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Arbeiterbewegung in den USA

Doppelter Krieg

Stanislaus Kattelbach, Neue Internationale 78, März 2003

Seit Beginn der Konjunkturkrise im März 2001 sind über 2 Mio. Jobs in den USA verloren gegangen. Das bedeutet einen Rückgang um 1,5 %. Die offizielle Statistik weist im Dezember 2002 eine Erwerbslosigkeit von 6 % aus.

In der Computerproduktion, bei Möbel und Stahl wurde inzwischen jede/r neunte entlassen. Bei den Fluglinien und Textilfirmen ging jeder zehnte Arbeitsplatz verloren. Viele Unternehmen besitzen mehr Fabriken und Geschäfte als sie profitabel nutzen können. Aufgrund steigender Defizite in den Etats hat nun der öffentliche Dienst ebenfalls mit Entlassungen begonnen.

Die steigenden Ölpreise anlässlich des drohenden Irak-Krieges verschärfen zumindest kurzfristig die Probleme der US-Wirtschaft, ihre Profitrate zu halten. Präsident Bush verkündete als vorrangiges Ziel die "Stützung" des Arbeitsmarktes. In anderen Worten: eine Steuersenkung von 670 Mrd. $ für die nächsten 10 Jahre - der kapitalistische Staat offen als Garant der Profitsicherung für die Bourgeoisie. 2002 ein Wirtschaftswachstum von 2,8 % ausgerufen. In früheren Zeiten bedeutete das einen Arbeitskräftebedarf von Zehntausenden im Monat.

Mittelstand gefährdet?!

Heute sind die Kapitalisten gezwungen, aufgrund der enorm verschärften Konkurrenz neue Technologie und neue "Management-Strategien" einzusetzen, um mit einer geringeren Belegschaft mehr Waren zu produzieren.

BASF, das größte Chemie-Monopol der Welt, investierte in den letzten 5 Jahren in den USA 4 Mrd. $ in neue Produktionsstätten und Maschinen. Der Leiter der nordamerikanischen BASF, Klaus Peter Löbbe, bemerkte kürzlich: "Jetzt ist die Zeit gekommen, die Anlagen zum Schwitzen zu bringen." In Wirklichkeit schwitzen die ArbeiterInnen, während Millionen verzweifelt Arbeit suchen.

Ende der 1990er Jahre betrug die durchschnittliche jährliche Lohnsteigerung noch etwa 4 %. Inzwischen ist sie auf unter 1 % gefallen und gleicht die Inflationsrate 2002 von 2,2 % nicht mehr aus. Gleichzeitig versuchen immer mehr Unternehmen die Zahlungen für die Gesundheitsversorgung der Beschäftigten zu streichen.

Der Dachverband der amerikanischen Gewerkschaften AFL-CIO spricht von einer Krise der produzierenden Industrie. Diese Tatsache hat die Spitze der Gewerkschaftsbürokratie deshalb aufgeschreckt, weil sie ihre eigene soziale Stütze - die Arbeiteraristokratie - gefährdet sieht. In der Tat werden immer mehr qualifizierte, überdurchschnittlich bezahlte Berufe in der Industrie überflüssig. Die Gewerkschaftsbürokraten im Schlepptau der Demokratischen Partei nennen das "Gefährdung der Mittelklassen". Um dem Schwund ihrer sozialen Basis entgegenzuwirken und Unruhe dort zu kanalisieren, wurde der Industrial Union Council (IUC) gegründet, der aus allen Gewerkschaften in diesen Bereichen zusammengesetzt ist.

Der IUC versucht auf nationaler Ebene, in die Politik einzugreifen, um "gute Jobs, gesunde Gemeinden und eine Stimme für arbeitende Familien zu schaffen und zu erhalten". In Wirklichkeit versteht die Führung darunter eine Politik, die darauf abzielt, durch protektionistische Maßnahmen US-Kapital vor ausländischer Konkurrenz zu "schützen" und im isolationistischen Sinn den Kapitalexport einzudämmen. Im Bürokratenjargon heißt das "Entwicklung der Handelspolitik und Beendigung der Anreize für Unternehmen, amerikanischen Boden zu verlassen".

Die Hilflosigkeit des AFL-CIO angesichts einer rasch sinkenden Durchschnittsprofitrate des US-Kapitals springt direkt ins Auge. Der innere Widerspruch der Verwertungsbedingungen des Kapitals zwingt die amerikanische Bourgeoisie, genau den entgegengesetzten Weg einzuschlagen. Abbau der "teuren" Arbeitsplätze der Arbeiteraristokratie und verstärkter Kapitalexport in sog. Billiglohnländer, Sicherung von billigen Rohstoffen und Märkten auf dem gesamten Globus. Dies sind die Maßnahmen, durch welche die Akkumulation von Kapital neu belebt werden soll.

Die Vorreiterrolle des AFL-CIO für ihre "Vision der Zukunft" wird im Blutbad der politischen Neuordnung des Mittleren Ostens mit "militärischen Ehren" zu Grabe getragen.

Die heimliche Angst der Gewerkschaftsbürokratie vor dem Irak-Krieg paart sich wunderbar mit ihrer Sehnsucht nach den 1930er Jahren. In den USA ist die Zeit reif für eine radikale politische Neuorientierung der gesamten Gewerkschaftsbewegung.

Verstärkter Widerstand

Der Klassenkrieg zwischen US-Bourgeoisie und amerikanischer Arbeiterklasse muss sich über zwei politische Linien entzünden und verstärken: Kompromisslose Verteidigung aller Arbeitsplätze und aller (noch) bestehenden sozialen Sicherungssysteme und entschlossener Kampf gegen den Kriegskurs und die Militarisierung der Gesellschaft.

Seit langem ist der Zusammenhang zwischen beiden politischen Kernfragen nicht mehr so offensichtlich wie heute.

Bush führt Krieg nach innen und nach außen.

Die Kosten beider Kriege muss die gesamte Arbeiterklasse bezahlen, diesmal auch die Arbeiteraristokratie! Das ist die Stunde, die amerikanischen Gewerkschaften aus dem politischen Würgegriff der Demokratischen Partei zu befreien.

Nach einer Menge gewerkschaftsinterner Resolutionen gegen einen Irak-Krieg bereiten die aktivsten Teile der amerikanischen Arbeiterklasse weitere Schritte zum Kampf gegen die Pläne ihrer herrschenden Klasse vor. Am 11.01.2003 war Chicago Ort der Handlung: Rund 100 AktivistInnen versammelten sich im Local 705 der Transportarbeitergewerkschaft Teamster und gründeten die Plattform USLAW (US-ArbeiterInnen gegen Krieg).

In dieser Plattform wird hervorgehoben, dass die amerikanischen ArbeiterInnen keine Feindseligkeit gegenüber den irakischen ArbeiterInnen empfinden, die enormen Summen, die Bush für den Krieg benötigt, auf Kosten der Sozial- und Bildungsausgaben gehen und die Angriffe auf Arbeiterrechte verschärft wurden.

Der nächste Schritt kann nur bedeuten: Vorbereitung politischer Streiks gegen den Kriegskurs und die "Homeland Security"!

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Nr. 78, März 2003

*  Irak-Krieg: Krieg dem Imperialismus!
*  Offener Brief: Für eine bundesweite Aktionskonferenz
*  Antikriegsaktivität: Was tun wir?
*  Antikriegsbewegung: Der nächste Schritt
*  Deutsche Linke und der Krieg: Nur Frieden?
*  Arbeiterbewegung in den USA: Doppelter Krieg
*  Krise und Krieg: Welt am Wendepunkt
*  Massenproteste in Bolivien: Krieg den Palästen
*  Stiftung Warentest: Vorsicht Falle!
*  Heile Welt
*  Internationaler Frauentag am 8. März: No Sweatshops!
*  Arbeiterklasse in Deutschland: Vertreibung aus dem Paradies?