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Feminismus in den 1980er Jahren

27. Gegen Ende der 1970er Jahre und in den ganzen 1980ern bewegte sich der Feminismus zunehmend auf Defensivkämpfe zu. Im Gefolge der Niederlagen der ArbeiterInnenbewegung in Westeuropa und in den USA wandten sie sich von pseudorevolutionären Strategien - ob nun sozialistische oder radikalfeministische - ab und reformistischen zu. Unter den Radikalfeministinnen wurden die Antipornographie-Kampagnen zentral und auf langwierige und ausgefeilte Kämpfe vor Gericht ausgerichtet. Unter den sozialistischen Feministinnen gab es einen größeren Schwenk in Richtung sozialdemokratische Parteien und in den USA sogar in gewissem Umfang zu der offen bürgerlichen Demokratischen Partei.

Frauenabteilungen wurden zum integralen Bestandteil der verschiedenen lokalen und nationalen Regierungsapparate der Sozialdemokratie. Kader aus der Frauenbefreiungsbewegung wurden zu gut bekannten, führenden Aktivistinnen innerhalb der reformistischen Parteien. Die radikalen Forderungen nach 'Befreiung' wurden zum Schweigen gebracht, als die Aktivistinnen der Frauenbewegung ihre Universitätsdiplome dazu hernahmen, um in 'Frauenstudien', Abteilungen, 'Gleichheitsämtern' der Regierung und in feministischen Verlagen zu arbeiten. Das Wachstum derartiger politischer Areale zeigte, dass der Staat gezwungen worden war, die Angelegenheiten der Frauenrechte in größerem Umfang als jemals zuvor aufzugreifen. In allen imperialistischen Ländern begannen staatliche Agenturen, Erziehungsabteilungen und die meisten der großen bürgerlichen Parteien offen die Thematik verbesserter Möglichkeiten für Frauen anzusprechen.

Diese Entwicklung ist zweifelsohne zum Teil der Tätigkeit der Frauen aus der Frauenbefreiungsbewegung und aus anderen Organisationen, wie den Gewerkschaften, als Lobby zuzuschreiben, aber es wäre falsch, das gesamte Verdienst der feministischen Bewegung zuzusprechen. In der Realität reflektieren diese Entwicklungen die tatsächlich sich verändernde Rolle der Frauen in der Gesellschaft, mit einer steigenden Anzahl von arbeitenden Frauen und mit besserer Kontrolle über ihre Fruchtbarkeit, was den Frauen gestattet, eine zentralere Rolle auf allen Ebenen der Gesellschaft zu spielen, obwohl sie ihre familiäre Rolle weiterhin beibehalten. Die Ausweitung staatlicher Versorgung in Gesundheitswesen, Sozialhilfe etc. bezog die Frauen in die Arbeit ein und gab ihnen auch größere Möglichkeiten der Teilnahme an Ausbildung, Politik und anderen gesellschaftlichen Aktivitäten.

Obwohl die Frauenbewegung zweifelsohne die Art und Weise, auf die die Frauen in die staatliche Verwaltung und ins politische Leben einbezogen wurden, beeinflusste, gab es die Tendenz dazu auch dort, wo es nur eine kleine oder unorganisierte feministische Bewegung in den 1970er und 1980er Jahren gegeben hatte. In Schweden z.B. gab es eine kleine Frauenbefreiungsbewegung, obwohl reformistische Frauengruppen seit der ersten Welle des Feminismus existierten. Dennoch ist es Schweden, wo die Frauen die größte Einbeziehung ins öffentliche Leben der kapitalistischen Länder aufweisen - 28% der Parlamentsmitglieder sind Frauen, verglichen mit 3,5% in Großbritannien, 5,9% in Frankreich und 7,9% in Italien (im Jahre 1983), alles Länder, die viel größere Frauenbefreiungsbewegungen besaßen.

Die Ausweitung der Einbindung der Frauen in den Staat und in andere Schauplätze hat viele Feministinnen (insbesondere aus dem sozialistisch- feministischen Lager) in die Politik gezogen; weg von ihrem bewusstseinserweiternden, alternativen Lebensstil der 1970er Jahre. Dies schloss eine bedeutende Zunahme an bürokratischen Posten für Frauen in den Gewerkschaften, die viele sozialistischen Feministinnen angezogen hatten, ein. Gleichfalls wurden die Frauen in die staatliche Verwaltung auf lokaler Ebene einbezogen. Hier stellten sich die chronischen Beschränkungen der Feministinnen und ihrer utopischen Strategien am klarsten dar: Keine der Frauenabteilungen, der Gleichberechtigungsprogramme oder der Frauenstudienkurse hat die Position der Arbeiterinnen bedeutend verändert. Fürsorgeagenturen wie Frauenhäuser und Antivergewaltigungszentren haben für einige Frauen eine zeitweilige Erholung von den Auswüchsen der Brutalität gewährt, aber die in diese Bereiche gepumpten Ressourcen werden das zugrundeliegende Problem nie lösen.

Sobald Feministinnen in die staatliche Verwaltung einbezogen werden, können sie bestenfalls mithelfen, die schlimmsten Fälle der Frauenunterdrückung zu lindern, aber in dem Maß, in dem die Krise des Kapitalismus sich verstärkt, sind sogar diese kleinen Errungenschaften bedroht. Schlimmstenfalls - und meistens - werden Feministinnen in Regierungsposten Verteidigerinnen der bürgerlichen Politik, wenn auch mit einer 'frauenfreundlichen' Fassade. Eine 'feministische' Einkommenspolitik (Nehmt von den männlichen Arbeitern, um die weiblichen zu bezahlen!), "Zuerst Männer raus!"-Lösungen gegen Arbeitslosigkeit - dies zeigt das Grundproblem des Feminismus insgesamt auf: Ein Programm, das - da es darin versagt, die Frage des Kapitalismus anzusprechen - dabei scheitert, eine Strategie der Einheit der ArbeiterInnenklasse angesichts der UnternehmerInnenoffensive aufzustellen, endet damit, eine liberale Tarnung für eine bürgerliche Politik zu sein.

Die gegenwärtige Periode der kapitalistischen Krise macht die Aufgabe des Aufbaus einer revolutionären Partei, die imstande ist, die ArbeiterInnenklasse, Männer und Frauen, an die Macht zu führen, zu einer dringlichen Notwendigkeit. Die Frauen von den falschen Ideen des Feminismus wegzubringen, ist ein wesentlicher Teil des Aufbaus dieser Partei.

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