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Blockupy 2014 Mobilisierung braucht Perspektive Martin Suchanek, Neue Internationale 184, November 2013 Die Krise ist zwar noch längst nicht ausgestanden, die „Rettungsschirme“ und die Troika-Diktate haben Millionen gerade in Südeuropa in Arbeitslosigkeit und Armut getrieben - trotzdem wollen die europäische Bourgeoisie, die Regierungen der EU-Staaten und das Finanzkapital die Eröffnung der neuen EZB-Zentrale in Frankfurt/M. gebührend feiern. Schließlich symbolisiert die EZB nicht nur die Erfolge der herrschenden Klasse bei der Abwälzung der Kosten der Krise auf die Masse der Bevölkerung. Sie symbolisiert auch die führende Rolle des deutschen Imperialismus in der EU. Treffender Anlass Ort und Anlass sind gut gewählt. Nur wenige Institutionen vereinen so viel Macht in Europa und erst recht in der EU. Die EZB sitzt am Hebel einer der wichtigsten Waffen der EU und des deutschen Imperialismus in der Weltmarktkonkurrenz - sie regiert den Euro. Frankfurt ist eines der Zentren des europäischen Kapitals. Selbstredend sind die Krise und erst recht nicht ihre strukturellen Ursachen „überwunden“. Im Gegenteil: die Überakkumulation von Kapital - die auch in riesigen Überkapazitäten und in überschüssigem „fiktiven“ Kapital zum Vorschein kommt - geht infolge der „Rettung“ der großen Kapitale mit dem nächsten Krisenausbruch schwanger. Die Konkurrenz unter den großen Kapitalen und Weltmächten verschärft sich notwendigerweise auf wirtschaftlicher und politischer Ebene. Über Symbolik hinaus Freilich, so gut Ort und Anlass gewählt sind - eine Frage bleibt: Wie kommen wir mit Blockupy über eine symbolische Mobilisierung hinaus? Wie kann eine solche Kampagne einen Beitrag zum Aufbau und zur Verbindung des Widerstands auf europäischer Ebene beitragen? In den letzten Jahren war Blockupy gerade für die Linke in Deutschland, aber auch für das Spektrum um Linkspartei, attac, linke GewerkschafterInnen ein wichtiger Referenzpunkt. Allerdings blieb die Mobilisierungskraft auch weitgehend auf dieses Spektrum begrenzt, auf 10.000, maximal 20.000 Menschen. Gegenüber 2012 war 2013 das Potential sogar eher kleiner. Soll 2014 ein politischer Erfolg werden, wird sich dieser auch daran messen lassen müssen, ob es gelingt, deutlich mehr AktivistInnen der Linken, der sozialen Bewegungen und aus Gewerkschaften zu mobilisieren. Dazu ist es einerseits notwendig, ein gut funktionierendes internationales Mobilisierungsbündnis aufzubauen, das sich auf lokale Gruppen stützt. In einem solchen Bündnis sollte jede unterstützende Organisation/Gruppierung oder jedes lokale Bündnis mit einer Stimme (wenn nötig größere Organisationen auch mit gewichteten Stimmen) vertreten sein. Dazu gilt es, in den einzelnen Ländern, wie auch auf lokaler Ebene, die Mobilisierung eng mit anderen politischen und sozialen Kämpfen zu verbinden. Als drei Schwerpunkte seien hier genannt: Eine solche aktive Einbindung der Blockupy-Mobilisierung wäre ein Weg, die Demonstrationen, Blockaden, Aktionen, Diskussionsveranstaltungen im Rahmen von Camps und Gegenveranstaltungen über ihren Ein-Punkt-Charakter hinauszubringen. Sie müssten und könnten so wirkliche Massenaktionen werden, die eingebunden wären in eine umfassendere Konzeption zum Aufbau bundes- und europaweiten Widerstands. Wofür kämpfen? Das erfordert aber eine Forderungsplattform, eine demokratische Diskussion und Beschlussfassung, wofür „Blockupy 2014“ überhaupt kämpft, wofür z.B. ArbeiterInnen in Betrieben für die Aktionen gewonnen werden sollen. Politische Gemeinplätze wie „Gegen das europäische Spardiktat, gegen das Kommando der EU-Troika, für Widerstand über alle Ländergrenzen hinweg, für echte Demokratie!“, wie es im Aufruf zur Konferenz steht, reichen dazu aus mehreren Gründen nicht aus. Klar, alle sind gegen Spardiktate und die Troika, doch zweifellos wollen viele auch genauer wissen, wofür wir stattdessen kämpfen. Widerstand über die Ländergrenzen hinweg, ist eine vollkommen richtige Zielsetzung - sie muss aber mit konkreteren Vorschlägen gefüllt werden, was nicht zuletzt auch erfordert, klarer zu vereinbaren, wogegen bzw. wofür dieser Widerstand überhaupt entwickelt werden soll. Schließlich ist die Forderung nach „echter Demokratie“ - so gut sie angesichts der ständigen Angriffe auf demokratische Rechte auch gemeint sein mag - nur eine Allerweltsformel, hinter der sich der Ruf nach „echtem“ Parlamentarismus ebenso verbergen kann wie jener nach einer grundsätzlich anderen Form der Demokratie, die auf Räten und der Enteignung der herrschenden Klasse beruht. Sind konkrete Forderungen schon für eine Mobilisierung in Deutschland unerlässlich, so erst recht für eine europaweite. Wir schlagen daher folgende Forderungen vor: Eine Mobilisierung um solche Forderungen müsste mit dem Aufbau von lokalen, bundesweiten und internationalen Bündnisstrukturen einhergehen. Sie müsste auch damit verbunden werden, aktiv zu versuchen, möglichst viele Gewerkschaften bzw. deren Grundstrukturen, und Parteien, die sich auf die Arbeiterklasse stützen, MigrantInnenorganisationen, Jugend- und Frauenorganisationen und andere Gruppen von Unterdrückten zu gewinnen. Ein solches Bündnis würde natürlich unterschiedliche politische und weltanschauliche Spektren von ReformistInnen bis zu RevolutionärInnen umfassen. Es wäre natürlich unsinnig, eine Übereinkunft zu längerfristigen strategischen und programmatischen Positionen zur Grundlage der Aktion machen zu wollen. Wohl aber ist es möglich und notwendig, im Rahmen von Blockupy die notwendig kontroverse Diskussion über unterschiedliche Analysen, Strategien, längerfristige Zielsetzungen zu intensivieren. Denn bei aller Wichtigkeit der Mobilisierung und Vertiefung der Bewegung können und müssen wir die Blockupy-Debatte auch dazu nutzen, zu diskutieren, welche Strategie, welches Programm, welche Form von Organisation die Bewegung braucht. Dies ist umso dringlicher, weil die Entwicklung seit 2008 auch eines zutrage brachte: Nicht nur die europäischen Kapitalisten und Imperialisten haben internationale Organisationsstrukturen und Strategien. Auch die BürokratInnen in der Arbeiterbewegung - allen voran in den Gewerkschaften und reformistischen Parteien - haben solche Strukturen, auch wenn diese mehr zur Lähmung denn zur Förderung des Widerstands verwendet werden. Nur die „radikale Linke“, die anti-kapitalistischen Kräfte verfügen nicht darüber. Lose, unverbindliche Netzwerke, der Verzicht auf Forderungen, geschweige denn auf Strategie, Taktik, Programm und verbindliche politische Organisation haben sich als Weg in die Sackgasse, als Weg zur eigenen Paralyse erwiesen. Wir müssen die Mobilisierung auch dazu nutzen, diese Lähmung von Anti-KapitalistInnen und RevolutionärInnen zu überwinden, indem wir erste Schritte zu einer europäischen sozialistischen Konferenz entwickeln, indem wir ein europäisches Aktionsprogramm gegen die Krise diskutieren und mit dem Kampf für eine neue, revolutionären Arbeiter-Internationale verbinden. |
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![]() Nr. 183, Oktober 2013
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