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7.-8. Juli

Gegen den G20-Gipfel!

Martin Suchanek, Neue Internationale 217, März 17

Hamburg ist eine Reise wert, jedenfalls im Juli 2017. Am 7. /8. 7. tagen die Staats- und Regierungschefs der 19 mächtigsten Staaten und der Europäischen Union. Ob Trump, Putin, Erdogan, Temer, Modi, Merkel - jedem/r von ihnen gebührt eigentlich ein Massenprotest.

Eines ist wohl schon jetzt klar. Zehntausende werden nach Hamburg fahren, um dieser illustren Schar aus RassistInnen, ArbeiterInnenfeinden, SexistInnen, angehenden oder etablierten DiktatorInnen einen gebührenden Empfang zu bereiten.

Für den 7. Juli sind Massenblockaden des Gipfels geplant.

Am 8. Juli soll eine internationale Großdemonstration, für die europaweit mobilisiert wird, die Stadt fluten.

Davor und während dieser Tage sind ein Gegengipfel (5./6. Juli), eine anti-kapitalistische „Warm-Up“-Demo (6. Juli), ein Protestcamp und viele weitere Aktionen geplant.

An der Mobilisierung beteiligt sich ein breites „Spektrum“ links von SPD und Gewerkschaftsführungen: die Linkspartei, Attac, DKP/SDAJ, die Friedensbewegung, ökologische Gruppierungen, migrantische Linke wie NavDem, DIDF, andere kurdische, türkische oder palästinensische Vereinigungen, anti-rassistische Initiativen, maoistische und trotzkistische Gruppierungen, die autonome und post-autonome Linke (IL, UG, ...). Die Gruppe ArbeiterInnenmacht und REVOLUTION mobilisieren ebenfalls zu den Aktionen.

Dieses Spektrum, das von ReformistInnen bis zu RevolutionärInnen und KommunistInnen reicht, stimmt darin überein, dass die Legitimität der G20 grundsätzlich bestritten wird. Deren Gipfel gibt sich wie eine kleine „Weltregierung“, die hinter verschlossenen Türen die Krise ihres Systems auf die ArbeiterInnen, Bauern/Bäuerinnen und die Umwelt abwälzen will und zugleich ihren eigenen Kampf um die Neuaufteilung der Welt austrägt. Daher wird beim Gipfel trotz viel Gedöhns und „Sorge“ um die Welt wenig rauskommen. Offiziell soll Hilfe für Afrika einen zentralen Bestandteil der Tagung bilden. Die Realität dieser Hilfe erleben täglich Hunderttausende an den EU-Außergrenzen, erleben jene, die auf dem Weg zum „zivilisierten“ Europa im Mittelmeer ersaufen.

Während Trump in den USA mit Rassismus auftrumpft und die Staatsgewalt noch mehr in seinen Händen konzentriert, Erdogan seine Diktatur absegnen lassen will, in Frankreich Le Pen die erste Runde der Präsidentschaftswahl zu gewinnen droht, Temer putscht, Putin, Modi oder Xi Jinping ihre Länder fest im Griff haben, präsentieren sich die deutsche Bundesregierung und die EU als „Hort der Vernunft“, zivilisierter, verständigungsorientierter Herrschaftsausübung. Verlogenheit ist Trumpf, wenn es darum geht, die Weltmachtambitionen des deutschen Imperialismus und seines schwer angeschlagenen EU-Projekts als „Friedensmission“ zu präsentieren.

Richtig hält der Aufruf zur Großdemonstration am 8. Juli fest: „Unsere Kritik richtet sich nicht nur gegen einzelne Personen und Repräsentanten, sondern gegen die Verhältnisse und Strukturen, die diese hervorbringen. Wir werden unsere Ablehnung der kalten und grausamen Welt des globalen Kapitalismus deutlich machen, wie sie von den G20 repräsentiert und organisiert wird. Wir werden unsere Solidarität mit all jenen zum Ausdruck bringen, die weltweit durch Proteste, Streiks oder Aufstände der Politik der G20 entgegentreten.“ (http://g20-demo.de/de/beispiel-seite/)

Mit den G20 gibt es nichts zu verhandeln, keinen „zivilgesellschaftlichen Prozess“ in Gang zu bringen. Ihre Politik und das kapitalistische System müssen zu Fall gebracht werden, das ist die eigentliche Menschheitsaufgabe unserer Zeit!

Auch wenn das Bündnis insgesamt keineswegs die letztgenannte Position teilt, so unterstützen wir als Gruppe ArbeiterInnenmacht den Bündnisaufruf kritisch, auch wenn er an einzelnen Punkten zu vage bleibt und einige illusorische Phrasen wie „globale Gerechtigkeit“ enthält.

Wir treten dafür ein, dass am 7. und 8. Juli die verschiedenen Gruppierungen gemeinsam gegen die G20 auf die Straße gehen und gleichzeitig ihre eigenen, weitergehenden Forderungen, Programme und Perspektiven vertreten - sei es in eigenen Barrios auf dem Camp, auf Veranstaltungen, mit Publikationen oder eigenen Blöcken und RednerInnen bei den Aktionen und Demos.

Dieser Konsens, gemeinsam gegen die G20 sich nicht in „gute“ und „schlechte“, „bürgerliche“ und „radikale“ DemonstrantInnen spalten zu lassen, ist ein richtiger Schritt, von dem wir in der Mobilisierung und bei den Aktionen um keinen Millimeter abrücken sollten.

Spaltungsmanöver

Allerdings vertreten das nicht alle. Während sich oben genannte Organisationen und Gruppierungen trotz ihrer Differenzen auf eine gemeinsame „Choreographie“ der Aktivitäten am 7. und 8. Juli sowie in der Vorbereitung verständigt haben, sind einige NGOs um Campact, die Naturfreunde, unterstützt von der Grünen Bundespartei, ausgestiegen und machen am 2. Juli ihren eigenen Protesttag. Sie hoffen, auch die Gewerkschaftsführungen dafür zu gewinnen.

Für diesen Schritt gibt es zwei Gründe.

Erstens wollen diese Organisationen nicht gegen die G20 insgesamt protestieren, sondern sich auch am „zivilgesellschaftlichen“ Prozess beteiligen, den die Bundesregierung im Vorlauf zum Gipfel veranstaltet. Sie wollen mit ihren Vorschlägen zur Weltverbesserung „Einfluss“ auf die G20 nehmen - und biedern sich dabei nur an.

Daher lehnen sie es zweitens ab, gemeinsam mit jenen zu demonstrieren, die für eine Politik des Kampfes, der Konfrontationen mit den G20 stehen. Das betrifft nicht nur die Autonomen und andere Links-Radikale, die womöglich „falsche Bilder“ produzieren würden, sondern vor allem auch Organisationen wie die der kurdischen Bewegung, die für den Kampf gegen einen der Staatschefs stehen. Befreiungsbewegungen, aber auch die VertreterInnen einer kämpferischen ArbeiterInnenklasse, z. B. des indischen Generalstreiks, oder anti-kapitalistischer, antirassistischer Kräfte, die über den Rahmen der Demokratischen Partei hinaus gegen Trump agieren, wollen sie nicht. So schlägt der Lobbyismus in eine Abwendung von allen um, die wirklich gegen die G20 kämpfen wollen.

Auch wenn die OrganisatorInnen des 2. Juli so tun, als würden sie nur eine „zusätzliche“ Aktion veranstalten, so handelt es sich um ein Spaltungsmanöver, das den Widerstand und die Mobilisierung vor allem zur Großdemonstration am 8. Juli schwächen soll. Campact und Co. hoffen auf 40.000 bis 50.000 Menschen. Da viele Lohnabhängige, SchülerInnen oder Erwerbslose nur schwer an zwei Wochenenden hintereinander nach Hamburg fahren können, wird so die Mobilisierung zum eigentlichen Höhepunkt der Proteste bewusst geschwächt. Damit spielen sie das Spiel der Bundesregierung, die gezielt auf Spaltung der Gegenmobilisierung und Integration der „Zivilgesellschaft“ setzt.

Ein solcher „Protest“ passt auch zum Konzept, nach den Gipfelprotesten zu Beginn des Jahrhunderts, als die Herrschenden in den „demokratischen“ Staaten gezwungen waren, ihre Tagungen in entlegene Regionen oder Städte zu verlagern, wieder in eine Millionenstadt zu kommen.

Am 2. Juli dürfen die „vernünftigen“ KritikerInnen der G20, die von deren BeraterInnen immer weniger unterscheidbar werden, auflaufen, während die TeilnehmerInnen an den Camps, Blockaden oder selbst der Demonstration als unbelehrbare „KrawallmacherInnen“ hingestellt werden sollen.

All das geht einher mit der Bereitstellung von zehntausenden Polizei- und Sicherheitskräften zum Schutz von 20 Staats- und Regierungschefs und ihres Trosses. Hamburg wird in den kommenden Monaten zur überwachten Stadt, der Gipfel soll durch eine Rote Zone zusätzlich abgeschirmt werden.

Begeisterung wird das unter der Bevölkerung nicht hervorrufen, ja es kann und muss dazu führen, dass die Mobilisierung gegen den Gipfel mit jener gegen die Einschränkung demokratischer Rechte verbunden wird.

Für die Regierung geht es umgekehrt nicht darum, auf „Zustimmung“ durch „die Straße“ zu hoffen. Sie will vielmehr den zahlreichen Organisationen und DemonstrantInnen, die vom 7.-8. Juli nach Hamburg kommen, ihre überlegene Macht vorführen.

Internationalistischer Block

Wir als Gruppe ArbeiterInnenmacht und REVOLUTION werden für die Protestaktionen zusammen mit den Sektionen der Liga für die Fünfte Internationale in Europa mobilisieren.

Wir versuchen, gemeinsam mit anderen internationalistischen, klassenkämpferischen, anti-imperialistischen Gruppierungen einen INTERNATIONALISTISCHEN BLOCK zur Demonstration, zu den Blockaden, auf dem Camp und mit einem eigenen Barrio zu bilden. Als politische Stoßrichtung haben wir uns bei einem ersten Treffen in Berlin auf folgende Forderungen verständigt:

Solidarität mit den Kämpfen der ArbeiterInnen und Gewerkschaften weltweit!

Nein zur Militarisierung im Innern! Gegen die Aushebelung demokratischer Rechte!

Gegen die Unterdrückung der Frauen, LGBTIAQ-Menschen und Jugend!

Nein zu allen imperialistischen Interventionen! Sofortiger Abzug aller Truppen aus dem Ausland!

Nein zum Rassismus - für offene Grenzen und gleiche BürgerInnenrechte für alle!

Für das Recht auf Selbstverteidigung und Selbstbestimmung! Gegen die Kriminalisierung von Widerstand, linken und antiimperialistischen Gruppierungen!

Unterstützung des Widerstandes gegen Besatzung und Kolonisierung! Internationale Solidarität mit Befreiungskämpfen in Palästina und Kurdistan!

Für internationale Koordinierung des Klassenkampfes! Für eine neue Internationale!

Wir stellen die Mobilisierung bewusst in den Kontext gemeinsamer Arbeit in der anti-rassistischen Bewegung, am Tag des politischen Gefangenen (18. März), von Mobilisierungen gegen Trump und Erdogan, zum Ersten Mai und zum Nakba-Tag.

Ein erstes Treffen dazu fand am 25. Februar in Berlin statt. Der Aufruf des Blocks soll in den nächsten Wochen verabschiedet und ein bundesweites Treffen am Rande der Aktionskonferenz gegen die G20 in Hamburg am Wochenende des 7.-9. April stattfinden. Wer daran Interesse hat, kann uns entweder unter info@arbeitermacht.de oder den Internationalistischen Block selbst unter interblock@riseup.net kontaktieren.

Über die Proteste hinaus wollen wir zwei grundlegende Probleme der ArbeiterInnenklasse, der Linken, der Unterdrückten weltweit ansprechen: erstens das Fehlen eines gemeinsamen, koordinierten Widerstandes; zweitens das Fehlen einer politischen Strategie und Programmatik, die eine anti-kapitalistische Antwort auf die aktuellen Probleme des Klassenkampfes gibt und auf deren Basis jene Organisation entstehen kann, die wir brauchen, um dem imperialistischen System ein Ende zu bereiten: Eine neue revolutionäre Internationale der ArbeiterInnenklasse!

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Nr. 217, März 17

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*  7.-8. Juli: Gegen den G20-Gipfel!
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