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Pseudoradikal und anti-deutsch

Politik von Öko-LinX

Susanne Kühn, Neue Internationale 210, Juni 2016

ÖkoLinx gefällt sich in ihren politischen Stellungnahmen in der Rolle der „grundlegenden Opposition“ zu den bestehenden Verhältnissen. Kaum ein Positionspapier, Flugblatt etc., in dem nicht die „Abschaffung des kapitalistischen Ausbeutungssystems“ angemahnt wird. Dieser „Antikapitalismus“ bleibt aber gegenüber allen politischen und ökonomischen Kämpfen im „realen“ Kapitalismus durchgehend unvermittelt und abstrakt. Schon das Subjekt der Veränderung anzugeben vermag ÖkoLinx nicht. Die ArbeiterInnenklasse kommt eigentlich nur als eine Gruppe von Menschen vor, deren Existenzbedindungen es „aufzuheben“ gilt - nicht jedoch als revolutionäres Subjekt.

Die Revolution erscheint nur in einer abstrakten, unvermittelten Form, als direkter Sprung vom Kapitalismus zu einer Gesellschaft ohne Waren, Geld und Staat. Daher bleibt die Revolution nur eine Idee, eine Wunschvorstellung, bei der alle Fragen des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus erst gar nicht aufgeworfen werden.

ÖkoLinx behauptet zwar, „radikale Kritik“ und Aktion miteinander verbinden zu wollen, aber jedes Bündnis mit reformistischen Parteien und Massengewerkschaften (und erst recht mit links-populistischen Organisationen oder nationalen Befreiungsbewegungen) wird ausgeschlossen. Die „Aktions“einheit findet allenfalls mit nicht näher definierten „Basisinitiativen“ oder unter „Linksradikalen“ statt, ist also auch keine gemeinsame Aktion für konkrete Ziele gegen den Klassengegner, sondern gemeinsame Ideologiekritik mit anderen - in der Regel „anti-nationalen“ oder „anti-deutschen“ - Strömungen, die sich vor allem durch Eklektizismus und Formelhaftigkeit auszeichnet.

Haupttätigkeit „Ideologiekritik“

Auf den ersten Blick erscheinen die Interventionen und Diskussionsbeiträge der ÖkoLinx recht willkürlich. Jedoch wird dabei ein verbindendes Element deutlich: Es wird eine „Hauptgefahr“ heraufbeschworen. Sie sieht diese darin, dass in Deutschland die Ausbreitung des „völkischen Denkens“ und der „völkischen Bewegungen“ droht. Die Begriffe „völkisch“ oder „völkische Bewegung“ werden dabei so inflationär gebraucht, dass sie jeden Bezug zu deren Entstehung und Ausformung im 19. und 20. Jahrhundert (wie auch zu denen, die sich heute in deren Tradition sehen) verlieren. Als „völkisch“ oder jedenfalls auf dem Weg dahin gelten der ÖkoLinx nicht nur Faschisten oder völkische Gruppierungen, sondern fast alle Spielarten des Nationalismus und Chauvinismus, letztlich sogar der Reformismus.

ÖkoLinx hält das womöglich für eine besondere Schärfe ihrer Kritik. In Wirklichkeit verkommt sie zur kursorischen Denunziation, wo jeder Unterschied zwischen faschistischen, rechts-populistischen, kleinbürgerlichen oder reformistischen Kräften bis zu Unkenntlichkeit eingeebnet wird. Die Kritik wird plump und unscharf, sie verfehlt ihr Ziel gänzlich, ja verkehrt sich in ihr Gegenteil.

„Kritik“ heißt für ÖkoLinx einfach nur, alle möglichen Formen bürgerlichen Bewusstseins auf eine bestimmte ideelle „Substanz“ zu reduzieren. Der Unterschied zwischen dem Sozialchauvinismus einer Sahra Wagenknecht und verschiedenen anderen reformistischen Ideologien zu faschistischen oder rechts-populistischen Positionen verkommt so zur Nebensache. Letztlich sind Sozialchauvinismus, „Sozialpartnerschaft“ und Standortpolitik der Gewerkschaften, institutionalisierte Klassenkollaboration, Rechts-Populismus der AfD oder völkerischer Neo-Nazismus alles nur Ausdrucksformen des zunehmenden Vordringens des „Völkischen“.

Ebenso verfährt ÖkoLinx, wenn es darum geht, den Antizionismus als Form des Antisemitismus zu „entlarven“. Die Frage, ob eine Nation unterdrückt wird oder unterdrückende Nation ist, spielt für diese Sekte keine Rolle. Es wird so getan, als sei die Stellung einer Nation oder eines Staates in der imperialistischen Weltordnung vom Verhältnis zwischen den Klassen völlig losgetrennt.

Dies verdeutlicht auch eine ökonomistische Sicht auf Klassenkampf und Klassenbewusstsein. Bei allem Betonen der Notwendigkeit der Abschaffung der Lohnform ist für ÖkoLinx der eigentliche „Klassenkampf“ der ökonomische - andere Formen der Beziehungen zwischen Gesellschaftsklassen bleiben außen vor oder werden auf eine rein kleinbürgerliche Weise als außerhalb davon stehende (Ökologie, Frauenunterdrückung) begriffen.

Diese ökonomistische Sicht drückt sich auch in einem Unverständnis der vorherrschenden Ideologie der deutschen ArbeiterInnenklasse aus. Der Reformismus der Linkspartei, die Standortpolitik der Gewerkschaften und andere Formen bürgerlicher ArbeiterInnenpolitik sind eben nicht mit „völkischen Ideologien“ gleichzusetzen (selbst wenn es zweifellos Übergangsphänome zum offenen Rassismus und auch zu völkischen Ideen gibt). Entscheidend für das Verständnis des Reformismus und Sozialchauvinismus ist jedoch, sie als Ideologien zu begreifen, die die Partikularinteressen eines relativ privilegierten Teils der ArbeiterInnenklasse - der „ArbeiterInnenaristokratie“ - zum Ausdruck bringen.

Diese ArbeiterInnenaristokratie ist die soziale Basis für die Beherrschung der Gewerkschaften und bürgerlichen ArbeiterInnenparteien (SPD und Linkspartei) durch einen bürokratischen Apparat, der als Vermittler zwischen Kapital und Arbeit fungiert und dessen gesellschaftlicher Stellung die Ideologie der „Sozialpartnerschaft“, die Zusammenarbeit bei der „Standortkonkurrenz“, der „kontrollierten Migration“ usw. entsprechen.

Die politische Funktion der „Ideologiekritik“

ÖkoLinx würde nicht weiter auffallen, beschränkte sie sich darauf, die ganze Welt in ihre marottenhafte Begrifflichkeit einzuordnen. Aber ÖkoLinx ist nicht nur, ja nicht einmal in erster Linie eine Gruppe von „KritikerInnen“. Sie ist eine Kampagnenorganisation im Verbund mit Gruppierungen der „anti-nationalen“ oder „anti-deutschen Linken“. Wie wir rund um den Ersten Mai in Berlin gesehen haben, kann sie sich dabei auch der Unterstützung von bürgerlichen bis hin zu rechts-populistischen Kräften sicher sein. Hier verfolgt die idealistische, entlarvende „Kritik“ durchaus praktische Zwecke, wenn auch sicher keine „emanzipatorischen“. Die „Entlarvung“ anderer als „anti-semitisch“ dient vor allem dazu, gesellschaftspolitische Opposition zu diskreditieren.

Ihre politische Wirkung und Aufgabe besteht darin, sich gegen alle anti-imperialistischen, anti-zionistischen, internationalistischen, ja gegen alle demokratischen Kräfte zu wenden, die sich mit dem palästinensischen Volk solidarisieren und sein Recht auf Widerstand verteidigen. Diese Haltung ist jedoch, wie das Beispiel TTIP zeigt, keineswegs auf Palästina beschränkt. Grundlegend geht es um zwei politische Ziele:

(a) Diffamierung und möglichst Isolierung der internationalistischen, revolutionären Linken wie auch aller Kräfte, die sich in einzelnen Fragen gegen zentrale Aspekte der imperialistischen Politik Deutschlands und seiner Verbündeten richten.

(b) Verunsicherung und Spaltung all jener Kräfte der Linken, die sich um eine klare Positionierung drücken, um diese entweder zur „Neutralität“ (z.B. hinsichtlich des Befreiungskampfes der PalästinenserInnen) zu bringen oder auf ihre Seite zu ziehen.

Für die Linke in Deutschland muss klar sein, dass Gruppen wie ÖkoLinx - ob nun bewusst oder als Resultat der eigenen obskuren Theorien - nur eine Kraft sind, die zersetzend in der „radikalen Linken“ wirken soll. Mit der Denunziation des „Revolutionären Ersten Mai“ und anderen „Aktionen“ hat sich ÖkoLinx öffentlich und klar außerhalb der anti-imperialistischen, klassenkämpferischen, internationalistischen Linken gestellt. Das ist gut so, denn so sind die politischen Karten für alle deutlich geworden.

Die Stellungnahme des “Internationalistischen Blocks” findet sich auf der Webseite der Gruppe ArbeiterInnenmacht:

http://www.arbeitermacht.de/infomail/883/stellungnahme.htm

Auf dieser Seite werden wir demnächst auch eine ausführliche Kritik an Öko-LinX veröffentlichen.

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Nr. 210, Juni 2016
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