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Imperialistische Kriegsdrohung

Hände weg vom Iran!

Hannes Hohn, Neue Internationale 119, April 2007

Seit Monaten mehren sich die Anzeichen für einen Angriff auf den Iran. Trotz der gescheiterten „Befriedung“ des Irak bereitet die Bush-Administration einen weiteren Versuch vor, die Öl-Region zu kontrollieren und unbotmäßige Regime zur Räson zu bringen.

Die „Begründungen“ für einen Schlag gegen den Iran gleichen dabei fatal dem Gespinst aus Behauptungen. Lügen und Drohungen, das schon vor dem Irak-Krieg gesponnen wurde. Dem „Schurkenstaat“ Iran wird vor allem vorgeworfen, sich Atom-Waffen zu beschaffen. Doch dieser Vorwurf ist nur allzu durchsichtig.

Erstens ist der Iran technologisch aktuell noch nicht in der Lage, genügend waffenfähiges Spaltmaterial zu produzieren. Zweitens ist es das Recht des Iran, wie jedes souveränen Staates, Atomwaffen zu besitzen. Ihm das zum Vorwurf zu machen, ist umso bizarrer, als z.B. Israel als Verbündeter in der Region oder aber Pakistan und Indien von den USA als Atommächte nicht nur toleriert, sondern sogar technologisch und militärisch unterstützt werden.

Zuspitzung

Den USA geht es nur darum, dass ein Staat sich ihren globalen Hegemonialplänen entgegenstellt und durch den Besitz von Atomwaffen weniger erpressbar ist. Während Bush und Co. vom „Terrorstaat Iran“ fabulieren, haben die USA selbst nicht nur als einzige Macht bisher Atom-Bomben eingesetzt; die US-Regierung hat atomare Munition zuletzt auch bei ihren Interventionen auf dem Balkan oder gegen den Irak benutzt und plant gerade die Modernisierung des größten Atomwaffenarsenals der Welt.

Die Gefangennahme von britischen Marinesoldaten durch den Iran hat den Konflikt nochmals angeheizt. Der Iran demonstriert so seine Entschlossenheit, dem Druck des Imperialismus nicht nachzugeben. Dieser, besonders der britische, nutzt die Affäre dazu, die Öffentlichkeit von der „Unseriosität“ des Iran zu überzeugen und einen Anlass für ein militärisches Eingreifen zu haben. Das wird auch daran deutlich, dass es solche Vorfälle schon früher gab, sie aber still und diplomatisch geregelt wurden. Diesmal nicht!

Wir erinnern uns noch lebhaft daran, dass auch der Überfall Israels auf den Libanon, der hunderte Tote forderte, mit der Entführung von zwei (!) israelischen Soldaten begründet wurde.

Dass der US-Imperialismus gewillt ist, den Iran militärisch zu attackieren, ist jedoch weniger aus den politisch-diplomatischen Ränkespielen ersichtlich als aus dessen globalen Interessen und realen Planungen.

Seit vielen Jahren geht jede strategische Überlegung der US-Administration (aber auch der EU) davon aus, dass die Beherrschung der an Öl und Gas reichen Region des Mittleren Ostens zentral ist, um die kapitalistische Welt-Ökonomie am Laufen und die Profite der Energie-Multis auf der Höhe zu halten. Die Ambitionen der starken Regionalmächte Russland und China machen diese Frage noch brisanter.

Doch es geht nicht nur um Öl. Es geht auch um die Stärkung der US-Positionen an der Südflanke Russlands und an der Ostflanke Chinas. Es geht darum, im Iran ein Regime an die Macht zu bringen, dass sich den Plänen des Imperialismus nicht entgegenstellt, und das nicht mehr Kräfte unterstützt, die gegen ihn und dessen Verbündete wie Israel kämpfen.

Es geht darum, den Iran zu zwingen, seinen Einfluss auf die schiitische Bevölkerungsmehrheit im Irak zu nutzen, um dort ein stabiles und den USA höriges Regime zu installieren.

Teherans „Antiimperialismus“

Letzteres verweist aber auch auf die Rolle des Iran. Im Irak stützen die an Teheran orientierten schiitischen Führer die Regierung und versuchen, den Widerstand gegen die Besatzer zu „befrieden“ und die Massen in Richtung eines islamischen Gottesstaates zu lenken.

Das Regime in Teheran wird nicht müde, Amerika als den „Hort des Bösen“ zu denunzieren. Doch das Mullah-Regime ist selbst erzreaktionär und wendet sich nur gegen den Imperialismus, um seine eigene Macht zu sichern und selbst von der Ausbeutung und Unterdrückung der Massen in der Region zu profitieren. Ihm geht es nur darum, eine bessere geo-strategische Position zu erreichen, indem die Regierung versucht, die wachsenden Widersprüche zwischen den USA, der EU, Russland und China zu nutzen und einen größeren Anteil der Öleinnahmen für sich und damit auch für einen gewissen sozialen Ausgleich im Iran zu nutzen.

Schließlich muss hier daran erinnert werden, dass das iranische Regime keineswegs so stabil ist, wie es gern von sich glauben macht. Ahmedinedschad wurde schließlich nicht wegen seiner Frömmelei gewählt, sondern weil er im Gegensatz zu den v.a. pro-EU orientierten Vorgängern soziale Verbesserungen versprach.

Diese bleiben jedoch aus und der „Anti-Imperialismus“ seines Regimes dient nicht nur der Durchsetzung außenpolitischer Interessen, sondern auch, um die Verantwortung für das Ausbleiben sozialer Verbesserungen auf den Imperialismus zu lenken. Zweifellos richten sich diese Angriffe an wirklich Verantwortliche. Aber sie dienen natürlich auch dazu, die Klasseninteressen der iranischen Bourgeoisie und Großgrundbesitzer durch religiöse und „anti-imperialistische“ Verbalattacken zu verschleiern.

RevolutionärInnen verteidigen in dieser Situation den Iran gegen den Imperialismus und befürworten alle Maßnahmen - inklusive seines Rechts, Atomwaffen zu besitzen -, die geeignet sind, dem Imperialismus Paroli zu bieten. Aber wir lehnen jede politische Unterstützung des Mullah-Regimes ab und treten für dessen Sturz fund die Überwindung des Kapitalismus im Iran ein.

Die Rolle der EU

Anders als noch im Irak-Krieg, als die Mehrheit der EU-Staaten sich hinter Berlin und Paris gestellt und sich nicht aktiv an Bushs Abenteuer beteiligt hatte, spielt die EU heute eine deutlich aktivere und aggressivere Rolle.

Sie beteiligt sich an den Wirtschaftssanktionen gegen den Iran, unterstützt die Resolution des UN-Sicherheitsrates gegen den Iran und bastelt selbst eifrig an der Drohkulisse mit. Doch zugleich versucht sie, sich als „Vermittler“ zu präsentieren. Worum geht es der EU dabei?

Sie will verhindern, dass die USA ihren Einfluss in der Region noch weiter vergrößern, schließlich will sich das europäische Kapital dort selbst seine Pfründe sichern. Man kann und will sich aber auch nicht offen gegen die USA stellen, weil man natürlich fürchtet, dass ein atomar bewaffneter Iran auch für die EU schwer kalkulier- und erpressbar ist. Zugleich fürchtet man, dass die USA ohne europäische Schützenhilfe wie im Irak erneut in ein Desaster geraten und damit natürlich auch die Position des Imperialismus insgesamt schwieriger wird.

Europas Großkapital steht in Konkurrenz zur den USA, aber zugleich braucht sie den US-Weltgendarmen - noch! Deshalb ist jede Hoffnung in eine „humanere, friedlichere, mäßigende“ Rolle des EU-Imperialismus reine Illusion.

Was tun?

Vor dem Irak-Krieg 2003 entstand die historisch größte Anti-Kriegs-Bewegung mit Millionen Menschen weltweit. Doch diese große Bewegung war nicht stark genug, den Krieg zu verhindern. Das lag vor allem daran, dass die Bewegung Führungen hatte, die Illusionen in die Bourgeoisie des „alten Europa“ schürten bzw. vor effektiven Kampfaktionen zurück schreckten: Streiks und Blockaden, um Kapital und Regierungen zu Zugeständnissen zwingen und die Militärmaschinerie zu stoppen.

Kräfte wie attac, die pazifistische „Friedensbewegung“ (inkl. Teile der Linken wie DKP oder MLPD), die Gewerkschaftsbürokratie und die Führung der PDS waren hauptverantwortlich dafür, dass Schröder und Fischer sich als Friedensengel präsentieren konnten und hinter den Kulissen die Mobilisierung der US-Truppen absicherten.

Eine Bewegung mit einer anderen Führung hätte durch Streiks und Blockaden sehr wohl erreichen können, dass Deutschland den USA und Britannien die Überflugrechte verweigert und die Nutzung ihrer Stützpunkte in Deutschland als Aufmarschbasen verhindert hätte.

Ein hoffnungsvolles Signal kommt nun aus Britannien. Dort trafen sich am 20. März mehr als 900 Delegierte von Gewerkschaften, Schulen, Universitäten, Anti-Kriegs-Gruppen, muslimischen Organisationen und Aktivistengruppen auf Einladung der „Stop the war coalition“ in London, um am vierten Jahrestag des Angriffs auf den Irak auch darüber zu diskutieren, was gegen den drohenden Iran-Krieg zu tun sei.

Neben der zentralen Forderung nach einem Truppenabzug aus dem Irak warnten viele Delegierte vor einem Angriff auf den Iran. So hieß es: „Wenn Bush den Iran angreift, sollten wir dieses Land zum Stillstand bringen (…) Es ist wichtig, dass die Gewerkschaften alles tun, um einen Angriff auf den Iran zu verhindern: Unterschriftensammlungen, Druck auf die Abgeordneten ausüben, Streiks und Demonstrationen."

Für den Fall eines Angriffs auf den Iran wurde beschlossen, zu zivilem Ungehorsam aufzurufen. Ein führendes Mitglied der „Stop the war coalition“ sagte: „Wenn es einen Angriff auf den Iran gibt, werden wir in jeder Gemeinde zu zivilem Ungehorsam aufrufen. Wir werden an jeder Schule zu Schulboykott und in jedem Betrieb zu Protesten und Streiks aufrufen. Wenn Bush den Iran angreift, sollten wir dieses Land zum Stillstand bringen.“

Leider hinkt die Bewegung hierzulande den Anforderungen hinterher. Das „Deutsche Sozialforum“ - eine übergreifende Struktur, die eine solche Rolle wie die britische „Stop the war coalition“ spielen könnte und müsste, tut - nichts. Bezeichnenderweise findet ihr nächstes bundesweites Treffen erst im Oktober statt - also nach der wichtigen Mobilisierung gegen die G8 in Heiligendamm! Das allein sagt genug aus über die deren reformistische „Macher.“

Deren Strategie des Nichtstuns und Demobilisierens dürfen wir uns nicht unterwerfen! Wir müssen die Vorbereitungen für Heiligendamm auch dafür nutzen, gegen die Iran-Pläne des Imperialismus mobil zu machen!

Deshalb rufen wir alle Linken, AntiimperialistInnen, KriegsgegnerInnen und engagierte DemokratInnen im Falle eines Angriffs auf.

Am Tag X, 18.00 Uhr: Alle auf die Strasse!

Diese Proteste müssen der Auftakt sein, eine starke Massenbewegung aufzubauen, die in Betrieben, an Schulen, Unis und im Kiez mobilisiert. Wir fordern auch die Führungen der Gewerkschaften und der (fusionierten) Linkspartei auf, diese Aktionen aktiv zu unterstützen!

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen aber auch, das wir uns auf Appelle an die Gewerkschaften oder an die Linkspartei nicht verlassen dürfen. Wir müssen zugleich lokale Bündnisse, Kampagnen, Anti-Kriegskomitees initiieren, die auch selbstständig mobilisieren können.

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Nr. 119, April 2007
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