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Hogesa-Krawalle in Köln

Reorganisation des Fascho-Mobs?

Tobi Hansen, Neue Internationale 194, November 2014

Seit der Demonstration von Hooligans und/oder Faschisten am 26. Oktober ist die Gruppe HOGESA (Hooligans gegen Salafisten) in allen Medien vertreten. Nach verschiedenen Meldungen folgten ca. 4-5000 größtenteils gewaltbereite Hools und Faschos dem Aufruf und veranstalten faschistische Krawalle in einer deutschen Großstadt. Die abgestellten 1300 Polizisten wurden kaum „Herr“ der Lage, stattdessen wurden sie teilweise durch die Innenstadt getrieben und die Faschos griffen Touristen und Passanten, die nicht ins Weltbild passten, in der Innenstadt und in Verkehrsmitteln an.

Bei vergleichbaren Demos der letzten Jahre, speziell in Dresden 2009 - 2011, traten die Faschos weniger gewaltbereit auf. Ebenso verzichteten sie eher auf allzu deutliche Bezüge zum Hitler-Faschismus und dem 3. Reich. Das war diesmal in Köln ganz anders. Dutzende und Hunderte hoben die Arme zum Hitlergruß, „Sieg Heil“ ertönte als Blockslogan neben deutlichen Bekenntnissen zum Nationalsozialismus etc. T-Shirts mit dem Aufdruck „Auschwitz University“ fanden weite Verbreitung in den deutschen Medien, ebenso die aggressive Hetze gegen den auserkorenen neuen Hauptfeind: die „Salafistenschweine“.

Schon gibt es mediale Panik vor den nächsten angekündigten Hogesa-Demos. So liegen für November Anmeldungen in Hamburg und Berlin vor, und manch „Law and Order“-CDUler wie Berlins Innensenator Henkel schwadronieren über Demoverbote und, wie der Staat die Versammlungsfreiheit weiter einschränken könnte.

Bei aller allgemeinen Verachtung, die wir als AntifaschistInnen und KommunistInnen für diesen Haufen namens Hogesa übrig haben, so dürfen jedoch die Linken nicht dem Ruf nach mehr Polizei, nach mehr Demoverboten etc. folgen. Dies wird sich nur gegen alle Demos richten, die irgendwie im Verdacht stehen, „militant“ zu sein. Diese Einschränkung der Versammlungsfreiheit muss von der Linken bekämpft werden. Nicht Polizei, Sonderkommandos und der Staat können uns gegen den Fascho-Mob helfen. Das muss die radikale Linke schon selber tun, indem sie aktiv am Aufbau einer Massenmobilisierung der Arbeiterklasse, der Jugend, von MigrantInnen arbeitet, um den faschistischen Organisationen militant und organisiert entgegenzutreten.

Wer ist die Hogesa?

Zum einen hat die Partei „Die Rechte“ um Ex-NPD-Kameradschaftsführerlein Worch starken Einfluss auf diese neuen Gruppierungen. Auf Facebook existieren seit Monaten dazu Dutzende Gruppen aus dem Bundesgebiet und auch aus dem Ausland, welche dann gemeinsam nach Köln mobilisierten. In Dortmund hatte sich im Sommer eine Hogesa-Gruppe öffentlichkeitswirksam mit ca. 300 gegründet um den dortigen „Die Rechte“-Führer Siegfried Roland Borchardt, genannt „SS-Siggi“. Diese Truppe machte auf sich aufmerksam, als sie nach dem Einzug ins Kommunalparlament dessen Eröffnungsfeier stürmte und damit ihrem Wahlslogan „Mit einem Schlag ins Rathaus“ alle faschistoide Ehre machte.

Die Gruppierung „Die Rechte“ hat anscheinend weitaus größeren Einfluss auf die Kameradschaftsszene inkl. Hooligangruppen, als es bislang von der Linken wahrgenommen wurde. Ebenfalls sind die Hogesa-Gründungen auch eine Reaktion auf linke „Ultra“-Gruppierungen, die verstärkter seit einigen Jahren gegen Rechte in den Fanblöcken der Fußballstadien vorgehen, Öffentlichkeitsarbeit dazu machen und eben auch als linke politische Ultra-Gruppen öffentlich auftreten wie in Bremen, Nürnberg oder München bspw.

Die Hogesa benutzt die seit langer Zeit vorhandene staatliche und mediale antiislamische Propaganda. Seit zwei Jahren sind die „Salafisten“ das neueste Steckenpferd dieser Hetze, und in gewisser Weise ist das Erstarken dieser reaktionären Strömung auch das Produkt der staatlichen antiislamischen Hetze. So hat sich auch die ganze „Pro Köln/NRW/Deutschland“-Bewegung, die jetzt zu gewissen Teilen auch in der AfD mitwirkt, mit der Hetze gegen Moscheen und die angebliche Unterwanderung durch den Islam gegründet.

Der Partei „Die Rechte“ ist es gelungen, daraus eine gemeinsame Plattform zu entwickeln, womit gleichzeitig die militantesten Kreise von Kameradschaften und Hooligans angezogen wurden, auf die nun wiederum die NPD weniger Einfluss hat. In Dortmund bildete sich der Parteikern aus Mitgliedern der so gen. „Borussen-Front“, einer Nazi-Hooliganstruktur, die seit den 80zigern aktiv ist und dem so gen. NWD (Nationaler Widerstand Dortmund), der quasi als Kameradschaft im Block von Borussia Dortmund aktiv ist.

Fußballfans – alles Nazis, unpolitisch oder was?

Für die Linke wird es wichtig sein, jetzt nicht die Analyse der Medien mitzumachen, wonach wahrscheinlich auch jede Ultra-Gruppierung mit der Hogesa gleichgesetzt wird. Gleichzeitig müssen auch die vorhandenen linken Fußballstrukturen sich entschlossen dieser Bewegung entgegenstellen und auch dem weit verbreiteten unpolitischen Ansatz entgegen treten. Viele Ultra-Gruppierungen verstehen sich als unpolitisch, wollen nur für ihren Verein im Stadion die beste Stimmung und Choreographie veranstalten und wenn nötig gegen andere Ultras auch physisch punkten; zur Politik wollen sich viele „neutral“ verhalten. Dies ist nicht nur ein gesellschaftlicher Trugschluss, nämlich dass es eine Neutralität gibt - in der aktuellen Lage ist dies sogar sehr gefährlich.

Linke, antifaschistische und antirassistische Fußballfans müssen gemeinsam mit der organisierten Linken diesem Hogesa-Mob entgegentreten. Das ist die einzige Waffe, die wir haben. Wir können nicht auf einen Staat vertrauen, der jetzt sogar noch V-Leute dort einschleusen will, mal abgesehen davon, dass keiner weiß, wie viele von ihnen schon drin sind.

Dies zeigt auch die Begrenztheit des bisherigen Antifaschismus in Deutschland. Wir brauchen keine Lichter-/Menschenketten oder „Bunt statt Braun“-Events. Die organisierte Linke und die Arbeiterbewegung brauchen antifaschistischen Selbstschutz. In Köln demonstrierten knapp 1000 gegen die Hogesa-Demo. Bei einer direkten Konfrontation hätte die dortige Linke sehr schnell ihre Grenzen gespürt.

Daher müssen die radikale Linke und die organisierte Arbeiterbewegung auch militant auf diese Ereignisse reagieren können – d.h. Organisation von Selbstschutz bei Veranstaltungen und Demos, Ablehnung aller pazifistischen Ideen zur Faschismusbekämpfung und keine Hoffnungen in den Staat und seine Organe – dies wäre eine Voraussetzung für einen wirksamen Antifaschismus!

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Nr. 194, November 2014
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