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Griechenland

Im Würgegriff des deutschen Imperialismus

Theo Tiger, Neue Internationale 148, April 2010

Schon in der letzten Ausgabe berichteten wir ausführlich über den Widerstand der griechischen Beschäftigten gegen die Angriffe der Regierung und der EU. Am 5. März kam es, nachdem die Angriffe im Parlament beschlossen worden waren, zu Großdemonstrationen mit einer symbolischen Besetzung des Finanzministeriums. Am 11. März folgte ein weiterer Generalstreik von öffentlich und privat Beschäftigten.

Bei den Kürzungen werden vor allem die öffentlich Beschäftigten getroffen, ihre Lohnfortzahlung wird um 12%, ihr Weihnachts-, Oster- und Urlaubsgeld um 30% gekürzt. Gleichzeitig werden die Konsumsteuern erhöht, die Mehrwertsteuer um 2% und auch die Mineralölsteuer.

Begleitet wird dieser massive Angriff auf die Lohnabhängigen von reichlich nationalistischer Propaganda - die GriechInnen müssten jetzt zusammen halten und jeder seinen Teil beitragen. Zur Untermalung dessen sammelte Sozialdemokrat Papandreou etwa 1 Milliarde Euro bei den Unternehmen ein, um das Geld in höchstens 400 Tranchen dann den Ärmsten zu geben - ein klassischer Fall von in die eine Hosentasche gesteckt und auf der anderen Seite mehr wieder rausgezogen. Gleichzeitig wurde den Arbeitslosen nämlich der jährliche Heizkostenzuschlag gestrichen (etwa in gleicher Höhe).

So zeigte Papandreou, dass auch er genau das tut, wofür linke Nationalisten oder Sozialdemokraten immer gut waren: mit den Stimmen der Lohnabhängigen zur Macht kommen und diese dann im vollen Umfang im Interesse des Kapitals gegen die Arbeiterbewegung einsetzen.

Die Regierung der PASOK und die Gerichte gehen hart gegen die Streiks vor. So erklärten sie den Streik der Zöllner für rechtswidrig. Trotz, oder auch gerade wegen der nationalen Sparpropaganda und dem repressiven Vorgehen des Staates hat sich die politische Stimmung im Land gedreht. Waren im Februar noch 70% für harte Sparmaßnahmen, lehnten schon im März 80% weitere Kürzungen und Angriffe ab.

Griechenland und das internationale Finanzkapital

Seit Anfang März war Papandreou viel auf Reisen, schließlich musste er der EU und den USA seine „Reformwilligkeit“ beweisen, um Zusagen des jeweiligen Finanzkapitals zu erhalten. Schon in NI 147 hatten wir die Folgen und Grundlagen dieser Spekulation beleuchtet. Papandreou appellierte für niedrigere Zinsen bei den ausgegebenen Staatsanleihen, die Großbanken hoffen auf hohe Zinsen bei den Staatsanleihen. Außer warmen Worten eines geheuchelten Mitgefühls konnten ihm die Obamas, Clintons oder Merkels allerdings nichts versprechen. So erlaubte die deutsche Bundesregierung ab Februar wieder alle Praktiken der Hedge Fonds, die schon die Immobilienblase erzeugten und zerplatzen ließen. Die Marionetten des Finanzkapitals tun seit Beginn der Finanzkrise nichts gegen diese Praktiken, also warum sollten sie jetzt Griechenland vorm Ruin retten?

Eine besondere Rolle kommt derzeit Deutschland zu; zum einen sind besonders deutsche Banken in den Geschäften rund um die Staatspleite Griechenlands aktiv, zum anderen konnte Kanzlerin Merkel sich zumindest mal auf europäischer Ebene als „eiserne Lady“ aufspielen. Während einige Teile der Kapitalideologen schon über den Rausschmiss Griechenlands aus der Euro Zone fabulierten und andere schon einen europäischen Währungsfonds mit Unterstützungskrediten für Griechenland ins Gespräch brachten, setzte Merkel konsequent die Interessen des deutschen Finanzkapitals um.

Kredite von der EU zu gesonderten Konditionen lehnte sie ab, schließlich könnte so der Reformdruck auf Griechenland sinken, immerhin zeigt derzeit Griechenland, wie die Krise im Sinne der kapitalistischen Ordnung gelöst werden muss. Besonders euro-zentrierte (imperialistische) Wünsche seitens der versammelten Sozialdemokratie nach einem Ausschluss des IWF in der griechischen Staatskrise lehnte sie ebenso ab, schließlich war der IWF schon immer Garant zur Durchsetzung der Interessen des Finanzkapitals. So steht am Ende der Kompromiss, dass EU und IWF zur geeigneten Zeit (also nach den schwersten Angriffen und gezeichneten Staatsanleihen) über Finanzhilfen für Griechenland verhandeln, schließlich haben ja die führenden imperialistischen europäischen Staaten Deutschland, Großbritannien und Frankreich auch genügend Einlagen und Stimmrechte innerhalb des IWF.

So wird Griechenland erster Schauplatz der Attacken während der Weltwirtschaftskrise und gleichzeitig erstes Versuchsobjekt der nächsten Spekulation, diesmal auf Staatsschulden. Die griechische Arbeiterklasse und das Kleinbürgertum sind auch ein Versuchsobjekt dabei, die Reaktion der Unterdrückten zu testen.

Perspektive

Die griechischen Lohnabhängigen haben in den letzten Jahrzehnten bewiesen, dass sie kämpfen können. Die jetzt angegriffenen sozialen Errungenschaften sind Produkt ihres Kampfes. Nun müssen sie die Schranken ihrer politischen Führungen überwinden. Von den Gewerkschaften müssen sie fordern, ihre Zusammenarbeit mit der verräterischen PASOK zu beenden und den Kampf auszuweiten. Dafür werden keine eintägigen Generalsstreiks reichen, ebensowenig die Strategien der links-reformistischen Parteien, der post-kommunistischen (KKE) oder des Linksbündnisses SYRYZA.

Dafür braucht es den Aufbau einer neuen revolutionären Führung der Arbeiterklasse. Diese muss sich speisen aus dem Widerstand in den Dienststellen, in den Betrieben, an den Unis und der militanten Jugend. Keine isolierten anarchistischen Gewaltakte können der Bewegung helfen, ebenso keine faulen Kompromisse mit der Regierung Papandreou. Nur ein unbefristeter Generalstreik, der zum Aufbau von Streik- und Aktionskomitees führt und diese militant gegen Polizei und Armee verteidigt, kann die Regierung stürzen, kann die fällige Machtfrage stellen, kann die Tore zur Revolution öffnen und damit den ersten koordinierten Angriff des Finanzkapitals auf eine Arbeiterklasse Europas zurückschlagen!

Die Organe eines solches Generalstreiks können und müssen zu Organen für die Schaffung einer Arbeiterregierung werden, einer Regierung, die sich auf räteähnliche Organe und Milizen stützt, das griechische wie imperialistische Großkapital im Land enteignet und eine demokratische Planwirtschaft aufbaut.

Volle Solidarität mit dem griechischen Widerstand!

Vom Widerstand zum Generalstreik!

Vom Generalstreik zur Doppelmacht!

Von der Doppelmacht zur Revolution!

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Nr. 148, April 2010
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