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Imperialistische Kungelrunde in Heiligendamm

Gute Nacht G8!

Theo Tiger, Neue Internationale 119, April 2007

Schon die EU-Feierlichkeiten am 24./25. März gaben einen Vorgeschmack auf den Gipfel der G8 vom 6.-8. Juni 2007 im Ostseebad Heiligendamm. Abgesperrte Straßenzüge, massives Polizeiaufgebot, Jubelposen der Politprominenz.

Besonders die Sicherheitsorgane bereiten den G8-Gipfel intensiv vor: kilometerlange Sperrzäune, Luft- und Videoüberwachung, Kriminalisierung antiimperialistischer Gruppen und Aufrufe in der Vorbereitung.

In der Region um Heiligendamm führt die Polizei „Informationsveranstaltungen,“ durch, wo den schockierten Pensionsbesitzern Bilder von „gewaltbereiten und vermummten Chaoten“ präsentiert werden, die gern Autos und Häuser anzünden. In der Bevölkerung wird Propaganda gegen den antikapitalistischen Widerstand betrieben. Die Behörden wollen keinen gemeinsamen Widerstand in der Region, sie wollen den Widerstand von der Bevölkerung isolieren.

Bei den Gegenveranstaltungen vom 1. bis 8. Juni wird es neben der Großdemo am Samstag, dem 2.6 in Rostock zwei zentrale Aktions- und Blockadetage geben (Näheres: www.antiG8.tk), gegen Gentechnik und Krieg wird es zentrale Aktionen geben, bundesweit haben sich Koordinationskreise zusammengeschlossen.

Die Gruppe Arbeitermacht und die Jugendorganisation REVOLUTION rufen auf, sich an den Protesten gegen die G8 zu beteiligen und gemeinsam einen anti-imperialistischen, anti-kapitalistischen und internationalistischen Block zu bilden! Geeint können wir dem Reformismus von Bürokraten und Kleinbürgertum bei den Protesten einen revolutionären Kontrapunkt entgegen setzen.

Imperialistische Zuspitzung

Der diesjährige G8-Gipfel steht im Schatten der sich abzeichnenden Niederlage des US-Imperialismus in Afghanistan und dem Irak und der weiteren Zuspitzung des Atomkonfliktes mit dem Iran. In dieser Zeit hat auch die EU weitere Schritte zur militärischen Expansion unternommen: Kongo- Einsatz, die Entsendung von Tornados nach Afghanistan oder das neue „Weißbuch“ der Bundeswehr zeigen die neue Rolle der EU.

Die EU kann diese auch aufgrund der aktuellen Schwächung des US-Imperialismus spielen. Der G8-Gipfel in Heiligendamm steht also auch unter den Vorzeichen einer stärkeren Rolle Europas.

Kanzlerin Merkel als EU-Präsidentin hat als „ihre“ Themen Fragen der Investitionssicherheit, des Klimaschutzes und der nachhaltigen Entwicklung auf der Agenda, d.h. Sicherheit für die deutsche Kapitalinvestition und vielleicht auch neue Aufträge für die deutsche Atomwirtschaft.

Seit der ersten Ölkrise 1973/74 finden diese offiziellen Gipfel der imperialistischen Staaten statt. Seit jeher werden dort die innerimperialistischen Konflikte verhandelt und für gemeinsame Ziele Strategien entwickelt.

Dieses Jahr steht die weitere Kontrolle und Herrschaft über den Nahen- und Mittleren Osten zwangsläufig auf der Tagesordnung, die drohende Niederlage des US-Imperialismus bedroht die Ausbeutungs- und Herrschaftsverhältnisse für alle imperialistischen Blöcke. Die EU und Japan betreiben seit dem Irakkrieg von 2003 massive Aufrüstung. Dies tun sie nicht allein als Unterstützer der USA - dies tun sie vor allem, um ihre eigenen imperialistischen Interessen auch militärisch umzusetzen.

In weiten Teilen der Welt hat sich ein breiter antiimperialistischer Widerstand formiert, sei es der Kampf gegen den „Neoliberalismus“ in Lateinamerika, die globale Anti -  Globalisierungsbewegung oder der militante Widerstand im Nahen und Mittleren Osten.

In Lateinamerika hat ein neuer, linkspopulistischer Linksreformismus die Massen ergriffen. Venezuela, Bolivien und weiterhin Kuba gelten als Vertreter einer neuen sozialistischen Idee. So will der Venezuelanische Präsident Chavez eine Wirtschaftsföderation gegen die US- dominierte NAFTA aufbauen. Sie sieht sich in der Tradition des „bolivarischen“ Unabhängigkeitskampfes, diesmal gegen die Vorherrschaft des amerikanischen Kapitalismus.

Trotz all der politischen Unzulänglichkeiten dieser linkspopulistischen Führung des lateinamerikanischen Widerstands stellt er für das US-Kapital eine strategische Bedrohung seines „Hinterhofs“ dar - gegen fast ein Jahrhundert amerikanische Vorherrschaft hat sich ein Massenwiderstand formiert.

Seit dem erklärten „Krieg gegen den Terrorismus“ befindet sich die islamische Welt in einem militärischen und ideologischen Kampf gegen den Imperialismus. Das tägliche Leid und Sterben in den Besatzungsgebieten Gaza, Westbank, Irak und Afghanistan ist das wahre Gesicht der imperialistischen Herrschaft.

Dieser Krieg wird mit reaktionärer und rassistischer Propaganda gestützt, der Islam und die Moslems weltweit gelten als pauschal verdächtig. Ihre Bürgerrechte werden eingeschränkt, ihre politische Aktivität behindert, ihr antiimperialistischer Widerstand kriminalisiert und verfolgt.

Speziell der Mittlere Osten ist für die imperialistischen Mächte überlebenswichtig, Kernsektoren des internationalen Kapitals sind von der weiteren Ausbeutung der Ressourcen abhängig. Die G8 brauchen einen unterworfenen Mittleren Osten, das ist die eigentliche Überschrift des Gipfels und nicht die warmen Worte über Nachhaltigkeit oder Klimaschutz.

Die „Linke“ und der Widerstand

Seit Ende der 90er werden die Gipfel von immer größeren und auch militanteren Protesten begleitet, am bekanntesten sicherlich der Gipfel von Genau 2001, wo Carlo Guilliani ermordet wurde. Seit Seattle können wir von einer „Anti-Globalisierungsbewegung“ weltweit reden, von den Bauern in Südostasien, bis zu den Landlosen in Südamerika und kleinbürgerlichen Radikalen in Westeuropa.

Diese Heterogenität des Widerstands ist auch in den Protesten sichtbar. Während die Bauern den WTO-Gipfel stürmen und die anarchistisch geprägten Gruppen an diesem Tag die globale Revolution ausrufen wollen, veranstalten links-bürgerliche Gruppen Gebetsrunden für Afrika oder wärmen den Keynesianismus vergangener Tage auf.

Diese globale Bewegung hat sich durch Weltsozialforum (WSF) und kontinentale Sozialforen wie das ESF eigene Versammlungen geschaffen. Doch an deren Spitze stehen allzu oft nicht VertreterInnen des internationalen Widerstands, sondern vielmehr die einer reformistischen bürokratischen Führung dieser Bewegung.

In ihren Erklärungen treten diese Vertreter von kleinbürgerlichen Netzwerken wie attac oder der reformistischen Linksparteien und der linken Gewerkschaftsbürokratie für eine sozialere Verteilung im globalen Kapitalismus ein, wollen der „Ungerechtigkeit“ des kapitalistischen Systems eine „andere Welt“ entgegen setzen.

Während also die Landlosen weltweit um ihre Existenzrechte mit militanten Mitteln kämpfen, beschäftigen sich linksbürgerliche Akademiker mit den Kräften der „Zivilgesellschaft“, den Möglichkeiten der „Multitude“ - und verneinen, die elementare Frage des politischen Kampfes zu stellen: die Gewaltfrage.

Als revolutionäre MarxistInnen wissen wir um die politische Beschränktheit des Kleinbürgertums - wir müssen einen politischen Kampf gegen diese Führungen des internationalen Widerstands führen. Nur eine revolutionäre Bewegung, die den Kampf gegen Staat und Kapital aufnimmt, kann die kapitalistische Herrschaft, die Herrschaft der Bourgeoisie beenden und eine „andere“ Welt aufbauen.

Rolle von attac

Die Reformisten in Deutschland wollen einen „zivilen“ Protest, möchten die „Vielfalt“ der Aktion möglichst mit Kulturprogramm ausdrücken und führen einen entschlossenen Kampf gegen kommunistische, anti-kapitalistische und anti-imperialistische Gruppen und deren Aktionsmöglichkeiten beim Gipfel.

Das tritt deutlich bei Interviews von Pedram Shayer, Sabine Leidig und Peter Wahl zutage. So erklärt Shayer in einem Interview gegenüber der taz am 17.3.:

“Attac hat immer klar gesagt, dass von unseren Aktionen keine Gewalt ausgehen wird.

Das heißt: Bei allen Bündnissen, an denen wir uns beteiligen, wird dies auch sichergestellt.”

„Gewalt“ ist bekanntlich ein dehnbarer Begriff - vor allem, wenn sie vom Staat definiert wird. Mit Sicherheit können wir von Polizeiprovokationen und massiver Repression ausgehen. Wir können davon ausgehen, dass der Staat gewalttätig gegen Blockaden und Versuche, solche durchzuführen, vorgehen wird. Wir sagen auch, dass Widerstand gegen diese Gewalt vollkommen legitim ist, auch wenn dieser „gewalttägig“ ist.

Hier stellt sich ganz konkret die Frage, wie, d.h. mit welchen „Mitteln“ attac sicherstellen will, dass der Widerstand „friedlich“ bleibt.

Entweder handelt es sich hier „nur“ um eine verbale Denunziation kämpferischen Widerstandes - oder um die Androhung der Kooperation mit der Staatsgewalt im Vorfeld und bei „gewalttätigen“ Aktionen.

Spitzenleute von attac wie Giegold, Leidig oder Shayer sind eng verbunden mit der informellen Führung der „Interventionistischen Linken“ (IL), sie wollen „gewaltfreien zivilen“ Widerstand und sehen sich als Sprachrohr der Proteste.

Niemand hat diese Personen je gewählt. Als zivilgesellschaftliches Anhängsel der reformistischen Bürokratie vertreten sie deren Ziele und nicht die Ziele einer antikapitalistischen Bewegung.

Deren „gewaltfreier“ Widerstand heißt „Widerstand“ unter Aufsicht der Repressionsorgane des Staates. Die Protestierenden kommen in umzäunte und videoüberwachte Camps, werden bei jeder Aktion von massivem Polizeiaufgebot begleitet und veranstalten „Blockaden“ mit dem Bundesvorstand der Grünen Jugend.

Dies hat vor allem ein politisches Motiv. Die reformistische Führung will die ideologische Kontrolle über die Bewegung behalten. Gerade G8-Gipfel bringen viele Zehntausende und Hunderttausende AktivistInnen des Widerstands zusammen, antiimperialistische, kommunistische revolutionäre Agitation und Aktion soll verhindert und isoliert werden.

Wie weit diese reformistische Führung ausgeprägt ist, sieht man am besten auf regionaler Ebene. In Hessen, beim letztjährigen Sozialforum, sahen die Teilnehmer eine straffe Führung der linken Gewerkschaftsbürokratie, geschmückt mit einigen attac-Akademikern, der Friedensbewegung und „linken“ SPDlern, die Werbung für ihre Landesvorsitzende Ypsilanti machten.

Gegen diese reformistische Kontrolle und Anpassung der Proteste müssen wir dieses Jahr ein lautes und starkes Signal setzen!

Gemeinsam mit internationalistischen, antikapitalistischen und antiimperialistischen Gruppen wollen wir den Protest nicht ins bürgerliche System „integrieren,“ wir wollen ihn über Heiligendamm hinaus zusammen führen!

Deswegen wollen wir uns nicht vorschreiben lassen, wie unser Protest aussehen soll, was wir sagen oder welche Flaggen wir tragen dürfen. Wir brauchen die vollständige Agitations- und Aktionsfreiheit bei den gemeinsamen Protesten gegen den Gipfel!

Wir brauchen keine politische Zensur von „Linken“ wie den kleinbürgerlich-akademisch degenerierten Antideutschen - gegen diese wollen wir uns zur Wehr setzen, genau wie gegen die Repression der Polizei! Jeder Demonstrant hat das Recht, sich gegen Übergriffe aktiv und für jede Blockade passiv zu wehren. Dies ist keine „Gewaltbereitschaft,“ sondern legitimes Menschenrecht.

Für internationalistischen Widerstand!

Wir rufen alle revolutionären und antiimperialistischen Gruppen auf, sich mit dem „Anti-G8 Bündnis für eine revolutionäre Perspektive“ und dem „anti-imperialistischen und anti-faschistischen Bündnis“ für einen gemeinsamen Protest zu solidarisieren und sich unserem Block anzuschließen!

Wir brauchen gemeinsame Veranstaltungen zum internationalen Klassenkampf, müssen die Fragen des revolutionären Widerstands diskutieren, die Frage der Partei und einer neuen Internationale! Gegen die „Sozialpartnerschaft“ und „Regierungstauglichkeit“ der reformistischen Bürokratie wollen wir den Protest in Heiligendamm als Zeichen des globalen Widerstands nutzen. Zusammen wollen wir gegen Imperialismus und Krieg, Sozialabbau und Neoliberalismus, gegen Bourgeoisie und Staat auf die Straße gehen. Den internationalen Angriffen des Kapitals auf soziale Rechte und Selbstbestimmung müssen wir einen internationalistischen Widerstand entgegen stellen!

Alle nach Heiligendamm!

Für einen internationalistischen Block!

Hoch die internationale Solidarität!

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Nr. 119, April 2007
*  Imperialistische Kriegsdrohung: Hände weg vom Iran!
*  Heiligendamm: Gute Nacht G8!
*  Netzwerk Linke Opposition: What next?
*  Thesen zum Netzwerk Linke Opposition
*  Tarifrunden 2007: Prozente reichen nicht
*  Heile Welt
*  Tarifrunden 2007: Prozente reichen nicht
*  Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz: Ende der Diskriminierung?
*  Kinderbetreuung: Kitas und Reservearmee
*  Räte: Gegenmacht oder Kampforgane?
*  Rifondazione Comunista: Italienische Lehren
*  Wahlen in Frankreich: Kritische Unterstützung für Besancenot!