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Der G7-Gipfel, die Proteste und eine erste Bilanz

Kein Anti-Kapitalismus ohne Anti-Imperialismus!

Martin Suchanek, Infomail 824, 9. Juni 2015

Angela Merkel hat ihren Ort für den G7-Gipfel symbolträchtig gewählt. Schloss Elmau wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom protestantischen Theologen, Schriftsteller und Philosophen Müller zu einer „kulturellen Begegnungsstätte“ umgebaut. Der imaginierte Glanz der niedergegangenen Epoche des Feudaladels und der Prunk des beginnenden imperialistischen Zeitalters sollten die Kulisse bilden zur „geistigen Reflexion“ inmitten des Ersten Weltkriegs.

Immer schon elitär bis in die Knochen, leisteten sich die Schlossherren von Elmau den Luxus, für „Freigeister“ ihrer Zeit als Refugium und Stätte des Austausches zu fungieren, während Millionen als Kanonenfutter in den Schützengräben verreckten.

Mit der Globalisierung erlebte das Schloss einen neuen, zeitgemäßen Funktionswandel. Es wurde zum Spa, zum Luxusressort um- und ausgebaut, zur 5-Sterne-Absteige für die herrschenden Klassen aller Länder. Hinter Kitsch und Glamour, der an einen Nobelpuff erinnert, verkommt die kulturelle Dekoration vollends zur Peinlichkeit. Für Merkel, Obama und die restlichen Fünf wird im Vorfeld des G7-Gipfels bayrisches Brauchtum wie aus dem Bilderbuch präsentiert mit Weißbier, Brezel und Lederhose. Unfreiwillig symbolisiert Elmau den Parasitismus und kulturellen Niedergang der herrschenden Klasse in der imperialistischen Epoche.

Elmau steht also auch für die Distanz, die „Exklusivität“ der herrschenden Elite. Mit der Wahl wollte Merkel „ihren“ Gipfel in die „reflektierte“ Tradition des deutschen Imperialismus stellen, um der Verfolgung ihrer Klasseninteressen den Schein „humanitärer“ Reflexion, „globaler Verantwortung“ usw. zu verleihen und solcherart die imperialistische Politik des Weltbeherrscherclubs in die Nähe einer „zivilisatorischen Mission“ zu rücken.

Ökogipfel?

Inhaltlich Neues bringt der Gipfel wenig. Es wäre auch eine naive Vorstellung zu denken, dass 7 der mächtigsten Staats- und Regierungschefs nach Elmau kämen, um ihre Politik „neu zu erfinden“. An großen Versprechungen mangelt es freilich auch 2015 nicht. „Ambitionierte Klimaziele“ werden festgelegt. Merkel präsentiert sich als Wegbereiterin des Post-Kohle-Zeitalters.

Die G7-Staaten versprechen, dafür alles in ihrer Macht stehende zu tun, die armen Länder zu unterstützen und sicherzustellen, dass diese die Folgen des Klimawandels bewältigen können. Bis 2050 jedenfalls sollen ganze Energiesektoren grundlegend umgebaut werden.

Neu ist daran allenfalls, dass die Versprechungen etwas vollmundiger ausfallen als zuletzt. Konkrete Verpflichtungen enthalten die „Klimaziele“ selbstredend nicht.

Das hindert kleinbürgerliche Ökologisten wie die Umweltorganisation Germanwatch freilich nicht daran, das Ergebnis „fast schon sensationell zu nennen.“ Manche Menschen wollen eben alles glauben.

Wie ernst diese Ziele wirklich genommen werden, zeigt sich schon daran, dass die Presse anderer Länder – z.B. in Britannien – kaum ein Wort über die „Sensation“ verliert.

Dafür steht dort die Erhöhung des Drucks auf Russland im Zentrum, die Forderung an Merkel, Steinmeier und Co., bei den Sanktionen gegen Russland nicht nachzulassen und auch Waffenlieferungen an Kiew offen zu befürworten.

Für die deutsche und Weltöffentlichkeit zieht es Merkel offenkundig vor, unverbindliche Klimaziele zu präsentieren, die Bekämpfung von „Armut“, Krankheiten – kurzum alles, was leichter als humanitäre „Aktivität“ verkauft werden kann – ins Zentrum zu stellen.

Gemeinsamkeiten in der Krise

Zugleich werden die realen Gemeinsamkeiten der G7 mehr oder weniger geschickt präsentiert. Spätestens seit dem pro-westlichen Umsturz in der Ukraine sind die „neuen Feinde“ der G7 klar: Putins Russland steht zur Zeit ganz oben auf der Liste. Im pazifischen Raum verschärft sich stetig Chinas Konkurrenz mit Japan und v.a. den USA. Im Nahen Osten, Zentralasien und Afrika wird an der permanenten „Neuordnung der Welt“ gebastelt, um so die brüchig gewordene alte, die Vormachtstellung der USA und ihrer engen Verbündeten, zu retten.

Sie tun das in einer Periode, wo das kapitalistische System selbst ins Wanken geraten ist. Die Folgen der ökonomischen Krise sind längst nicht ausgestanden, v.a. aber sind ihre Ursachen nicht beseitigt. Im Gegenteil. Die Politik der Großmächte hat nicht nur zu einer gigantischen sozialen Umverteilung und Abwälzung der Kosten der Krise auf die Lohnabhängigen und vom Imperialismus beherrschten Länder geführt. Sie hat zugleich das Großkapital, die Banken und Monopole und deren Profite auf Kosten der Gesellschaft „gerettet“ - freilich um den Preis, dass die Überproduktion und Konkurrenz verschärft wurden, dass wirtschaftliche und letztlich auch politische und militärische Konfrontation um die Neuaufteilung der Welt zunehmen müssen – und zunehmen.

Die Proteste und Aktionen

Wie bei allen anderen „großen Gipfeln“ der letzten Jahre waren auch die G7 Gegenstand von Gegenaktionen und Mobilisierungen. Hier zeigte der Staat seine wahre, repressive Seite. Unter fadenscheinigen Bedingungen sollte das Protestcamp in Garmisch-Partenkirchen verboten werden. Zum Schutz der Sieben wurden zehntausende Polizisten zusammengerottet – die „persönlichen“ Sicherheitskräfte von Obama und den anderen Staatsgästen nicht mitgerechnet. Allein der US-Präsident brachte 500 eigene Securities mit.

Gleichzeitig wurde die Garmischer Bevölkerung über Wochen mit Hetze und Horrorgeschichten über die „Gipfelstürmer“ indoktriniert, um Überwachung und flächendeckende Kontrollen zu rechtfertigen.

Zweifellos hat diese Einschüchterung und Demagogie die Mobilisierung geschwächt. Während die herrschende Klasse über ein Medienmonopol verfügt, hat die Linke nur einen marginalen Zugang zur bürgerlichen Öffentlichkeit.

Trotzdem waren die Aktionen nicht nur verglichen mit denen gegen den G8-Gipfel von Heiligendamm 2007 zahlenmäßig schwach. An der Großdemonstration am 6. Juni nahmen rund 6000 Menschen teil, am Camp gegen den Gipfel cirka 2000. Am 5. Juni fand eine Protestdemonstration mit symbolischer Verbrennung von Kriegsmaterial vor dem Marshall-Institute statt, am Abend eine Solidaritätsdemonstration mit der HDP, nachdem bei einem Bombenanschlag in der Türkei vier GenossInnen zu Tode kamen und hunderte verletzt worden waren. Darüber hinaus wurde am 7. Juni versucht, Zugangswege nach Elmau zu blockieren. Drei Menschen gelang es gar, die Sicherheitskontrollen zu umgehen und vor dem Schloss zu picknicken, um alsbald von der Polizei festgenommen zu werden.

Dass mit 6000 gegen zehntausende Cops letztlich keine dauerhafte Blockade möglich war, war im Grunde vor dem Camp schon klar. Der Protest hatte natürlich in erster Linie einen symbolischen Charakter. Es war von Beginn an entscheidend, die Lügen, die propagandistische Verkleidung der G7 zu entlarven – und nicht der Illusion nachzuhängen, eine „militärische Konfrontation“ bestehen oder zehntausende Bullen mit 2000 Menschen „austricksen“ zu können.

Zugleich gilt es hervorzuheben, dass die Demonstrationen und Aktionen durchweg lautstark und kämpferisch waren. Die Großdemonstration am 6. Juni wurde alles andere als „friedlich“ mit massivem Einsatz von Pfefferspray und Knüppeln von den Bullen gestoppt, als die DemonstrantInnen versuchten, eine Straßenblockade zu errichten und so eine der Zufahrtsstraßen nach Elmau zu blockieren.

Angesichts der massiven Übermacht der Polizei – was sich nicht zuletzt in einem Polizeispalier beim größten Teil der Demo zeigte – entschied sich die Demonstrationsleitung richtigerweise für den geordneten Rückzug.

Wenn auch in Garmisch in der direkten Konfrontation wenig zu gewinnen war, so wurde der Zweck der Entlarvung von den Aktionen weitgehend erfüllt. Die Repression gegen das Camp, die Horrormeldungen über die GipfelteilnehmerInnen entpuppten sich auch für viele Garmisch-PartenkirchnerInnen als Lügen. Viele besuchten das Camp, erklärten sich bereit, bei Starkregen und Gewitter Notunterkünfte zur Verfügung zu stellen. Auch die Erweiterung der Camp-Fläche wurde möglich, nachdem der Druck der Gemeindeverwaltung auf die Bauern seine Wirkung verloren hatte.

Selbst die bürgerliche Presse kam nicht umhin, auf den Widerspruch zwischen extremem Polizeieinsatz, permanenten Vorkontrollen und andauernder Präsenz einerseits und dem „Ausbleiben der Krawalle“ andererseits hinzuweisen. Die Rechtfertigung der Bullen, dass erst ihre massive Übermacht die „friedlichen“ Proteste erzwungen hätte, ist angesichts der ständigen Staatsgewalt und des Angriffs auf die Demo am Samstag nicht nur eine glatte Lüge. Sie dient freilich v.a. auch als Rechtfertigung für zukünftige Einsätze und die massive Einschränkung demokratischer Rechte.

Auch Garmisch-Partenkirchen ist keine Stadt, in der nur Reiche, Hoteliers, wohlhabende Mittelschichten leben – sondern auch jene, die für den Tourismus schuften müssen, um die Stadt „sauber zu halten“, die bei örtlichen Unternehmen arbeiten oder nach München pendeln. Auch in Garmisch hat die ArbeiterInnenjugend wenig Zukunft. Die Tristesse der bürgerlichen, offiziellen „Tourismuskultur“ ist angesichts ihrer Allgegenwärtigkeit besonderes drückend. Dass etliche Hunderte aus dem Ort an der Großdemo teilnahmen, zeigt, dass linke Politik auch in einem konservativen Gebiet keineswegs auf Ablehnung stoßen muss, sondern die Lohnabhängigen und die Jugend erreichen kann. Das muss ohne Zweifel als politischer Erfolg bewertet werden.

Wir (Gruppe Arbeitermacht, Arbeiter*innenstandpunkt, REVOLUTION aus Deutschland und Österreich) mobilisierten rund 100 GenossInnen zu den Aktionen, beteiligten uns aktiv an der Organisation der Aktivitäten und führten am Camp vier Veranstaltungen durch: zur EU-Erpressungspolitik und Lage in Griechenland, zur imperialistischen Intervention in der Ukraine und den Perspektiven des Kampfes; zu ArbeiterInnenkämpfen bei Post und Amazon (gemeinsam organisiert mit RIO) und zum Kampf gegen Frauenunterdrückung. Wir sind stolz darauf, damit einen ernsthaften Beitrag zur Mobilisierung geleistet zu haben.

Politische Bilanz

Insgesamt fällt die Bilanz der Proteste in Garmisch-Partenkirchen gemischt aus. Angesichts der Zahl und der Kräfte, die ernsthaft mobilisiert haben, wurde viel rausgeholt. Wirklich groß und längerfristig mobilisiert hatten nur die Gruppierungen aus dem „3-A-Bündnis“ und von „Perspektive Kommunismus“, Organisationen wie die Organisierte Autonomie, Arbeitermacht/REVOLUTION sowie GenossInnen aus dem anarchistischen Spektrum oder der linke Motorradclub Kuhle Wampe. Darüber hinaus haben verschiedene MigrantInnenorganisation und Linke aus der Türkei und Kurdistan mobilisiert.Auf der Demonstration waren noch Gruppierungen wie DKP/SDAJ, die MLPD oder RIO stärker präsent. Linkspartei/Solid hatten Stände und einen Lautsprecherwagen.

Der größte Teil der deutschen Linken leistete auch das nicht, sondern glänzte durch Abwesenheit oder allenfalls geringe Präsenz. Die Mehrheit des Linksparteivorstandes hatte es abgelehnt, den Parteitag zu verschieben, um so wenigstens ein Signal zur Mobilisierung zu geben. Wozu auch? Offenkundig ist für die Mehrheit der Linkspartei die Vorbereitung auf die Mitverwaltung des deutschen Imperialismus das zentrale politische Ziel – Anti-Imperialismus stört da nur.

Auch linke Gewerkschaftsgliederungen fehlten, hatten nicht mobilisiert.

Und schließlich fehlten „Ums Ganze“ oder die „Interventionistische Linke“ (mit Ausnahme von Gruppen wie see red!/IL Düsseldorf) zu großen Teilen. Auch Marx21 und RSB/ISL fanden den Weg in die Berge offenkundig zu beschwerlich. Die SAV war gerade mit einigen VerkäuferInnen bei der Großdemo präsent.

Außerhalb des deutschsprachigen Raums gab es praktisch keine Mobilisierung. Sicherlich waren dafür zwei Faktoren ausschlaggebend. Einerseits die große rechtliche Unsicherheit bezüglich des Camps, die Aufhebung des Schengen-Abkommens und die Einrichtung eines harten Grenzregimes, vor allem Richtung Italien. Zum anderen verweigerten die europäische Linkspartei, die Gewerkschaftsverbände, aber auch größere Zusammenschlüsse der „radikalen Linken“ die Mittel, um eine internationale Mobilisierung überhaupt aufzubauen und abzusichern.

Noch in Heiligendamm hatten die meisten dieser Strömungen und Gruppierungen mobilisiert. Dass es in Garmisch-Partenkirchen so viel weniger waren, kann jedoch nicht nur und nicht in erster Linie auf Repression, Einschüchterung zurückgeführt oder erst recht nicht durch die Entlegenheit des Schlosses erklärt werden (schließlich lag ja auch Heiligendamm nicht gerade im Landeszentrum).

Warum haben viele nicht mobilisiert?

Der Hauptgrund ist vielmehr ein politischer. Die meisten reformistischen, pseudo-radikalen und post-autonomen Organisationen, Spektren und Bündnisse entschlossen sich gegen eine Mobilisierung, weil sie letztlich eine Konfrontation mit dem Imperialismus, zumal mit dem deutschen, scheuen. Schon das I-Wort kommt ihnen schwer über die Lippen.

Daher haben sich attac und die reformistischen Organisationen schon vor Monaten vom Vorbereitungsbündnis „Stop-G-7“ verabschiedet und dessen Spaltung betrieben. Als „Alternative“ zum Protest in Garmisch zogen sie einen erz-reformistischen „Gegengipfel“ vor und eine Demonstration gegen TTIP.

Zweifellos ist die Mobilisierung gegen das Abkommen ein wichtiges politisches Anliegen. Die Organisatoren der Münchner Großdemo vom 4. Juni verstanden es jedoch, dieses Anliegen ganz von der Frage des Imperialismus abzukoppeln. Die Rednerliste war daher auch von Rednern wie dem Vorsitzenden der Grünen, Hofreiter, geprägt, die die Kritik gegen TTIP in ein ganz und gar harmloses kleinbürgerliches Fahrwasser lenkten.

Richtig peinlich wurde es freilich am Ende der Münchner Demonstration, als die Polizei an die  Veranstalter einen Pokal für „die friedliche Ausübung des Demonstrationsrechts“ überreichte – und diese sich auch noch bereitwillig damit ablichten ließen. Deutlicher kann die Unterwürfigkeit unter den „eigenen“ Staat, die „eigene“ Demokratie wohl nicht gezeigt werden.

Sicherlich war es ein Fehler des radikalen Teils der Vorbereitung, den Reformisten die Spaltung des Bündnisses (und damit ihre de facto Verabschiedung von den Aktionen gegen die G7) zu leicht gemacht zu haben, indem der Ort der Großdemonstration (München oder Garmisch) zur Entscheidungsfrage gemacht wurde. Die Schuld und politische Verantwortung für die Spaltung liegt aber eindeutig bei den Reformisten. Sie wollten nämlich keine anti-imperialistische Mobilisierung. Bei einem Gipfel der Staats- und Regierungschefs von sieben der wichtigsten Mächte der Welt (eigentlich fehlten nur China und Russland von den zentralen imperialistischen Staaten) stehen jedoch fast unwillkürlich Fragen der globalen Weltbeherrschung, der Aufteilung der Welt im Zentrum – und sei es unter dem Deckmantel von „Friedenssicherung“ und „Kampf gegen den Terrorismus“. Es ist daher für die Reformisten oder kleinbürgerliche Kräfte nicht so leicht, diesen Fragen auszuweichen, gegen die G7 zu demonstrieren ohne beispielsweise deren Politik in der Ukraine oder in Nahost zu thematisieren. Daher ziehen sie sich lieber auf Fragen zurück, die leichter davon abgetrennt werden können.

Blamabel war auch das Auftreten der IL, die ja formal für die Mobilisierung gegen den G7-Gipfel eintrat. Es gibt jedoch auch hier einen politischen Grund für ihr Fehlen und warum sie die Mobilisierung gegen die EZB bevorzugt. Sie betreibt letztlich eine ähnliche Politik wie Attac, Linkspartei, NGOs bezüglich TTIP. Die Kritik an der EZB wird von der Kritik des Imperialismus abgetrennt, der für sie allenfalls eine „gewalttätige“ Politik, aber keinesfalls ein Entwicklungsstadium des Kapitalismus darstellt.

Vom Imperialismus erst recht nichts wissen wollen das angeblich „kommunistische“ Bündnis „Ums Ganze“, diverse „wertkritische“ oder anti-deutsche Teile der „radikalen Linken“. Den G7-Protesten wird – als wäre die herrschende Klasse keine Klasse von Menschen, als wäre das imperialistische System kein gesellschaftliches System - eine sog. „verkürzte“ und „personalisierte“ Kapitalismuskritik untergeschoben. In Wirklichkeit ist das nur eine ideologische Verklärung zur Verharmlosung des Klassengegensatzes und zur Ablehnung jedes Angriffes auf konkrete imperialistische Institutionen, PolitikerInnen, Attacken usw.

Anti-Imperialismus

Daher vermeinen all diese Spektren, „Anti-Kapitalismus“ ohne Anti-Imperialismus betreiben zu können. Die Kleinbürger von attac, die Reformisten der Linkspartei, die Postautonomen der IL und die Pseudo-Radikalen von UG haben mehr gemein als ihnen lieb ist. Ihre konkrete ideologische Begründung unterscheidet sich – das Gemeinsame besteht jedoch im Zurückweichen vor dem deutschen Imperialismus wie vor dem imperialistischen System überhaupt.

Es ist kein Zufall, dass wir in der gegenwärtigen Periode mit diesem Phänomen konfrontiert werden, obwohl es auf den ersten Blick paradox erscheint. In den letzten Jahren haben Großmächte sehr offen ihr wahres Gesicht gezeigt. Es ist kein Zufall, dass der Begriff „Imperialismus“ selbst häufiger Verwendung findet, dass er vielen Menschen spontan schlüssig erscheint, auch wenn sie kein marxistisches, wissenschaftliches Verständnis davon haben.

Umgekehrt jedoch scheuen große Teile der kleinbürgerlichen, reformistischen, aber auch der „radikalen“ Linken den Begriff zunehmend, weil er „veraltet“ sei. In Wirklichkeit stößt sie an ihm gerade das Zeitgemäße ab.

Zur Beschönigung ihrer imperialistischen Politik hat sich Merkel den dekorativen Schein von Schloss Elmau und die Klimaziele zurechtgelegt. Doch ihresgleichen, darauf können wir rechnen, vergisst hinter der phantastischen Kulisse und noch phantastischeren Versprechungen nicht das reale Ziel.

Die reformistische und kleinbürgerlich-radikale Linke hat keinen festen Boden, auf dem sie handelt. Mit der imperialistischen Ordnung ist, welch Ironie, auch die Ordnung ins Wanken geraten, auf die ihre ganze Politik berechnet ist. Für ihre phantastischen Reformphantasien wie für ihren abstrakten „Radikalismus“ brauchen sie auch den Glauben an ihre eigenen Illusionen.

Für uns als RevolutionärInnen gilt es nicht nur, die Beschönigungen und Lügen der Herrschenden zu entlarven – wir brauchen auch die Illusionen jener nicht, die ihren Frieden mit dem Imperialismus machen wollen, sei es durch Anpassung oder Fernbleiben vom Kampf. Wir brauchen Realismus – und das heißt: Kein Anti-Kapitalismus ohne Anti-Imperialismus!

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