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Klasse und Nation in Israel

XII. Trotz der politischen Rolle, die Israel im Nahen Osten spielt, kann es nicht nach ökonomischen Maßstäben als imperialistisches Land betrachtet werden. Obwohl es viele einzigartige Wesenszüge aufweist, sollte es als ein besonderer Typus einer fortgeschrittenen, privilegierten, "subventionierten Halbkolonie" verstanden werden. Das entscheidendste Strukturmerkmal von Israels wirtschaftlicher Unterordnung unter den Imperialismus war seine übergroße Abhängigkeit von Kapitalimporten zwecks Investition. Zwischen 1952 und 1985 hat Israel an die 40 Milliarden US-Dollar an langfristiger Kapitaleinfuhr in Form von Zuschüssen, Wiedergutmachungszahlungen seitens der BRD und Spenden aus der jüdischen Diaspora erhalten, die nicht zurückerstattet werden mussten. Zusätzlich dazu haben zinsgünstige Langzeitdarlehen der USA die Mittel zur Kapitalinvestition in Israel flüssig gemacht. Da Israels Güter- und Dienstleistungsexport niemals mehr als 65% der Importe ausgemacht hat (einschließlich des Kapitals), weist Israels Zahlungsbilanz als Folge dessen ein permanentes Außenhandelsdefizit auf.

Im Lauf der Zeit ist der Anteil an Wiedergutmachungszahlungen und Spenden seitens des Weltzionismus zurückgegangen und die Kredite und Zuschüsse aus den USA sind gestiegen. Seit 1973 haben die USA zwischen 45% und 51% aller Kapitalimporte jährlich beigesteuert - und zwischen 60% und 80% aller langfristigen Kredite.

In der Periode von 1950 bis 1973 wuchs Israels Wirtschaft in raschem Tempo, wobei sie einzig 1965/66 eine Rezession erlitt. Der massenhafte Zustrom von Einwanderern zusammen mit Kapitalimport gestattete eine erweiterte Akkumulation im Zusammenhang des langen Booms- für den Weltimperialismus. Diese Periode erlebte die Ablösung der Produktion von Zitrusfrüchten und Diamantschleifereien durch das Wachstum einer den Import ersetzenden verarbeitenden Industrie, insbesondere in den Branchen Textilien, Nahrungsmittel und später in Chemie und Bergbau. Trotz dieses Wachstums hat die zentrale strukturelle Veränderung im Gebrauchsgütersektor stattgefunden. in den vierzig Jahren seiner Existenz hat Israel den Importanteil dabei von 30% auf 8% gesenkt. Aber die Abhängigkeit vom Erdöl als Energiequelle hat sich verdreifacht und die Rohstoffimporte sind angestiegen, während der Anteil von Kapitalinvestitionsgütern nur von 22% im Jahr 1949 auf 18,7% im Jahr 1984 zurückgegangen ist.

Während dieses Umwandlungsprozesses gab es nur ein vernachlässigbares Fremdeigentum an fixem Kapital. Mehr noch, der Kapitalexport aus den USA und Europa wurde nicht durchgeführt, um einen "Mehrprofit" zu erzielen, sondern um den Staat Israel aus politischen Gründen zu erhalten.

Der Kapitalimport in so gewaltigem Umfang erlaubte eine rapide Akkumulation ohne Überausbeutung eines Teil der einheimischen Arbeiterklasse oder mittels massiver Besteuerung wie in vielen der unterentwickelten Länder. Im Gegenteil, die Akkumulation verlief parallel zu einer Erhöhung des Lebensstandards für die Mehrheit der Bevölkerung.

Ende der 60er Jahre besaß Israel eine hochmonopolisierte und moderne Industriewirtschaft, einschließlich des Bankensektors. Sein Binnenmarkt war gesättigt, die exportorientierten Industrien wuchsen. Aber anders als im Fall Südafrikas sollte dies sich als nicht ausreichend für den Aufstieg zu einer kleineren imperialistischen Macht erweisen. Es gibt mehrere Gründe dafür:

1) Das Ende des langen Booms in den Jahren 1971 - 1973, der massive Schock der Rezession von 1973/75 für Israel, die Beschneidung der Exportmärkte;

2) Das nach innen gerichtete Wesen der Investitionen seitens des israelischen Staates und seines privaten Monopolkapitals gemäß des besonderen Charakters des Zionistenstaates. Das Finanzkapital besaß bis 1973 in kleinem Umfang Kapitalanteile im Ausland (Petrochemie, Kredite), die jedoch von ihrer Größe her unbedeutend blieben; seit 1973 weisen die israelischen Banken hartnäckig Nettoverbindlichkeiten gegenüber dem Ausland auf. Zwischen 1980 und 1984 betrugen die gesamten Geldinvestitionen des israelischen Finanzkapitals im Ausland netto bloß 1,2 Milliarden Dollar; die direkten Fixinvestitionen waren im selben Zeitraum negativ.

Vor allem die Notwendigkeit, die gesamte jüdische Bevölkerung geschlossen hinter den Staat zu bringen, untergrub den Prozess der Klassendifferenzierung und zwang die Investitionen dazu, eher im Inneren Arbeitsplätze, Sozialfürsorge, Wohnungswesen und Löhne zu stützen, als im Ausland sich nach ExtraprofIten durch die Zirkulation der Kapitalimporte aus den USA und anderswo im Ausland umzusehen. Andererseits war eine Nachahmung Südafrikas unmöglich, um sich auf eine überausgebeutete Arbeiterklasse innerhalb der eigenen Grenzen zu stützen. Der Widerspruch einer "geschlossenen jüdischen Wirtschaft" verhinderte die Entwicklung des israelischen Finanzkapitals in ein imperialistisches Kapital; Israels Entwicklung erstarrte. Es existiert keine interne, sich selbst erhaltende Dynamik der Kapitalakkumulation und dies führt zu einer begrenzten Klassenpolarisierung.

3) Drittens kann Israel nicht einmal hinsichtlich seines Verhältnisses. zu den seit 1967 besetzten Gebieten als imperialistisches Land eingeschätzt werden. Das Westjordanland und der Gaza-Streifen stellen eine konstante Quelle billiger überschüssiger Arbeitskräfte für Israel und einen abgeschotteten Markt für das hochproduktive israelische Agrobusiness in Zitrusfrüchten dar. Aber dies muss angesichts der Tatsache, dass als Ergebnis des Sechstage-Krieges 1967 Israel von seinem großen natürlichen Hinterland im übrigen Nahen Osten abgeschnitten worden ist, gesehen werden. Es muss gegenüber der Tatsache, dass in den besetzten Gebieten unter dem Ansporn des israelischen Finanzkapitals keine industrielle oder infrastrukturelle Entwicklung stattgefunden hat, gesehen werden. Es trifft hier eher eine Parallele zu dem wirtschaftlichen Verhältnis zwischen den Philippinen und entwickelteren Drittweltländern in Südostasien oder der Abhängigkeit Perus von Brasilien zu. Schließlich muss es mit den gewaltigen Kosten der militärischen Besatzung für Israel in Einklang gebracht werden.

Israel ist also nicht einmal eine kleinere imperialistische Macht, trotz seiner pro-imperiallstischen Statthalterrolle in der Region (und in Lateinamerika und Südasien). Israel ist ein besonderer Typus einer Halbkolonie, deren Wesen durch ihr Verhältnis zum Imperialismus eher verschleiert als grundsätzlich geändert wird. Wir können seinen fortgeschrittenen und privilegierten halbkolonialen Status so charakterisieren:

Seine halbkoloniale Abhängigkeit ist nicht auf den Rückfluss von Extraprofiten fixer Investitionen gegründet. Zwischen 1952 und 1984 gab es bloß insgesamt 2 Milliarden US-Dollar an Fremdinvestitionen in Israel.

Die Schuldenlast, auch wenn sie eine Ausbeutungsquelle durch die Zinszahlungen ist, stellt eher eine künftige als eine aktuelle Belastung dar. Andererseits ist Israels Auslandsverschuldung angewachsen, da der Umfang des Kapitalimports in den 70er und 80er Jahren gestiegen ist, da jetzt die Kredite die Zuschüsse überwiegen und das israelische Wirtschaftswachstum in der Periode nach 1973 empfindlich zurückgegangen ist. In den 80er Jahren hat sich die Lage durch Israels Neigung, vermehrt kurzfristige Kredite aufzunehmen, verschärft. 1986 stand Israel im Ausland mit 24 Milliarden US-Dollar in der Kreide - bei steigender Tendenz. Die Schuldenrückzahlungen machten 1985/86 8 Milliarden bei staatlichen Gesamtausgaben von 21 Milliarden Dollar aus.

Jedoch stellen die Zinsrückzahlungen einen wesentlich geringeren Anteil an den Exporteinkünften (17% - 20%) als etwa in Brasilien oder Mexiko dar und werden weit vom Zufluss neuen Kapitals zu günstigen Bedingungen oder überhaupt Zuschüssen übertroffen. Seit 1982 hat es einen kräftigen Nettokapitalabfluss aus Lateinamerika gegeben, während sich Israel weiterhin eines Nettoüberschusses erfreut (d.h., die neuen Kredite übersteigen die Nettorückzahlung).

Der untergeordnete Charakter der israelischen Wirtschaft rührt aus deren Abhängigkeit von einer andauernden Vorzugsbehandlung ihrer Schulden und dem privilegierten Zugang für israelische Exporte zu vielen europäischen und amerikanischen Märkten (ebenso wie zu Märkten, die die größeren Imperialisten lieber vermeiden oder die sie sich nur über Israel selbst offen halten) her.

Wie bestimmte andere Halbkolonien in Afrika ist Israel, isoliert betrachtet, keine wirtschaftlich profitable Halbkolonie. Aber seine Repräsentanz und Rolle im Nahen Osten hilft die anhaltende Überausbeutung anderer arabischer Halbkolonien in der Region zu sichern.

Die politische Unabhängigkeit, die Israel gegenüber den USA zeigt, entspringt nicht einer unabhängigen Wirtschaftsmacht, sondern der Fähigkeit, sich auf die wirtschaftlich mächtige jüdische Gemeinschaft in den USA selbst zu stützen, deren zionistische Großbourgeoisie einen bedeutenden Sektor der herrschenden Klasse der USA darstellt.

Während Israels Wachstumsraten in den 60er Jahren günstiger als in den OECD-Ländern ausfielen, waren sie in den 70er und 80er Jahren niedriger als im Durchschnitt dieser und der unterentwickelten Länder (insbesondere der Schwellenländer). Hinsichtlich Konsumniveau, Sozialeinrichtungen, Alphabetisierung etc. ist Israel mit Spanien vergleichbar - ein Niveau, das nur durch massive Hilfe von außen - und nicht durch einen sich selbst erhaltenden Akkumulationszyklus - gehalten werden kann. Ganz allgemein bezeugen die sinkende Einwanderungsrate und die wachsende Auswanderung die ungünstige Entwicklung Israels seit 1973.

Seit 1973 ist Israel von Krise zu Krise getaumelt: massive Inflation, sprunghaft steigende Verschuldung, niedriges Wachstum. im Unterschied zu Brasilien und anderen Ländern war Israel nicht fähig, nach der Rezession von 1973/75 durch wieder in den Umlauf gebrachte Opec-Petrodollars ein beschleunigtes Wirtschaftswachstum durchzusetzen -teilweise aus politischen Gründen und teilweise aufgrund seiner bereits schweren Schuldenbelastung. Die innere Struktur der verarbeitenden Industrie veränderte sich in den 70er und 80er Jahren, wobei Elektronik und Waffenproduktion im Exportsektor größere Bedeutung erlangten. Dies war hauptsächlich das Ergebnis von Investitionen der USA und Südafrikas, deren Zweck darin bestand, Schlupflöcher für diese Güter in jene Gebiete der Welt offen zu halten, in denen es beiden Staaten politisch schwer fallen würde, direkt aufzutreten.

Die 80er Jahre haben ein verheerendes und kostspieliges Militärabenteuer im Libanon (1982), einen Börsenkrach (1983), die höchste Inflationsrate auf der Welt (1981) und ein niedriges Wachstum, das sich auf einer Durchschnittsrate von 2% pro Jahr bewegt, mit sich gebracht.

Es brauchte eine bislang nicht vorhandene nationale Koalition, um die wirtschaftliche Lage seit 1984 in gewissem Ausmaß stabilisieren, die Währungsreform durchführen, die Inflation mindern und einen Sparkurs durchsetzen zu können.

Daraus schließen wir, dass Israel ein kapitalistischer Staat, ein relativ gut entwickelter, ist. Aber er ist kein imperialistischer Staat; eher ist er ein Typ von Halbkolonie, welche dem US-amerikanischen (und zu einem geringeren Ausmaß dem europäischen) Imperialismus untergeordnet ist. Die Mehrheit seiner Arbeiter erleidet keinesfalls Ausbeutung oder Überausbeutung durch imperialistisches Kapital. Im Gegenteil, die nicht-arabischen Arbeiter ziehen aus dem Import von imperialistischem Kapital Nutzen.

Der einzigartige Charakter dieses Staates muss im kolonialen Projekt des Zionismus und Imperialismus, einen lokalen Gendarmen im Nahen Osten zu haben, verstanden werden. Dieses Zusammentreffen von Interessen erklärt alleine die Verkörperung und die Fortdauer der reaktionären Utopie, die Israel darstellt. Wenn das imperialistische Finanzkapital seine Unterstützung zurücknehmen würde, würde der zionistische Staat im wirtschaftlichen Chaos, in Klassenkonflikten und verstärkten Kämpfen der Palästinenser für nationale Befreiung zusammenbrechen.

XIII. Die strukturellen Wesenszüge von Eigentum und Kontrolle des israelischen Kapitals im Staat nach 1948 wurden schon im "Yishuv" festgelegt. Das Kolonisationsprojekt des Labourzionismus unter dem britischen Mandat wurde von der 1920 von linkszionistischen Parteien gegründeten Histadruth kontrolliert. Sie förderte und organisierte das Wachstum der landwirtschaftlichen Siedlungen des Zionismus in Palästina - die "Kibbutzim" und später die "Moshavim". Tatsächlich waren in den Jahren unmittelbar nach seiner Gründung der Großteil des Bruttonationalprodukts und der Exporte Israels Produkte der Kibbuzim. Verteidiger des Zionismus haben lange auf diese Siedlungen als Beweise für die sozialdemokratische Natur Israels oder als "Inseln des Sozialismus" innerhalb Israels hingewiesen.
Ursprünglich waren sie Vorposten der Kolonisierung. Nach 1948 waren sie Grenzgarnisonen des neuen Staatswesens. In Wirklichkeit waren ihr berühmter Kooperativismus und egalitäre Selbstverleugnung Ergebnis einer wirtschaftlichen Notwendigkeit. Die jüdischen Arbeitskräfte stammten aus Gebieten mit historisch höheren Reproduktionskosten als die Araber, was in Palästina bedeutete hätte, dass auf einem freien Arbeitsmarkt die Araber immer die Juden unterboten hätten. Die jüdischen Arbeitskräfte mussten daher die Araber vom Wettbewerb ausschließen und gleichzeitig sich selbst "freiwillig" ausbeuten, um eine schnelle Akkumulation zu fördern. Sie wurden immer zur Schaffung eines Überschusses für den profitablen Verkauf auf den Exportmärkten organisiert. Die Gründung der Moshavim nach 1948 - ländliche Siedlungen, bei denen hauptsächlich orientalische Juden größere Parzellen in Privateigentum, jedoch mit kooperativer Vermarktung der Produkte, bebauten war ein weiteres Opfer des "Kooperativ-Ideals" an die Gesetze des Marktes.
Heute nehmen die Kibbuzim eine noch marginalere Stellung im Wirtschaftsleben Israels ein, werden noch stärker nach kapitalistischen Kriterien bewirtschaftet (da sie kapitalintensiver geworden sind) und werden von vielen Israelis als "Pflanzeraristokratie" betrachtet; sie sind nahezu alle Unterstützer des Labour-Zionismus. Sie schließen nur 3% der jüdischen Bevölkerung (hauptsächlich Aschkenasim) ein - und unterwerfen orientalische Juden, die nicht im Kibbuz leben und die niederen Tätigkeiten verrichten, einer Überausbeutung.
Als Resultat ihres Ursprungs in den Pioniersiedlungen der Mandatszeit beschäftigte die Histadruth in den frühen 80er Jahren fast 80% aller in der Landwirtschaft Tätigen.
Die Histadruth spielte eine entscheidende militärische, wirtschaftliche und politische Rolle im Kolonisationsprojekt des Zionismus bei der Vertreibung der Palästinenser von ihrem Land. Sie unternahm nichts zur Förderung der Klasseneinheit und Solidarität unter allen Arbeitern des Landes. Die Histadruth strebte vielmehr danach, die palästinensischen Arbeiter aus der Gewerkschaft auszuschließen, und verweigerte ihnen rundweg ihre demokratischen Rechte. Alles in allem war sie nach ihren hervorstechenden Merkmalen niemals eine Gewerkschaft und ist es nach mehr als fünfzigjährigem Bestehen des israelischen Staates umso weniger. Wir müssen darum kämpfen, die Histadruth zu zerschlagen und neue Gewerkschaften aufzubauen.
Aber die Histadruth hat auch ihren Kapitalbesitz seit 1948 im Bauwesen, Bankensektor, einigen Transportunternehmen und in der verarbeitenden Industrie angelegt. ihr Industriekonzern, Koor, beschäftigt 20% der Histadruth-Mitgliedschaft, ihr Baumonopol, Soheh Boneh, 26% der Mitglieder im Jahre 1976. Ihre eigene Bank, Hapoalim, ist eines der drei großen Bankmonopole. Die der Histadruth zugehörigen Unternehmen tragen ca. 23% des Bruttoinlandsproduktes bei (1980).
Demzufolge wäre es naiv, die Histadruth als Gewerkschaft darzustellen, auch wenn heute 60% aller Israelis Mitglieder dieser "Gewerkschaft" sind, die Arbeiter, Hausfrauen und Kleinunternehmer (mit bis zu fünf Beschäftigten), die alle beitreten können, umfasst. Ursprünglich war sie die von Labour-Zionisten betriebene Hauptinstitution der kolonialen Besiedlung. Als die wirtschaftlichen Interessen sich über die kleinbürgerlichen Schranken der frühen Kibbuzim hinaus zu einer Industrie entwickelten, baute sie eine Arbeiterabteilung auf, welche die Interessen der Angestellten, die sie teilweise selbst beschäftigte, vertreten sollte! Die Führungskräfte der Histadruth-Unternehmen, Gewerkschaften und der Labour Partei sind untereinander verbunden oder sogar identisch. Zusätzlich organisiert sie noch die Krankenkasse für die gesamte Bevölkerung Israels, was mehr als 60% ihrer Mitgliedsbeiträge aufzehrt. Nichtsdestotrotz ist sie es, wo die jüdischen (und arabischen) Arbeiter Israels am wirtschaftlichen Kampfplatz organisiert sind, und es ist notwendig, in ihr zur Beschleunigung der Entwicklung von gewerkschaftlichem und politischem Klassenbewusstsein zu arbeiten.
In ihrer Gesamtheit stellt die Histadruth einen der drei Grundpfeiler des zionistischen Kapitalismus dar, indem sie dazu dient, eine Klassendifferenzierung und Klassenpolarisierung zu verzögern und zu unterdrücken. Neben der Histadruth kontrolliert der staatliche Sektor (eine Koalition aus Regierung, Jewish Agency, Nationalfond und Jewish Appeal) bis zu 25% der Wirtschaft (30% der Beschäftigten im Jahr 1982) und stellt die zentrale Leitung für Kapitalimporte dar. Der Staat und die Histadruth umfassen die modernen Großfabriken in der Waffenproduktion, im Chemiesektor, sind stark exportorientiert und beschäftigen - mit Ausnahme des Bauwesens - größtenteils nur jüdische Arbeitskräfte. Die Interessen des Privatunternehmertums konzentrieren sich überwiegend auf kleine und mittlere Betriebe der verarbeitenden Industrie, mit vorrangiger Betonung auf Konsumgütern für den Binnenmarkt. Ungefähr zwei Drittel der Arbeitskräfte in diesem Sektor sind Araber diesseits und jenseits der "Grünen Linie". Als Ergebnis davon, dass die verarbeitende Industrie einen wachsenden Anteil der Binnenproduktion und der Exporte beisteuert hat das Gewicht des privaten Monopolsektors zugenommen.

XIV. Im Laufe der vergangenen 55 Jahre sind die israelischen Juden eine Nation geworden. Sie haben eine archaische Sprache (Hebräisch) wiederbelebt, die heute Umgangssprache der Mehrheit der Israelis geworden ist; eine nationale Kultur überwindet die ethnische Teilung. Hauptträger dieser Nationalkultur und des Bewusstseins sind die Sabras (d.h. die in Israel geborenen Juden aller ethnischen Gruppen). Aber ein wesentliches Element des Nationalbewusstseins der israelischen Juden ist ihre unterdrückerische und chauvinistische Haltung gegenüber den Arabern. Die israelischen Juden haben ein Nationalbewusstsein herausgebildet, das sich von ihrer Selbsteinschätzung als Teil der jüdischen Weltgemeinschaft unterscheidet, gleichzeitig sind sie Angehörige einer Unterdrückernation; ihr Nationalbewusstsein ist nur entstanden durch die gleichzeitige Verweigerung des legitimen Rechts auf Selbstbestimmung für die. Palästinenser. Israel ist daher eine Unterdrückernation, und wir erkennen daher sein Existenzrecht als Nationalstaat nicht an.
Bei der Frage der israelischen Nationalidentität müssen auch die äußerst starken auflösenden Aspekte von ethnischen und klassenspezifischen Widersprüchen sowohl zwischen israelischen Arabern und Juden wie innerhalb der jüdischen Gemeinschaft selbst in Erwägung gezogen werden.
Erstens ist der Staat Israel in Wirklichkeit eine Schöpfung der Aschkenasim, der halben Million Juden, die das Land in der Mandatszeit kolonisierten und ihm 1948/49 mit der Waffe in der Hand seine Gestalt verliehen haben. In großem Ausmaß bleibt es auch weiterhin ihr Staat, welche Partei auch immer die Regierungsmacht besitzt. Auf jeder Ebene besitzen sie die besten Arbeitsplätze, halten die Schaltstellen der wirtschaftlichen Macht in ihren Händen und erhalten die beste Bezahlung; ihre Kultur wird als vorherrschend betrachtet, und sie sind die zentrale Verbindung zu dem ökonomischen Reservoir der jüdischen Bevölkerung in USA und Europas, die auch vor allem aus Aschkenasim besteht.
Aber die Aschkenasim sahen, dass sie im Besitz eines Staates mit zu geringer Bevölkerung und einer kopflastigen Klassenstruktur waren. Die Zionisten hatten schon immer die Notwendigkeit erkannt, die Juden des Orients in das Mandatsgebiet zu bringen, um Arbeitskräfte für ungelernte und halbqualifizierte Berufe zur Verfügung zu haben - was nach 1949 zu einer dringenden Notwendigkeit wurde. Auch dann waren 85% der Aschkenasim Städter, die sich auf die Verwaltung und den Dienstleistungssektor - zusammen mit einer kleinen landwirtschaftlichen Elite in den Kibbuzim - konzentrierten. Heute stellen die aschkenasischen Arbeiter eine ansehnliche Arbeiteraristokratie im staatlichen oder dem der Histadruth gehörenden Industriesektor dar - oder sie machen die mittleren und leitenden Ränge der Staatsbürokratie aus.
Die Labour-Regierung zog hunderttausende Juden, zwischen 1949 und 1951 ohne, nachher mit einigen Beschränkungen, ins Land. Innerhalb von drei Jahren schnellte die Bevölkerung ab Mai 1948 von 600000 auf 1,6 Millionen. Nur die Hälfte der Neuankömmlinge konnte als Überlebende des Holocaust betrachtet werden, der Rest bestand aus orientalischen Juden, die von Israel nicht wegen in ihren früheren Heimatländern erlittenen Verfolgungen, sondern in Erwartung eines höheren Lebensstandards angezogen worden waren. Allen Wünschen des Zionismus zum Trotz war er unfähig, eine bedeutende Zahl von Juden aus den USA oder Europa, wo der Lebensstandard mindestens gleich hoch ist, anzulocken. Auch mit den Juden aus der Sowjetunion war Israel nicht viel erfolgreicher, von denen an die 70% es vorziehen, nach dem Verlassen der UdSSR nicht nach Israel zu gehen oder sich dort niederzulassen.
Die orientalischen Juden waren die ersten, die zur Kolonisierung der großen Landareale, von denen die Palästinenser vertrieben worden waren, gebraucht wurden; sie wurden in strategisch hinter den Grenzkibbuzim platzierten Entwicklungsstädten angesiedelt. Dann wurden sie als riesiges Arbeitskräftereservoir für minderqualifizierte Arbeiten im israelischen Kapitalismus bereitgestellt; diese Notwendigkeit verschärfte sich noch in der Periode konzentrierten industriellen Wachstums nach 1958.
Die orientalischen Juden werden innerhalb der israelischen Gesellschaft diskriminiert und sind einer rassischen Unterdrückung seitens der europäischen Juden ausgesetzt. Durch die Mechanismen der Ausbildungsqualifikationen werden sie in manuellen, schlechter bezahlten Berufen im staatlich/gewerkschaftlichen Industriebereich und in geringerem Umfang auch in den unteren Angestelltenberufen konzentriert. Heute stellen die orientalischen Juden die Hauptmasse des Industrieproletariats dar. Sie sind nur selten darüber oder über die staatliche Verwaltungsbehörde hinaus zu bedeutenderen Machtpositionen vorgestoßen, die unter Kontrolle der aschkenasischen Labour Partei verblieben.
Aber seit dem Sechstagekrieg 1967 und der Besetzung des Westjordanlandes und des Gaza-Streifens haben die orientalischen Juden ein Ausmaß an gesellschaftlicher Klassenmobilität erfahren, die zugleich die orientalischen Juden weiter nach Schichten aufgefächert und die jüdische Bevölkerung insgesamt in einem allgemein geteilten unterdrückerischen und ausbeuterischen Verhältnis zu den palästinensischen Arabern gefestigt hat. Das breite Absorbieren arabischer Arbeitskräfte in die israelische Wirtschaft seit 1967 hat verschiedene Auswirkungen hervorgebracht. Zuerst einmal hat es einer großen Anzahl aller Juden gestattet, aus dem Proletariat sich zu erheben und Kleinunternehmer mit arabischen Beschäftigten zu werden. Zweitens haben, da die billige arabische Arbeitskraft die Löhne der orientalischen Juden untergraben hat, diese Arbeiter von garantierten Mindestlöhnen im gemischten Sektor profitiert. Im geschlossenen (rein jüdischen) Sektor herrscht Mangel an Arbeitskräften, was sich für die kapitalintensive Industrie wie ein Treibhaus auswirkt und Nachfrage nach Facharbeitern schafft, wovon wiederum die Aschkenasim profitieren. Jeder gewinnt dabei, solange jemand anderer - der Imperialismus - die Rechnung bezahlt.
Aus diesen Entwicklungen kann man eine allgemein verbreitete Haltung aller Juden in Israel hinsichtlich der fortdauernden Besetzung des Westjordanlandes ableiten: keine Partei will die Versorgung mit billigen Arbeitskräften über die "Grüne Linie" unterbrechen. Ohne sie würde die jüdische Bourgeoisie der Kleinbetriebe im privaten Sektor verlieren - ebenso die Arbeiter. Gleichzeitig ist die extreme Rechte an den Rand gedrängt, da ihre Pläne eines "Großisrael" ohne Araber die gleichen Auswirkungen nach sich ziehen würden.

XV. Zusätzlich zur ethnischen und klassenspezifischen Differenzierung innerhalb der israelischen Juden gibt es noch eine beträchtliche ethnische Differenzierung im Lager der orientalischen Juden selbst.

Es gibt zumindest vier religiöse Gruppen: Sephardi (ursprünglich aus Spanien), Bavli (Irak), Roman (Italien) und Yomani (aus Südarabien); mehr noch, während Sephardi und Roman eine eigene Sprache, die aus einem spanischen Dialekt sich herleitet, sprechen, benutzt der Rest arabische Dialekte. Außerhalb dieser Gruppen gibt es noch die marokkanischen (die Mehrheit der Orientalen), die kurdischen, die persischen Juden ... Jiddisch wiederum wird nur von einer Minderheit gesprochen.

Zwischen diesen Gruppen existieren Feindschaften ebenso wie tief verwurzelte ethnische und kulturelle Verschiedenartigkeiten. Es ist gut bekannt, dass es auch innerhalb der orientalischen Juden eine ökonomische Schichtung mit den Kurden zuunterst und den Sephardim an der Spitze gibt. Alle die Unterschiede werden von den Aschkenazim gezielt vergrößert.

XVI. Zusätzlich wurden während der letzten zwei Jahrzehnte die israelischen Araber als Konsequenz der West-Bank-Besetzung in ihrem Bewusstsein weniger Israeli und mehr Palästinenser.

Die israelischen Araber bilden 18% der Bevölkerung; fast 80% von ihnen sind Moslems, der Rest Christen oder Drusen. Sie sind Bürger eines jüdischen Staates, Menschen oder Nachkommen von Menschen, die innerhalb Israels nach seinem "Unabhängigkeitskrieg" von 1948/49 wie in einer Falle gefangen waren. Vielen von ihnen wurde ihr Land dann enteignet. Heute sind sie die am meisten ausgebeuteten und unterdrückten aller israelischen Staatsbürger. Ihnen wird der Zugang zu vielen Berufen verwehrt, und sie sind im Bauwesen (über 40% aller Araber finden dort ihre Beschäftigung) konzentriert. Viele arbeiten auch in den Kleinbetrieben des Privatsektors, die nach dem Sechstagekrieg 1967 entstanden sind. Ihr Lohnniveau liegt um 30% niedriger als das der Aschkenazim und noch immer 10% - 20% niedriger als bei den orientalischen Juden. in den 70er Jahren sank ihr Reallohn unter den Auswirkungen des Zustroms neuer Arbeitskräfte über die "Grüne Linie", als sie nun selbst sich im Wettbewerb mit ihren palästinensischen Brüdern und Schwestern befanden.

Die Unterdrückung der israelischen Araber wird mit den übelsten antiarabischen Rassismen gerechtfertigt, was nochmals bestätigt, dass der Zionismus, weit von einer Überwindung des Antisemitismus entfernt, von diesem parasitiert. Diese Einheit der Gegensätze erreicht ihre extremste Form, wenn sowohl Labour Partei wie die "Revisionisten" die Araber als "dumm", "schmutzig", "faul" und "gewalttätig" darstellen - was zum Grundwortschatz des Rassismus des westlichen Imperialismus zählt. Ein derartiger Rassismus findet bei der Rechtfertigung Nazi-ähnlicher Gräueltaten von Dir Yassin bis Sabra und Shatila seine Anwendung.

Der Zionismus ist eine national-chauvinistische Ideologie, die sich durch den praktizierten Rassismus rechtfertigt. ist der Zionismus deshalb nichts weiter als Rassismus? Keineswegs. Keine Ideologie ist widerspruchsfrei, nicht einmal jene, die überwiegend reaktionär sind. Es gibt Zionisten, die die Rechte der palästinensischen Araber ausweiten, die ihnen sogar Land geben wollen. Diese fortschrittlichen, antirassistischen Elemente innerhalb des Zionismus stellen jedoch einer klare Minderheit dar.

Ebenso wenig kann man leugnen, dass es auch reaktionäre Elemente in relativ fortschrittlichen demokratischen und antiimperialistischen Bewegungen gibt. Diese können sogar ihren Charakter insgesamt wechseln, sobald der fortschrittliche Kampf gegen nationale Unterdrückung abgeschlossen ist. Der arabische Nationalismus kann antikommunistische, arbeiterfeindliche und auch antisemitische Elemente enthalten (und enthält sie auch). Da jedoch der Kampf der Palästinenser fortschrittlich ist, haben die Bestandteile nur begrenzte und untergeordnete Auswirkungen. Sie wurzeln in der wirtschaftlichen Rückständigkeit der arabischen Weit (in der es sogar feudale und halbfeudale Kräfte noch gibt), in den Auswirkungen der imperialistischen Ausbeutung auf die verelendete Stadtbevölkerung und in einer blinden Reaktion auf den zionistischen Rassismus.

Dies erlegt revolutionären Kommunisten eine zweifache Verpflichtung auf: Einerseits auf der Seite der palästinensischen Nationalisten und gleichzeitig gegen religiösen Obskurantismus. und judenfeindliche Ausbrüche zu kämpfen. Andererseits jedoch ist es wesentlich, während des Kampfes gegen den Zionismus und für die Zerstörung des Staates, der die nationale und rassische Unterdrückung der Palästinenser am Leben hält, taktische Bündnisse mit linken Zionisten (wie der Progressiven Friedensliste, den Stalinisten, Peace Now) zur Verteidigung demokratischer Rechte der Palästinenser zu schließen - um diese besser gänzlich zum Bruch mit dem Zionismus zu bewegen.

XVII. Grob gesagt, existieren seit 1948 drei größere Blöcke oder Parteien. Die am wenigsten bedeutende war die "Neue Religiöse Partei", die in zersplitterter Form vor 1956 existierte. Die geringe Unterstützung für sie (um die 10% auf ihrem Höhepunkt, seither weniger) ist eine Widerspiegelung der allgemeinen Schwäche religiöser Parteien in Israel. Diese, zuerst einmal überraschende Tatsache in einem Staat, der die Religion in die Selbstdefinition seiner Staatsbürgerschaft einzubeziehen verpflichtet, rührt daher, dass die orthodox-religiösen Parteien dem zionistischen Projekt der Staatsgründung Israels entschlossen Widerstand leisteten. Obwohl sie die ersten waren, die sich in der Diaspora politisch organisierten, behaupteten sie starrsinnig, dass die Diaspora eine über die Juden verhängte Strafe sei, die nicht durch Menschenwerk aufgehoben werden könne – daher auch der allgemein weltliche Charakter der zionistischen Hauptparteien. Einzig der Holocaust zwang sie zu einer Neuorientierung und zur Annahme einer pragmatischen Haltung gegenüber Israel. Die NRP vertritt formell eine Politik der Errichtung eines "großisraelischen" Staates, ihr Pragmatismus hat jedoch etliche kleinere rechte, orthodoxe Parteien dazu gebracht, sich seit 1973 abzuspalten oder sich unabhängig von ihr zu bilden, insbesondere nachdem der Friedensvertrag mit Ägypten in Camp David 1979 unterzeichnet wurde.

Die ersten dreißig Jahre seines Bestehens wurde Israel von der Mapai (nach 1967: Israelische Labour Partei) regiert. Sie wurde 1930 gegründet und war und bleibt die Hauptpartei der aschkenazischen Juden und daher auch der staatlichen Bürokratie, der Histadrut und der Kibbutzim. Sie hat die Stimmen eines Drittels (oder noch mehr) der Bevölkerung seit 1949 auf sich vereinigt, wobei sie bis 1961 alleine und später in verschiedenen Blocks kandidierte.

Heute ist sie hauptsächlich eine Partei der privilegierten aschkenazischen Arbeiteraristokratie; die Masse des mehrheitlich orientalischen Industrieproletariats sieht sie nicht als ihre Partei und wählt sie auch mehrheitlich nicht. Dies ist ebenso bei den arabischen Arbeitern der Fall.

Sie kann nicht als eine bürgerliche Arbeiterpartei der israelischen Arbeiterklasse betrachtet werden, da sie mit dem Histadrut (und seinem Kooperativkapital) und den zentralen Institutionen des Staates verbunden ist. Die Israelische Labour Party stützt sich nicht auf die Organisationen der Arbeiterklasse. Revolutionäre können nicht zu ihrer Wahl aufrufen.

Die kleinere "Mapam"-Partei war die Partei der Kibbutz-Pioniere, deren Ideologie aus einer Mischung aus kleinbürgerlichem Sozialismus und Zionismus bestand. Sie konnte gewöhnlich bis zu 14% der Stimmen erzielen. Aber in dem Ausmaß, in dem die Kibbutzim an Bedeutung verloren und ihren Charakter geändert haben, wechselten die Kibbutzim in die Gefolgschaft der Labour Partei über, und die Mapam war gezwungen, unter ihren Fittichen Schutz zu suchen.

Der dritte politische Block besteht aus den unverhohlen nationalistisch-bürgerlichen Parteien. Ein Teil davon hat seine Wurzeln bei den "Revisionisten", die sich in den 20er und 30er Jahren über ihre Stellung zum Mandat und die künftigen Staatsgrenzen in verschiedene Fraktionen spalteten. Ab 1951 hatten sie jedoch ihre Heimat in der "Herut-Partei" gefunden. Die Liberale Partei war eine respektablere Partei (da sie vom Stigma des Terrorismus frei war) im Dienste der anwachsenden Bourgeoisie des neuen Staates. Die Gründung des "Likud" 1973 als eine Koalition von Herut und den Liberalen war das Resultat des steigenden Gewichts der Bourgeoisie des Privatsektors und des Aufstiegs der "Falken" nach den Siegen der Kriege von 1967 und 1973. Diese Koalition machte erst eine erfolgreiche Herausforderung der Hegemonie der Labour Partei möglich. Das Anwachsen der orientalisch-jüdischen Bevölkerung zusammen mit ihrer Entfremdung von der Labour Partei und den Aschkenazim ermöglichten die erfolgreiche demagogische Manipulation ihrer Hoffnungen auf Besserstellung. Der Wahlerfolg von 1977 und 1981 brachte zwei Likud-Regierungen unter Shamir und Begin hervor.

Im wesentlichen unterscheidet wenig auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Innenpolitik den Labour- vom Likud-Block. Wahlversprechen, Demagogie und unverhohlener Stimmenkauf gehören zur Routine, die sich an ihre jeweilige Wählerschaft zu Wahlzeiten richtet. Auch auf der Ebene der Steuer- und Währungspolitik gibt es nur geringe Unterschiede, was sich aus der Notwendigkeit für alle zionistischen Parteien, den jüdischen Block zusammenzuhalten und eine Klassendifferenzierung zu verzögern, erklärt. Die Geschichte der "Nationalen Koalition" von 1984-88 liefert den Beweis dafür.

Die Hauptunterschiede sind in der Perspektive für die Behandlung der arabischen Staaten und des Kampfes der Palästinenser um Selbstbestimmung zu finden. Einerseits sind Labour und Likud in ihrem Widerstand gegen das Bestreben der extremen Rechten (Kach, Shass, Tami, Tehya - unzufrieden mit Camp David) nach noch restriktiveren Maßnahmen gegen die Araber und gegen all jene (wie die "Peace Now"-Bewegung), die den Palästinensern einen eigenen Staat zugestehen möchten, vereint - deswegen, weil beide Vorschläge die wesentliche Rolle, die die Araber in der zionistischen Wirtschaft spielen, untergraben würden. Andererseits sind sie darüber gespalten, ob diese Rolle durch eine fortdauernde Besetzung des Westjordanlandes (mit all der daraus folgenden politischen Instabilität und insbesondere mit dem sich verschärfenden Polarisierungseffekt, den sie seit der Schlappe des Zionismus im Libanon 1982 hat) aufrechterhalten werden soll - was genau die Strategie des Likud-Blocks ist. Der Likud begünstigt ebenfalls zunehmende Siedlungen im Westjordanland, da dies in den letzten Jahren seine Basis unter den orientalischen Juden, die jetzt den Großteil der Neusiedler ausmachen, gefestigt hat.

Die Labour Partei würde andererseits ein mit dem US-Imperialismus und den konservativen arabischen Regimes (insbesondere Ägypten und Jordanien) ausgehandeltes Abkommen bevorzugen, die dann ein palästinensisches Bantustan im Westjordanland überwachen könnten, während seine Funktion als Nachschubbasis billiger Arbeitskräfte und als geschlossener Absatzmarkt für die israelische Landwirtschaft gesichert wäre.