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Hände weg vom Nahen Osten!

Antiimperialismus und Arbeiterkampf

Martin Suchanek, Neue Internationale 108, März 2006

In den letzten Jahren haben die Klassenkämpfe im Iran und im Irak verschiedene politische und soziale Formen angenommen.

Im Irak zeigt sich das einerseits im bewaffneten Widerstand, der von Teilen der früheren KP über nationalistische bis zum islamistischen Kräften reicht. Andererseits kam es auch zu einer massiven Zunahme gewerkschaftlicher Kämpfe, v.a. im Süden des Landes, die sich gegen die Privatisierung und gegen die Besatzung richten.

Im Iran lässt sich ebenfalls eine Zunahme von Klassenkämpfen wie auch von studentischen Aktionen gegen reaktionäre Gesetze feststellen. Das Mullah-Regime unterdrückt systematisch Lohnabhängige, Frauen, Jugendliche.

Angesichts des drohenden Militärschlags gegen den Iran versucht freilich auch der Imperialismus, den Unmut über die Unterdrückung bürgerlicher Freiheiten, über Ausbeutung der Arbeiterklasse, von Arbeitslosen im Namen der Freiheit für sich zu vereinnahmen - ähnlich wie man es auch mit Teilen der irakischen Opposition gemacht hat, die, wie die Irakische KP und die offizielle Gewerkschaftsföderation, von den USA gekauft wurden.

Es wäre natürlich eine fatale Schlussfolgerung, wenn die Arbeiterklasse und die Unterdrückten auf ihren Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung verzichten würden. Das würde nur Fraktionen der Islamisten erlauben, sich als Vertreter „sozialer Gerechtigkeit“ aufzuspielen oder die Intelligenz und die Mittelschichten im Kampf um Frauenrechte, gegen religiöse Gesetze usw. in die Hände des Imperialismus treiben. Es ist sicher unbestritten, dass RevolutionärInnen im Iran für den revolutionären Sturz des Mullah-Regimes und die Errichtung der Herrschaft der Arbeiterklasse kämpfen.

Angesichts der realen Kriegsdrohung muss dieser Kampf jedoch in Bezug gesetzt werden zum Kampf gegen den imperialistischen Angriff. Eine stärkere imperialistische Unterordnung des Iran wäre nicht nur, ja nicht einmal in erste Linie für die Mullahs, sondern vor allem für die Arbeiterklasse, die Bauern, die Unterdrückten im Iran und auf der ganzen Welt eine Niederlage.

Es ist daher notwendig, dass die Arbeiterbewegung, dass sich die Linke klar gegen diesen Angriff aussprechen. Sie dürfen den Kampf gegen den Imperialismus nicht Leuten wie Ahmedinedschad überlassen. Sie müssen vielmehr selbst die Initiative ergreifen - indem sie mit klaren Erklärungen und Forderungen auftreten. Das ist nicht nur im Iran wichtig, sondern darüber hinaus im ganzen Nahen Osten wie auch in den imperialistischen Ländern, um zu zeigen, dass das nicht nur reaktionäre Staatsoberhäupter, sondern auch die Arbeiterbewegung gegen den Angriff auftritt.

Im Irak stellt sich dieses Problem heute etwas anders. Das Land ist besetzt. Sabotageakte oder Angriffe auf imperialistische Truppen richten sich ebenso gegen die Besatzung wie Streiks in Häfen oder Raffinerien. Beide schwächen die USA, Britannien oder ihre Verbündeten - und beide werden mit Repression verfolgt. Die Frage der politischen Ausrichtung des Kampfes besteht aber auch dort. Der bewaffnete Widerstand ist nicht klassenmäßig heterogen, kann also keine einheitliche Perspektive hervorbringen.

Der Kampf der Lohnabhängigen leidet daran, dass zwar richtige soziale und ökonomische Forderungen und zunehmend auch die nach Abzug der Besatzer gestellt wird - aber die verschiedenen Arbeiterorganisationen verfügen über keine politische Konzeption für den Befreiungskampf, keine klare Stellung zum bewaffneten Widerstand und keine Konzeption, wie die Arbeiterklasse im Bündnis mit den Bauern eine führende Rolle im Kampf einnehmen kann.

Das zeigt sich nicht zuletzt in der Frage Kurdistans. Diese ist von großer Wichtigkeit, da die kurdischen Gebiete, die von DPK und PUK kontrolliert werden, im Moment die für den Imperialismus sichersten sind. Um hier ein Bresche zu schlagen, müssen RevolutionärInnen das Selbstbestimmungsrecht der KurdInnen verteidigen und für eine Föderation von Arbeiterstaaten im Nahen Osten eintreten.

Der Kampf um Befreiung muss sowohl die nationale Unabhängigkeit und Selbstbestimmung aller Völker des Nahen Ostens beinhalten, wie auch den Kampf um die soziale Befreiung der ArbeiterInnen und der Bauern.

Dazu gehört die Enteignung aller großen imperialistischen Kapitale unter Kontrolle der ArbeiterInnen. Ansonsten ist jede Unabhängigkeit Fiktion. Die irakische Verfassung sieht beispielsweise vor, dass Grund und Bodenschätze dem Staat gehören. Doch das ist unter den gegebenen Verhältnissen und unter Herrschaft irakischer Marionetten bloße Dekoration, zumal die meisten Ölquellen für 30 bis 100 Jahre vornehmlich an US-Konzerne verpachtet sind.

Die Enteignung dieser Konzerne und die Reorganisation der irakischen Ökonomie setzen den Befreiungskampf, den Abzug der Imperialisten und die Machtergreifung der Arbeiterklasse voraus.

Das Beispiel Iran zeigt, dass die bloße Verstaatlichung großer Teile der Wirtschaft noch lange keine soziale Befreiung ausmacht, wenn diese in den Händen eines von Kapitals und Klerus kontrollierten Staates liegt.

Schließlich lässt sich aus der geostrategischen Bedeutung der Region wie auch aus der einseitigen, vom Imperialismus abhängigen Entwicklung der dortigen Ökonomien auch die Notwendigkeit einer Ausweitung, einer internationalen Einheit, der Schaffung eines Staatenbundes von Arbeiterstaaten, einer Sozialistischen Föderation ableiten.

Ein solches Ziel mag heute in weiter Ferne scheinen. Das größte Problem zu seiner Realisierung ist jedoch die Schwäche des subjektiven Faktors der Revolution, die Schwäche und Marginalisierung, ja teilweise das vollständige Fehlen auch nur subjektiv kommunistischer Kräfte. Diese sind jedoch unbedingt notwendig für den Aufbau politischer Parteien der Arbeiterklasse, die den Befreiungskampf gegen imperialistische Unterdrückung und kapitalistische Ausbeutung miteinander verknüpfen.

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Nr. 108, März 2006

*  18. März: Gegen Besatzung, Ausbeutung und Krieg!
*  Iran/Irak: Im Fadenkreuz des Imperialismus
*  Hände weg vom Nahen Osten! Antimperialismus und Befreiungskampf
*  Zur Politik der PDS: Ankommen ist alles
*  Gesundheitswesen und Altenpflege: Klerikal und neoliberal
*  Rente mit 67: Alt und arm
*  Jugend und Hartz IV: Pension Mama statt eigene Wohnung
*  Heile Welt
*  Streik im Öffentlichen Dienst: Ver.di am Scheideweg