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Uni-Streik

Arbeiter und Studenten: ein Kampf!

Martin Mittner, Neue Internationale 86, Dezember 2003/Januar 2004

Studiengebühren her! lautet das Credo der Unternehmer und Regierungen. Während die Hessische Koch-Regierung ganz unverfroren Studiengebühren einführt, bitten SPD, Grüne und PDS durch die Hintertür zur Kasse. So will der Berliner SPD/PDS-Senat "Studienkonten" einführen. Jede/r StudienanfängerIn soll eine bestimmte Anzahl von "Credit Points" oder Semesterwochenstunden erhalten. Sind diese aufgebraucht, muss für den Besuch weiterer Veranstaltungen für jedes weitere Semester gezahlt werden (momentan sind 500 Euro im Gespräch). Gleichzeitig soll massiv einspart werden - an manchen Unis und Fachhochschulen über 10%.

Auf diese Sparpläne und Verschlechterungen der Studienbedingungen und der Lebenssituation der Studierenden kann es nur eine Antwort geben: unbefristeter, bundesweiter Besetzungsstreik an allen Universitäten!

Sparpolitik und Agenda 2010

Die Kürzungen an den Unis sind Teil eines Generalangriffs auf Arbeitsbedingungen, auf soziale Rechte, auf Bildung, Gesundheitswesen, Renten, kurz: auf alle Lohnabhängigen - seien sie beschäftigt oder erwerbslos. Die Unis und große Teiles des Bildungssektors sollen privatisiert werden. "Bildungs- und Ausbildungsgutscheine" sollen den "Zugang", besser die Selektion regulieren und gleichzeitig die Kosten für Ausbildung drücken.

Besonders betroffen sind die Kinder aus Arbeiter- und Angestelltenfamilien und von ImmigrantInnen. Kein Wunder, dass der Anteil von Arbeiterkindern an den Unis in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist. Neben dem Notenknüppel NC tritt immer offener der soziale Numerus clausus, der mehr und mehr Studierende zur Arbeit in Billigjobs (und allzu oft auch als Lohndrücker) zwingt.

Bildung soll noch direkter den Erfordernissen "der Wirtschaft" - sprich der großen Konzerne - angepasst werden, die Finanzierung auf die Schultern der Studierenden (bzw. ihrer Eltern) abgewälzt werden.

Die StudentInnen stehen vor derselben Wahl wie alle anderen, die von der Sparpolitik betroffen sind: weiterhin die bitteren Sparpillen schlucken und die nächsten Verschlechterungen murrend in Kauf nehmen - oder aber Widerstand organisieren und gemeinsam die Angriffe von Unternehmern, Regierung und Senat abwehren!

Hinter der Empörung vieler Studis, dass "auch bei ihnen" gespart wird, steckt nicht nur berechtigter Zorn, sondern auch ein Standesdünkel - und, bei einer kleiner werdenden Minderheit, die Hoffnung, selbst zu den künftigen Systemgewinnern zu gehören.

Mit diesem Dünkel muss Schluss sein! Allein werden die Studierenden ihre berechtigten Forderungen nicht durchsetzen können. Sie müssen sich entscheiden: Entweder sie kämpfen mit den Erwerbslosen und Lohnabhängigen, mit den Gewerkschaften, mit den sozialen Bewegungen, gemeinsam gegen Staat und Kapital oder sie hängen weiter der illusionären Hoffnung an, ihre Interessen auf Kosten anderer durchzusetzen.
Es ist daher ein Schritt vorwärts, dass an vielen Unis Resolutionen verabschiedet wurden, die für eine solche Perspektive aufrufen. In Berlin wird am 13. Dezember eine gemeinsame Großdemo von Studierenden, Gewerkschaften und Erwerbslosen, allen von den neo-liberalen Kahlschlägern Betroffenen stattfinden.

Verbündete

Die nächsten Verbündeten der Studierenden sind zweifellos die Beschäftigten an den Unis - vom Reinigungspersonal, den Beschäftigten in den Mensen bis zum Lektor. Sie sind genauso von den Kürzungen betroffen - mit dem Verlust ihrer Existenzgrundlage. Deshalb müssen auch sie für den Streik gewonnen werden!

Unsinnig ist freilich das Hoffen auf "die" Professoren. Diese Systemverwalter und Lenker kapitalistischer Hochschulpolitik stehen in der Regel auf der anderen Seite - aus gutem Grund. Die Profs sind Teil der herrschenden Elite in diesem Land, oft genug sind sie selbst "Vordenker" neoliberaler Reformen und einer elitären Bildungspolitik.

Ist nicht der Ruf nach Studiengebühren eine alte Forderung der Uni-Direktoren und Professorenkonferenzen? Ist nicht der Ruf nach mehr "Drittmitteln" (also für die Zwecke des Kapitals direkt zu vergebender Mittel) das Credo zahlreicher Institutsvorstände? Die Umstrukturierung der Unis mag zwar manche Professorenstelle kosten, sie eröffnet diesen "Leistungsträgern" im Dienste von Kapital und Staat aber auch ganz neue Bereicherungsmöglichkeiten.

Unbefristeter Besetzungsstreik!

Ein solcher Streik allein kann zwar nur beschränkt ökonomischen Druck ausüben - er kann aber enorme Energien unter den Studierenden freisetzen und außerdem Aktionen anderer von der Sparpolitik Betroffener - z.B. im öffentlichen Dienst - ermutigen.

Die Besetzung der Unis ist - das zeigen alle früheren Versuche - unbedingt erforderlich. Es wäre ja auch ein sonderbarer "Streik", der die Fortführung der meisten Lehrveranstaltungen oder das Weiterstudieren zuließe. Davon lässt sich keine Regierung der Welt beeindrucken - schon gar nicht in der jetzigen Situation. Der Streik muss lückenlos durchgesetzt werden! Nur so hat er eine Chance. Andernfalls würde er die Streikenden rasch vor die Alternative stellen, ein Semester zu verlieren oder das Studium wieder aufzunehmen. Entscheidend wird sein, dass der Streik nach den Weihnachtsferien fortgeführt wird. Das erfordert sowohl eine Verbindung mit den ArbeiterInnen und Erwerbslosen, um den Kampf der Studis zu beflügeln - er will aber auch an den Unis gut vorbereitet sein:

Regelmäßige Streikversammlungen an den Instituten, Fakultäten und Unis!

Wahl von Streikkomitees, die uni- und stadtweit koordiniert sind, um gemeinsame Aktionen wie Demos und Blockaden untereinander und mit den Gewerkschaften, mit Betriebsräten und Vertrauensleuten, mit den Sozialen Bewegungen abzusprechen und durchzuführen.

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Nr. 86, Dez 2003/Jan 2004

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*  Uni-Streik: Arbeiter und Studenten, ein Kampf!
*  IG Metall: Oh Schreck - Tarifrunde!
*  Argentinien: Nein zur Repression!
*  Repression im Betrieb: Siemens - ohne Maske
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*  Wahlen in Frankreich: Antikapitalismus mit Reformprogramm?
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*  Slowakei: Free Mario!
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