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ACTA ad acta!

Peter Lenz, Infomail 605, 14 Februar 2012

Hinter Abkürzungen wie SOPA (Stop Online Piratery), PIPA (Protect IP Act) oder ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement), die bisher kaum einer kannte, stecken nationale und internationale Verträge, die tiefe Eingriffe in die Rechte von InternetbenutzerInnen beinhalten. Klammheimlich sollten sie auf Regierungsebene durchgedrückt werden, maßgeblich mitgestaltet durch große internationale Konzerne.

Am 12. Februar beteiligten sich hunderttausende Weltweit an Massendemonstrationen, in Deutschland waren in München allein rund 20.000 auf den Beinen. In Berlin, Stuttgart, Köln und anderen Großstädten waren es ebenfalls viel Tausende.

Schon im Januar war es in den USA zu heftigen Protesten gegen SOPA und PIPA gekommen, so dass diese Abkommen erst einmal gestoppt wurden. Von Hackern waren die Inhalte des ACTA-Abkommens an die Öffentlichkeit gegeben worden. Auch in Polen kam es zu Demonstrationen und Straßenschlachten gegen ACTA, aber auch gegen die Regierung, die ACTA „durchwinken“ wollte. In Polen, Lettland, Slowakei und Tschechien ist ACTA ebenfalls vorerst einmal gestoppt. Am 10.2. hat auch die Bundesregierung scheinbar einen Rückzieher gemacht.

Es gibt mindestens zwei Kräfte, die hinter der fast unbemerkt vorgenommenen Unterzeichnung des sogenannten ACTA-Abkommens stehen. Es sind v.a. die Film- und Musikindustrie, Software-Konzerne, (Schulbuch)-Verlage u.a.  Großunternehmen, die mit ihren Patenten und Urheberrechten weiter Kasse machen wollen. Ein wesentlicher Inhalt von ACTA zielt auf die „Verletzungen geistigen Eigentums“. Dabei sind es gerade diese Konzerne, die sich alles Mögliche patentieren lassen (z.B. das kleine „i“ als Vorsilbe), die sich tagtäglich die geistige Arbeit von SoftwareentwicklerInnen, WissenschaftlerInnen, GrafikerInnen u.a. n usw. zwecks Profitmacherei einverleiben.

Andererseits stehen gegen ACTA auch die Provider, also die Anbieter von Leistungen im Netz. Sie sollen verpflichtet werden, ihre User-Inhalte auf Rechtmäßigkeit zu prüfen. Das Ganze ist ziemlich schwammig formuliert, aber das scheint auch beabsichtigt zu sein. Genau das ist aber eine nicht zu leistende Aufgabe, zudem auch von einigen Providern nicht gewollt, weil dann keine Echtzeitkommunikation möglich ist.

Repression

Die  US-Regierung hat vor einigen Wochen Gesetze (National Defense Authorization Act (NDAA)) eingeführt, welche die Inhaftierung von Menschen in aller Welt ohne Anklage, ohne Gerichtsverfahren durch Militärs „legalisiert“. Die „Regulierung des Internets“ muss auch vor diesem Hintergrund gesehen werden.

In Europa wird mit der Konstruktion des ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) - an den Parlamenten vorbei, ohne rechtliche Einspruchsmöglichkeiten - ein unkontrollierbares, internationales Gremium von Regierungen und Bankern geschaffen. Das hat schon eine neue Qualität und zeigt, wie sich imperialistische Staaten Schritt um Schritt ihrer parlamentarischen Fassade entledigen. Gleichzeitig gibt es eine Reihe von Angriffen auf demokratische Rechte, die z.T. auch auf das Internet abzielen: Vorratsdatenspeicherung, Bundestrojaner usw.

Das Internet mit seinen Kommunikations- und Publikationsmöglichkeiten ist Regierungen immer mehr ein Dorn im Auge. Auch beobachtet die Bourgeoisie, wie das WWW eine Rolle im Aufbau von Widerstand spielen kann.

Das Internet hat eine Rolle gespielt bei den Aufständen in Arabien und Nordafrika, half bei Weiterverbreitung von Informationen über die Aufstände und bei der Vernetzung von Protesten in Europa und den USA. Wiki leaks hat dazu beigetragen, Kriegsverbrechen zu entlarven.

Mit ACTA können natürlich auch linke Homepages lahmgelegt werden, wenn Webmastern umfangreiche Kontrollen vorgeschrieben werden sollen. Schon in den letzten Jahren kommt es immer wieder zu „Urheberrechtsklagen“ gegen linke Homepage-Projekte, meist durch dubiose Abmahnanwälte, gegen die sich zu wehren viel Zeit und Geld verschlingt.

Die „Freiheit des Netzes“ zu verteidigen, ist eine Forderung, die in die richtige Richtung weist, allerdings auch suggeriert, dass das WWW noch „frei“ wäre, doch die Netze sind schon lange nicht mehr „frei“.

Ausbeutung

Das Internet ist mehr denn je in den Händen von Konzernen wie Microsoft, Apple, Google, Facebook, Oracle, Microsoft usw. In den Betrieben wird die Ausbeutung der Arbeitenden und die „Optimierung“ der Betriebsabläufe auf die Interessen der Shareholder durch Software wie SAP optimiert, die zu großen Teilen auch internet-basiert ist. Für Millionen Arbeitende ist das Internet Teil der Intensivierung der Arbeit, hält Arbeitende unter Beobachtung und Erreichbarkeit.

Die ideologische Beeinflussung der Arbeiterklasse wird per Internet immer mehr perfektioniert und hat schon längst die Presse über- und das Fernsehen eingeholt (wobei diese Medien immer mehr verschmelzen).

Seit Jahrzehnten erleben wir die Pervertierung fast jeder technischen Neuerung unter den Bedingungen kapitalistischer Produktion, die sich auch mit den technischen Möglichkeiten des Internet wiederholt.

Der Widerstand gegen ACTA richtet sich ja teilweise auch gegen das Übergehen parlamentarischer Gremien. Dabei sind die Angriffe auf die Meinungs- und Organisationsfreiheit via Internet auch nicht besser, wenn sie „parlamentarisch legitimiert“ daherkommen.

Forderungen

Gegen die Angriffe von Konzernen und Staat setzen wir die Forderung nach Veröffentlichung und Kontrolle mit der Zielrichtung, Kommunikationsstrukturen zu vergesellschaften - schließlich wurden sie ja auch mit öffentlichen Geldern, also Steuergeldern, die von den Arbeitenden bezahlt wurden, aufgebaut.

Öffnet und entlarvt die nationalen und internationalen Foren, in denen die Entscheidungen bisher wirklich getroffen wurden, der Einsichtnahme durch RepräsentantInnen der ArbeiterInnen und KonsumentInnen. Wir müssen für das Recht kämpfen, auf die Computeraufzeichnungen der Banken und Multis zugreifen zu können. Das wäre nicht nur ein Frontalangriff auf das Geschäftsgeheimnis, sondern würde auch InformantInnen aus den "geheimen Festungen" der Konzerne sowie Internet-HackerInnen von außen ermutigen und bestärken.

Entlarvt die Beeinflussung der lokalen, der nationalen und der Weltpolitik durch die großen Konzerne! Wir müssen den Kauf der Regierungen und Gemeindeverwaltungen auf legalem Wege (Lobbyarbeit) und illegale Weise (Korruption) durch das Großkapital aufdecken. Wir müssen die Parteien bloßstellen, die mit Konzerngeld gekauft werden und aufzeigen, welche Spenden und Geschenke sie von den Superreichen und vom Großkapital bekommen!

Freier Zugang zu allen wesentlichen Dienstleistungen, auch im Kommunikationsbereich, bezahlt aus der Besteuerungen der Reichen und großen Unternehmen! Kostenlose Bildung und Weiterbildung für alle!

Ausbau der Infrastruktur der Gesellschaft - Verkehr, Energieversorgung, Gas, Wasser und Kommunikationsmittel - durch massive öffentliche Investitionen, bezahlt durch Besteuerung der Reichen! Jede Entwicklung muss unter der Kontrolle der ArbeiterInnen und Masse der KonsumentInnen demokratisch geplant werden, damit sichergestellt ist, dass sie nachhaltig und zum Nutzen Aller erfolgt.

Wir müssen die Medien für die Massen öffnen. Eine neue Waffe des Kampfes ist schon von unten geschaffen worden: die Bewegung der unabhängigen Medien und Foren in den Industrieländern, aber auch in anderen Ländern, wie auch die Medien von gewerkschaftlichen Strukturen in aller Welt, bäuerlichen Organisationen und Gemeinschaften der „Dritten Welt“. Wir müssen sie über das Internet verbinden und einen Kampf für die Entlarvung und Übernahme der Medienkonzerne starten. "Medien für Millionen, nicht für Millionäre" muss unser Schlachtruf sein!

Wir müssen der Patentschutzpolitik der Konzerne ein Ende machen. Saatgut, Arzneien, die Forschungsergebnisse bei Pflanzen-, tierischer und menschlicher Genetik müssen den Bedürfnissen aller Menschen dienen, nicht den Gewinnen der Multis. Die Patentierung von Lebensformen, einschließlich Mikroorganismen, muss verboten werden! Wichtige Medikamente und sonstige Waren müssen für jene kostenlos zur Verfügung gestellt werden, die sie dringend brauchen - besonders für Menschen mit AIDS u.a. Krankheiten.

Für das Recht auf Streik, Rede- und Versammlungsfreiheit, des Rechts auf politische und gewerkschaftliche Organisierung sowie der Freiheit, sich aller Kommunikations- und Informationsmedien zu bedienen!

Kostenlose Nutzung aller Informationsquellen und freier Zugang zu ihnen, v.a. zum Internet. Im Internet müssen unsere Daten vor Angriffen von Justiz und Wirtschaft geschützt werden, freier Zugang zu allen Softwareprodukten! Besonderer Schutz von Chats, Foren und Communities. Diese Daten müssen vor Arbeit“gebern“ und Justiz geschützt werden! Gegen „Vorratsspeicherung“ und „Bundestrojaner“ - gegen den digitalen Lauschangriff!

Vergesellschaftung von Facebook und anderer Web 2.0 Medien! Schutz der User vor kommerzieller und geheimdienstlicher, staatlicher Ausforschung durch Kontrollkomitees aus Gewerkschaften, Beschäftigten und NutzerInnen!

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Nr. 167, März 2012
*  Griechenland: Vor einer sozialen Explosion?
*  Europa: Die Krise schwelt weiter
*  Heile Welt
*  Internet: ACTA ad acta!
*  IT-Branche: Fachkräftmangel?
*  8. März: Für eine proletarische Frauenbewegung!
*  8. März: Krise und Arbeitsmarkt
*  8. März: Keine Frauenbefreiung ohne Sozialismus!
*  Tarifrunde: Krise und Arbeitskämpfe
*  Aktionstag 31. März: Auf nach Frankfurt!
*  Brasilien: Neue Gruppe der Liga für die Fünfte Internationale
*  Die syrische Revolution, imperialistische Rivalität und die Linke



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