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Afghanistan

Widerstand gegen NATO und Bundeswehr!

Robert Teller, Neue Internationale 155, Dezember 2010/Januar 2011

Seit nunmehr neun Jahren leben die AfghanInnen unter der Besatzung der imperialistischen Koalitionstruppen. Ab Oktober 2001 hatten die US-Drahtzieher mit Hilfe der „Nordallianz“, einem islamisch-nationalistischen Bündnis korrupter Warlords, die militärische Kontrolle über die meisten Gebiete von Afghanistan erlangt. Es folgte die Besetzung des Landes durch Truppen der „Operation Enduring Freedom“ und danach durch die multinationalen ISAF-Truppen unter Mandat des UN-Sicherheitsrates.

Dieser imperialistischen Koalition geht es nicht um den Kampf gegen „Terrorismus“, sondern um die Kontrolle wichtiger Rohstoffe und Transportwege sowie die Herrschaft über eine strategisch wichtige Region. Die Pläne für den Angriff lagen bereits lange vor den Anschlägen vom 9.11. in den USA in der Schublade.

Die Bundesrepublik war von Anfang an Mitglied dieses Bündnisses. Die herrschende Klasse möchte einen Teil vom Kuchen haben und ihre imperialistischen Ambitionen auch militärisch vertreten. Sie möchte vor dem Hintergrund einer angekratzten US-Hegemonie einen imperialistischen europäischen Block unter deutscher Führung etablieren, um die USA herauszufordern. Daher musste sich Deutschland an diesem Krieg beteiligen, um mitreden zu können und einen Fuß in der Tür zu haben bei der Neuordnung des Mittleren Ostens.

Es gehört zur Logik eines jeden imperialistischen Krieges, dass die kriegführenden Imperialisten ihre Feinde diffamieren; in diesem Krieg sind es die „Terroristen“ und die „Islamisten“. Diesen unaufrechten Zeitgenossen sei jedes Mittel recht, „den Westen“ und die „Demokratie“ zu bekämpfen. Sie, so das Bild der herrschenden Klasse, sind Verrückte, besessen von Jihad und dem Kampf gegen den Westen. Gegen diese Art eines unberechenbaren und irrationalen Feindes sei natürlich jedes Mittel recht.

Seit etwa 2003 führen verschiedene Gruppierungen und Milizen in Afghanistan mit zunehmendem Erfolg einen Bürgerkrieg gegen die Besatzung. Die Folgen sind für die Besatzungstruppen verheerend: inzwischen ist in keiner Provinz die Macht der Besatzer mehr unangefochten. Überall werden sie Ziel von Angriffen, sogar in ihren Basen. Die Imperialisten reagieren mit einer massiven Kriegsausweitung - die USA haben ihre Truppen in den letzten zwei Jahren verdreifacht!

Der Widerstand ist richtig und notwendig. Wir unterstützen das Recht der AfghanInnen, sich gegen die imperialistische Besatzung zur Wehr zu setzen. Warum? Weil wir in jeder politischen Frage Position für die unterdrückten Klassen beziehen. Die Marionettenregierung in Kabul allerdings ist reaktionär und in ihren Interessen denen der unterdrückten AfghanInnen entgegengesetzt. Zudem ist es ihr nicht einmal gelungen, ihre "demokratischen“ Ziele, wie die Wiederherstellung der Rechte der Frauen, umzusetzen. Der Sieg über die Besatzer und das Marionettenregime wäre ein notwendiger und wichtiger Schritt zur Befreiung von der Unterwerfung durch den Imperialismus. Zudem würde ein solcher Sieg aller Welt zeigen, dass sogar die mächtigsten Armeen der Welt durch den Widerstand der unterdrückten Völker besiegt werden können.

Die aktuelle Diskussion um einen möglichen Abzug der Truppen zeigt, dass sich angesichts des andauernden Widerstandes die herrschenden imperialistischen Klassen nicht mehr einig sind über Sinn und Zweck dieses Krieges - auch das ist ein Erfolg des Widerstands. Ein Abzug binnen weniger Jahre erscheint jedoch im Moment äußerst unwahrscheinlich. Afghanistan ist zum Schicksalsland der NATO geworden, ein Abzug würde ihre Durchsetzungskraft für die Zukunft stark herabsetzen.

Welche Perspektiven für RevolutionärInnen?

Afghanistan ist ein sehr rückständiges Land. Der Schlüssel zum Verständnis der Lage ist das Gesetz der ungleichzeitigen und kombinierten Entwicklung. Dieses beschreibt die Verschärfung der Gegensätze zwischen imperialistischen und halbkolonialen Ländern. In halbkolonialen Ländern wie Afghanistan findet man häufig noch feudale Strukturen und damit verbundene Produktionsweisen vor, die im Westen längst überwunden sind. Das bedeutet, dass fortschrittliche Kräfte in diesen Ländern auch für bürgerlich-demokratische Forderungen eintreten müssen, wie für eine Bodenreform, freien Zugang zu Schulen für Jungen und Mädchen und gleiche Rechte für Frauen und Männer.

Gleichzeitig sehen sich RevolutionärInnen in Afghanistan mit einer Vielzahl an reaktionen bürgerlichen/kleinbürgerlichen Ideologien und Kräften konfrontiert, allen voran der „Islamismus“. Diese Kräfte, gestärkt durch die Erfolge im Kampf gegen die Besatzung, müssen auf politischer Ebene entschieden bekämpft werden. Der antiimperialistische Kampf muss verbunden werden mit dem politischen Kampf gegen den Islamismus, die korrupten Warlords und die reaktionären Eliten. Dieser Kampf macht den Aufbau unabhängiger, demokratischer Aktionskomitees nötig, in denen BäuerInnen, ArbeiterInnen und Arme gemeinsame Schritte und Aktionen diskutieren können.

Viele Probleme, wie die Rechte der Frauen, können nicht ohne den Sturz der feudalen Verhältnisse überwunden werden. Die Befreiung Afghanistans aus den Fängen des Imperialismus jedoch beginnt mit dem bewaffneten Kampf gegen die Besatzer. Erst die militärische Niederlage des Imperialismus schafft die Voraussetzungen für eine sozialistische Umwälzung. Daher müssen alle fortschrittlichen Kräfte diesen Kampf unterstützen. Für uns in den imperialistischen Ländern bedeutet dies, für die Niederlage der deutschen und anderen imperialistischen Truppen - für revolutionären Defätismus - einzutreten.

Die Solidarität mit allen Unterdrückten der Welt gebietet es uns, eindeutig Position zu beziehen für den Widerstand. Wir kritisieren daher auch die Pazifisten, die zwar gegen den Krieg und für einen Abzug sind, aber nicht wissen, wie dies angesichts der imperialistischen Interessen Deutschlands durchgesetzt werden soll. Die Pazifisten verstehen nicht den Klassencharakter dieses Krieges: dass er ein Krieg der mächtigsten Imperialisten gegen die ausgebeuteten Völker Afghanistans ist.

In Wirklichkeit ist es der Kampf der AfghanInnen, der die imperialistische Befriedung und Kontrolle sowie  die Ausplünderung des Landes verhindert. Wenn dabei deutsche und andere Soldaten der NATO und ihrer Verbündeten fallen, so ist die Trauer ihrer Familien sicher verständlich - der bewaffnete Kampf gegenüber den Besatzer aber legitim.

Wenn sie nicht als Kampfmaschinen und Unterdrücker, wenn sie nicht als Kanonenfutter für den deutschen Imperialismus töten oder sterben wollen, so müssen sie den Einsatz im diesem verbrecherischen Krieg verweigern. In diesem Sinne unterstützen wir alle Aktivitäten von SoldatInnen der Bundeswehr, den Einsatz in Afghanistan zu verweigern - sie müssen das volle demokratische Recht haben, ihre Meinung zu vertreten. Die Anti-Kriegsbewegung soll als einen Teil ihrer Aktivitäten auch unter den Soldaten eine Aufklärungskampagne gegen den Krieg, über seine wirklichen verbrecherischen Ziele und für den sofortigen Abzug aller Besatzungssoldaten machen.

Die Anti-Kriegsbewegung?

Die deutsche Anti-Kriegs-Bewegung ist an einem Tiefpunkt angelangt. Schuld daran sind v.a. die Gewerkschaftsführungen, die es ablehnen, den Afghanistan-Krieg zum Thema zu machen und eine politische Kampagne zu führen - um nicht ihren politischen Partner SPD zu verprellen. Doch auch die LINKE vertritt ihre Kritik am Kriegseinsatz allenfalls in Sonntagsreden und nicht in der Aktion. Wir treten daher ein für die Neuformierung der Anti-Kriegs-Bewegung als eine breite Bewegung der ArbeiterInnen und der Jugend. Die gesamte Arbeiterbewegung, die Jugend und die Linke sollte in dieser Bewegung vertreten sein. Auf Basis gemeinsamer Ziele, wie dem sofortigen Rückzug der Bundeswehr, muss so eine Aktionseinheit geschaffen werden.

Entscheidend für den Kampf gegen den imperialistischen Krieg ist die Bedeutung der Arbeiterbewegung. Wir treten dafür ein, diesen Kampf mit den Mitteln des Klassenkampfes zu führen. Nur die Arbeiterklasse ist in der Lage, die Regierung zum Abzug zu zwingen. Daher fordern wir Streiks in Rüstungs- und Logistikbetrieben, die am Krieg beteiligt sind, um die Regierung zum Einlenken zu zwingen.

Abzug der Bundeswehr und aller Besatzungstruppen jetzt!

Kein „Kampf gegen den Terror“! Gegen alle „Anti-Terror-Gesetze“!

Organisierung einer gemeinsamen Kampagne von Anti-Kriegsbewegung, Gewerkschaften, und linken Organisationen und Parteien gegen den Kriegseinsatz!

Kommt zu den Protesten gegen die Kriegskonferenz in München am 4. und 5. Februar 2011!

Großdemonstration: Samstag, 5. Februar 2011

Beginn 13.oo Uhr, Marienplatz

Infos: www.sicherheitskonferenz.de

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Nr. 155, Dez. 2010/Jan. 2011
*  Klassenkampf: Die Weltlage und die Euro-Krise
*  Heile Welt
*  "Anti-Terror"-Kampf: Vorsicht Demagogen!
*  Aktionskonferenz gegen Stuttgart 21: Eine verpasste Chance
*  4000 demonrieren gegen Sparpaket: Welche politischen Konsequenzen ziehen wir?
*  Deutsch-französischer Gipfel: Imperialisten feiern sich
*  "Dritte Welt"-Hilfe: Fair Trade? Big Fake!
*  Zwischenwahlergebnis in den USA: Ein Ausdruck der Krise
*  Generalstreik in Portugal
*  Bildungsproteste in Britannien: Shut down London
*  Afghanistan: Widerstand gegen NATO und Bundeswehr!