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Bericht von den Aktionstagen Esslinger Betriebe

Edgar Schwab, Infomail 450, 20. Oktober 2009

Dienstag, den 13.Oktober, 13:00 Uhr: IG Metall-Versammlung in Esslingen

Mehr als 1.200 Beschäftigte der Firmen Index und Traub treffen sich zu einer öffentlichen IG Metall-(Mitglieder)Versammlung vor dem Index-Haupttor. Einige Teilnehmer haben einheitliche T-Shirts an, etliche selbst gemachte Plakate und Transparente sind zu sehen.

Konkret stehen bei Index und Traub rund 1.000 Arbeitsplätze in Esslingen und Reichenbach/Fils auf dem Spiel.

In einer kurzen Ansprache erläutert Sieghard Bender, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Esslingen, noch einmal den Ernst der Lage.

Besonderen Beifall bekommt er für die Bemerkung, er habe in den letzten Verhandlungen der Geschäftsleitung gegenüber die „französische Möglichkeit“ erwähnt: 1.000 Leute fahren zur Landesbank, während 200 dableiben, um die Manager nicht mehr rauszulassen. Von da an sei Bewegung in die Verhandlungen gekommen.

Im Anschluss an die Versammlung fahren alle Versammlungsteilnehmer mit der S-Bahn nach Stuttgart.

Dienstag, den 13. Oktober, nach 14:00 Uhr: Demonstration vor der Landesbank in Stuttgart

Der Strom von DemonstrantInnen, der sich aus der S-Bahn aus Esslingen drängt, scheint nicht mehr aufzuhören. Nach einer kleinen Runde durch die Klett-Passage und den Stuttgarter Hauptbahnhof marschiert der Demonstrationszug direkt auf die Landesbank zu und kommt erst kurz vor deren Eingang zum Stehen.

Der Hof der Landesbank ist mit Menschen überfüllt, viele stehen noch auf dem Platz außerhalb des Glaspalastes. Dort ist ein Stand der IG Metall und ein Zelt der „Mahnwache“.

Im Hof der Landesbank ertönen die kämpferischen Reden von Sieghard Bender, den Betriebsratsvorsitzenden von INDEX und Traub und weiteren IG Metall-Funktionären.

Eine Delegation der beiden Betriebe überbringt dem Vorstand der LBBW einen Offenen Brief mit den Forderungen der IG Metall und der Aufforderung, sich endlich zu Gesprächen bereit zu erklären.

Im Anschluss an die Kundgebung geht die Belagerung der LBBW mit einer Mahnwache weiter, die die ganze Nacht durch bis zur Ankunft der Heller-Belegschaft dauert, die einen Tag später vor der LBBW demonstrieren wird.

Mittwoch, 14. Oktober: Die Belagerung der LBBW geht weiter

Trotz massiver Einschüchterungsversuche der Heller-Geschäftsleitung machen sich ebenfalls im Anschluss an eine Mitgliederversammlung vor dem Haupttor der Fa. Heller in Nürtingen mehrere Hundert Beschäftigte von Heller und anderen Betrieben in Nürtingen auf den Weg nach Stuttgart und demonstrieren vor der LBBW.

Wie die Belegschaften von Index/Traub am Dienstag geißeln auch sie die Politik der Banken und der Regierungen und fordern Unterstützung für ihre Betriebe.

IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann fordert in einer Rede von der Landesregierung, einen Fonds einzurichten, mit dessen Hilfe die Eigenkapitalbasis zukunftsfähiger Unternehmen gestärkt werden könne. Außerdem forderte er Ministerpräsident Oettinger auf, sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass die Verlängerung des Kurzarbeitergeldbezugs auf 24 Monate auch noch im nächsten Jahr fortgeführt wird. Es müsse alles unternommen werden, um Arbeitsplätze zu erhalten. Für die Beschäftigten, die ihren Arbeitsplatz verlieren, müsse die Laufzeit von Transfergesellschaften und der Bezug von Arbeitslosengeld I verlängert werden.

Nach der Kundgebung wollen die Demonstranten das Regionalparlament der Region Stuttgart, das in den Räumen der LBBW tagt, über die aktuellen Probleme des Maschinenbaus informieren. Das Präsidium des Regionalparlaments lehnt ein Rederecht für Sieghard Bender jedoch ab. Die Empörung darüber, dass das Parlament sich nicht die Zeit nimmt, die Probleme seiner WählerInnen anzuhören, war groß. Immerhin stellten sich dann nach der Sitzung noch Vertreter der Fraktionen der Diskussion mit den Demonstranten. Während die Vertreter von SPD und Linkspartei wenigstens ihre Solidarität bekunden, blamiert sich die Sprecherin der CDU vollkommen, indem sie sich darüber beschwert, sie sei von der IG Metall nicht informiert worden, und deswegen sei es falsch, einfach zu der Sitzung aufzutauchen.

Fazit

Auch wenn die Aktion noch sehr zurückhaltend angelegt war und die offiziellen Ziele der IG Metall, die insbesondere Jörg Hofmann vortrug, wohl kaum jemanden hinter dem Ofen hervorgelockt haben, war die Aktion selbst aus Sicht der Teilnehmer eine großartige Sache. Noch nie zuvor waren so viele Beschäftigte ihres Betriebs zu solch einer Aktion aufgebrochen mit dem gemeinsamen Ziel, die eigene Stärke zu zeigen und um die Arbeitsplätze zu kämpfen.

Im Mittelpunkt stand Benders Konzept, den Werkzeugmaschinenbau und die Industrie der Region mit Hilfe von Regionalfonds und Krediten zu retten.

Die Aktion zeigte aber auch, dass die Belegschaft einerseits sehr wohl mobilisierbar ist, es andererseits aber keine wirkliche Kampfperspektive gibt. Kundgebung, Reden, Offene Briefe und Mahnwache sind bisher das Äußerste, was IG Metall macht, plus ein bisschen Bender-typische Verbalradikalität.

Die nächste Zeit wird zeigen, ob es sich gelohnt hat zu kämpfen, und ob es gelingt, noch eine Schippe draufzulegen, den Widerstand zurück in den Betrieb zu tragen und auf andere Betriebe und die Region auszudehnen.

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