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Pakistan

Vor dem Abgrund

Luke Cooper, Neue Internationale 134, November 2008

Das Sprengstoffgemisch aus ökonomischem Kollaps und heftigen Gefechten mit einem militanten Aufstand treibt Pakistan immer weiter in einen politischen und gesellschaftlichen Zusammenbruch. Nicht zum ersten Mal in der 61jährigen Geschichte des Staates stellt sich eine Frage: Kann Pakistan überleben?

Der Oppositionspolitiker Nawas Scharif äußerte: “Pakistan steht vor der schlimmsten Krise seiner Geschichte“. Das ist kein leeres Wort in einem Land, das zahlreiche ethnische und nationale Erhebungen, drei Kriege gegen Indien, die Abtrennung von Bangladesch sowie eine Militärherrschaft während der Hälfte seines Bestehens erlebt hat und dessen Nationsbildung in der blutigen Spaltung von Britisch-Indien stattgefunden hat.

Pakistan hat viele Krisen durchlebt; die beiden gegenwärtigen wären schon unheilvoll genug, wenn sie zu verschiedenen Zeiten geschehen würden. Der gleichzeitige ökonomische Zusammenbruch und der sich steigernde Krieg aber wirken zusammen höchst bedrohlich. Im Januar 2008 warnte Asif Ali Sardari von der Pakistanischen Volkspartei (PVP), der Anfang September das Präsidentenamt übernahm, davor, dass Pakistan den „Weg von Somalia oder Afghanistan nehmen könnte“. Aus seinem Mund klingen diese Worte umso prophetischer.

Der „Krieg gegen den Terror“

Seit Amtsübernahme tat Sardari alles, um seine Ergebenheit gegen die USA zu zeigen und seinen Beitrag zum „Krieg gegen den Terrorismus“ zu leisten. Er hat nicht nur die Beziehungen zur afghanischen Regierung wieder gekittet, die Pakistan lange der Unterstützung für den Taliban-Widerstand bezichtigte, Sardari hat auch eine große Militäroffensive gegen die islamischen Kämpfer in den Stammesgebieten entlang der Grenze zu Afghanistan gestartet. Die Resultate waren verheerend.

Das Flüchtlingshilfswerk der UNO schätzt, dass etwa 200.000 Menschen aus ihren Siedlungen vertrieben worden sind. 20.000 davon haben auf der Flucht vor den Kämpfen sogar die Grenzen zu den afghanischen Regionen Kunar und Badschaur überschritten. Diese Schätzungen beruhen jedoch auf Regierungsangaben. Einige Beobachter halten die wahren Zahlen für viel höher. Die unabhängige pakistanische Menschenrechtskommission (PHRC) schätzt die tatsächliche Zahl der Flüchtlinge in diesem Konflikt auf erschreckende 700.000, und dies für September - vor der Verschärfung der Kämpfe im Oktober 2008.

Ungeachtet dessen ist die humanitäre Katastrophe gewiss, die Flüchtlinge finden kaum Obdach, Nahrung und Wasser zum Überleben. Zwar ist noch nicht das Ausmaß der notwendige Hilfsmaßnahmen erreicht, das 1947 bei der Einwanderung der muslimischen Gemeinden nach Pakistan zu verzeichnen war, aber es bedarf einer Riesenrettungsaktion - in einem Land, dessen Ökonomie am Rand des Ruins wandelt.

Auch entsetzlich viele zivile Opfer sind zu beklagen. Die PHRC berichtete im September, dass bei Kampfhandlungen in den Grenzgebieten allein in diesem Jahr 2.000 Zivilisten umgekommen sind, die Toten des Oktobers noch gar nicht einberechnet.

Die pakistanische Armee operiert seit Februar 2004 in den Stammesgebieten gegen islamistische Kämpfer. Kämpfe brachen auch 2006 und im Herbst 2007 aus. Jedoch jeder Angriff scheiterte daran, die militärische Oberhoheit über die Region wieder herzustellen. Stattdessen musste mit jedem Waffenstillstand örtlichen Milizführern das Recht auf ihre Einflusssphäre zugestanden werden. Die neue Offensive mit dem Einsatz von 120.000 Mann übertraf alle vorigen.

Die Verantwortung für diese verschärften Kämpfe liegt eindeutig bei den USA, die großen Druck auf die neue pakistanische Regierung ausgeübt haben, endlich eine entschlossene Militäroffensive herbeizuführen. Die USA drängen nicht nur diplomatisch und ökonomisch, sie haben auch eigene Militäroperationen in Pakistan seit diesem Sommer unternommen. In einer Attacke in Südwasiristan durch US-Spezialeinheiten wurden im September 20 Zivilisten getötet, was große Empörung auslöste. Auch die Pakistanische Regierung und das Militär haben sich offen gegen diese Angriffe als „einfach unannehmbar“ ausgesprochen. Die Spannungen zwischen den beiden Alliierten waren im September so hoch, dass sich pakistanische Truppen mehrfach grenzübergreifende Feuergefechte mit US-Verbänden auf afghanischer Seite geliefert haben.

Die amerikanische Einschüchterung sollte dazu dienen, Pakistan zur Verstärkung der eigenen Kriegsanstrengungen zu zwingen. Diese Politik erreichte auch ihr Ziel. Doch das Probelem ist, dass wie in Afghanistan die grenznahen Stammesgebiete ein unwirtliches Gelände und wie geschaffen für die Guerrillataktik sind. Die pakistanische Armee ist vielleicht gerüstet für großräumige Panzerschlachten mit Indien, aber nicht für die zunehmende Verwicklung in einen ungewinnbaren Scharmützelkrieg.

Vor allem die möglichen politischen Zerfallserscheinungen machen das imperiale Spiel der USA so brandgefährlich. Der Vorwand für die neue harte Haltung war die Schuldzuweisung an die pakistanischen Sicherheitskräfte aus Anlass des Bombenattentats auf die indische Botschaft in Kabul im Juli 2008.

Dass Dschihad-Agenten in den Reihen der pakistanischen Sicherheitstruppen einen solchen Anschlag durchgeführt haben könnten, klingt plausibel. Das Militär hat eine lange Tradition der Zusammenarbeit mit radikal-islamistischen Kräften, die bis in Zeiten des Militärmachthabers Sia ul Haq zurückreicht, der den islamischen Extremismus als Quelle für seine totalitäre Herrschaft nutzte und radikale islamische Ideen im Militär nährte.

Sia bildete auch „Gotteskrieger“ nicht nur für die Bekämpfung der UdSSR in Afghanistan aus, sondern auch gegen Indien im Kaschmirgebiet. Islamistische Parteien wie die Dschamaat-i-Islami erfreuten sich eines gewissen Rückhalts in der Armee und selbst in offiziellen Militärveröffentlichungen tauchten Verurteilungen der USA und publizistische Unterstützung für den islamischen Dschihad auf.

Diese Widersprüche in der Armee sind eine tickende Zeitbombe, die nach der vollen Unterstützung von General Musharraf für den imperialistischen Krieg gegen den Terror seit dem 11.9.01 irgendwann detonieren muss. 120.000 muslimische Armeeangehörige, von denen viele mit den Prinzipien des islamischen Dschihad sympathisieren, haben natürlich ein Problem damit, für die Ziele der USA gegen eben diesen Dschihad zu bekämpfen. Es gibt Anzeichen, dass diese Widersprüche nun am Siedepunkt angelangt sind: einige Truppen sind schon desertiert, Berichte sprechen auch von Befehlsverweigerungen.

Die Feindseligkeiten sind auch nicht auf die Stammesgebiete beschränkt. Seit Juli 2007, als das Militär unter Musharrafs Regime die islamischen Radikalen, darunter auch viele Zivilisten, massakrierte, schwappte eine Welle von Selbstmordattentaten durch Pakistans Großstädte. Im September ereignete sich einer der größten Bombenanschläge, die Pakistan je erlebt hat (und das waren nicht wenige). Das Marriott-Hotel in Islamabad wurde zerstört, 54 Menschen starben dabei.

Als Folge dessen ist Pakistan immer tiefer gespalten und polarisiert. Viele Leute unterstützen den Krieg gegen den Terrorismus angesichts dieser Anschläge. Aber viele richten ihren Zorn gegen die USA, insbesondere natürlich in den Stammesgebieten, wo jede Attacke den Milizen Zulauf bringt.

Der radikale Islamismus war historisch stark vertreten an Universitäten, aber nun beginnt er sich auch auf andere städtische Schichten auszubreiten. In Lahore verbrannten kürzlich Ladenbesitzer, die nicht gerade für radikale Anschauungen bekannt sind, unter dem Druck von islamischen Radikalen pornographische Erzeugnisse.

Die Krise trifft Pakistan

Unter diesen Bedingungen des sich verschärfenden Kriegs in den Grenzgebieten und terroristischen Erhebungen in den Städten erlebt Pakistan nun eine ernste Wirtschaftskrise. Die Inflation bewegt sich zwischen 25 und 30%; die Preissteigerungen für Nahrungsmittel liegen noch darüber. Die 25%ige Abwertung der pakistanischen Rupie löste einen Ansturm auf die Währung aus.

Die Regierung sieht sich gezwungen, Staatseinkünfte zur Stützung der Währung einzusetzen. Pakistans Hauptbörse in Karatschi steckt in tiefen Turbulenzen. Noch vor kurzem als bester Finanzumschlagplatz Asiens angesehen, rasselte die Börse nach dem Jahreshoch im April um 41% in den Keller und erlitt einen Wertverlust von 36,9 Mrd. Dollar. Der Staat griff ein und fror die Kurse auf ein nicht unterschreitbares Maß ein, was den Wertpapierhandel praktisch zum Erliegen brachte.

Die Krise trifft Arbeiterschaft und Armut besonders hart. Steigende Lebensmittelpreise beschwören eine Hungersnot herauf und haben auch schon zu Aufständen geführt. In den Großstädten fällt der Strom oft 12 Stunden aus, trotzdem hat die Regierung den Strompreis heraufgesetzt. Folge davon waren wütende landesweite Proteste. Vor den Tankstellen bilden sich lange Schlangen ebenso wie vor den Banken, wenn die Leute ihre Ersparnisse retten sollen. Nun droht auch noch der Staatsbankrott. Die Devisenreserven sind im Lauf des Jahres um über 75% auf 43 Mrd. Dollar geschmolzen, was zur Hauptsache an den steigenden Kosten für Öl lag, dessen Anteil ein Drittel aller Importe ausmacht. Der Staat verfügt beim gegenwärtigen Preisstand über Mittel für gerade 40 Tage, um Öl zu kaufen.

Diese Krise wird durch Pakistans gewaltigen Schuldenberg nicht eben gemildert. Es muss derzeit noch 38 Mrd. US-Dollar an Verpflichtungen gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und dem „Paris Club“ von 20 Gläubigerländern sowie drei Milliarden an Handelsobligationen abgelten. Der Schuldendienst für dieses Jahr beträgt allein drei Mrd. Dollar. Pakistan befindet sich also in dramatischen Zahlungsbilanzschwierigkeiten. Ein Verzug bei den Rückzahlungsfristen, wenn der Staat nicht in der Lage sein sollte, neue Anleihen zu erhalten, die diese Verpflichtungen umwidmen könnten, ist von daher ein mögliches Szenario innerhalb des nächsten Monats.

Diese Umstände, die klassische Schuldenfalle, sind für Pakistan nicht neu. Neue Anleihen bei internationalen Geldgebern zur Ankurbelung des heimischen Konsums und beträchtliche Militärausgaben waren das bevorzugte Modell der pakistanischen Herrscher seit Staatsgründung 1947. Aber die sonstigen Geldgeber China, die Golfstaaten und die USA haben bisher noch nicht zu erkennen gegeben, dass sie Pakistan neue Hilfe oder Anleihen anbieten wollen.

Das heißt, die Regierung muss beim IWF vorstellig werden, dessen Hilfen an strenge Auflagen geknüpft sind, um die Zahlungsbilanz durch Ausgabenkürzung und Steuererhöhung auszugleichen. Berichten zufolge soll der IWF sogar eine 30%ige Kürzung des Militärhaushalts in den nächsten 5 Jahren als Gegenleistung verlangen. Aber die pakistanische Armeeführung würde eine solche Einschränkung ihrer Privilegien und Macht unter keinen Umständen hinnehmen. Auch die USA würden dies sicher anzweifeln, denn in ihren Erwägungen spielt die Armee eine strategische Rolle bei der Bekämpfung der aufständischen Milizen an der afghanischen Grenze.

Washingtons „Albtraumszenario“?

Für die Politstrategen in Washington wäre es die Wandlung eines Albtraums zur Wirklichkeit, wenn Pakistan als Staat scheitert und seine Atomwaffen in die Hände von Gotteskriegern fallen würden, die bereit wären, sie gegen westliche Ziele einzusetzen. Die „Lösung“ ist nach neokonservativer Lesart die Verschärfung des „Anti-Terror-Kriegs“, um die islamistischen Kämpfer in Afghanistan und den Stammesregionen Pakistans militärisch zu schlagen und die Hauptkampfeinheiten von Al Qaida zu töten oder aus diesen Regionen abzudrängen.

Diese Politik ist allerdings bislang fehlgeschlagen. Jede amerikanische Streubombe, die ein pakistanisches Dorf trifft, treibt immer mehr Menschen in die Arme der islamistischen Widerstandsmilizen. Die sowjetischen Panzer konnten seinerzeit die Guerrilla im unwegsamen Gelände von Pakistan und Afghanistan nicht besiegen. Dies wird auch der amerikanischen Kriegsmaschine nicht gelingen.

Wenn der Krieg sich in Verbindung mit einem ökonomischen Zusammenbruch weiter verschärft, werden auch die Spannungen in der pakistanischen Armee zum Zerreißen steigen. Nicht nur radikal islamische Sympathien kursieren in der Armee; noch wichtiger ist, dass die Soldaten im Namen der USA einen Krieg gegen die eigene Bevölkerung führen sollen.

Um die Generals- und Offizierskaste bei der Stange zu halten (etliche von ihnen sind Millionäre), muss die US-Administration weiter Geld ins pakistanische Militär pumpen und darauf achten, dass der IWF keine Kürzungen im Rüstungshaushalt fordert. Wenn der Krieg andauert und Pakistan keine Geldmittel auftreiben kann, um die umfangreichen Militäroperationen und die Privilegien für die Offizierskaste zu bezahlen, dann könnte das Pulverfass leicht in die Luft fliegen.

Wenn Befehlshaber, nicht einzelne Soldaten, sich gegen den Einsatz ihrer Einheiten in den Grenzgebieten stellen, könnte die Armee sich spalten und ein Bürgerkrieg im Land ausbrechen. Die USA würden panisch reagieren und sofort Marines absetzen, um die Atomwaffenanlagen zu schützen. Damit würden sie allerdings die Glut des Bürgerkriegs nur noch weiter anfachen. Zugleich würde das die Hindu-Nationationalisten in Indien auf den Plan rufen. Ganz Südasien stünde in Flammen.

Washington würde unversehens und letztlich durch eigene Schuld die Realisierung ihres Albtraumszenarios erleben. Ein Leitartikel im „Independant“ schrieb kürzlich: Es „gibt genügend Brennstoff hier, um Diplomaten schlaflose Nächte für das ganze Jahrhundert zu bescheren. Aber sie wären gut beraten, ihre Vorstellungskraft zu schärfen, selbst auf die Gefahr von noch schlimmeren Albträumen.“

Obwohl dies alles nicht von der Hand zu weisen ist, gäbe es dennoch eine Art Ausweg. Pakistans Herrscher sind sich immerhin der Möglichkeiten bewusst, die sich dadurch eröffnen, dass sie trotz der Militäroffensiven seit 2004 stets eine Reihe von Friedensabkommen in den Stammesgebieten unterzeichnet haben. Wirtschaftskrise und Aggressivität der USA erschweren jedoch die Lösungsmöglichkeiten und vergrößern die bestehenden Widersprüche.

Am 23.10. hat das pakistanische Parlament einstimmig eine Entschließung verabschiedet, die allen Versöhnliches verspricht: Den Amerikanern die Beteiligung am „Krieg gegen den Terror“, der einheimischen Öffentlichkeit den Dialog als Schlüssel zur Konfliktlösung, den Stammesgebieten zivile Einrichtungen statt Militär, den Angehörigen der Opfer Entschädigung, den Vertriebenen Hilfe.

Sardari und das Militär versuchen verzweifelt, das Gleichgewicht zwischen Unterstützung für den US-Imperialismus und den verheerenden innenpolitischen Auswirkungen zu wahren.

Revolutionäre Alternative

Falls blanker Bankrott und Bürgerkrieg verhindert werden können, werden die Herrscher Pakistans auf jeden Fall fordern, dass die ArbeiterInnen für die Wirtschaftskrise zahlen sollen, während eine winzige Schicht von Grundbesitzern, Reichen und Angehörigen der Militärkaste ihr Geld steuerfrei auf ausländischen Bankkonten gebunkert hat. Falls die Waffen jetzt schweigen, werden die USA bald wieder ihre Attacken auf Afghanistan und Pakistan fortsetzen.

Die gegenwärtige Lage Pakistans ist brisant. Aber ein gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Zusammenbruch bietet andererseits auch große Gelegenheiten. RevolutionärInnen stehen vor einer gewaltigen Herausforderung. Sie müssen versuchen, die Mannschaftsgrade in der Armee auf antiimperialistischer Grundlage zu organisieren. Sie müssen den Führungsanspruch der reaktionären islamistischen Kräfte als alleinige Verteidiger der Nation gegen die US-Vorherrschaft bestreiten.

Auch können sie den selbstgerechten Anspruch der proimperialistischen Linken entlarven, die vorgeben, die Rechte der Frauen und der weltliche Staat könnten nur mit Hilfe des US-Imperialismus verteidigt werden. In der Praxis lässt sich beweisen, wie Antiimperialismus und Kampf für Frauenrechte und Säkularismus sich im Mehrfrontenkampf verbinden lassen, insbesondere durch die Mobilisierung von Frauen für den Kampf.

RevolutionärInnen können gewinnen, indem sie unter den armen Massen Antiimperialismus mit dem Klassenkampf der Arbeiterklasse und der Armut gegen die Grundbesitzer und Kapitalisten verknüpfen - etwas, das die radikal islamistischen Kräfte immer verweigern werden.

Die Arbeiterklasse ist der entscheidende Faktor, um die drohende Katastrophe in revolutionärer fortschrittlicher Weise abzuwenden - durch Organisierung der Gegenwehr gegen jede Attacke der Bosse und der USA. Das Eintreten für Verstaatlichung, eine Progressivbesteuerung der Reichen, um soziale Leistungen zu sichern, für eine gleitende Skala der Löhne zum Schutz vor Inflation sowie für die Enteignung der Großindustrien unter Arbeiterkontrolle.

Aber die Arbeiterklasse in Pakistan stellt nur eine Minderheit der Bevölkerung. Erst wenn sie die Bauernschaft mitzureißen vermag, die besonders im Pandschab entscheidend ist für die Gewinnung der einfachen Soldaten, kann die Revolution von Erfolg gekrönt sein. „Das Land denen, die es bebauen“ und „Enteigung der Samindari und aller halbfeudalen Großgrundbesitzer“ müssen daher Schlüsselforderungen sein.

Demokratische Forderungen sind stets der Schlüssel zur Mobilisierung der Bauernmassen. Viele leben in Leibeigenschaft, abhängig von autokratischen Militärs oder Grundbesitzern. Der Ruf nach einer Verfassunggebenden Versammlung für ganz Pakistan kann eine große Anhängerschaft gewinnen, besonders da das Land am Rand einer Katastrophe steht und von einem unpopulären Präsidenten regiert wird, der nicht vom Volk gewählt wurde, sondern seine großen Machtbefugnisse durch die Notstandsverordnung des Vorgängers Muscharraf 2007 erhielt.

Wir müssen auch die nationalen Rechte von Pakistans unterdrückten Minderheiten verteidigen. Der sofortige und bedingungslose Abzug aller Streitkräfte aus den Stammesgebieten muss gefordert werden. Allen Provinzen und Stammesgebieten muss das uneingeschränkte Recht auf Selbstbestimmung unter Einschluss des Rechts auf Lostrennung von Pakistan, falls dies ihr Wille ist, zugestanden werden.

All diese Forderungen brauchen eine politische Organisation, die dafür kämpft. Wir arbeiten mit Workers Power Pakistan, unserer sympathisierenden Sektion, zusammen. Doch sie ist noch keine Massenpartei.

Die Formierung einer Partei der ArbeiterInnen, die unabhängig von den Bossen und den Besitzerklassen ist, ist dringend notwendig. Alle linken Organisationen und Gewerkschaften sind aufgerufen, sich schnell zusammen zu finden, um eine Arbeiterpartei aufzubauen, in deren Formierungs- und Bildungsprozess wir von Beginn an für ein revolutionäres Programm eintreten werden. In Pakistan kann eine solche Partei millionenfaches Echo finden.

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Nr. 134, Nov. 2008
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