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AfD-demo in Berlin

Sag mir, wo du stehst ... wenn die AfD marschiert

Tobi Hansen, Infomail 849, 10. November 2016

Am 7. November wollte die AfD ihre „Herbstoffensive“ in Berlin mit einem Höhepunkt zum Abschluss bringen. Dazu hat sie bundesweit mobilisiert. Doch anstatt der erwarteten 10.000 kamen dann nur 2-3.000, um der nationalistischen und rassistischen Hetze ihrer Chefs Petry und Gauland zu lauschen. Gauland sprach dabei von „Barbaren“, die Europa überrennen würden, Petry vom Asyl- und Regierungschaos. Einig waren sie sich auch darin, dass Merkel zurücktreten solle.

Ein Erfolg war dieser Samstagnachmittag für die AfD aber deswegen, weil sie ihre Demo wie geplant durchsetzen konnte. Die Polizei hatte über 1000 „Kräfte“ im Einsatz und geleitete die AfD zum Hauptbahnhof. Dabei schlug und sprühte sie für die Versammlungsfreiheit der Rechtspopulisten auch recht eifrig. So wurde es für die AfD ein gelungener Abschluss ihrer Herbstoffensive, nachdem sie in den Wochen zuvor nur einige hundert Verwirrte und Verhetzte in Berlin auf die Straße gebracht hatte.

Das eigentlich Interessante ist aber die Niederlage der Linken an diesem Tag. Es gelang weder, die AfD-Demo zu blockieren, noch gelang es, mehr Menschen zu mobilisieren. Wenn Gauland von den einrückenden Barbaren warnt, dann fällt manchen Linken vielleicht spontan der berühmte Ausspruch Luxemburgs ein, die vor dem Ersten Weltkrieg die gesellschaftliche Alternative mit „Sozialismus oder Barbarei“ sehr treffend auf den Punkt brachte. Nun, für den Sozialismus, geschweige denn, gegen völkische und nationalistische Barbaren hat die Berliner Linke am Samstag nicht viel hinbekommen, stattdessen eher die eigene Desorientierung und Schwäche bewiesen.

Bei den Vorbereitungstreffen der Anti-AfD-Demo schmückten sich die Linkspartei und sogar die Jusos mit der Unterstützung der geplanten Blockadeaktionen, und es war ein recht großer Teil der radikalen Linken Berlins anwesend. Zwar fehlten die Gewerkschaften bei den Bündnistreffen, die meisten erwarteten aber eine größere Mobilisierung. Der Kleinst-Lauti verkündete dann am Ende der Demo eine TeilnehmerInnenzahl von 1.500 - 2.000 und hoffte darauf, dass dadurch die AfD nicht laufen könnte. Allerdings blockierte diese Demo keine Straße, sondern nur den Bebelplatz gegenüber der Humboldt-Uni, die Straßen waren von der Polizei per Gitter und durch viele Einsatzkräfte genügend geschützt. Die geschätzte Zahl war dann auch sehr beschönigend, da nach der Ankunft auf dem Bebelplatz innerhalb von 20 Minuten nur noch etwa 500 dablieben. Dies war hinsichtlich der Mobilisierung, aber auch hinsichtlich der Organisation eigentlich katastrophal.

Wahrscheinlich fühlten sich auch einige mehr vom „Bürgerfest“ am Brandenburger Tor angesprochen, wo die Parteien des Abgeordnetenhauses zur Feier für Demokratie und Toleranz luden. Doch auch dort war wenig los. Es gab gerade zwei politische Stände von SPD und Piratenpartei neben einem Verkäufer, der auch nur recht dünne Suppe feilbot. Insgesamt kamen nur wenige hundert Leute zum Brandenburger Tor, bevor dort auch Teile der Demo eintrafen.

Hier sollten sich die ca. 8.000 Mitglieder der Berliner Linkspartei und ihre wahrscheinlich hunderte Funktionäre und Hauptamtliche fragen, was sie eigentlich gegen AfD, Rassismus und rechte Hetze machen wollen. Am Brandenburger Tor mit den Verschärfern des Asylrechts feiern, den staatlichen Rassismus hofieren oder mit den anti-rassistischen und antifaschistischen Linken in Berlin auf der Straße sein?! Der Gegendemo reicht es dann nämlich nicht, wenn der Landesvorsitzende Lederer sich zwar über das Milieu von AfD-Unterstützern echauffiert, aber real wenige aus der Linkspartei auf die Straße bekommt. Das ist natürlich kein Vorwurf gegen die aktiven Bezirksgruppen, aktiv in dem Sinne, dass diese auch mal auf Demos gesehen werden. Aber die Linkspartei insgesamt, wie auch einige, die für die Linkspartei in den Gewerkschaften aktiv sind, haben sich am Samstag dem Widerstand gegen die AfD verweigert.

Deswegen hatten wir im NaO-Redebeitrag auch deutlich gemacht, dass die Linke und die ArbeiterInnenbewegung gemeinsame Bündnisse brauchen, welche der sozialen Spaltung und der rassistischen Hetze entgegen stehen. Wir brauchen aktive Bündnisse, die den staatlichen Rassismus bekämpfen und aktive Solidarität der deutschen ArbeiterInnenklasse mit den Geflüchteten herstellen - dazu braucht es mehr Anstrengungen, als „nur“ auf die Straße zu gehen, wenn die Nazis, AfDler, besorgte Braunbürger dies auch tun. Aber stattdessen gehen manche Teile der ArbeiterInnenbewegung und ihrer politischen Organisationen mit der CDU zum Fest, einer Partei, die derzeit versucht, möglichst schnell wieder wählbar für AfD-WählerInnen zu werden und sich als „Law & Order“-Partei zu präsentieren.

Wir treten weiter für einen gemeinsamen Kampf der radikalen Linken und der ArbeiterInnenbewegung gegen Rassismus und soziale Spaltung ein, dies bleibt eine vordringliche Aufgabe unserer Zeit. Dafür rufen wir alle Organisationen der Linken, der ArbeiterInnenbewegung auf, diese gemeinsame Aufgabe zu leisten und nicht erst auf die nächste Demo der Rechten zu reagieren, sondern gegen Nationalismus und Rassismus offensiv zu agieren.

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