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Metallbetriebe in Baden-Württemberg

Widerstand und Kapitulation

Frederik Haber, Infomail 450, 20. Oktober 2009

Die IG Metall Baden-Württemberg führte vom 12. bis 15. Oktober eine Aktionswoche durch. Am Ende aber hat sie ihre Aktionen selbst untergraben.

Die Idee war von der IGM Esslingen ausgegangen und tatsächlich kamen von dort hunderte Beschäftigte der Maschinenbau-Firmen Index, Traub und Heller zu Aktionen und Mahnwachen in die Landeshauptstadt (siehe Bericht). Zeitgleich wurden bei einem der größten Maschinenbauer, der Heidelberger Druck, der Abbau von bundesweit 1.500 Arbeitsplätzen,  davon die allermeisten in Baden-Württemberg unterzeichnet. Eine ähnliche Vereinbarung gibt es bei Kolbenschmidt in Neckarsulm. Dort sollen 550 Beschäftigte in eine Dienstleistungsgesellschaft ausgegliedert werden - ein Rutsch in die Arbeitslosigkeit.

Zu beiden Vorgängen schweigt die Bezirksleitung, ebenso die Verwaltungsstelle Heilbronn-Neckarsulm. Entsprechend endete die Aktionswoche in einer Pflichtveranstaltung mit einem Aufgebot von 150 Funktionären aus einem Dutzend Betrieben.

Der Ausverkauf bei Kolbenschmidt (KS) ...

KS ist ein Motorenteile-Zulieferer und gehört zum Rüstungskonzern Rheinmetall. Auf die Krise reagiert das Unternehmen mit der Zusammenlegung der Mutter KS mit der Aluminium Technologie (ATAG), die vor allem Motorblöcke herstellt, und mit massenhaftem Personalabbau. Eine erst vor zwei Jahren abgeschlossene „Zukunftssicherung“ wurde kurzerhand gekündigt. Von Seiten der IG Metall und des Betriebsrats wurde keinerlei Widerstand organisiert.

„Jeder fünfte der gut 2.500 Kolbenschmidt-Mitarbeiter in Neckarsulm wird seinen Arbeitsplatz verlieren. 550 Beschäftigte sollen in eine Dienstleistungsgesellschaft versetzt werden, in der voraussichtlich zwei Jahre lang Kurzarbeit null gelten wird. Diese Zahl nannte Krause gestern bei einer Betriebsversammlung. Mit „Betroffenheit und Schweigen“, so der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Roland Stark, haben etwa 1.200 Mitarbeiter die Nachricht entgegengenommen. Er geht aber davon aus, dass es in den kommenden Tagen und Wochen jede Menge Gesprächsbedarf seitens der Belegschaft geben wird. „Noch ist nicht bekannt, wen es treffen wird.“ (Heilbronner Stimme)

Dazu soll das Hamburger Werk mit rund 200 Beschäftigten geschlossen und die Produktion nach Neckarsulm verlegt werden. Die Zusammenlegung von KS und ATAG wird nochmals mehr als 100 Arbeitsplätze kosten – primär in Bereichen wie Einkauf, Logistik, Werkzeugbau.

... und bei Heidelberger Druck

Bundesweit sollen 1.500 Leute bis März 2010 abgebaut werden, mit 200 wurden bereits Aufhebungsverträge abgeschlossen. Weitere 1.300 bekommen zunächst zwei Angebote. Sie können einen Aufhebungsvertrag abschließen und bekommen dann eine Abfindung. Oder sie bleiben bis Ende Februar im Betrieb und wechseln dann für 12 Monate in die Transfergesellschaft „Weitblick“. Wer beide Angebote ablehnt, erhält eine betriebsbedingte Kündigung. ( Quelle: Märkische Allgemeine)

Während in Brandenburg-Hohenstücken rund 50 von 750 Beschäftigten betroffen sind, trifft es 64 von 380 Beschäftigten in Ludwigsburg, Baden-Württemberg. Massiv betroffen sind die Standorte Heidelberg und Wiesloch mit noch 970 Entlassungen.

Die IG Metall Heidelberg kommentiert dies so: „Betriebsrat und IG Metall erklärten gemeinsam, dass trotz der finanziellen Absicherung, dies nur die zweitbeste Lösung sein kann. Ziel sei es gewesen, alle Beschäftigten vor betriebsbedingten Kündigungen zu retten, was aber durch die anhaltend schlechte wirtschaftliche Situation nicht möglich war.“

Der Trick mit dem Transfer

Dass IG Metall Bevollmächtigte wie Rudolf Lutz, Heilbronn, auch diesen massiven Personalabbau auch noch mit „sozialverträglich“ beschreiben, rechtfertigen sie damit, dass sie den Sturz in die Arbeitslosigkeit hinauszögern. 16 Monate bei Heidelberger, etwas länger bei KS. Dies ist nur möglich bei einer völligen Ignoranz gegenüber der Tatsache, dass die Mehrzahl der Leute weder jetzt, noch in einem, noch in zwei Jahren wieder Arbeit finden wird und wenn, dann im Leih- und Niedriglohnsektor.

Im Unterschied zu der Vereinbarung bei Heidelberger hat dieser „Held der sozialen Gerechtigkeit“ bei KS zugelassen, dass der Kündigungsschutz für Beschäftigte über 53 dadurch umgangen wird, dass die Leute in eine Dienstleistungsgesellschaft „versetzt“ werden, wo sie dann bei 100% Kurzarbeit auf ihr berufliches Ende warten.

Dieser Absturz auf Raten durch Dienstleistungs-, Transfer- oder Beschäftigungsgesellschaften hat für die Kapitalisten unbestreitbare Vorteile. Den Grossteil der Kosten übernimmt die Allgemeinheit durch die Zahlung von Kurzarbeitergeld in unterschiedlichen Formen und durch Verzicht der Beschäftigten auf Weihnachtsgeld oder andere Einkommensbestandteile. Zweitens hält die IG Metall die Leute ruhig. Den Älteren reicht diese Rutsche bis zur Rente, alle anderen hoffen noch. So wurden die Metallbetriebe im Osten abgewickelt, bei Mahle Alzenau wurde dieses Modell für die Krise neu aufbereitet und man kann vermuten, dass die Magna-Lösung für Opel nur die XXL-Variante für den Abbau auf Raten ist. (Siehe auch http://www.arbeitermacht.de/infomail/429/alzenau.htm)

Diese Vereinbarungen sind keine Ausrutscher. In einem Kommentar der Heilbronner Stimme schreibt M. Stockburger: „Im Ganzen geht es darum, den industriellen Kern am Standort zu erhalten.“ Gerade das bezeichnet IGM-Chef Huber als die wichtigste Aufgabe der IG Metall (IG Metall direkt 13, Seite 5) und der Regierung (ebenda, Seite 3).

Die Formierung einer Basis-Opposition in der IG Metall ist die einzige Antwort, die den KollegInnen helfen kann, eine Perspektive für den Kampf zu entwickeln – für jene, die jetzt bei KS und Heidelberger verraten und verkauft werden und denen, die bei Index, Heller oder KBA noch nach einer Perspektive im Kampf suchen.

Unsere Alternative:

Gegen alle Entlassungen! 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich! Aufteilung der Arbeit auf Alle - unter Arbeiterkontrolle!

Für eine gleitende Skala der Löhne und Sozialeinkommen gegen die Inflation!

Für einen Mindestlohn von 11 Euro/Stunde netto! Weg mit den Hartz-Gesetzen und der Rente mit 67! Arbeitslosengeld und Mindesteinkommen für RentnerInnen und Azubis von 1.600/Monat, finanziert aus Progressivsteuern auf Reichtum und Kapital!

Nein zu Rettungspaketen und Konjunkturprogrammen für Kapitalisten! Offenlegung aller Geschäftsunterlagen für Arbeiterinspektionen! Für ein Programm gesellschaftlich nützlicher Arbeiten unter Kontrolle der Beschäftigten und NutzerInnen!

Entschädigungslose Enteignung der Banken, Zusammenlegung zu einer einheitlichen Staatsbank unter Arbeiterkontrolle!

Enteignung der Konzerne unter Arbeiterkontrolle - beginnend mit Firmen, die Löhne kürzen und entlassen wollen!

Betriebsbesetzungen, Blockaden, Streiks bis hin zum Generalstreik!

Aufbau von Aktionskomitees und lokalen Anti-Krisenbündnissen, die bundesweit und international koordiniert sind!

 

Arbeitermacht-Flugblatt zur Aktion in Esslingen: Massenentlassungen stoppen!

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