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Antifaschismus

Welches Konzept gegen Rechts?

Hannes Hohn, Neue Internationale 162, September 2011

Die Krise und der aus ihr folgende soziale Abstieg immer breiterer Schichten schafft ein Klima, in dem die Faschisten bessere Möglichkeiten haben, mit rassistischer oder „antikapitalistischer“ Rhetorik Einfluss zu gewinnen. Dabei kommt ihnen v.a. entgegen, dass die reformistischen Führungen von SPD, der LINKEN und dem DGB, welche die Masse der Arbeiterklasse und ihre Organisationen dominieren, nicht oder kaum gegen die Krise mobilisieren. So können sich die brauen Rattenfänger als „radikal“ präsentieren und mit Aktionen deklassierte und frustrierte Elemente gewinnen.

Es könnte also dazu kommen, dass die Nazis an Kraft zulegen und ihre bisherige Zersplitterung überwinden. In diesem Fall wären die Kräfte der Antifa nur noch eingeschränkt in der Lage, den Rechten effektiv entgegen zu treten. Schon heute ist es so, das die Antifa überwiegend reaktiv agiert, d.h. sich nach den Aktionen der Nazis richtet und Gegendemos - oft im Nachhinein - durchführt. Ein effektiver Schutz von Linken, ImmigrantInnen u.a. von den Nazis Bedrohten ist schon jetzt nur ansatzweise möglich.

Es stellt sich also immer dringlicher die Frage, mit welcher Strategie die Antifa, die Linke und die Arbeiterbewegung erfolgreich sein kann?

Die autonome Antifa

Wir meinen, dass die Strategie der autonomen Antifa ungeeignet ist, um einer wachsenden faschistischen Gefahr erfolgreich begegnen zu können. Warum?

Vor allem ist es notwendig, größere Kräfte für Mobilisierungen gegen Nazis zu gewinnen. Die Beschränkung der Antifa auf Jugendliche und Linke ist unzureichend. Größere Kräfte zu gewinnen, bedeutet praktisch, mehr Lohnabhängige zu gewinnen. Das wiederum bedeutet, einen politischen Kampf in und um deren Organisationen, v.a. den Gewerkschaften, zu führen. Dazu ist die Antifa außerstande - teils, weil sie die - „verbürgerlichte“ - Arbeiterklasse als historisches Subjekt für die Revolution und jeden größeren Klassenkampf abgeschrieben hat; teils, weil die Antifa über kein oder ein falsches Verständnis davon verfügt, was Reformismus ist bzw. wie er bekämpft werden kann. Anstelle dieses Kampfes frönt man der Vorstellung, die Antifa sei die Vorhut des antikapitalistischen Kampfes, die durch ihr radikales Beispiel andere mitreißen könnte. Doch in der Geschichte zeigte sich ohne Ausnahme, dass die Bindungskraft des organisierten Reformismus allemal stärker ist als die Attraktivität jedes isolierten autonomen Aktionismus.

Dieses Dilemma spiegelt sich auch direkt in der Bündnispolitik der Antifa wider. Obwohl sich erhebliche Teile der Antifa auch als AntikapitalistInnen / RevolutionärInnen verstehen, suchen sie praktisch oft den Schulterschluss mit bürgerlichen Kräften, eine Art klassenübergreifende Volksfrontpolitik. Offen bürgerliche Parteien - darunter auch die Grünen -, die Kirchen usw. (als Organisationen, nicht als Individuen) werden oft mehr oder weniger kritiklos als Bündnispartner akzeptiert, während oft keine Forderungen, ja oft auch keine Kritik an reformistische Organisationen gerichtet werden. Die Arbeit in den Gewerkschaften, ein systematischer politischer Kampf gegen die Bürokratie dort findet nicht statt. Das hat zur Folge, dass die Gewerkschaften auch in punkto Antifaschismus fast unangefochten dem Zugriff der Bürokratie unterliegen. Die Folge: entpolitisierte, inaktive, nationalistische, standortbornierte Organisationen, die im  Kampf wenig effektiv und für Viele unattraktiv sind.

Ein weiterer grundsätzlicher Fehler aller autonomen Konzeptionen besteht darin, dass sie den Aufbau einer revolutionären Partei ablehnen. Ihr Hauptmotiv dabei ist, die - verständliche - Ablehnung der bürokratisch/reformistisch/bürgerlichen Parteien a la SPD oder die stalinistischen KPen. Doch dabei wird gleich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet - in doppelter Hinsicht. Erstens wird die objektive Notwendigkeit einer revolutionären Arbeiterpartei und deren spezifische Aufgabe zum Sturz des Kapitalismus übersehen, zweitens sitzt man dem Irrtum auf, dass Parteien per se bürokratisch wären.

Diese Parteifeindlichkeit korreliert mit der Vorstellung, dass ein Netzwerk autonomer Antifa-Gruppen als Organisationsform ausreicht. Dabei ist die Antifa oft auch wenig demokratisch, sondern von informellen Strukturen geprägt. Zugleich ist sie eine Ein-Punkt-Struktur, d.h. sie konzentriert sich fast nur auf Antifaschismus/Antirassismus. Doch der Klassenkampf lässt sich nicht in einzelne, isolierte Sektoren trennen. Eine praktische Folge dieser „Enthaltsamkeit“ ist, dass es so sehr schwer ist, Leute, die gegen die Krise, gegen Entlassungen, gegen Krieg kämpfen, auch für den Antifaschismus  zu gewinnen.

Als Motto könnte man den Autonomen auf den Weg geben: Die Faust gegen die Faschisten, das Gesicht zur Arbeiterklasse!

Für die antifaschistische Einheitsfront!

Der Kampf gegen den Faschismus ist Teil des allgemeinen Klassenkampfes. Der wichtigste Bündnispartner - neben der Linken, ImmigrantInnen, Jugendlichen - muss die Arbeiterklasse sein bzw. werden! Um diese zu gewinnen, ist es notwendig, Forderungen an deren Organisationen zu stellen, um sie zum Kampf zu bewegen.

Für Einheit in der Aktion auf Basis einer klaren, demokratisch beschlossenen Aktionsorientierung! Aktionseinheiten sind kein Ersatz für Organisationen, Einheitsfrontplattformen kein Ersatz für ein politisches Programm.

Für volle Freiheit der Kritik in Einheitsfronten! Gegen jeden programmatischen „Konsens“, der die realen Differenzen verkleistert und eine politische Übereinstimmung vorgaukelt, die real nicht existiert!

Für einen Antifaschismus der Aktion, gegen pazifistische Lichterketten u.a. Alibi-Aktionen!

Für den Aufbau antifaschistischer Selbstschutzgruppen!

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