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Unbefristeter Streik bei der Post!

36 Stunden-Woche und 5,5% mehr Lohn! Weg mit den Deliverys! Für die volle Mobilisierung!

Gegenwehr! Betriebs- und Gewerkschaftsinfo der Gruppe Arbeitermacht, Juni 2015, Infomail 825, 12. Juni 2015

Endlich! Seit Montag dem 8. Juni wird der Postbetrieb bundesweit bestreikt. Nach den Briefzentren wurden weitere Teile der Zustellung in die Streiks hineingenommen. Die Forderungen nach der 36-Stunden-Woche und 5,5% mehr Lohn bleiben bestehen. Die Verzichtserklärungen aus der Offerte Ver.dis aus der ersten Juniwoche wurden zurückgenommen. Das sah nach Ver.dis Angebot nicht so aus. Warum die Gewerkschaft noch vor Beginn unbefristeter Streiks auf den Großteil ihrer berechtigten Forderungen an die Deutsche Post verzichtet, leuchtete vielen Kolleginnen und Kollegen nicht ein.

Absenkung des Lohnniveaus für steigende Konzerngewinne?

Steckte etwa Kalkül dahinter, dass man erst mal in die Knie ging, bevor die Beschäftigten durch ihren Arbeitskampf beweisen können, dass es ihnen verdammt ernst damit ist, sich ihre bisherigen Einbußen zurückzuholen und den fiesen Druck auf ihre Existenzbedingungen nicht weiter gefallen zu lassen? Warum sollen ausgerechnet diejenigen, die sich tagtäglich jahraus jahrein bei jedem Wetter den Buckel krumm machen, auf jede Lohnerhöhung und die Verkürzung ihrer Arbeitszeit verzichten?

Dennoch: Nach sechs bisher ergebnislosen Verhandlungsrunden und einer Menge von 24-stündigen Warnstreiks, an denen sich zehntausende Beschäftigte beteiligten und die zum Teil zu erheblichen Verzögerungen in der Zustellung führten, legte die Gewerkschaft der Kapitalseite ein Angebot vor, das es in sich hatte. Während die VerhandlungsführerInnen der Post nach ihrem eigenen völlig inakzeptablen Angebot keine weiteren nachreichten, machte Verdi großräumig Platz für neue Verschlechterungen im Haustarifvertrag der Deutschen Post.

Es gibt zwei mögliche Erklärungen, warum die Gewerkschaftsführung das getan hat: Entweder ist die Verdi-Spitze den Drohungen auf den Leim gegangen oder sie teilt die Ansicht des Vorstandes, dass höhere Dividenden und Gewinne nötig sind, auch auf Kosten der Beschäftigten. Dabei wissen wir doch jetzt alle, dass Verzicht diesen Räubervorstand nicht von weiteren Angriffen abhält! Wir wissen auch, dass Verzicht den Wettbewerb der Logistikkonzerne nicht aufhebt. Wenn wir heute nachgeben, werden morgen die Löhne und Arbeitsbedingungen bei den „Konkurrenten“ noch schlechter. Aufgabe von Ver.di muss es sein, für Löhne und bessere Bedingungen in der ganzen Branche zu kämpfen!

Aller Erfahrung zum Trotz

Glaubt man allen Ernstes, mit weiteren Verzichtserklärungen bessere Konditionen aushandeln zu können? Glaubt man weiterhin an das Konzept „Sozialpartnerschaft“ mit einem Konzern, der deutlich und unverblümt festgestellt hat, dass seine selbstgesteckten ehrgeizigen Gewinnziele einzig (!) über die Verbilligung der Lohnkosten zu erreichen sind? Dieser Kampfansage von oben ist einzig und allein mit einer Kampfansage von unten zu begegnen.

Doch auf die bewiesene Kampfkraft der Beschäftigten in ihrem bestorganisierten Betrieb scheint die Gewerkschaftsbürokratie weniger zu vertrauen als auf die „Vertragstreue“ der AG. Der Konzern ließ das Ultimatum verstreichen. Selbst diese bittere Offerte, die Ver.di überreichte, war ihm ein paar Millionen zu teuer. Das beweist umso mehr, dass der Kniefall vor den Konzerninteressen mit dem Verweis auf Beschäftigungssicherung und Verhinderung der Zerschlagung des Geschäfts so deplatziert wie unnötig war.

Es beweist aber auch, dass wir nur mit langem Atem, mit einer Mobilisierung aller KollegInnen, der Solidarität anderer GewerkschafterInnen und der Bevölkerung siegen können. Dazu brauchen wir unter allen Streikenden eine Diskussion und eine klare Strategie, wie wir gewinnen können. Wir schlagen dazu sechs Punkte vor:

1. Keine weiteren faulen Kompromisse, keine Zurücknahmen bei den Forderungen. Der Streik wird am stärksten und solidesten, wenn wir uns für die Anliegen aller KollegInnen in allen Bereichen entschlossen einsetzen. Niemand soll geopfert werden!

Wir bleiben daher dabei: 36 Stunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich! 5,5% mehr Lohn und die Rückführung aller Deliverys in die Konzernstruktur! Sollte die AG dazu nicht in der Lage sein, muss der Laden entschädigungslos in den Staatsbesitz zurückgeführt werden.

2. Den unbefristeten Streik zum Vollstreik machen! Alle KollegInnen sollen unbefristet rausgeholt werden und zwar in allen Bereichen. So wird nicht nur der Druck am größten werden. Es bedeutet auch, dass niemand von uns unter der enormen Belastung zu leiden hat, die folgt, wenn nur tageweise gestreikt wird oder wenn bestimmte Teile der Belegschaft weiter arbeiten müssen.

3. Wir fordern von Ver.di die Koordinierung des Kampfes mit anderen GewerkschafterInnen, die zur Zeit in tariflichen Auseinandersetzungen stehen, beginnend mit den KollegInnen bei Amazon. Wir fordern auch, die KollegInnen von Delivery in den Kampf zu holen! Die Koordinierung mit Beschäftigen, die gegen Angriffe, Entlassungen, für Tarifforderungen usw. kämpfen - z.B. bei Siemens, der Charité, den ErzieherInnen - wäre ein weiterer Schritt, um in gemeinsamen Aktionen und Versammlungen nicht nur Einheit von oben, sondern von unten herzustellen, unter den KollegInnen. Ver.di muss auch eine Kampagne bei anderen Betrieben wie Hermes, GLS oder DPD führen, dass sich die KollegInnen nicht als StreikbrecherInnen missbrauchen lassen.

4. Dazu brauchen wir einen aktiven Streik, in den die KollegInnen nicht nur von FunktionärInnen oder Streikleitungen „rausgeholt“ und wieder nach Hause geschickt werden. Alle müssen aktiv einbezogen werden, um so den Kampf möglichst effektiv zu machen. Wenn wir die Organisierung des Streiks auf möglichst viele Schultern verteilen, werden wir nicht nur länger durchhalten. Es macht auch mehr Spaß. Wir brauchen außerdem alle KollegInnen, um die Bevölkerung von unserem Anliegen zu informieren und so der mit Sicherheit kommenden medialen Hetze entgegenzuwirken. Je aktiver die KollegInnen, desto solider und stärker unser Kampf.

5. Aktiv heißt auch, dass alle Streikenden über den Arbeitskampf bestimmen. Dazu braucht es demokratische Strukturen: Tägliche Versammlungen, Wahl von Streikleitungen und Aktionskomitees, Rechenschaftspflicht von diesen gegenüber der Basis und die Möglichkeit der Abwählbarkeit. Das muss auch für Verhandlungskomitees zutreffen. Es dürfen keine Verhandlungen hinter dem Rücken der Streikenden stattfinden, alle Gespräche sollen vielmehr öffentlich übertragen werden z.B. über soziale Medien. Es darf ohne vorherige Diskussion und Beschlussfassung unter allen Streikenden keinerlei Abschlüsse oder gar Zugeständnisse geben!

6. Um Solidarität durch die Bevölkerung zu erhalten, muss die gesellschaftliche Dimension des Kampfes aufgezeigt werden. Jede Privatisierung oder Ausgliederung bedeutet ein Mehr an Ausbeutung von immer weniger Beschäftigten. Das trifft auch alle anderen Bereiche. Eine Niederlage der Post wäre ein Sieg über diesen Sektor hinaus. Während die Löhne der Beschäftigten gesenkt und die Arbeit noch mehr intensiviert werden soll, steigen zugleich die Preise der Produkte für die Masse der KonsumentInnen. Wir wollen eine Post unter Kontrolle der Beschäftigten und einen Service im Interesse der Masse der arbeitenden KundInnen - keine Knochenarbeit für die Profite der AktionärInnen! Daher schlagen wir auch vor, regelmäßig öffentliche Versammlungen zu organisieren, um die Menschen zu informieren und für den Aufbau von Solidaritätskomitees zu gewinnen.

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