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Antifaschismus

Schafft die Arbeitereinheitsfront!

Hannes Hohn, Neue Internationale 166, Februar 2012

Der tägliche braune Terror, die über 100 Nazimorde seit 1990 und die jüngst bekannt gewordene faschistische Mordserie der NSU zeigen, wie akut die rechte Gefahr ist. Die Krise mit ihren sozialen Folgen für immer breitere Schichten könnte - v.a. Angesichts des Fehlens einer klassenkämpferischen, revolutionären Alternative - schnell zu einem starken Aufschwung der braunen Szene führen. Vor diesem Hintergrund stellt sich also sehr ernsthaft die Frage, ob die Linke und die (autonome) Antifa in der Lage sind, die braune Gefahr zu bannen?

Da der Antifaschismus sich schon jetzt meist auf Gegendemos und Proteste beschränkt und kaum wirklich präventiv wirksam wird, liegt es eigentlich auf der Hand, dass die aktuelle Antifa-Szene gegen eine wachsende Rechte wenig Chancen hätte. Wer kommt also als antifaschistischer Bündnispartner in Frage?

Die Antwort lässt sich aus den Erfahrungen im Kampf gegen den Faschismus - gerade in Deutschland - ableiten.

Historische Lehren

1933 hätten die Machtergreifung Hitlers durchaus verhindert werden können, wenn die Arbeiterbewegung in Gestalt ihrer Massenorganisationen SPD, KPD und der Gewerkschaften gemeinsam gegen die Nazis vorgegangen wäre. Doch die Angst der Reformisten in SPD und ADGB vor der Mobilisierung der Klasse gemeinsam mit der KPD verhinderte dies - aus Angst vor den möglichen revolutionären Folgen. Doch auch die Politik der inzwischen stalinisierten KPD war für die Herstellung einer antifaschistischen Einheitsfront der Arbeiterklasse untauglich. Mit ihrer Denunzierung der SPD als „sozialfaschistisch“ verharmloste sie nicht nur die Gefahr Hitlers, sondern verprellte die sozialdemokratischen Massen und ermöglichte es deren Führern, die Einheitsfront zu sabotieren. So kam es leider nur in wenigen Orten (und immer durch die Initiative von TrotzkistInnen) zu wirklichen antifaschistischen Einheitsfronten. Ohne Frage wäre eine in der Aktion geeinte Arbeiterklasse stark genug gewesen, die braune Flut zu stoppen.

Antifaschismus heute

Die Lage heute ist natürlich anders. Die Nazi-Szene ist noch relativ schwach und zersplittert, verfügt weder über einen „starken Mann“ noch stehen Teile des großen Kapitals hinter ihr, weil die deutsche Bourgeoisie momentan ihre Position in der Welt stärkt und zudem auf die imperialistische Einigung Europas unter ihrer Führung setzt; der offene Rassismus und Nationalismus der Nazis  passt dazu nicht. Doch: sollte die Krise auch in Deutschland stärker durchschlagen und das Projekt EU scheitern, könnte die extreme Rechte wieder eine Option werden - für die Bourgeoisie und für größere Teile des Kleinbürgertums, der Mittelschichten, aber auch politisch rückständige Teile der Arbeiterklasse.

Die Antifa-Szene rekrutiert sich v.a aus der organisierten Linken und dem autonomen Milieu. Die  Massenorganisationen der Arbeiterklasse - LINKE, SPD und DGB - sind kaum involviert. Die Ursache dafür liegt v.a. in der Politik ihrer reformistischen Führungen, die auf Parlamentarismus setzen und eigenständige Mobilisierungen ihrer Basis (außer für begrenzte, meist ökonomisch-tarifliche Ziele) nicht wollen.

Die Antifa wiederum erleichtert den Gysi, Sommer und Co. die Demobilisierung und Inaktivität der Basis, indem sie keine Forderungen an diese Führungen stellen oder politische Kritik zurückhalten, „weil die LINKE ja den Bus bezahlt hat“. Doch deren falsche Politik, deren antifaschistischer Schulterschluss mit bürgerlichen Parteien und Unternehmer-Verbänden wird kaum kritisiert.

Die Antifa pendelt in ihrer Politik zwischen Geheimnistuerei und der Suche nach breiten Bündnissen, wo man oft genug durchaus auch offen bürgerliche Organisationen (Parteien, Kirchen, Unternehmerverbände) akzeptiert.

Antifaschistische Arbeitereinheitsfront aufbauen!

Diesen bürgerlich-demokratischen Antifaschisten geht es jedoch nicht um wirklichen Kampf gegen Nazis, sondern eher ihre Glaubwürdigkeit und hohle Gesten. Zudem ist es letztlich absurd, jene Kräfte, die für Krise und Sozialabbau mitverantwortlich sind und sich direkt auf die herrschende Klasse oder ihnen angelagerte Teile stützen, als Bündnispartner im Kampf gegen die Nazis zu benutzen, die wiederum nur gegen die Folgen der Krise ebendieses kapitalistischen Systems zu kämpfen vorgeben.

Eine Ursache dieser politischen Fehler der (autonomen) Antifa besteht darin, dass sie den Antifaschismus politisch wie organisatorisch quasi als selbstständig, als getrennt vom sonstigen Klassenkampf betrachtet.

Wir hingegen treten dafür ein, antifaschistische Selbstschutz- und Mobilisierungsstrukturen zu schaffen. Diese sollen und können kein Ersatz sein für eine Partei. Sie sollen und müssen kein  allgemeines politisches Programm auf dem berühmten „kleinsten gemeinsamen Nenner“ - also einem unnützen und faulen Propagandablock - beruhen. Sie müssen nur eine klare und konkrete Aktionsorientierung und wenige klare Forderungen haben, anstatt irgendwelcher allgemeiner und nichtssagender sozialistischer oder antikapitalistischer Floskeln.

Als Bündnispartner kommen dabei Linke, AntifaschistInnen und - vor allem! - die Arbeiterklasse in Frage. Um aber GewerkschafterInnen, Belegschaftsteile, Arbeitsloseninitiativen, MigrantInnen, Jugendorganisationen usw. in größerem  Umfang als bisher gewinnen zu können, ist es aber notwendig, die falsche Politik ihrer Führungen  zu attackieren. So können die Spitzen der LINKEN, der SPD und der Gewerkschaften  unter Druck gesetzt und getestet werden, so dass deren Basis besser verstehen kann, was deren Politik, was deren Antifaschismus in der Praxis wert sind: nichts!

Um die ArbeiterInnen zu gewinnen, ist es natürlich auch nötig, deren Kämpfe zu unterstützen. Der Antifaschismus, die AntifaschistInnen müssen mit allen anderen Kämpfen und Widerstandsstrukturen solidarisch sein und verbunden werden: mit Anti-Krisenprotesten, mit der Bildungsstreikbewegung und mit Streiks! Denn: Wer vom Antikapitalismus nicht reden will, der soll vom Antifaschismus schweigen!

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Nr. 166, Februar 2012
*  Dresden: Kampf dem Faschismus
*  Antifaschismus: Schafft die Arbeitereinheitsfront
*  Heile Welt
*  Skandal um Bundespräsidenten: Ein Stich ins Wespennest
*  FDP-Krise: Neoliberale Bruchlandung
*  Film: Und dann der Regen
*  Vernetzungstreffen in Frankfurt: Startschuss in alle Richtungen
*  IG Metall/ver.di: Tarifrunde zur Kampfrunde machen
*  Gewerkschaftslinke: Eckpunkte Tarifrunde 2012
*  Italien: Generalangriff auf die Arbeiterklasse
*  Sri Lanka: Schikanen gegen Protestbewegung
*  Ägypten: Wahlen stärken die Konterrevolution
*  NATO-Krieg in Afghanistan: Kein Ende der Besatzung