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Massenbewegung gegen S 21 am Scheideweg

Verhandeln oder Besetzen?

Theo Tiger, Neue Internationale 154, November 2010

In den letzten Wochen traten die Widersprüche um S21, speziell auf der Seite der Gegner offen zutage. Während die Grünen „ergebnisoffen“ mit der Landesregierung verhandeln und dabei von den SÖS/Die Linke-Vertretern im Stuttgarter Gemeinderat unterstützt werden, gab es am Samstag eine spontane Besetzung des Südflügels von AktivistInnen der Jugendoffensive, den Parkschützern u.a.

Ca. 35 DemonstrantInnen gelang es, über die Güterexpresshalle in den 3. Stock des Gebäudes vorzudringen. Draußen blieben dann ca. 1.500, die die Besetzer unterstützten und feierten. Die Polizei wirkte besonders hilflos, als es gelang, das Auto ihres Pressesprechers Keilbach einzukesseln und blockieren. Dies war ein Coup der Demo vor Ort!

Nach gut einer Stunde wurde diese Blockade aufgelöst.

Diese Besetzung passt den Grünen und der SÖS gar nicht in den Kram. Ihre Verhandler Wölfle/Kretschmann und Stocker/Rockenbauch sprachen sich gegen diese Besetzung aus. Schließlich hätten ja ihre Verhandlungen dazu geführt, dass der Südflügel erstmal nicht abgerissen wird, und daher seien solche Aktionen nicht hilfreich. Sicherlich nicht für die Ziele der Grünen und der SÖS, bei denen stehen die Zeichen eindeutig auf Demobilisierung und Beendigung der Massenproteste.

Am 15.10. wurden die Verhandlungen unter der Regie Geißlers aufgenommen. Die samstägliche Großdemo war nur noch eine Großkundgebung mit Konzert und SÖS Stadtrat Stocker verteidigte die Stuttgarter Polizei! Diese seien ja nur Opfer einer verfehlten Landespolitik und die meisten Prügelbullen seien Bundespolizisten gewesen.

Was wird verhandelt?

So kamen zu der Kundgebung auch nur noch 25.000 und nicht wie letzte Woche 150.000. Es ist natürlich richtig, die Verantwortung für die Gewalt des 30.9. in der Politik zu suchen, dies darf aber nicht dazu führen, den braven Schwabenpolizisten zu verteidigen! Die Politik benutzt ihre Knüppeltrupps zur Durchsetzung ihrer Macht, egal ob Schwabe oder Bundesbulle - doch diese Einsicht ist bis zu Stocker und Co. noch nicht durchgedrungen.

Bei den Verhandlungen werden die informellen Repräsentanten des Widerstand (nie gewählt, nie bestätigt) natürlich über Erfolge berichten müssen. So taten sie es schon am Wochenende, der Nicht-Abriss des Südflügels gilt schon als Erfolg der Verhandlungen und nicht der Hunderttausenden, die in den letzten Wochen auf den Straßen waren und sich aktiv gegen Staat und Bahn gestellt haben.

Ebenfalls wird die Bewegung auch ganz offen belogen, andauernd war der „Baustopp“ im Gespräch, die „Bauunterbrechung“ wurde verkündet - die Realität hieß Baumaßnahmen im Schlosspark, Grundwassermanagement usw.

Als Mitte Oktober die Bundesspitze der Grünen in Form von Künast, Özdemir und Trittin im Schlosspark schlenderten, konnten sie sehen und hören, was Baustopp heißt! Ebenfalls konnten sie hören, dass sich ihre Regierungspraxis in Hamburg und im Saarland rumgesprochen hat, mehrere Nachfragen wurden allerdings unzureichend beantwortet.

Das Grundwassermanagement wird dabei von den Grünen während der Verhandlungen akzeptiert, dabei wird das Grundwasser im Schlosspark umgeleitet und schlussendlich der Park trocken gelegt, damit weiter gebaut werden kann. Dies kann aber gestoppt werden, sobald der Frost kommt ist dieser Bauschritt unmöglich, d.h. die Bewegung kann jetzt ihr Ziel verwirklichen - ein Ende aller Baumaßnahmen!

In den nächsten Wochen wird es verschiedene Basiskonferenzen geben, die zum Ziel haben, die Perspektiven zu erörtern und die Bewegung wieder von der Basis aus aufzubauen.

Diese müssen demokratisch legitimiert werden und die Führung beanspruchen, tun sie das nicht, droht, dass uns Stocker und die Grünen am Verhandlungstisch verkaufen.

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Nr. 154, Nov. 2010
*  Angriffe in Europa: Kämpfen wie in Frankreich!
*  Heile Welt
*  Massenbewegung am Scheideweg: Verhandeln oder Besetzen?
*  Stuttgart 21: Wie kann die Bewegung siegen?
*  Stuttgart 21: Bullen knüppeln, Regierung lügt
*  Gewerkschaftliche Aktionswochen: Kühler Herbst
*  Behr Werk 8: Der Kampf geht weiter
*  Aktionstag Esslingen: Weg mit der Agenda!
*  Autoindustrie: Kapitalistische Wunder?
*  Die Grünen: Bald stärkste Opposition?
*  Integrationsdebatte: Christdemokratische Hassprediger
*  Frankreich: Bewegung am Scheideweg
*  Präsidentschaftswahlen in Brasilien: Zwischen Boom und Massenelend
*  Venezuela: Opposition gewinnt an Boden
*  Pakistan: Widerstand gegen Privatisierung
*  Anti-Atom-Bewegung: Castor blockieren, Regierung atomisieren!