst unter schwierigsten Bedingungen nie auf "bessere Zeiten" verschob. Viele "Trotzkisten" haben zwar Trotzkis Worte konserviert, sein unversöhnlicher revolutionärer Geist ist ihnen jedoch schon lange abhanden gekommen. Dieser Geist findet sich heute bei den Millionen, die gegen den Imperialismus kämpfen - auch wenn viele von ihnen kaum eine Wort von Trotzki gelesen, ja nicht einmal von ihm gehört haben.

Unsere Aufgabe besteht daher darin, das programmatische Erbe Trotzkis - des Kommunismus auf der Höhe unserer Zeit - mit diesen neuen Kräften zu verbinden. Daher richtet sich die Losung "Vorwärts zur Fünften Internationale!" an die militanten ArbeiterInnen und Jugendlichen, die in anti-kapitalistischen Initiativen, in den Gewerkschaften, bei den Mobilisierungen gegen den imperialistischen Krieg, in den europäischen, asiatischen, südamerikanischen Sozialforen aktiv wurden.

Neues Programm

Wir richten diese Losung an jene Massenparteien und Organisationen der Arbeiterbewegung, die aufgrund des Drucks von unten gegen Neoliberalismus, Angriff des Kapitals und den Krieg zu Aktionen auf der Straße aufriefen.

Um dieses Ziel zu bekräftigen, hat sich die LRKI umbenannt. Sie heißt nun "Liga für die Fünfte Internationale".

Den größten Teil seiner Zeit verwandte der Kongress damit, ein neues Programm zu diskutieren und anzunehmen. Den Entwurf haben wir vor einigen Monaten unter dem Titel "Vom Protest zur Revolution" veröffentlicht. Es gab große Übereinstimmung darin, dass der Entwurf selbst gelungen war und nur in einigen Bereichen Verbesserungen notwendig waren. So bei den Abschnitten zum Anarchismus, zum Islamismus, zur Frauenunterdrückung, zur Krise der proletarischen Führung und zu den Gewerkschaften.

Das Programms soll bei den Aktionen, Foren, Debatten der kommenden Jahre zur Diskussion gestellt werden, um dafür Individuen wie Organisationen und Gruppen, die seine grundlegende Ausrichtung teilen, zu gewinnen und unsere Kräfte mit ihnen zu vereinen.

Eine andere, lebendige Debatte wurde zur Frage des Verhältnisses von revolutionärer Jugendorganisation und Partei geführt. Alle stimmten der Position (wie sie schon von Liebknecht, Lenin und Trotzki entwickelt wurde) zu, dass die revolutionäre Jugendbewegung von der Partei organisatorisch unabhängig sein müsse, d.h. sie muss eigene Strukturen, Kongresse, Wahl der Leitungen usw. haben - frei von Bevormundung durch die "Mutterpartei". Alle stimmten auch darin überein, dass die Normen der Arbeiterdemokratie in der revolutionären Jugendorganisation ebenso wie in der ganzen revolutionären Bewegung gelten müssten.

Perspektiven

Naturgemäß wurden auch die Perspektiven der Liga für die kommenden Jahre diskutiert. Es wurde beschlossen, umfangreiche Ressourcen in den Aufbau von REVOLUTION zu stecken, um sie zu einer größeren internationalen Jugendorganisation zu machen. Schon jetzt gibt es REVOLUTION-Gruppen in Ländern, wo die Liga für die Fünfte Internationale keine Sektionen hat (in den USA und Indonesien). Wir wollen alle Gruppen ermutigen, eine gemeinsame politische Plattform anzunehmen, eine ständige internationale Koordination untereinander zu schaffen und eine internationale Führung herauszubilden.

Die Liga wird weiter in der anti-kapitalistischen Bewegung intervenieren und gegen den "Krieg den Terror", die Besetzung des Irak und weitere quasi-koloniale Kriege mobilisieren.

Wir wollen gleichzeitig die Arbeit in den Betrieben und Gewerkschaften, der Intervention in die Abwehrkämpfe gegen die Angriffe des europäischen Kapitals verstärken.

Schließlich wählte der Kongress auch eine neue internationale Führung, das internationale Exekutivkomitee der Liga für die Fünfte Internationale. Der Kongress begeisterte nicht nur viele junge Delegierte und GenossInnen von REVOLUTION.

Ein "alter Hase" erklärte auch, dass es der beste Kongress gewesen wäre, an dem er je teilgenommen hätte.

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Nr. 81, Juni 2003

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*  Berichte von Aktionen: Stimmung gut, Führung mies
*  Heile Welt
*  Österreich: Tschüsserl, Schüsserl!
*  Palästina: Road Map to Peace?
*  Nach dem Irak-Krieg: Fragiler Friede
*  Nach den Wahlen in Argentinien: Sieg der Reaktion?
*  Jugendorganisation REVOLUTION: Control Obrero
*  Ausbildung und Uni: Jugend ohne Zukunft
*  17. Juni 1953: Aufstand der Arbeiter
*  Kongress der LRKI/L5I: Neues Programm, neue Losung