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Schorndorf

Werktor erfolgreich blockiert

Lorenz Seifers, Neue Internationale 147, März 2010

Seit dem 16. Februar verhindern die Mitarbeiter der "Kelch und Links GmbH" in Schorndorf erfolgreich den Abtransport der Maschinen. Nachdem die Belegschaft Mitte Februar in Kurzarbeit geschickt worden war, bemerkte eine in der Nähe wohnende Betriebsrätin auf dem Werksgelände einen Sattelzug und betriebsfremde Arbeiter, die sich an den Maschinen zu schaffen machten. Zusammen mit den herbeigerufenen BetriebsratskollegInnen beobachteten sie, wie die Maschinen aufgeladen wurden. Daraufhin begannen sie mit der Blockade des Werktors. Die herbeigerufene Polizei versuchte zu vermitteln und forderte die Geschäftsleitung auf, die vom Betriebsrat geforderten Informationen zu geben.

Am folgenden Tag spitzte sich die Lage erneut zu. Nach den ersten Verhandlungen mit der Geschäftsleitung war bekannt geworden, dass der Betrieb durch den chinesischen Mutterkonzern abgetrennt worden war. Als die Beschäftigten den Geschäftsführer daraufhin zur Rede stellen wollten, flüchtete er in sein Büro und verließ später zusammen mit dem Prokuristen unter Polizeischutz das Werkgelände. "Sie haben sich davongestohlen wie die Taschendiebe", kommentierte der Betriebsratsvorsitzende das Geschehen.

Der Versuch, die geleasten Maschinen vor der, inzwischen erfolgten, Insolvenzanmeldung beiseite zu schaffen, war nur der Höhepunkt einer Reihe von Aktionen der Geschäftsleitung, um die Belegschaft hinters Licht zu führen.

Schon im Dezember waren die ArbeiterInnen von der Mitteilung überrascht worden, dass das Unternehmen in zwei Betriebe aufgeteilt werden solle. Obwohl die Maßnahme offensichtlich lange geplant war, wurde der Betriebsrat nicht informiert. Trotz des massiven und absichtlichen Verstoßes gegen die Informationspflicht musste das Management keine Sanktionen fürchten; die Klage vor dem Arbeitsgericht scheiterte.

Der Grund für die Aufspaltung ist offensichtlich. Als Ausgleich für Stellenstreichungen und die Verlagerung eines Produktionszweigs nach China vereinbarte die IG Metall 2007 einen Haustarifvertrag, in dem u.a. eine Standortsicherung und der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 2015 festgeschrieben wurden. Als dann seit Ende 2008 die Umsätze des Schorndorfer Betriebs zurückgingen, war der Geschäftsleitung die Tarifbindung mehr und mehr ein Dorn im Auge. Der Betriebsübergang Ende Dezember war da eine willkommene Gelegenheit, sich aus dem unliebsamen Vertrag zu verabschieden.

Das Beispiel zeigt deutlich, dass die Verzichtspolitik der IG Metall den Beschäftigten keine Zukunftsperspektive bieten kann. An Absprachen und Tarifverträge halten sich die Arbeitgeber nur so lange sie ihnen  nützlich sind; werden rote Zahlen geschrieben, sind die Vereinbarungen das Papier nicht mehr Wert, auf dem sie gedruckt sind.

Es ist zu erwarten, dass der Insolvenz des Schorndorfer Traditionsunternehmens, in dem Spannvorrichtungen und Aufnahmen für Maschinenwerkzeuge produziert werden, noch viele weitere kleine und  mittlere Betriebe folgen werden. Um die zahlreichen Werkschließungen zu verhindern, ist es notwendig, dass die IG Metall ihre passive Haltung aufgibt und für deren entschädigungslose Verstaatlichung unter Kontrolle der Beschäftigten kämpft.

"Das hätte ich den Kollegen nie zugetraut", äußerte der Betriebsratsvorsitzende gegenüber anderen MetallerInnen aus der Region Stuttgart. Wir brauchen eine Gewerkschaft, die mit ihrer Politik ebensoviel Entschlossenheit und Kampfgeist beweist, wie es die Kelch-MitarbeiterInnen gezeigt haben.

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Nr. 147, März 2010
*  Widerstand gegen die Krise: Solidarität mit den griechischen ArbeiterInnen!
*  Europa: Griechenland, der Euro und die Spekulationswelle
*  Anti-Krisenbewegung: Auf die Straße gegen Westerwelle und Friends!
*  IG Metall: Ausverkauf auf neuer Stufe
*  Schorndorf: Werktor erfolgreich blockiert
*  Tarifrunde im Öffentlichen Dienst: Drohende Verschlichterung
*  Heile Welt
*  Institut Solidarische Moderne: Regieren neu denken
*  Linkspartei: Die AKL kapituliert
*  Mexiko: Über 30 Monate Streik
*  Türkei: Solidarität mit den TEKEL-ArbeiterInnen
*  90 Jahre Kapp-Putsch: Die Politik der KPD
*  Frauen und Krise: Gleiches Recht und Billiglohn?
*  8. März: Für eine proletarische Frauenbewegung