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18. März: Tag des politischen Gefangenen

Gegen Besatzung, Ausbeutung und Krieg!

Rex Rotmann, Neue Internationale 108, März 2006

Glaubt man Leuten wie George W. Bush, so bringt die Globalisierung der Welt Wohlstand und Demokratie. Doch gerade die letzten Monate zeigen, von welcher Sorte die Demokratie von Ganden des Imperialismus ist.

Die PalästinenserInnen werden seit Jahrzehnten vom rassistischen Staat Israel - der vom Imperialismus unterstützt und hofiert wird - unterdrückt, terrorisiert und vertrieben. Der Irak wurde mit Krieg überzogen, zerstört und besetzt. In Falludschah wurden tausende ZivilistInnen mit Phosphorbomben massakriert, weil sie sich nicht von US-Besatzern die Demokratie a la Washington verordnen lassen wollten.

Nun ist der Iran ins Fadenkreuz der imperialistischen Anti-Terror-Krieger geraten. Warum? Weil es sein Recht wahrnimmt, genau wie die USA auch Uran anzureichern. Obwohl allen Experten klar ist, dass der Iran momentan gar nicht genügend technische Möglichkeiten hat, waffenfähiges Spaltmaterial herzustellen, wird der Iran wie davor der Irak zur "Bedrohung der Welt" stilisiert.

Die Losung "Kein Blut für Öl" kennzeichnet einen zentralen Zweck der Globalisierung. Es geht um den weltweiten Run der kapitalistischen Metropolen um Absatzmärkte, Ressourcen, billigste Ausbeutungsmöglichkeiten und Marktanteile. Das Erdöl, der Schmierstoff der kapitalistischen Weltwirtschaft, steht dabei im Zentrum imperialistischer Begehrlichkeiten. Dafür werden nicht nur in Nigeria ganze Landstriche verwüstet und vergiftet, dafür paktieren die Vorkämpfer der globalen Demokratisierung wie Bush, Condoleeza Rice oder Tony Blair auch mit den reaktionären Regimes der Welt - soweit sich diese als zuverlässig erweisen.

Widerstand und Antiterrorkrieg

Die immer größere Abhängigkeit der Welt vom Imperialismus, steigende Verschuldung, Ruinierung der sozio-kulturellen Zusammenhänge und der eigenen ökonomischen Basis sowie die daraus folgende Verarmung ganzer Regionen und der Massen provozieren natürlich auch immer mehr Widerstand.

Keineswegs ist jede politische Kraft, die in Konflikt mit dem Imperialismus gerät, schon fortschrittlich. Im Falle der Taliban oder auch des Baath-Regimes im Irak waren es ehemalige Zöglinge und Werkzeuge des Imperialismus, die nunmehr nicht mehr gebraucht wurden oder als unzuverlässlich galten.

Aber bei Besatzung und Antiterrorkrieg geht es nicht um die Beseitigung eines Regimes, sondern um die Festigung imperialistischer Herrschaft im Rahmen verschärfter globaler Konkurrenz zwischen den führenden Konzernen und Staaten.

Alles, was sich diesem imperialen Interesse entgegenstellt, wird seit dem Anschlag auf das WTC am 11. September "Terror" genannt. Der Krieg gegen diesen "Terror" richtet sich folgerichtig gegen jede Art von Widerstand: sei es der Widerstand gegen die imperialistische Besatzung im Irak, sei es die Intifada der PalästinenserInnen gegen Vertreibung, Besatzung, und Landraub durch Israel, sei es gegen die Linke oder streikende ArbeiterInnen - sie alle sind TerroristInnen.

Ein Aspekt des Anti-Terror-Krieges ist die Aushebelung und Missachtung grundlegender demokratischer Rechte. Die Medien waren in den letzten Monaten voll von Meldungen über Folterungen und Verschleppungen von tatsächlichen oder vermeintlichen "Tätern" durch US- amerikanische und britische SoldatInnen im Irak und in Afghanistan.

Die Folterer werden kaum, deren Auftraggeber und Hintermänner z.B. im Pentagon selbstredend überhaupt nicht zur Verantwortung gezogen. Viele Menschen werden illegal, d.h. ohne irgendeine offizielle Anklage, in geheimen und exterritorialen Gefängnissen wie Guantanamo gefangen gehalten. Jene, die nicht laut genug vom Völkerrecht reden können, wenn es um die Begründung und Umsetzung ihrer aggressiven Ziele geht, scheren sich keinen Deut um eben jene Prinzipien.

Diese Missachtung von demokratischen Spielregeln ist allerdings keine besondere Eigenheit der Bush-Administration.

Rolle der BRD

Der Skandal um die Rolle des deutschen BND im Irak und die Mitwisserschaft der deutschen Regierung z.B. um die widerrechtliche Entführungen von El Massri sowie die Nutzung von US-Basen in Deutschland für das "Umschlagen" von Gefangenen zeigen, dass auch die deutsche Regierung keine sauberen Hände in dieser Frage hat. Die US-Basen in Deutschland sind exterritoriales Gebiet und unterliegen somit formell nicht deutschem Recht. Daran wollten und wollen weder Schröder noch Merkel etwas ändern.

Das alles zeigt erneut die Hohlheit der Anti-Kriegs-Gesten von Schröder und Fischer vor und während des Irak-Kriegs. Sie waren nichts als Handlanger des Kriegers Bush - allerdings mit eigenen imperialistischen Ambitionen, die mit denen der USA divergierten.

Merkels Große Koalition führt das weiter. Auch die CDU-Kanzlerin und ihr SPD-Außenamtschef Steinmeier widmen sich mit voller Kraft dem Kampf gegen den "Terror". Daran ändert auch der Protest Merkels gegen das CIA-Gefängnis Guantanamo nichts.

Eine besondere Rolle in diesem Security-Spiel hat Innenminister Schäuble (CDU) inne. Er sprach sich dafür aus, dass die Ergebnisse von Aussagen, die unter Folter gemacht wurden, sehr wohl auch verwendet werden sollten. Das ist ein offener Bruch mit einem bisher in Europa formell gültigen Rechtsstandard. Man kann sich lebhaft vorstellen, dass es von dieser Position nur ein kleiner Schritt ist, bewusst selbst Folter anzuwenden, um sich "Informationen" zu beschaffen.

Ins selbe sicherheitspolitische Raster passt auch die schrittweise Ermöglichung von Einsätzen der Bundeswehr im Innern. Die Fußball-WM soll dabei zum Präzedenzfall werden.

Doch der Anti-Terror-Krieg richtet sich nicht nur gegen "Bedrohungen" von außen, er wendet sich präventiv auch gegen jede Art von Widerstand und Protest im Inneren. Das Demonstrations- und Versammlungsrecht wird immer rigider angewendet. AktivistInnen - ob AntifaschistInnen oder streikende Belegschaften - bekommen die Staatsgewalt immer deutlicher zu spüren.

Im Zuge der Formierung der imperialistischen EU wurden mit den Abkommen von Schengen und Trevi auch die rassistischen Einreisebestimmungen verschärft. Parallel dazu werden die Asylrechtsregelungen europaweit immer mehr ausgehöhlt.

Ein zentrale Stellung nimmt dabei auch die "Terrorliste" der Europäischen Union, die in weiten Teilen von den USA übernommen wurde und auf der über 400 zumeist linke und Befreiungsbewegungen zu finden sind. Selbst die Solidarität mit solchen Organisationen kann unter Strafe gestellt werden - wie die jüngsten Verfahren gegen dänische AktivistInnen zeigen, denen vorgeworfen wird, öffentlichen die kulumbianische Farc und die palästinensischen PFLP gegen den Imperialismus zu unterstützen.

Aus all diesen Gründen finden am 18. März weltweit Proteste für die Freilassung der politischen Gefangenen und gegen imperialistischen Krieg und Besatzung statt. Diese Aktionen haben auch deshalb besondere Bedeutung, weil der Imperialismus einen Militärschlag gegen den Iran vorbereitet.

Wir rufen Euch dazu auf, diese Proteste zu unterstützen! Wir fordern:

Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Auflösung aller "Geheimgefängnisse"!

Untersuchung aller Fälle von Folterungen, Verschleppungen und der Bestrafung der Verantwortlichen durch VertreterInnen der Arbeiterbewegung und der Unterdrückten!

Hände Weg vom Iran! Abzug aller imperialistischen Besatzer aus Irak, Afghanistan, dem Balkan u.a. Regionen!

Keinen Menschen, keinen Cent für Bundeswehr und Krieg!

Bundeswehr und NATO zerschlagen!

Rassismus

Aus Anlass des 18. März erinnern wir auch an das Schicksal von Mario Bango, einem slowakischen Roma. Er ist Mitglied der Liga für die Fünfte Internationale und der Jugendorganisation Revolution.

Mario sitzt seit Jahren in einem slowakischen Knast. Sein Vergehen? Er verteidigte sich und seine Familie gegen einen rassistischen Angriff eines bekannten Nazis. Der Nazi starb danach - allerdings nicht ursächlich durch die Messerstiche von Mario, wie die Ärzte feststellten.

Mario und seine Familie sind wie alle Roma in der Slowakei permanent Opfer rassistischer Angriffe. Insofern verteidigen wir Mario und das Recht auf Selbstverteidigung! Wir verurteilen das rassistisch motivierte Urteil gegen Mario!

Der staatsoffizielle Rassismus gegen Roma ist nur der krasseste Ausdruck der Misere der slowakischen Roma. Ihre Lebenslage ist dramatisch schlecht, die Arbeitslosigkeit beträgt bis zu 90%, sie müssen in ghetto-ähnlichen Vierteln leben.

Während die Slowakei westeuropäischen Konzernen Millionen an Steuersubventionen zuschanzt, damit diese angeblich "zu teure Arbeitsplätze" nach dort verlagern können, werden der eigenen Roma-Bevölkerung die elementarsten Lebensgrundlagen verweigert.

Der Fall Mario Bango ist nur ein Beispiel für Rassismus mitten im "zivilisierten" Europa. Ein anderes ist der Aufstand in Frankreichs Vorstädten vor einigen Wochen. Den Jugendlichen meist nordafrikanischer Abstammung wurde oft jedes politische Motiv ihrer Empörung abgesprochen. Gemäß dem Tenor in Politik und Medien waren es nicht deren fatale soziale Lage, deren düstere Lebensperspektiven und die dauernden Repressionen der Polizei, welche die Jugendlichen zur Revolte trieben, sondern der Einfluss des Islamismus.

Neuestes Beispiel für praktizierten Rassismus im Dienste der Aufrechterhaltung von Law and order im Sinne des Imperialismus sind die Mohammed-Karikaturen. Dabei geht es nicht etwa um Meinungsfreiheit. Was hier als Meinungsfreiheit daherkommt, ist nichts als die rassistische Verunglimpfung aller MuslimInnen und ihres Glaubens als "terroristisch". Es geht dabei auch nicht um Religionskritik, sondern um die Verketzerung des Islam als angebliche Ideologie und Werkzeug des Terrors. Die Hauptursache des "Terrors" - die Knebelung und Ausplünderung der Welt durch den Imperialismus - wird nicht thematisiert. Die anti-islamische Medienkampagne nutzt nicht nur der ideellen Rechtfertigung der angeblich "toleranten und demokratischen Werte" des Westens; sie dient ganz direkt der Vorbereitung und Motivation jeder Art militärischen Vorgehens des Imperialismus bei der Durchsetzung nicht nur seiner "Werte", sondern seiner ganz handfesten Interessen. Hier geht es nicht um die Verteidigung des christlichen Ölzweigs, sondern um die Eroberung ganz profanen Erdöls.

Perspektiven

Die internationalen Anti-Kriegs-Proteste am 18. März gehen auf Initiativen des Weltsozialforums (WSF) zurück. Das zeigt erneut, welch großes Mobilisierungspotential diese Strukturen haben. Schon vor dem Irakkrieg 2003 wurde das deutlich, als weltweit 20 Millionen protestierten - die größte Antikriegsmobilisierung der Geschichte! Wenn es damals trotzdem nicht gelang, den Krieg zu verhindern, so nicht, weil es an Massenunterstützung gemangelt hätte.

Woran es mangelte, war eine Kampfführung, welche die Bewegung auf wirksame militante Aktionen - von Blockaden von Militärbasen und Häfen bis zu Massenstreiks - orientiert hätte. Dass die Bewegung über das Niveau von Protesten nur vereinzelt hinauskam und viele Illusionen in "demokratische" Institutionen wie die UNO oder in die Anti-Kriegs-Haltung von Schröder und Co. hatte, liegt an den reformistischen Kräften, die an der Spitze der Bewegung standen: die kleinbürgerlich-pazifistische Friedensbewegung, die Gewerkschaftsbürokratie oder die PDS-Führung.

Es sind dieselben Kräfte, die massiv verhindern, dass WSF und ESF zu wirklichen Organisations- und Mobilisierungszentren des Klassenkampfes werden.

Gerade auch im Hinblick auf den G8-Gipfel in Deutschland im Sommer 2007 und auf die Formierung der Linkspartei müssen wir deshalb dafür eintreten, dass die Bewegung nicht erneut alten Illusionen hinterher läuft, sondern sich zu konsequent antiimperialistischen und antikapitalistischen Positionen bekennt!

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Nr. 108, März 2006

*  18. März: Gegen Besatzung, Ausbeutung und Krieg!
*  Iran/Irak: Im Fadenkreuz des Imperialismus
*  Hände weg vom Nahen Osten! Antimperialismus und Befreiungskampf
*  Zur Politik der PDS: Ankommen ist alles
*  Gesundheitswesen und Altenpflege: Klerikal und neoliberal
*  Rente mit 67: Alt und arm
*  Jugend und Hartz IV: Pension Mama statt eigene Wohnung
*  Heile Welt
*  Streik im Öffentlichen Dienst: Ver.di am Scheideweg