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Gegen die Sparpakete!

Für eine europäische Massenbewegung!

Theo Tiger, Neue Internationale 152, September 2010

Seit dem Euro-Rettungsfonds im Mai in Höhe von 750 Mrd. Euro, nachdem seit 2008 Billionen in Finanzmärkte und Banken gepumpt wurden, wird den ArbeiterInnen, Arbeitslosen, RentnerInnen und der Jugend von den Regierungen nun die Rechnung präsentiert - sie sollen für die Krise des Kapitals zahlen!

Das Spardiktat gegenüber Griechenland ist dabei die Messlatte für die Bourgeoisie, nach ähnlichem Muster wird nun auch in Portugal und Spanien gespart. Doch auch die imperialistischen Zentralmächte Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben nachgelegt und „Reformen“ bei der Rente oder im Gesundheitssystem auf den Weg gebracht.

In Griechenland, Portugal und Spanien werden nun jene Angriffe umgesetzt, die hierzulande schon länger als „Agenda 2010“ bekannt sind: Steuererhöhungen für die Massen, Verlängerung der Lebensarbeitszeit, Kürzung von Sozialausgaben und Privatisierung öffentlicher Unternehmen und Leistungen. Diese Angriffe waren bereits im „Lissabon-Vertrag“, der strategischen Grundorientierung der EU, angelegt. Wurden sie bisher eher zögerlich und uneinheitlich umgesetzt - was auch am Widerstand der Arbeiterbewegung lag -, so sollen sie jetzt unter dem Druck der Weltwirtschaftskrise umso drastischer durchgesetzt werden.

Weltwirtschaftskrise

Die Fürsprecher des Kapitals sehen im derzeitigen leichten Aufschwung schon das Ende der Krise. Doch was ist real passiert? Nach dem stärksten Einbruch der Wirtschaft seit Ende 1945 in den Jahren 2008/09 gibt es jetzt wieder mehr Aufträge und ein Wirtschaftswachstum von 2% in Deutschland. Nur, dieses Wirtschaftswachstum ist genauso mit Schulden, mit fiktivem Kapital für die Finanzmärkte finanziert worden wie schon das Wirtschaftswachstum zuvor. Diese Staatsschulden sind die nächste „Blase“, die platzt und ganze Volkswirtschaften wie in Griechenland in den Ruin stürzen kann.

Die einzig reale Lösung der Krise im Sinne des Kapitals wäre die Vernichtung überschüssigen Kapitals, d.h. Schließungen und Massenentlassungen. Doch die riesigen Rettungspakete haben gerade diesen Effekt verhindert. D.h. erstens, dass die Ursachen der Krise weiter bestehen und zweitens, dass es massiver Angriffe auf die Arbeiterklasse und ihre Errungenschaften bedarf, um die „Unkosten“ der Krise wieder herein zu holen.

In Deutschland wird das Sparpaket auf gut 80 Milliarden beziffert, während viele Posten, v.a. auf der Einnahmeseite, noch unklar sind, ist klar bei wem gespart wird: bei den Arbeitslosen. Ihr Recht auf einen Rentenzuschuß wurde gestrichen, ebenso ihr Recht auf eine Heizkostenzulage und auch das „Elterngeld“ fällt für arbeitslose Paare nun komplett weg.

Zuerst wird bei den Armen gespart - doch dieser Angriff trifft die gesamte Klasse und muss daher auf den Widerstand der ganzen Klasse treffen!

In Griechenland, Portugal und Spanien gab und gibt es Generalstreiks, am 29.9. gibt es einen europäischen Aktionstag der Gewerkschaften gegen die Krise. Dieser Aktionstag muss zum Startsignal für einen koordinierten europäischen Widerstand werden! Bleibt es bei einem „Schaulaufen“ in Brüssel, wie es die reformistischen Gewerkschaften planen, dann werden Kapital und Staat ihre Krise auf unsere Kosten lösen.

Ab Ende Oktober haben ver.di und die IG Metall in Deutschland zu Aktionswochen aufgerufen. Die IGM plant am 13.11. Großdemonstrationen gegen das Sparpaket in mindestens fünf deutschen Städten. Wir unterstützen diese Demonstrationen als Zeichen gegen die Sparpakete und Schwarz/Gelb; wir sind aber nicht der Meinung, dass die Vorschläge der IGM-Spitze ausreichend sind oder dass Demonstrationen allein ausreichen.

Aktionswochen im Herbst

Die IGM-Forderung nach einem europäischen Konjunkturpaket für die Industrie oder nach einer „stärkeren europäischen Wirtschaftsordnung“ sind Forderungen, die auch die Bourgeoisie aufstellen kann. Wenn dazu noch „sichere Arbeitsplätze“ gefordert werden, ohne zu erklären, warum denn die bisherigen „plötzlich“ unsicher geworden sind - dann fordert die Gewerkschaftsführung nicht zum Kämpfen, sondern zum Betteln auf!

Schließlich waren es IGM-Vorsitzender Huber und ver.di-Chef Bsirske, die der Regierung und der Bourgeoisie noch im letzten Jahr Tarifverhandlungen ohne Lohnforderungen offerierten, sich mit Vorschlägen zur Erhaltung des Standorts Deutschland auf Kosten der Beschäftigten hervortaten und  die Entwicklung von Widerstand auf den Straßen und v.a. in den Unternehmen blockierten. In den Betrieben verkauften sie die Belegschaften für „sozialverträgliche Lösungen“, d.h. Kurzarbeit mit anschließenden Kündigungen.

Die jahrelange Ausweitung des Billiglohnsektors und die Zustimmung der IGM-Spitze zur massiven Kurzarbeit auf Kosten der Gesamtarbeiterklasse dienten nur dem deutschen Kapital, während sie Tarife, Lohn- und Arbeitsbedingungen untergruben und die Klasse spalteten. Diese Politik wurde auch von SPD und Linkspartei grundsätzlich mitgetragen.

Trotz dieser Politik der Gewerkschaftsbürokratie gelang es den Anti-Krisen Bündnissen, am 12.6. in Stuttgart und Berlin zwei Großdemonstrationen gegen die Krise zu organisieren, die auch von einigen Landesbezirken von ver.di unterstützt wurden. Insgesamt waren 40. 000 auf der Straße.

Doch bei einzelnen Aktionstagen oder -wochen darf der Widerstand nicht stehen bleiben! Schon zu oft wurde ein „heißer Herbst“ angekündigt, der dann aber immer recht kühl wurde. Wir brauchen eine europäische Koordinierung der Anti-Krisen-Proteste von Gewerkschaften, Parteien, Bündnissen und AktivistInnen. Dort müssen wir die nationale Beschränktheit der derzeitigen Proteste überwinden, d.h. die Standortpolitik vieler reformistischer Führungen in Parteien und Gewerkschaften überwinden.

Der Widerstand, vor allem in Südeuropa, ist derzeit noch isoliert. Wenn sich dieser Widerstand nicht ausbreitet, werden die verschiedenen Arbeiterlassen einzeln vom Kapital geschlagen. Wie Griechenland zeigt, reicht auch eine Serie von eintägigen Generalstreiks nicht aus. Notwendig sind unbegrenzte Generalstreiks mit klaren Forderungen, die mindestens so lange geführt werden, bis ihre Ziele erreicht sind. Deswegen müssen wir überall in Europa zu politischen Massenstreiks kommen!

Für politischen Massenstreik!

Aber: Ist eine solche Perspektive für Deutschland, wo sich Widerstand bisher nur punktuell entwickelt hat, wirklich realistisch?

Sicher hängt die Entwicklung stark von objektiven Faktoren ab, z.B. davon, wann der nächste Kriseneinbruch erfolgt, der dann sicher nicht wieder mit Kurzarbeit abgefedert werden kann. Doch die Entwicklung auch davon ab, ob es gelingt, einzelne Kämpfe (tarifliche u.a. betriebliche Kämpfe), Bewegungen (Anti-Atom-Bewegung, Montagsdemos) und Mobilisierungsstrukturen (Anti-Krisen-Komitees, oppositionelle Listen in Betrieben) zu verbinden und daraus eine starke Anti-Krisen-Bewegung zu formieren. Das kann mit Betriebsversammlungen und Bündnistreffen beginnen und muss zu einer bundesweiten Aktions-Konferenz führen, die einen Mobilisierungsplan erarbeitet und die Arbeiterorganisationen - d.h. deren Basis und deren Führungen - dazu auffordert, sich aktiv einzubringen.

Letzten Endes müssen all diese Aktivitäten in politische Massenstreiks münden, weil nur sie genügend ökonomischen und politischen Druck erzeugen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist der Aufbau einer klassenkämpferischen Basisbewegung notwendig, die auch gegen die Verzögerungs- und Ausverkaufspolitik der Huber, Bsirske, der SPD und auch der Spitzen der Linkspartei kämpft!

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Unsere Forderungen im Kampf gegen die Krise

Weg mit dem Kürzungspaket der Bundesregierung! Nein zu Kopfpauschale, Rente mit 67 und allen anderen Angriffen auf Sozialleistungen!

Kampf gegen alle Entlassungen! Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich!

Weg mit den Hartz-Gesetzen! Mindestlohn von 11 Euro/Std. netto und steuerfrei, Arbeitslosengeld/Mindesteinkommen für RentnerInnen, Studierende, SchülerInnen ab 16 von 1.600 Euro/monatlich!

Die Kapitalisten müssen zahlen! Entschädigungslose Eineignung der großen Konzerne und Banken unter Arbeiterkontrolle!

Abzug der Bundeswehr und aller NATO- und EU-Truppen aus Afghanistan u.a. Ländern!

Freier und kostenloser Zugang zu allen Bildungseinrichtungen - von der Kita bis zur Hochschule! Keine Privatisierung! Ausreichende Finanzierung der Einrichtungen durch den Staat! Kontrolle der Einrichtungen durch Komitees von Jugendlichen, Lehrenden/Erziehenden, Eltern und Gewerkschaften!

Nein zur rassistischen Hetze gegen Muslime und MigrantInnen! Keine Abschiebung von Flüchtlingen! Offene Grenzen und volle Staatsbürgerrechte für alle, die hier leben! Stoppen wir gemeinsam Aufmärsche der Nazis und Rassisten!

Solidarität mit dem Widerstand gegen imperialistischen Krieg und Besatzung! Gemeinsamer internationaler Kampf gegen die Abwälzung der Krisenkosten auf die Lohnabhängigen!

Aufbau von Anti-Krisenbündnissen und Aktionskomitees! Bundesweite Vernetzung! Streiks und Besetzungen gegen die Krise! Politischer Massenstreik gegen das Sparpaket!

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Nr. 152, Sept. 2010
*  Atomkonflikt: Schwarz/gelber Störfall
*  Heile Welt
*  Massenaktionen gegen S 21: Gegen "die da oben"!
*  Freiheit statt Angst Demo: Überwachungsstaat bekämpfen!
*  Perspektive: Der Flügel fällt - der Kampf geht weiter
*  Arbeitermacht-Sommerschulung: Marxismus praktisch
*  Rassismus: Sarrazin und seine Kritiker
*  20 Jahre Währungsunion: Eine Volkswirtschaft verschwindet
*  NPA und Frankreich: Vor einem heißen Herbst
*  Belgien: Rechtsruck in die Staatskrise
*  Frauen in Afghanistan: Elend statt Freiheit
*  Pakistan: Ohnmacht durch Zorn
*  Pakistan-Solidarität: Hilfe für das Jugendcamp!
*  Gegen die Sparpakete! Für eine europäische Massenbewegung!