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Konferenz der Gewerkschaftslinken

Mühsame Schritte

Frederik Haber/Tobias Hansen, Neue Internationale 185, Dezember 2013/Januar 2014

An die achtzig TeilnehmerInnen beteiligten sich in Bochum an der Konferenz „Statt Abbau gestalten - gewerkschaftlichen Widerstand organisieren“. Eingeladen hatte der Arbeitsausschuss der Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken. Dieser vertritt nicht alle Gruppierungen und Strömungen am linken Gewerkschaftsrand, ist aber die einzige Formation, die sich darum bemüht, überregional und über die Grenzen einzelner Organisationen Aktive zusammen zu bringen. Ihr Schwerpunkt liegt in Süddeutschland.

Bochum

Der Schritt nach Bochum zu gehen, sollte ein Signal sein, dem Kampf um OPEL Bochum das Gewicht zu geben, dass er angesichts der langen Tradition harter Kämpfe dort für linke MetallerInnen hat.

Eigentlich hätten Betriebsrat und Vertrauenskörperleitung von OPEL eine solche Konferenz organisieren müssen. Nachdem die Belegschaft im Frühling den erbärmlichen Stilllegungsplan, den IG Metall und Gesamtbetriebsrat ausgehandelt hatten, mit Zweidrittelmehrheit abgelehnt hatten, hätte eine Alternative nur auf Widerstand und Kampf basieren können. Dazu wäre bundesweite Solidarität nötig und möglich gewesen, aber auch die Diskussion um die Fragen, wie mit der Auto-Krise umgehen, mit Überkapazitäten, mit Umweltproblemen und der weltweiten Arbeitsteilung.

In diesem Falle, wären voraussichtlich zehnmal so viele nach Bochum gekommen. Leider fand sich kein Vertreter der Mehrheit des Betriebsrats bereit zu kommen trotz Zusage. Die Betriebsrätin der MLPD-nahen Liste Offensiv ließ sich immerhin durch einen Vertrauensmann ihrer Liste vertreten. Es ist nicht verwunderlich, dass zwei Wochen nach der Konferenz auch der Bochumer Betriebsrat einen Sozialplan akzeptierte, der völlig im Rahmen des Planes liegt, den der Gesamtbetriebsrates vor einem Jahr entwickelt hat und den die Belegschaft abgelehnt hatte.

Dieser Ausverkauf macht die Lage der Linken in den Gewerkschaften deutlich: Selbst die FunktionärInnen, die kritisch der Generallinie gegenüberstehen, oftmals Mitglied der Linkspartei sind, halten sich im Ernstfall an die Linie und die Disziplin des Apparats - selbst dann, wenn sie die Basis für andere Entscheidungen hätten: 66% wären im Gegenteil sogar ein Auftrag zu handeln und Widerstand gegen die Stilllegung zu organisieren.

Die Schwäche der Gewerkschaftslinken ist also die Kehrseite einer Gewerkschaftsbewegung, die Regierung und Großkapital in ihre Projekte einbezogen wird, deren Führung im Gegenzug darauf verzichtet, die Interessen der abhängig Beschäftigten jenseits der Absprachen im Rahmen dieses Standort Deutschlandprojektes zu vertreten.

An und in der IG Metall wird dies am deutlichsten: Obwohl die Bochumer Konferenz genau die Fragen stellte, die auch eine Kampfkonferenz zur Verteidigung von OPEL hätte stellen müssen, lasten die Niederlagen der letzten 10 Jahre und die Macht des Apparates auf allen Schritten nach vorne. Dagegen zeigten die Berichte und die Debatten am Sonntag zum Tarifkampf im Einzelhandel viel praktischere Beispiele von Basisinitiativen und Mobilisierungsfähigkeit auf.

Beim Einzelhandel bewies eine Branche mit sehr niedrigem Organisationsgrad, dass Mobilisierung und Aktivierung trotz erheblicher Widrigkeiten möglich sind. Von ver.di Stuttgart wurde berichtet, dass so auch alle größeren Modeketten (H&M, Esprit, Zarah) in Stuttgart nun einen Betriebsrat haben. Bei den Streikaktionen würden viele Aktive außerhalb der Betriebe und gewerkschaftlichen Apparate, die Streiks unterstützen.

Perspektive der Gewerkschaftslinken

Die Große Koalition liefert schon vor der Vereidigung genügend Vorlagen für ein kämpferisches gewerkschaftliches Handeln. Der Mindestlohn wird sehr verzögert eingeführt, bis dahin ist auch dieser weniger wert, ebenso werden Werkverträge und Leiharbeit praktisch so gelassen wie sie sind und bei der Tarifeinheit wird der Angriff wiederholt aus 2011. Hier ist ein wichtiger Anknüpfungspunkt für die linken GewerkschafterInnen, 2011 gelang es ein sehr breites Bündnis (von GDL bis FAU bis DGB Gewerkschaften) an einen Tisch zu bringen. Dies ist auch jetzt wieder erforderlich, wir können uns nicht darauf verlassen das erneut große Bezirke oder Fachbereiche (ver.di, NRW und FB Medien) dagegen stimmen - dafür müssen wir mobilisieren.

Ebenso sind der Mindestlohn und die Leiharbeit weiterhin Themen, zu denen wir Initiativen in den Gewerkschaften benötigen, dazu müssen wir auch die KollegInnen der Linkspartei bewegen, wenn es keinen Druck gibt in den Gewerkschaften wird die Große Koalition nichts daran ändern. Im Gegenteil kann aber eine kämpferische Gewerkschaftspolitik die Regierung vor sich her treiben, dies muss - auch wenn die heutige Situation dies kaum erkennen lässt - das Ziel der linken und kämpferischen GewerkschafterInnen sein.

Aufbau von Basisgruppen

Dazu muss auch die Gewerkschaftslinke besser aufgestellt sein, als sie es derzeit ist. Es muss um den Aufbau von Basisgruppen gehen, die auch außerhalb Süddeutschlands eine gemeinsame Linie in den Gewerkschaften vertreten, dies ist überlebensnotwendig. Aus der Erklärung der IVG aus Bochum sollte vor allem folgender Inhalt mit Leben gefüllt werden:

„Um diese Ziele zu erreichen, ist eine weitere Vernetzung der linken GewerkschafterInnen dringend notwendig. Gelegentlicher Meinungsaustausch und gemeinsame Empörung reicht nicht, um einen Kurswechsel in den Gewerkschaften zu erreichen. Dieser ist aber dringend nötig, um die Angriffe des Kapitals abwehren zu können und durch solidarische Kämpfe die Interessen der Werktätigen wirkungsvoll zu vertreten.

Mit dem gewerkschaftspolitischen Ratschlag letztes Jahr konnten wir zwar neue Kräfte für die Vernetzung der Gewerkschaftslinken gewinnen. Es gibt aber noch weit mehr GewerkschafterInnen, die für die gleichen Ziele streiten, aber nicht vernetzt sind. Auch sie laden wir zur Mitarbeit ein. Je mehr am gleichen Strang ziehen, desto wirkungsvoller können wir vorwärtskommen. Verhindern wir gemeinsam den Abbau von gewerkschaftlichen Errungenschaften! Organisieren wir solidarisch den gewerkschaftlichen Widerstand gegen die Angriffe des Kapitals!“

Was hier noch zu kurz kommt, ist ein Vorschlag wie wir Basisgruppen in Städten, Fachbereichen und Betrieben aufbauen können, die oppositionelle Politik vor Ort betreiben. Dazu müssen wir mit den genannten Themen aktiv werden und darum Basistreffen und Basisarbeit organisieren - nur so kann eine GW Linke aktiv aufgebaut werden.

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Nr. 185, Dez. 13/Jan. 14
*  Lage nach den Wahlen: Was tun gegen die Große Koalition?
*  Koalitionsvertrag: Neuer Vorstoß zur "Tarifeinheit"
*  Konferenz der Gewerkschaftslinken: Mühsame Schritte
*  Niederlage bei Norgren: Sozialplan vereinbart, Streik ausverkauft
*  Einzelhandelsabschluss in Baden-Württemberg: ver.di rettet den Weihnachtsprofit
*  Blockupy 2014: Blockade und Selbstblockade
*  Neue Anti-kapitalistische Organisation: Jahr der Bewährung
*  China: Reform und Repression
*  Krise in Thailand: Pseudodemokraten greifen nach der Macht
*  Massenproteste in der Bretagne: Vorbote neuer Kämpfe
*  Luxemburg/Liebknecht-Ehrung: In wessen Spuren?