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IG Metall Tarifrunde 2016

Kleckern oder doch klotzen?

Kuno Benz, Neue Internationale 208, April 2016

Die Metall-Tarifrunde verläuft bisher wie alle Tarifrunden in den Jahren zuvor. Stimmt das? - Auf den ersten Blick - Ja. Die Forderung nach 5% mehr Entgelt ist nicht gerade weltbewegend, da kann ja zügig ein Abschluss erreicht werden.

Wie bereits in der letzten Ausgabe der „Neuen Internationale“ (http://www.arbeitermacht.de/ni/ni207/igmetall.htm) berichtet, tat und tut die IG Metall-Führung alles Erdenkliche, um die Tarifbewegung möglichst klein zu halten. Weitergehende Forderungen, wie in der letzten Tarifrunde die Alters- und die Bildungsteilzeit, fehlen dieses Mal. Damit ist gewährleistet, dass auch wirklich jedes Mitglied und jedeR FunktionärIn - ohne große Erklärungen (und ohne große Mobilisierung) versteht, um was es geht. Ein bisschen mehr Geld kann ja jeder gebrauchen - und so bekommt bisher auch kaum jemand von der Tarifrunde etwas mit.

Herausgehalten

Bewusst völlig aus der Tarifrunde herausgehalten wurden weitergehende Forderungen wie die Verbindung zu existenziellen Kämpfen, wie gegen Entlassungen, Stilllegungen, Verlagerungen, gegen Leiharbeit, Werkverträge - also alles, wo die Auseinandersetzungen härter und für die IG Metall-Führung unangenehmer werden könnten. Kämpfe um Arbeitszeitverkürzungen finden sogar gefühlt seit Menschengedenken nicht mehr statt. Stattdessen wird in den Pressemitteilungen der IG Metall kein Aufwand gescheut, um zu belegen, dass doch ein „deutliches Plus im Geldbeutel“ allen - also aufgrund der steigenden „Kaufkraft“ und damit der „Nachfragestärkung“ auch dem Tarifgegner - nur Vorteile bringen würde.

Besonders peinlich ist die Argumentation mit der „boomenden Wirtschaft“ - wie fühlen denn da die KollegInnen in den Betrieben, wo es Kurzarbeit gibt oder wo Entlassungen drohen? Diese Argumentation spielt lediglich den Tarifgegnern in die Hände, die da natürlich versuchen, die bedrohten KollegInnen gegen die besser gestellten auszuspielen.

Zwar gibt es immer noch KollegInnen z.B. in der gut ausgelasteten Autoindustrie, die ordentlich bezahlt sind und teilweise hohe Extra-Prämien bekommen. Aber es gibt immer mehr, die sogar deutlich unter dem Tarif bezahlt werden und denen selbst die Tariferhöhungen verweigert werden - sei es, dass sie z.B. als LeiharbeiterInnen bereits außerhalb des Metalltarifs beschäftigt sind - oder die damit erpresst werden, auf die Tariferhöhung zu verzichten, da der Betrieb oder die Arbeitsplätze gefährdet seien.

Wie gewohnt unternimmt die IG Metall-Führung alles, um die Kämpfe der gesamten Klasse nicht miteinander zu verbinden. Existenzielle Kämpfe sind für die Gewerkschaftsspitze etwas völlig anderes als Lohnrunden. Anstatt sie zu nutzen, um der Kapitalistenklasse nicht nur ein paar Tarif-Prozente abzutrotzen, sondern gemeinsame Kämpfe für gemeinsame Ziele zu führen, wird noch mehr als die Jahre zuvor eine „Wohlfühl-Tarifrunde“ angestrebt.

Neue Streikform?

Erstmals mit dieser Tarifrunde könnte auch dank einer Satzungsänderung eine neue Streikform zur Geltung kommen: bezahlte Warnstreiks. Begründungen für diese wahrscheinlich eintägigen Streiks sind vielfältig: Es gebe eine „zusätzliche Eskalationsstufe“, Gewerkschaftsmitglieder profitierten endlich direkt von ihren Mitgliedsbeiträgen, die Streikkassen wären gut gefüllt, usw. Vor allem aber dürfen diese bezahlten Warnstreiks als „Schutz“ vor unbefristeten und für die IG Metall-Führung schwerer kontrollierbaren „Erzwingungsstreiks“ gesehen werden. Die Messlatte dafür, einen „richtigen“ Streik durchzuführen, ist damit noch einmal ein gutes Stück in die Höhe gewachsen.

Dennoch sollten die Metall-Beschäftigten nicht zögern, die Führung aufzufordern, solche Streiks zu organisieren - als Vorstufe für unbefristete Streiks.

Damit die Tarifrunde zu einem Wendepunkt wird, der alle Beschäftigten und die gesamte Klasse vorwärts bringt, schlagen wir (nicht nur) für die Tarifrunde folgende zusätzlichen Mobilisierungspunkte vor:

5 % sind schon nicht besonders viel. Daher: Das Ergebnis darf kein Zehntel darunterbleiben!

Keine Tricksereien über Laufzeiten! 5 % für 12 Monate!

Gleiche Bezahlung für alle! Alle LeiharbeiterInnen, WerkverträglerInnen usw. in denselben IG Metall-Tarif wie die Stammbelegschaften!

Keine Entlassungen, Betriebsschließungen, Verlagerungen! Die Kapitalisten sollen für den Erhalt der Arbeitsplätze bezahlen, im Zweifel durch entschädigungslose Enteignungen!

Gegen Beschäftigungsabbau: Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich!

Die gesamte Tarifbewegung, insbesondere die Verhandlungen, unter die volle Kontrolle der Beschäftigten!

Unabhängige Streikkomitees aller Beschäftigten inklusive der LeiharbeiterInnen und WerkverträglerInnen!

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Nr. 208, April 2016

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