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Skandal in München

Ver.di als Streikbrecher

Helga Müller, Neue Internationale 157, März 2011

Ende August führten die KollegInnen der GDL im Münchner öffentlichen Nahverkehr einen mehrwöchigen Streik um bessere Arbeitsbedingungen. Nachdem ver.di in diesem Bereich für Bayern am 20.08.10 einen neuen Tarifvertrag abgeschlossen hatte, kämpften die KollegInnen der GDL ohne Unterstützung von ver.di weiter.

Hintergrund

Zunächst hatten ver.di und die dbb-Tarifunion, zu der die GDL gehört, im Sinne eines einheitlichen gewerkschaftlichen Vorgehens im bayerischen Nahverkehr gemeinsame Forderungen aufgestellt. Diese beinhalteten eine Lohnerhöhung von 5% ab dem 1.07.10 bei einer Laufzeit von 12 Monaten und einen Zuschlag für die besonderen Belastungen bei geteiltem Dienst und die Anerkennung der Arbeitsunterbrechungen bis zu 2 Stunden abzüglich der gesetzlichen Pausen als Arbeitszeit.

Der Abschluss von ver.di - bei einem einmaligen kurzen Warnstreik - bestand in einer Erhöhung von 1,6 % ab dem 1.09.10 und einer weiteren von 1,9 % ab April 2011, die Laufzeit beträgt 21 Monate.

Nachdem die Bezahlung der Wege und Wartezeiten für die Bus-, U-Bahn und Straßenbahn-FahrerInnen seitens ver.di entgegen allen Absprachen fallengelassen wurde, trat die GDL aus der gemeinsamen Verhandlungskommission aus und rief ihre Mitglieder in München zum Streik für die Durchsetzung dieser Forderung auf!

Daraufhin entfachten die Verantwortlichen von ver.di-München im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs eine selten gesehene Hetzkampagne gegen die streikenden GDL-KollegInnen bis hin zum Aufruf an die KollegInnen im Fahrdienst, sich nicht an den Streiks zu beteiligen. Wir zitieren aus einem der Flugblätter des FB Verkehr von ver.di-München vom 6.9.10, in dem an an die „Friedenspflicht“ auch für GDL-Mitglieder erinnert wird: „Das gilt grundsätzlich auch für nichtorganisierte Beschäftigte und Mitglieder anderer Gewerkschaften, die Inhalte unserer Tarifeinigung in Anspruch nehmen. Eine Beteiligung an Streiks ist somit rechtlich nicht zulässig.“ Und weiter: „Niemand darf von Streikenden daran gehindert werden, seine Arbeit aufzunehmen.“  De facto ist das ein Aufruf zum Streikbruch von Seiten einer Gewerkschaft - eine Vorgehensweise, die man eigentlich nur von der Gegenseite kennt!

Dabei blieb es aber nicht, Verantwortliche von ver.di setzten zusammen mit dem öffentlichen Arbeit„geber“ streikende GDL-Mitglieder persönlich unter Druck. Wie ist dieses infame Vorgehen von ver.di-Verantwortlichen zu verstehen?

Warum?

Diese Vorgehensweise findet seine Erklärung in der gemeinsamen Initiative von DGB und Arbeitgeberverband (BDA), das Streikrecht für Spartengewerkschaften einzuschränken, um sich „lästige“ - also kampfbereite - Konkurrenzgewerkschaften vom Leibe zu halten. Dazu muss man wissen, dass viele ver.di-Mitglieder 2007 in die GDL gewechselt sind, weil sie diese anlässlich des Lokführer-Streiks von 2007 als eine kämpfende Gewerkschaft erlebt haben, die im Gegensatz zu ihrer eigenen Organisation auch bereit war, um ihre Forderungen längere Streiks zu organisieren.

Bei aller Kritik, die wir auch an der GDL haben, hat sich in diesem Streik die GDL als eine Organisation bewiesen, die auch zu gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen bereit ist und nicht den Betriebsfrieden, um den Betrieben über die Krise hinwegzuhelfen - wie es in einer Presseerklärung vom DGB-Chef Sommer zu der obigen Initiative heißt - in den Vordergrund stellt.

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Nr. 157, März 2011
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*  Geschichte des 8. März: Der Kampf geht weiter
*  Initiative "Tarifeinheit": Ein Angriff auf das Streikrecht
*  Skandal in München: Ver.di als Streikbrecher
*  Bahn: Sieg dem GDL-Streik!
*  Heile Welt
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*  Libyen: Gaddafis Bankrott
*  Naher Osten: Flächenbrand
*  Italien: Berlusconis Ende?
*  USA, Wicsonsin: ArbeiterInnen wehren sich
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*  Landtagswahlen in Baden-Württemberg: Weg mit Mappus und Schwarz-Gelb!