Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Syrien

Solidarität mit Rojava und Kobanê! Unterstützt den kurdischen Widerstand gegen den „Islamischen Staat“ (IS)!

Tobi Hansen, Infomail 776, 8. Oktober 2014

Seit nunmehr zwei Wochen steht die Stadt Kobanê in der Region Rojava im Zentrum des syrischen Bürgerkriegs. Truppen des islamo-faschistischen „Islamischen Staates“ (IS) sind diese Woche bis in die Stadt Kobanê vorgedrungen, der IS will die selbstverwalteten Gebiete der KurdInnen zerschlagen.

Die Volksverteidigungskräfte der YPG und die Frauen-Bataillone der YPJ leisten heroischen Widerstand und verteidigen aufopferungsvoll ihre Stadt. Mehrere tausend KämpferInnen haben zuvor mehr als 100.000 ZivilistInnen evakuiert. Sie waren es auch, die für die Jeziden im Nordirak einen Fluchtkorridor erkämpft hatten, um sie vor den Massakern des IS zu schützen.

Seit dem 7. Oktober tobt der Straßenkampf in Kobanê und die kurdischen KämpferInnen, gemeinsam mit Bataillonen der FSA haben versprochen, dass Kobanê zu einem „Massengrab für den IS“ wird. Berichte von Selbstmordkommandos der Verteidiger gegen Panzer und Artillerie zeichnen ein deutliches Bild von der militärischen Lage in Kobanê.

Solidarität zeigen! Kein Vertrauen in USA und Türkei!

In vielen europäischen Hauptstädten sind in dieser Nacht und in den letzten Wochen zehntausende KurdInnen auf die Straße gegangen, um ihre Solidarität zu demonstrieren, aber auch, um der Weltöffentlichkeit zu zeigen, dass alle Versprechungen der imperialistischen Staaten und der Türkei im Kampf gegen den IS Schall und Rauch sind. Der Fall Kobanês wird vom Westen hingenommen und toleriert.

Sogar UN-Generalsekretär Ban ruft heute die Weltöffentlichkeit auf, den KämpferInnen und verbliebenen Zivilisten in Kobanê zu helfen. Alle, die die Mittel hätten, dies zu tun, sollten handeln,  hofft der Generalsekretär - aber seine Worte werden ungehört bleiben.

Als die USA mit ihrer „Koalition der Willigen“ gegen ISIS in den Krieg zog, hofften gewiss viele auf in ein schnelles Ende der ISIS, aber sie sehen sich bitter enttäuscht. Was bringen auch schon vereinzelte Luftschläge, die weit entfernt von der „chirurgischen Kriegsführung“ sind und sich hauptsächlich gegen Ölraffinerien richten? Die US-Luftwaffe hat zugesehen! Jetzt, da der IS in Kobanê eingerückt ist, bombardieren sie den Ostteil der Stadt. Wohngebiete und Infrastruktur zu zerstören, ist anscheinend einfacher, als Panzer und Geschütze.

Die Politik der USA und ihrer Verbündenten sind weder ein Zufall noch unerwartet. Den Imperialisten geht es im „Krieg gegen den IS“ nicht um Humanität, um Selbstbestimmung oder ähnliches. Im Gegenteil, die Barbarei der Djihaisten ist vielmehr ein Vorwand, die Intervention zur Errichtung einer „stabilen“ US-geführten Ordnung zu legitimieren. Die Luftschläge dienen genau diesen reaktionären Zielen – was sich auch darin ausdrückt, dass bislang weitgehend kosmetischen Charakter hatten.

Die KurdInnen von Kobanê, die YPG oder die PKK stören letztlich nur bei den Zielen der Imperialisten und ihrer lokalen Verbündeten (allen voran der Türkei), gerade weil sie sich auf reale Unterstützung durch die Massen stützen. Es zeigt daher auch, wie naiv und illusorisch es ist, sich Hilfe von imperialistischen Luftschlägen zu erwarten, von jenen Mächten, die seit Jahr und Tag die Bewaffnung fortschrittlicher Kräfte im Nahen Osten (der YPG, der FSA) praktisch verhindern.

Nahe der Grenze wartet schon die nächste hochgerüstete NATO-Macht, welche nicht imstande ist, gegen den IS zu kämpfen: die Türkei. Mit Panzern und Geschützen sind sie aufgefahren, denn sie wissen, dass der IS auf dem Boden besiegt werden muss. Schließlich ließ die Türkei die ISIS und die andere islamistische Fraktion im syrischen Bürgerkrieg die Al-Nusra Front, jahrelang von ihrem Territorium aus operieren, inkl. der finanziellen und militärischen Unterstützung aus Saudi Arabien und Katar. Aber die Türkei wird den KurdInnen nicht helfen, das erleben die vielen Flüchtlinge derzeit in der Grenzregion. Dort werden sie mit scharfer Munition und Tränengas auseinander getrieben. Die Türkei hat proklamiert, eine „Pufferzone“ errichten zu wollen. Diese Pufferzone würde genau dort installiert werden, wo heute die selbstverwalteten Gebiete der Region Rojava sind. Damit wird die türkische Invasion zum Sargnagel des kurdischen Widerstands.

Es ist durchaus möglich, dass die türkischen Truppen genau dann einmarschieren, wenn Kobanê gefallen ist. Dann wird der IS genügend Zeit haben, sich zurückzuziehen und die Türkei wird als Besatzungsmacht in Ost-Kurdistan einrücken. Das entspricht den Ambitionen Erdogans, damit kann die Türkei weiterhin Einfluss auf den syrischen Bürgerkrieg nehmen.

Was die Linke tun kann

Es gibt eine Alternative zur imperialistischen Intervention: Wir müssen uns mit dem kurdischen Widerstand solidarisieren. Dieser Kampf um Kobane und Rojava ist nicht allein Sache der KurdInnen, dieser Kampf ist wichtig für alle Linken und internationalistischen Kräfte. Dabei helfen keine pazifistischen Flausen, die oft mit der Formulierung „es gibt genug Waffen in der Region“ daherkommen. Wir müssen das Selbstverteidigungsrecht der KurdInnen hier verteidigen - und dazu braucht es Waffen, internationale Solidarität und Unterstützung.

Unsere Solidarität gilt hier auch der kurdischen Widerstandsbewegung in der Türkei und den türkischen Linken, die wiederholt versucht haben, die Blockade Kobanês durch die türkische Polizei und Sondereinheiten zu durchbrechen, um so den kurdischen KämpferInnen Unterstützung  zu bringen. Politisch geht es darum, die Blockade Kobanês und der anderen kurdischen Gebiete in Syrien durch die Türkei zu brechen und ihnen den Weg für Nachschub, materielle Versorgung und schwere Waffen zu öffnen, so dass sie den Panzern und der Artillerie des IS nicht mehr nur mit Maschinengewehren entgegentreten müssen.

Auch die Arbeiterbewegung in Europa muss sich für materielle und militärische Hilfe ohne irgendwelche politischen Vorbedingungen einsetzen. Dazu gehört auch die Aufhebung des PKK-Verbots sowie zahlreicher anderer kurdischer Organisationen oder Symbole. Die PKK hat in der Türkei den „Friedensprozess“ abgebrochen, in vielen Städten gibt es militante Auseinandersetzungen mit der türkischen Polizei. Die PKK hat Freiwilligenkontingente aufgestellt, welche den Grenzdurchbruch schafften und nun mit den GenossInnen in Kobanê gegen die IS-Faschisten kämpfen. Bei aller Kritik, die wir an der Theorie und Praxis der PKK haben, müssen wir jetzt solidarisch für die Rechte der KurdInnen, für die Rechte der PKK kämpfen.

Es bleibt nicht mehr viel Zeit. Kobanê - und damit der größte kurdische Bezirk in Syrien - steht kurz vor dem Fall. Eventuell fällt die Stadt nur kurz, nachdem wir diese Zeilen veröffentlicht haben.

Ein Sieg des IS wäre eine Katastrophe nicht nur für das kurdische Volk, für tausende verbliebene BewohnerInnen und KämpferInnen, denen ein Massaker droht. Hunderttausende würden zu Flüchtlingen. Die Selbstverwaltungsstrukturen in Kobanê würden zerstört.

Der Gipfel des Zynismus der NATO-Mächte wäre wohl erreicht, wenn die Türkei nach dem Fall von Kobanê - womöglich mit der Duldung des Assad-Regimes - die Stadt vom IS „befreien“ würde, um so ihre eigene Position bei der Neuordnung des Nahen Ostens auszubauen.

In jedem Fall wäre die Niederlage der KurdInnen auch ein brutaler Schlag für die verbliebenen fortschrittlichen, demokratischen Kräfte der syrischen Revolution und des Arabischen Frühlings.

Der heroische Widerstand in Kobanê und Rojava braucht daher JETZT unsere Unterstützung. Der Heldenmut der MärtyrerInnen, der Volksverteidigungseinheiten YPG und YPJ bezeugt aber auch eines: der Freiheitskampf der unterdrückten Völker, der ArbeiterInnen und Bauern ist lebendig. Selbst wenn sie unter ungünstigsten Bedingungen der Übermacht ihre Feinde, der Pogromisten des IS, der zynischen Politik von Regionalmächten, allen voran der Türkei, und der imperialistischen Großmächte - v.a. der USA - unterliegen mögen. Ihr Kampf bleibt uns Mahnung und Auftrag, es ihnen an Entschlossenheit gleichzutun!

Halte Stand, freies Kobanê!

Aufhebung der Blockade! Materielle Hilfe und Waffen für den kurdischen Widerstand!

Weg mit dem PKK Verbot!

Offene Grenzen für die Flüchtlinge!

Nein zu jeder imperialistischen Intervention!

Leserbrief schreiben   zur Startseite


Nr. 193, Oktober 2014
*  Streikkonferenz: Renovierte Apparate oder Basisopposition
*  Gewerkschaftseinheit: Ja - aber wie?
*  GdL-Streik: Überzogener Kampf oder berichtigte Gegenwehr?
*  Revolution-Brüschüre: Solid - if everything goes right, go left
*  Karstadt: Vor schwerzhaften Amputationen?
*  Bilanz Landtagswahlen: Welche Alternative?
*  ALB-Auflösung: Das Neue ist steinalt
*  Wahlen in Oktober: Brasilien am Scheideweg?
*  Ukraine: Was kommt nach dem Waffenstillstand?
*  Heile Welt
*  US-Luftangriffe im Irak und Syrien: Obama's neue "Koalition der Willigen"
*  Solidarität mit Kobenê! Solidarität mit dem kurdischen Volk!



Wöchentliche E-News
der Gruppe Arbeitermacht

:: Archiv ::