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Naher und Mittlerer Osten

Gegen imperialistischen Krieg und Besatzung!

Martin Mittner, Neue Internationale 127, März 2008

Der Nahe und Mittlere Osten steht seit Jahren im Brennpunkt des Kampfes um die Neuordnung der Welt wie des „Kriegs gegen den Terror.“

Hinter der Fassade rassistischer und demokratischer Begründungen der Imperialisten geht es v.a. darum, den Zugriff auf die Rohstoffreserven der Welt zu sichern. Ebenso wichtig ist die geostrategische Dimension - ein offen oder verdeckt geführter Kampf um die Neuaufteilung der Welt unter den imperialistischen Mächten USA, EU, Japans sowie Russland und China.

Hier prallen Einflusssphären der Weltmächte (oder solcher, die es werden wollen) aufeinander. Hier kreuzen sich zentrale Transportwege der Weltökonomie wie Aufmarschgebiete zur Kontrolle Asiens und Afrikas. Hinzu kommen halbkoloniale Regionalmächte, die ihre eigenen Interessen im Rahmen einer umkämpften imperialistischen Ordnung wahren wollen - vom US-amerikanischen zionistischen Vorposten Israel, über imperiale Vasallen wie Türkei oder Pakistan bis zu „Schurkenstaaten“ wie dem Iran.

Offensive im Stocken ...

Die Kriege gegen Afghanistan und den Irak führten zur Besetzung beider Länder. Dabei stießen die US-geführten imperialistischen Koalitionen auf energischen Widerstand, der die USA und ihre Verbündenten im Irak an den Rand der politischen Niederlage brachten, und die Vormachtstellung der USA in der Welt schwächte. In Afghanistan zeichnet sich die nächste Schlappe ab.

Derweil droht dem Imperialismus mit dem Regime Musharraf ein zentraler Verbündeter im Mittleren Osten wegzubrechen. Das pakistanische Volk ist nicht nur der selbstherrlichen neoliberalen Diktatur überdrüssig, es ist müde vom Krieg für die Interessen der USA, von der Terrorisierung der eigenen Bevölkerung im Namen des „Krieges gegen den Terror“. Die prekäre Lage wird obendrein durch eine Wirtschafts- und Versorgungskrise weiter zugespitzt.

Zugleich überziehen die Imperialisten den Iran mit neuen Drohungen, obwohl selbst US-Geheimdienstmaterial die „Nukleardrohung“ und die Massenvernichtungspotentiale des Iran als Fiktion auffliegen ließ. Das hinderte die USA und die EU-Mächte freilich nicht, die Sanktionsdrohungen gegen Teheran zu verschärfen, schließlich ist das Zurückdrängen des russischen und chinesischen Einflusses ein zentrales Ziel des Westens.

Politisch ist der „Anti-Terror-Krieg“ ins Stocken geraten. Die US-Präsidentschaftswahlen verdeutlichen, dass die USA ihre Nahoststrategie und Kriegführung neu „überdenken“ müssen - freilich ohne ein Jota von ihren strategischen Zielen abzurücken. Daher bieten die potentiellen Bush-Nachfolger Clinton, Obama und McCain verschiedene Varianten an, den US-Imperialismus aus der von Bush angerichteten außenpolitischen Bredouille zu retten.

„Change“, der Wechsel, ist angesagt. Ändern wird sich für die Massen im Nahen und Mittleren Osten dabei jedoch nichts.

Afghanistan wird weiter zentraler Punkt imperialistischer Besatzung und Kriegführung sein. Auch die Besetzung des Irak wird weitergehen. Auch Obama - von Clinton und McCain - ganz zu schweigen, wird die Besatzung des Landes im Interesse des US-Imperialismus weiterführen müssen. Schließlich verliert er sonst nicht nur einen Krieg, sondern auch die Legitimation für weitere US-Kriege gegen den „Terror“.

Über dem Iran wird weiter die Drohung massiver Luftangriffe liegen, sei es durch die USA oder deren Lakaien Israel.

... und blutige Verschärfung

Aktuell sind es wichtige Verbündete des US-amerikanischen und europäischen Imperialismus, insbesondere die BRD, die den Kampf gegen jedes widerständische Element in ihrem Bereich voran treiben.

Die Türkei hat seit Monaten den Krieg gegen das kurdische Volk und die PKK verschärft. Sie führt eine Bodenoffensive und Bombardements im Nordirak durch mit politischer und logistischer Unterstützung durch die USA, die EU und Israel, aber auch unter Duldung der kurdischen Regionalregierung im Nordirak, die sich bei der Invasion in ihrem Land von Imperialisten Gnaden „neutral“ verhält und die Peschmerga nicht zugunsten der kurdischen Guerilla eingreifen lässt.

Seit sich die PalästinenserInnen mit der Wahl der Hamas-Regierung „falsch“ entschieden haben, werden sie von zionistischen und imperialistischen Provokationen terrorisiert. In der West Bank wird Abbas gegen Hamas, aber auch gegen alle linken und nationalistischen Befreiungskräfte, die nicht kapitulieren wollen, weiter gestützt.

Gaza ist seit Monaten barbarisch abgeriegelt. Nicht nur die Hamas und die von ihr gestellte Regierung in Gaza wird als „Terrororganisation“ von den zionistischen Staatsterroristen gebrandmarkt; die gesamte palästinensische Bevölkerung im Gaza wird ausgehungert, soll mit allen Mitteln zur Kapitulation unter das Diktats Israels und der imperialistischen „Vermittler“ gezwungen werden.

Wie die Türkei im Nordirak durch die Regionalregierung, so findet Israel in Abbas einen Verbündeten im Kampf gegen das palästinensische Volk. Abbas ist so verkommen, dass er bis Ende Februar nicht einmal die „Friedensgespräche“ mit Olmert abbricht, wenn sein Volk in Gaza ausgehungert wird.

Auch im Irak und Afghanistan soll der Kampf verschärft werden, der „Frieden“ endlich herbei gebombt werden. Daher die Ausweitung des Afghanistan-Mandats der Bundeswehr. Daher die geplante Erhöhung des deutschen Kontingents auf 4.500 oder gar 6.000. Auf der nächsten NATO-Tagung in Bukarest steht zudem die Frage der Ausweiterung der Kampfaufträge der Bundeswehr.

Was steckt dahinter?

Naive Gemüter hoffen, dass die US-Wahlen im November eine Abmilderung der imperialistischen Offensive und eine „vernünftigere“, mehr auf Verhandlung und Inkorporation setzende, Vorgangsweise als Strategie der Imperialisten im Nahen Osten bringen werden.

Andere nicht ganz so leichtfertige Menschen hoffen, dass die schieren Kosten des „permanenten Krieges gegen den Terror“ zu einer Änderung der Strategie der Imperialisten führen wird, frei nach dem Motto, dass „Hilfe beim Aufbau der Zivilgesellschaft“ - also von Mittelschichten, die im Land als pro-imperialistisches, demokratisches Bindeglied, als Vermittler imperialistischer Herrschaftsordnung dienen - doch profitabler wären.

Auch wenn dieses Kalkül darauf spekuliert, die herrschende Klasse beim Kostenargument packen zu können, greift es doch zu kurz, weil es die Ursachen des permanenten Krieges verschärft.

Hinter dieser Verschärfung der imperialistischen Offensive im Nahen und Mittleren Osten steckt schließlich ein reales Problem der Kapitalakkumulation in den imperialistischen Kernländern, eine tief sitzende Krise struktureller Überakkumulation, welche die Entwicklung der Produktivkräfte hemmt, der gesamten ökonomischen Entwicklung einen stagnativen Grundton gibt.

Daher muss Profit durch immer schärfere Ausbeutung und im Rahmen einer immer schärfen Konkurrenz um Extraprofite erzielt werden. Daher auch der Kampf um eine Neuaufteilung der Welt zwischen den großen Kapitalen und Mächten. Die Formierung der EU ist ein Aspekt davon, ebenso die schärferen Konflikte mit Russland und China.

All das zwingt die Imperialisten, ihren Zugriff auf die „Dritte Welt“ und den Nahen und Mittleren Osten zu festigen.

Selbst wenn Niederlagen drohen, führt das daher in der Regel nicht zu einem Rückgriff auf „demokratische“ Mittel der Beherrschung, sondern immer öfter zur weiteren Barbarisierung der Unterdrückung und Repression - eine Widerspiegelung der allgemeinen inneren Tendenz des kapitalistischen Weltsystems zur Barbarei.

Widerstand - legitim und notwendig

Es ist der Widerstand im Nahen Osten, der dem Vormarsch verschiedener Imperialisten und ihrer halbkolonialen Verbündeten Grenzen setzt:

der bewaffnete Widerstand im Irak, in Afghanistan, im Libanon, in Palästina, in Kurdistan;

Massenbewegungen gewerkschaftlicher und politischer Art, die sich gegen die Besatzung oder ihre Lakaien wenden, z.B. in Form politischer Massenbewegungen bis hin zu spontanen Aufstandsbewegungen wie in Pakistan nach der Ermordung Bhuttos.

Auch wenn diese Bewegungen und Organisationen des Widerstandes oft unter Führungen stehen, die selbst reaktionären, bürgerlichen oder kleinbürgerlichen Charakter haben, so ändert das nichts am berechtigten und unterstützenswerten Charakter dieses Widerstandes.

Als revolutionäre KommunistInnen treten wir für die Niederlage imperialistischer Besatzer und ihrer halbkolonialen Verbündeten oder Marionettenregierungen ein.

Das fortschrittliche und revolutionäre Potential solcher Kämpfe kann nur dann wirklich genutzt und weiter getrieben werden, wenn RevolutionärInnen gemeinsame Aktionen mit anderen Kräften des Widerstands damit verbinden, kleinbürgerliche und bürgerliche Kräfte, deren Strategie und Taktik offen zu kritisieren und eigene Organisationen, v.a.  revolutionäre Arbeiterparteien aufzubauen.

Nur so ist es möglich, nationale Befreiungskämpfe, Kämpfe gegen kapitalistische Ausbeutung und imperialistische Plünderung, für demokratische Rechte der ArbeiterInnen, Bauern, der Frauen, der unterdrückten Nationen usw. mit dem Kampf für die sozialistische Revolution, für eine Arbeiter- und Bauernregierung und für eine soziale Föderation des Nahen und Mittleren Osten zu verbinden.

In den imperialistischen, Krieg führenden Ländern wie Deutschland heißt Solidarität mit dem Widerstand, für die Niederlage des „eigenen“ Landes, der imperialistischen Besatzer einzutreten! Es geht darum, die Fortführung des Krieges und der Besatzung unmöglich zu machen und so den Rückzug der eigenen Truppen zu erzwingen.

Antiimperialistische Solidarität

Das beginnt mit der Aufklärung über die Kriegsziele, mit der Entlarvung nicht nur ihrer rassistischen und chauvinistischen, sondern auch ihrer demokratischen und „humanitären“ Begründungen für die Kriege; mit der Entlarvung ihrer Komplizenschaft mit der Unterdrückung und Ausbeutung, auch wenn sie direkt nicht beteiligt sind - wie z.B. die Unterstützung der Besatzungspolitik der USA im Irak, der türkischen Invasion im Nordirak oder der israelischen Aggression gegen Palästina.

Imperialistische Aggression findet schließlich nicht nur in den direkt umkämpften Gebieten statt. Sie findet ihre Ergänzung in der Repression in den imperialistischen Ländern selbst: in „Antiterrorparagrafen“, „Terrorlisten“, Verboten von Widerstandsbewegungen, Parteien, Symbolen, Einschränkungen des Demonstrationsrechtes, Abschiebungen oder in der „alltäglichen“ rassistischen Hetze, z.B. im Anti-Islamismus, der nicht nur der Verfolgung, sondern auch der Legitimation imperialistischer Politik dient.

Aufklärung über den Charakter von Krieg und Besatzung, sprich der politischen Ziele imperialistischer Mächte wie der BRD bedeutet auch, darüber aufzuklären, dass diese immer nur eine Ausformung imperialistischer Politik zur Sicherung der Klasseninteressen des (deutschen) Kapitals sind.

In der Anti-Kriegsbewegung, in der „Friedensbewegung“ muss ein antiimperialistischer, klassenkämpferischer Pol aufgebaut werden, der der Vorherrschaft von reformistischen und pazifistischen Kräften in diesen Bewegungen eine eigene, organisierte Kraft entgegensetzt. Dabei muss auch die Einheit in der Aktion mit diesen Kräften gesucht wird - ohne Zugeständnisse an die reformistischen und pazifistischen Illusionen der „Friedensbewegung“ zu machen.

Denn letztlich kann imperialistische Politik nur wirksam bekämpft werden, wenn der Kampf gegen die herrschende Klasse mit Mitteln des proletarischen Klassenkampfes, der Mobilisierung der Arbeiterklasse geführt wird: mit Massendemonstrationen, politischen Streiks, Blockaden, der Weigerung zur Produktion oder zum Transport von Kriegsmaterial.

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Nr. 127, März 2008
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*  Streiks im Einzelhandel
*  8. März: Frauenbefreiung und Revolution
*  EU-Reformvertrag: Imperiale Verfassung durch die Hintertür
*  Die Linke: ... und ihre Wasserträger
*  Weltwirtschaft: Bankendämmerung
*  Kosovo/Kosova: Nein zum EU-Protektorat!
*  Faschismus: Ausweg in die Hölle
*  Heile Welt
*  Naher und Mittlerer Osten: Gegen imperialistischen Krieg und Besatzung!