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China

Boom und Billigjobs

Martin Suchanek, Neue Internationale 99, April 2005

Die bürgerliche Ökonomie liebt Mythen. In den 80er Jahren sollte der japanische "Toyotismus", in den 1990er Jahren der US-amerikanische Börsenboom für schier unbegrenztes Wachstums sorgen. Zusätzlich wurde in den letzten Jahren der chinesische Kapitalismus Gegenstand geradezu magischer Projektionen.

In einigen Jahrzehnten solle China zur Nr. 1 der Weltwirtschaft werden. Solche Prognosen sind nichts als Märchen. Die chinesische Ökonomie ist - gemessen am Bruttosozialprodukt - heute trotz fast zwei Jahrzehnten äußerst dynamischen Wachstums gerade so groß wie jene Frankreichs - bei einer Bevölkerung von 1,3 Milliarden, also der rund 20fachen Frankreichs!

Das Einholen der größten imperialistischen Ökonomien bzw. Wirtschaftsblöcke der Welt käme einem Wunder gleich, nämlich einem über Jahrzehnte andauernden krisenfreien Wachstum der dortigen Wirtschaft.

Wie wir zeigen werden, ist eine solche Entwicklung ausgeschlossen aufgrund der Entwicklungsdynamik des Weltmarktes wie der innerchinesischen Grundlagen der raschen Akkumulation der letzten Jahrzehnte.

Vom degenerierten Arbeiterstaat zum Kapitalismus

Die chinesische Ökonomie befand sich Ende der 1970er in einer Stagnation. Nach dem "Großen Sprung" und Maos Kulturrevolution setzte sich in der chinesischen Führung eine pragmatische Linie durch, die eine Ankurbelung der landwirtschaftlichen Produktion und der Arbeitsproduktivität v.a. durch marktwirtschaftliche Reformen durchsetzen wollte.

So wurde Bauernfamilien größere Kontrolle über ihr Land gestattet, die Preise für eine Reihe landwirtschaftlicher Produkte wurden zu "Verhandlungspreisen" zwischen Staat und Bauern erklärt.

Diese Maßnahmen führten tatsächlich zu einer Steigerung der Agrarproduktion. Diese Erfolge wurden in den 1980er Jahren auch auf die ländliche und städtische Leichtindustrie ausgedehnt. Der Form nach waren es Kollektivunternehmen wie Genossenschaften. Die Unternehmerfunktionen und tatsächliche Lenkung wurden dabei von Partei- und Staatsfunktionären ausgeübt. Damit entstanden Elemente einer zukünftigen Kapitalistenklasse.

Es wäre jedoch einseitig, sich diese Entwicklung als organisch und krisenfrei vorzustellen. Im Gegenteil: die "marktsozialistischen" Reformen der späten 1970er und 1980er Jahre führten immer wieder zu ökonomischen Schwankungen. So führte die Preisliberalisierung für Agrarprodukte zu Mangel an jenen Erzeugnissen, deren Preise nicht freigegeben waren, da die Bauern die Produktion mehr und mehr auf "lukrative" Produkte umstellten.

Die Industrialisierung in der Leichtindustrie fußte auf einer expansiven, politisch bestimmten Nachfrage und Kreditvergabe seitens des Staates und der Kommunen. Entscheidend für staatliche Anerkennung und Förderung war aber nicht die Profitabilität der einzelnen Unternehmen, sondern das Wachstum ihrer Investitionstätigkeit, da mit den Wirtschaftsreformen v.a. die Expansion der Produktion bezweckt wurde. Das führte immer wieder zu Überproduktion in einzelnen Sektoren, die durch rasche Streichung von Krediten gezügelt wurde.

Für die Arbeiterklasse und die Bauernschaft bedeutet diese Politik ein massive Zunahme der inneren Differenzierung. Unter den Bauern entstand eine relative wohlhabende Minderheit, die Arbeiterklasse verlor insgesamt, v.a. aufgrund gestiegener Preise und massiver Inflation. In den Kollektivunternehmen traten riesige Einkommensunterschiede - teils legal, teils noch illegal - zutage, so dass Parteikader oft über das 100fache Einkommen (!) durchschnittlicher ArbeiterInnen verfügen.

Gleichzeitig vertiefte sich die Polarisierung in der chinesischen Partei- und Staatsbürokratie. All das entlud sich 1989 am Tienanmen-Platz. Die Arbeiterklasse und die "Demokratiebewegung" wurden unterdrückt. Gleichzeitig führten die Ereignisse nach Tienanmen zu einer Lösung des innerbürokratischen Machtkampfes. Bis 1992/93 hatte Deng (formal ohne jedes Staatsamt!) die Macht für sich und seine Unterstützer gesichert und leitete mit seiner "Südreise" einen qualitativen Schritt im Prozess der Restauration des Kapitalismus ein.

Auswirkungen

Die inneren Widersprüche der marktsozialistischen Belebungsversuche der bürokratischen Planwirtschaft stellten die Bürokratie vor eine Alternative: Stopp der Reformen oder Vorwärts zum "echten" Kapitalismus. Die offen restaurationistischen Strömungen konnten sich dabei auf eine zunehmende Schicht von Profiteuren marktwirtschaftlicher Reformen in der chinesischen Gesellschaft, v.a. im Partei- und Staatsapparat selbst stützen.

Schließlich war die "unternehmerische Tätigkeit" von Parteikadern schon in den 80er Jahren offiziell unterstützt worden. Bis 1993 entstanden "Dorfunternehmen" mit einer industriellen Jahresproduktion von bis zu 3 Mrd. Yuan. Auch wenn der Besitz oft formell genossenschaftlich war, so waren es die führenden Parteikader oder ihre Angehören, die sie wirklich leiteten, kontrollierten und immer größere Privatvermögen anhäuften.

Hinzu kommt, dass auch Militär, Eisenbahnen und selbst die offiziellen Gewerkschaften eigene Firmen aufbauten. So besaß das Eisenbahnministerium 1993 rund 46.000 "Einnahmen schaffende" Firmen. Der chinesische Gewerkschaftsbund hatte 130.000. Größter Privatunternehmer war zu diesem Zeitpunkt die Volksbefreiungsarmee, deren Aktivitäten vom Waffenexport über Rüstungsfabriken auch Handelsorganisationen, Konsumgüterindustrie, Hotels und Nachtclubs umfassten.

Diese Zahlen zeigen, dass die Trennlinie zwischen "Reformern" und "Hardlinern" selbst nicht leicht zu ziehen war. Zwar wurden nach Tienanmen einige Reformen zurückgenommen, die Inflation durch Preiskontrollen gebremst, die liberalisierten Südprovinzen jedoch weiter als "Wachstumszonen" gefördert.

1992 ging der Flügel um Deng und Jiang Zemin in die Offensive. Im Rahmen der "Südreise" wurde die Provinz Shenzhen als wegweisend für die Zukunft hervorgehoben. Die weitgehende Öffnung für Auslandsinvestitionen und Gewinnrückführung wurde zum Programm erhoben. Für 18 Städte wurde der Außenhandel vollkommen freigegeben.

Die Kampagne gipfelte am 14. Parteitag im Oktober 1992 mit der Annahme des Programms der "sozialistischen Marktwirtschaft". Dieses wurde durch die Annahme der "50 Artikel zur Marktwirtschaft" durch das ZK der KP im November 1993 weiter ausgebaut.

Darin wurden der systematische Abbau der Planungskontrollen und die Umwandlung der staatlichen Betriebe in "Treuhandgesellschaften" festgelegt. Die Konvertierbarkeit des Renminbi wurde als Ziel proklamiert, zahlreiche Beschränkungen für Auslandsinvestitionen in China wurden aufgehoben. Ausländische Investitionen wurde in vielen Wirtschaftsregionen gegenüber einheimischen begünstigt.

Hinzu kommt, dass das Gesetz der "eisernen Reisschüssel" aufgehoben, dass der städtischen Arbeiterschaft die Sicherheit des Arbeitsplatzes, der Wohnung, der medizinischen und Altersversorgung garantierte, aufgehoben wurde. Ende der 1990er wurde diese Maßnahme auf die Staatsbetriebe ausgedehnt.

Kurz: es trat eine qualitative Verschiebung in der Funktion ein, die der chinesische Staat ausübte. Er diente nicht mehr der Reproduktion einer bürokratischen Planwirtschaft, sondern zur Einführung eine kapitalistischen Ökonomie. Natürlich bedeutet das, dass die chinesische Wirtschaft noch einige Jahre (und in Teilen bis heute) "Überreste" der alten Planwirtschaft mitschleppt. Aber der Staatsapparat verteidigt jetzt die Einführung und Reproduktion kapitalistischer Eigentumsverhältnisse.

In den 1980er Jahren war der private Sektor massiv expandiert. Anfang der 1990er Jahre erzeugte er schon die Hälfte der Industrieproduktion. Gleichzeitig setzte ab 1992 auch ein Boom an Auslandsinvestitionen ein.

Bürokratie und entstehende Kapitalistenklasse

Das Wachstum der chinesischen Ökonomie ist schwer verständlich, ohne die wichtige, aktive Rolle, die der Staat und die "Kommunistische Partei" beim Aufbau des Kapitalismus in diesem Land spielen, in Betracht zu ziehen.

Eine Lehre aus dem Tienanmen-Platz und dem Sturz der stalinistischen Parteien in der Sowjetunion und Osteuropa besteht darin, dass die chinesische Bürokratie fürchtete, durch die Entwicklung selbst aus dem Weg geräumt zu werden. Dass der "Hardliner"-Flügel, der durchaus kritisch gegenüber weiteren marktwirtschaftlichen Maßnahmen war, sich Deng fügte, lag erstens daran, dass auch er die Perspektivlosigkeit einer Rückkehr zum Maoistischen Kurs erkannte und zweitens noch mehr als einen Verlust an Machtpositionen die Entmachtung der herrschenden Partei insgesamt fürchtete.

Schließlich versprach der spezifische Weg der chinesischen Restauration, dass auf Grundlage massiven Wachstums zentrale Sektoren der Bürokratie sich in eine neue Kapitalistenklasse transformieren könnten.

Obwohl der Beitritt von Unternehmern erst 2004 legalisiert wurde, waren schon 1993 13,1 Prozent aller Unternehmer Mitglieder der KP. Im Jahr 2000 war jeder fünfte chinesische Unternehmer KP- Mitglied. Umgekehrt sind die meisten Parteikader selbst Unternehmer (resp. Leiter von Kollektivunternehmen) oder mit Unternehmern verwandt. Die chinesische KP ist zur Partei der entstehenden Kapitalistenklasse (außerhalb Hongkongs) geworden.

So groß der Einfluss der Kapitalisten, Manager und Technokraten - so klein der Einfluss der ArbeiterInnen und Bauern. So stellen sie unter den Deputierten zum Nationalen Volkskongress gerade 511 von 2984 Delegierten: also 18,46 %!

Der Weg Chinas unterschied sich auch deutlich von dem Osteuropas und der Sowjetunion. Der Staat spielte eine aktive Rolle zur Ankurbelung der Nachfrage, als Konjunkturmotor, indem erstens überaus lukrative Bedingungen für ausländisches Kapital geschaffen wurden, zweitens die akkumulierten Kapitale einer entstehenden Kapitalistenklasse aus der Volksrepublik weiter im Land investiert wurden (tw. auch in der Form von "ausländischem Kapital", das über Hongkong reinvestiert wird, da so das Vermögen von Staats- und Parteibürokraten legalisiert und überdies steuerlich begünstigt wird).

Schließlich agierte der chinesische Staat v.a. ab Ende der 1990er neben ausländischen Investoren als Konjunkturlokomotive, was zwar zu einem Anstieg der Staatsverschuldung auf rund 200 Mrd. Euro führte, zugleich aber das Wachstum weiter am Laufen hielt.

Staatsintervention

Der chinesische Staat setzt zwar die Staatsunternehmen durch die Privatwirtschaft weiter massivem Druck aus - mit dem Ziel, sie in konkurrenzfähige, auf dem Weltmarkt operierende Konzerne zu machen.

Der Weg dahin ist noch weit. Ein Großteil der chinesischen Produktion in der Konsum- und Leichtindustrie erfordert wenig technisches Know-How. Die staatliche Unternehmen finden noch immer eine relativ sicheren Absatzmarkt und sind oft genug hoch verschuldet - was von den staatlichen Großbanken mehr oder weniger billigend in Kauf genommen wird.

Das - vom Standpunkt der Bildung eines starken, chinesischen Kapitalismus durchaus rationale - Vorhaben, chinesische Multis zu schaffen, die zu den TOP 500 der Welt zählen, hat die Verschuldung der großen Unternehmen in den letzten Jahren weiter erhöht. Warum? Weil die erweiterte Reproduktion durch neu akkumulierte Profite zu langsam ist. Daher hat der chinesische Staat eine Fusions- und Übernahmewelle nach dem Muster der Südkoreanischen Chaebols unterstützt, was jedoch auch zur Zusammenballung mittel- und langfristig nicht konkurrenzfähiger Unternehmensteile führte.

Dabei hat die staatskapitalistische Intervention auch zur Aufrechterhaltung sehr unproduktiver Teile der chinesischen Wirtschaft geführt.

Selbst bei einem Wachstum von derzeit rd. 8 % werden jährlich 5 bis 10 Millionen ArbeiterInnen der staatlichen Wirtschaft entlassen. Jährlich werden "staatlich abgefedert" tausende unproduktive Produktionsstätten geschlossen.

Ein Einbruch der Konjunktur auf 3-4% Wachstum würde daher in China wahrscheinlich katastrophale Folgen haben und zu einer ökonomischen Krise führen, der gegenüber der Crash der "kleinen Tiger" Ende der 1990er Jahre nur ein laues Lüftchen war.

Das zeigt aber auch, auf welchen Voraussetzungen der Investitionsboom in China in vielen Bereichen basiert: nämlich einer Fortsetzung der staatlichen Investitionsprogramme, der Expansion eines Gütermarktes für eine entstehende Bourgeoisie und Mittelschicht.

Arbeiterklasse in China

Zentrale soziale Voraussetzung des chinesischen Wirtschafts"wunders" ist die Überausbeutung der Arbeiterklasse. Sie ist entrechtet wie kaum eine andere auf der Welt. Es gibt kein Streikrecht, kein Recht, eigene gewerkschaftliche, geschweige denn politische Organisationen zu gründen.

Gleichzeitig ist die Arbeiterklasse enorm gewachsen. Lt. Statistik zählte sie 1978 noch ca. 120 Millionen, im Jahr 2000 schon 270. Dazu kommen rund 70 Millionen Bauern, die in die Städte gezogen sind und dort aufgrund der reaktionären Passgesetze Chinas eine illegale Existenz fristen müssen.

Der durchschnittliche Stundenlohn beträgt in der verarbeitenden Industrie rund 50 Cent, d.h. eine Vierzigstel des US-amerikanischen, ein Dreizehntel des japanischen oder ein Fünftel des Südkoreanischen. China ist heute Spitze in fast allen Arbeitsunfallstatistiken.

Die Reformen der 1980er legten den Grundstein für die Freisetzung von Millionen ArbeitInnen aus der Landwirtschaft. Dieses Reservoir ist keineswegs erschöpft. Der größte Teil der chinesischen Bauern lebt mehr schlecht als recht als Subsistenzlandwirte auf Parzellen von einem Viertel Hektar, die selbst unter besten Voraussetzungen ökonomisch nicht überlebensfähig sind. Daher sind die meisten Bauern mehr und mehr verschuldet, Millionen werden jährlich von ihrem Land vertrieben und suchen Arbeit in den Millionenstädten. Auch in der Staatsindustrie wurden Millionen entlassen.

All das führt zu einem riesigen Zustrom von Arbeitskräften in die neuen gigantischen Städte in den Sonderwirtschaftszonen, die in den letzten zwei Jahrzehnten oft genug von Kleinstädten zu Millionen-Städten wurden.

Die ArbeiterInnen leben dort unter erbärmlichsten Bedingungen und oft illegal. Ihre Arbeitszeit beträgt 10 Stunden und mehr am Tag.

Diese extremen Ausbeutungsbedingungen sind es, die China in vielen arbeitsintensiven Industrien zum größten Produktionsstandort gemacht haben - und der "kommunistische" Staat gilt als sicherster Garant dieser für die Kapitalisten paradiesischen Ausbeutungsbedingungen.

Zweifellos läuft die Ausbeutungsmaschine in China noch auf Hochtouren. Doch die Arbeiterklasse ist alles andere als passiv. Unter schwierigsten Bedingungen kommt es immer wieder zu Arbeiterkämpfen und auch zu Bauernprotesten.

Letztere werden auf über 10.000 pro Jahr geschätzt, eine Zahl, hinter der sich freilich unterschiedlichste Formen des Unmuts verbergen, von Petitionen bis hin zu Besetzungen von Büros der Regierung oder Bankraub aus Verzweiflung über die drückenden Schulden.

Die Proteste richten sich nicht nur gegen die Verarmung, sondern auch gegen Wahlmanipulationen, willkürliche Steuern und Abgaben, die von lokalen oder regionalen Behörden festgesetzt werden sowie Vertreibungen (z.B. im Zusammenhang mit dem Bau des Drei-Schluchten-Staudammes).

Aber die Bauernproteste sind in der Regel spontan, lokal und hinterlassen wenig dauerhafte Organisiertheit.

Neben den Aktionen der Bauern ist in den letzten Jahren der Widerstand der Arbeiterklasse deutlich gewachsen. Gerade in der Schwerindustrie, in der jährlich Millionen freigesetzt werden, kommt es immer wieder zu beachtlichen Aktionen wie Besetzungen, Streiks, Straßenblockaden und mitunter bewaffneten Auseinandersetzungen.

Verlässliche Zahlen sind naturgemäß schwer zu erhalten. Selbst Dokumente der Sicherheitsbehörden sprechen aber von Größenordnungen von bis zu 215.000 Demonstrationen (1998), an denen sich 3,6 Millionen beteiligt und bei denen 78 Polizisten getötet worden sein sollen.

Die Streiks und Besetzungen werden in der Regel von illegalen Arbeiterkomitees oder provisorischen Kernen neu entstehender unabhängiger Gewerkschaften organisiert, während die offizielle Gewerkschaft oft passiv bleibt (auch wenn sie in den letzten Jahren gegenüber Partei und Staat etwas kritischer geworden ist und verstärkt auf die Ausbeutung und Entrechtung der Klasse verweist).

Verglichen mit den Aktionen der Bauern weisen jene der ArbeiterInnen mehr Dauerhaftigkeit und auch erste Formen einer oppositionellen gewerkschaftlichen Organisierung aus. So wurde die Protestaktion der ÖlarbeiterInnen in Daqing Ende 2000 von einem "provisorischen Gewerkschaftskomitee der von der Erdölbehörde entlassenen Arbeiter" organisiert.

Kämpfe

Bemerkenswert an den Aktionen und Straßenblocken der dort entlassenen ArbeiterInnen war auch, dass es zu Solidaritätsaktionen in anderen Fördergebieten kam, die teilweise hunderte Kilometer entfernt liegen.

Neben dem Kampf gegen Entlassungen (mit denen auch der Verlust sämtlicher Sozialleistungen verbunden ist) gibt es eine wachsende Zahl von Protesten wegen der Nichtauszahlung von Löhnen.

Allerdings dürfen diese Zahlen über mehrere Schwächen nicht hinwegtäuschen. Die chinesische Arbeiterklasse ist nach wie vor eine sehr zersplitterte Klasse. Millionen und Abermillionen, die in den großen städtischen Zentren illegal arbeiten - z.B. in den Sweatshops multinationaler Konzernen oder in der boomenden Bauindustrie - sind praktisch nicht organisiert und auch an den Aktionen wenig beteiligt. Hinzu kommt die massive Repression. StreikführerInnen werden mit mehreren Jahren Gefängnis bestraft.

Vor allem aber hat sich in China bislang eine iw. nur gewerkschaftliche, oppositionelle Arbeiterbewegung gebildet. Diese kommt zwar mit den Behörden in massive Konflikte. Aber sie verfügt über keine politische Organisation, ja nicht einmal über einen Kern von AktivistInnen, die eine solche Absicht haben. Sie hat keine gesamtgesellschaftliche Perspektive.

Solange das der Fall ist, wird die Klasse gegenüber den Kapitalisten und dem Staat letztlich impotent bleiben. Mehr noch, die Organisierungsansätze oppositioneller Gewerkschaften drohen so, unter den Einfluss proimperialistischer, westlicher Berater (z.B. über US-amerikanische Stiftungen oder über den AFL-CIO) zu geraten.

Diese Fallstricke, die zu einer politischen Unterordnung der Klasse führen, können nur politisch gelöst werden, indem in Verbindung mit dem Aufbau von Selbstverteidigungsorganisationen der ArbeiterInnen (wie unabhängigen Gewerkschaften) eine eigene politische Partei der Klasse aufgebaut wird.

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Nr. 99, April 2005

*  Arbeitslosigkeit: Schwarze Bilanz von Rot/Grün
*  Erster Mai: Klassenkämpferische Opposition sichtbar machen!
*  Tarifabschluss Öffentlicher Dienst: Zahnloser Tiger Ver.di
*  Heile Welt
*  Wahlalternative: Aktiv - gegen Linke
*  NRW-Wahlen: Schröder am Ende?
*  China: Boom und Billigjobs
*  100 Jahre Relativitätstheorie: Relativ revolutionär
*  Libanon: Nein zur imperialistischen Intervention!
*  Arbeitskämpfe in Frankreich: Eine neue Einheit