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Gewerkschaftslinke

Tarifrunde 2012 - kräftige Lohnerhöhung angesagt!

Arbeitsausschuss der Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken, 15. Januar 2012, Neue Internationale 166, Februar 2012

1. Im Frühjahr 2012 finden zwei große Tarifrunden statt, deren Ausgang wichtige Auswirkungen auf das Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit haben wird: Die Tarifrunden im Öffentlichen Dienst bei Bund und Gemeinden sowie die Tarifrunde Metall-Elektro.

2. Die Tarifrunden finden vor dem Hintergrund massiver Einbußen bei den realen Einkommen in den letzten 10 Jahren statt. Dabei sanken die Realeinkommen bei niedrigen Einkommen noch stärker als bei höheren. Die Lage wurde außerdem durch eine massive Ausweitung des Niedriglohnsektors, befristeter, prekärer und Leiharbeitsverhältnisse verschärft.

3. Zugleich droht eine neue Verschärfung der globalen Krise des Kapitalismus, eine neue weltweite Rezession ist möglich. Die Schuldenkrise wird sich - insbesondere in der EU - weiter zuspitzen. Im Öffentlichen Dienst soll außerdem die „Schuldenbremse“ umgesetzt werden - „natürlich“ auf Kosten der Beschäftigten. Kurzum, die Tarifrunde 2012 muss vor dem Hintergrund der Systemkrise des Kapitalismus betrachtet werden. Sie darf und soll nicht nur als „normale“ Tarifrunde geführt, sondern muss als Teil eines größeren politischen Kampfes gegen die fortwährende Abwälzung der Krisenkosten auf die Arbeiter und andere nicht-ausbeutende Schichten der Bevölkerung betrachtet werden.

4. Genau das tun jedoch die Führungen von IG Metall und ver.di nicht.

Statt den Zusammenhang von Krise, Kapitalinteressen Abwälzung der Kosten auf die Lohnabhängigen herzustellen, versuchen sie in den Tarifinfos nachzurechnen und zu „belegen“, dass Lohnerhöhungen auch im Interesse der Unternehmer (wegen Steigerung der Kaufkraft und Binnennachfrage) liegen würden.

Krampfhaft versuchen sie einerseits vorzurechnen, dass es gar keine Anzeichen für einen kommenden, neuen Konjunktureinbruch gebe, anderseits wird innerhalb der IG Metall das Szenario des Herbst 08 an die Wand gemalt, wo dieses Wegdiskutieren der aufziehenden Krise die Organisation völlig hilflos ließ, als sie dann da war. Damit soll eine Forderungsdiskussion nach hinten verschoben werden. Tatsächlich wird Verunsicherung verbreitet, eine denkbar schlechte Vorbereitung auf die bevorstehenden Angriffe.

Die Führungen wollen zwar eine „qualitative“ Tarifrunde, wollen die Auswirkungen der Leiharbeit auf die Löhne zwar nicht - einen politischen Kampf zu ihrer Abschaffung führen wollen sie aber auch nicht. So verhandelte die IG Metall im Vorfeld mit den Leiharbeitsunternehmen lediglich über einen Branchenzuschlag für Leiharbeiter in Metallbetrieben.

Über die Forderungen, Verhandlungstaktik oder gar etwaige Aktionen entscheidet letztlich die Bürokratie, die Gewerkschaftsführung, nicht die KollegInnen, die in der Tarifrunde mobilisiert werden sollen.

Weder IG Metall noch ver.di planen, ihren Tarifrunden koordiniert und geballt zu führen.

Die Forderung nach Übernahme der Auszubildenden wird richtigerweise als eine zentrale Forderung gestellt - vollkommen offen ist jedoch, was mit den überbetrieblichen Azubis passieren soll, die gerade im Osten einen immer größeren Teil aller Auszubildenden stellen.

5. Grund genug also, dass wir uns aktiv und möglichst ko-ordiniert über Gewerkschaftsgrenzen hinweg einmischen: „Wir zahlen nicht für Eure nächste Krise und wir wollen das, was ihr uns seit der letzten vorenthalten habt.“ Unsere Forderungen gelten auch - und gerade dann, wenn eine Krise kommt!

Die ersten Tarifinfos von IG Metall und ver.di versprechen, dass es diesmal um reale Verbesserungen gehen soll - was zweifellos auch eine Reaktion auf die berechtigte Unzufriedenheit vieler KollegInnen mit den Abschlüssen der letzten Jahre ist. Im der Metall- und Elektroindustrie wird die Erwartung einer kräftigen Lohnerhöhung sicher auch aufgrund enormer Profite, die gerade die großen Weltmarktproduzenten im letzten Jahre gemacht haben, genährt.

Doch egal, ob „unser“ Unternehmen Rekordgewinne macht oder nicht, ob wir im Öffentlichen Dienst oder in der Privatwirtschaft beschäftigt sind - wir alle haben angesichts von Reallohnverlusten, Preissteigerungen, erhöhten Gebühren, Abgaben und Versicherungskosten eine deutlich spürbare Einkommenserhöhung nötig.

Wir schlagen daher als Forderungen für die Tarifrunden der Tarifrunden im Öffentlichen Dienst bei Bund und Gemeinden sowie die Tarifrunde Metall und Elektro 2012 vor:

Entgelterhöhung von 250-300 Euro für alle! Laufzeit 12 Monate, keine Nullmonate, Einmalzahlungen oder Öffnungsklauseln!

Unbefristete Übernahme aller Auszubildenden in den Ausbildungsbetrieben! Übernahme von überbetrieblichen Auszubildenden durch die Unternehmen der Branche.

Übernahme von LeiharbeiterInnen in unbefristete Beschäftigung an ihrem letzten Einsatzbetrieb - Gleicher Lohn, Arbeitszeit und gleiche Arbeitsbedingung für alle Beschäftigten.

Kündigung der Tarifverträge für Leiharbeiter.

Bei der IG Metall sollen die Regelungen zu betrieblicher Kurzarbeit als „Krisen-Maßnahme“ verlängert werden. Statt Kurzarbeit, die von den Beschäftigten mit Urlaubs- und Weihnachtsgeldkürzungen selbst bezahlt werden, brauchen wir Verteilung der Arbeit auf Alle und entsprechende Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich.

6. Um erfolgreich unserer Forderungen durchzusetzen, brauchen wir eine koordinierte, aktive Tarifbewegung von unten.

Die Forderungen müssen von den Belegschaften offen diskutiert und beschlossen werden.

Um die Verbindung mit den KollegInnen anderer Betriebe, aber auch zwischen Öffentlichem Dienst und Metall- und Elektroindustrie herzustellen, sollen schon im Vorfeld der Tarifrunde gemeinsame Belegschaftsversammlungen, Aktionen, Konferenzen von Vertrauensleuten und aktiven GewerkschafterInnen stattfinden, um untereinander Erfahrungen auszutauschen  und das gemeinsame Vorgehen zu koordinieren. Die LeiharbeiterInnen müssen ebenso wie Beschäftigte in Werksverträgen in Diskussionen und Aktionen miteinbezogen werden.

Wenn wir für unsere Forderungen konsequent kämpfen wollen, müssen wir uns auf massive Gegenwehr der Unternehmer bzw. von Bund und Gemeinden einstellen. Daher ist es notwendig, dass wir uns auf längere massive Streiks vorbereiten und die Bevölkerung über unsere Ziele aufklären.

Das wird umso leichter gelingen, wenn des in den Kontext des Kampfes gegen die Krise gestellt wird und wir dazu den Schulterschluss mit den Anti-Krisenbündnissen und sozialen Bewegungen suchen.

7. Eine Tarifrunde von unten, heißt auch, dass die Basis, die KollegInnen in den Betrieben Forderungen und Kampftaktik demokratisch bestimmen.

Die Mitglieder müssen über die Forderungen entscheiden, nicht der Hauptvorstand wie bei der IG Metall. Nur sie dürfen über etwaige Abschlüsse entscheiden. Die Abschlüsse müssen nachvollziehbar sein, und die Mitglieder brauchen ausreichend Zeit zur Beratung.

Obige Forderungen - ja jede wirklich bedeutende Lohnerhöhung - wird nicht am Verhandlungstisch durchsetzbar sein. Für eine wirkliche Einkommensverbesserung braucht es Massenstreiks. Die Verschleppungstaktik des IGM-Vorstandes schon bei der Forderungsaufstellung ist jetzt schon ein Problem. Einerseits brauchen die Belegschaften Zeit zur Diskussion, andererseits müssen sich die Gewerkschaften rasch auf einen Streik einstellen und diesen in der Öffentlichkeitsarbeit und organisatorisch (Urabstimmung, usw) vorbereiten. Dazu sollen auch alle Tarifgebiete einbezogen werden. Mit den Vorabgesprächen muss Schluss sein!

Tarifkommission und Streikleitungen müssen offen gewählt werden und abwählbar sein. Hauptamtliche dürfen in Tarifkommissionen nur beratende Funktion haben. Die Entscheidungen der Tarifkommissionen müssen auch für die Hauptvorstände verbindlich sein. Die Kampfführung soll in den Händen von gewählten, den Mitgliedern rechenschaftspflichtigen und von ihnen abwählbaren Leitungen liegen.

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Nr. 166, Februar 2012
*  Dresden: Kampf dem Faschismus
*  Antifaschismus: Schafft die Arbeitereinheitsfront
*  Heile Welt
*  Skandal um Bundespräsidenten: Ein Stich ins Wespennest
*  FDP-Krise: Neoliberale Bruchlandung
*  Film: Und dann der Regen
*  Vernetzungstreffen in Frankfurt: Startschuss in alle Richtungen
*  IG Metall/ver.di: Tarifrunde zur Kampfrunde machen
*  Gewerkschaftslinke: Eckpunkte Tarifrunde 2012
*  Italien: Generalangriff auf die Arbeiterklasse
*  Sri Lanka: Schikanen gegen Protestbewegung
*  Ägypten: Wahlen stärken die Konterrevolution
*  NATO-Krieg in Afghanistan: Kein Ende der Besatzung