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Kampf den Entlassungen!

Gemeinsam können wir sie schlagen!

Gegenwehr! - Kommunistische Flugschrift für Siemens-KollegInnen
Nr. 1, Mai 2005

Milliardengewinne machen, absahnen und dann abhauen - erst die Arbeitskräfte bis zum letzten ausbeuten, sie dann in Hartz IV fallen lassen, wenn neue Ausbeutungsmöglichkeiten winken. Diese Beschreibung des Kapitalismus findet sich nicht mehr bloß in "linken Spinnerblättchen", sie ist inzwischen wieder Allgemeingut geworden.

Situation in Spandau

Auch in Spandau erleben wir die Wahrheit dieser Beschreibung ganz direkt: allein in diesem Jahr werden wieder mehr als 5.000 Arbeitsplätze, besonders in der Industrie auf dem Altar des Profits geopfert:

Nicht nur die 650 KollegInnen des Bosch-Siemens-Haushaltsgeräte-Werks sind von der Schließung der Fertigung bedroht. Infineon hat bereits sein Werk mit 250 KollegInnen geschlossen. Im Siemens-Com-Werk werden an die 200 Arbeitsplätze vornehmlich über eine Beschäftigungsgesellschaft abgebaut. Im Siemens-Schaltwerk sollen 120 Arbeitsplätze vernichtet werden. Gleichzeitig sind hunderte Arbeitsplätze bei SINITEC und SBS wegen Verkauf bzw. "Restrukturierung" bedroht. Schließlich ist auch das zum FIAT-Konzern gehörende Großmaschinen Werk CNH (ehemals O&K) durch die Sanierungspläne des Mutterkonzerns in Gefahr.

Dass z.B. der Siemens-Konzern gleichzeitig fette Gewinne macht, ist kein Widerspruch zu diesem Horror-Szenario. Es ist nicht die Gier der Manager oder die Unvernunft der gegenwärtigen Wirtschaftspolitik, die hinter diesen Ereignissen steht - es ist vielmehr die Logik des Kapitalismus, die heute immer schärfer zu sehen ist: gearbeitet wird nicht, um sinnvolle Produkte herzustellen, sondern um Kapital zu erhalten und zu vermehren; nur wo der Arbeitsprozess eine bestimmte Rate von Gewinn zu eingesetztem Kapital erzielt, macht er in diesem System Sinn; je mehr jedoch lebendige Arbeit durch Maschinerie ersetzt wird, desto mehr Druck wird auf diese Profitrate ausgeübt (weil nur die Arbeitskräfte Profit schaffen).

Kapitalismus

Daher kommt es dem Kapital nicht bloß auf "hohe Gewinne" an - gerade die großen Konzerne mit ihren hohen Kapitaleinsätzen kämpfen bei geringer wachsendem Gesamtkapital umso heftiger um Anteile, die ihnen noch hohe Profitraten ermöglichen. Deswegen gibt z.B. der Siemenskonzern seinen Teilbereichen Vorgaben für den Beitrag zur Kapitalrendite von 8-12%. Dies sind keine Zwangsvorstellungen der Kleinfelds und Pierers - es entspringt vielmehr der Logik des Kapitals in seiner gegenwärtigen Entwicklungsphase. Nur dass diese Logik mit den Erfordernissen der Existenzsicherung und des menschenwürdigen Arbeitens der Masse der lohnabhängigen Bevölkerung immer mehr in Widerspruch gerät!

Dass diese erhöhten Rendite-Anforderungen des Kapitals zu Druck auf Löhne und Arbeitsbedingungen führen, ist sonnenklar. Ebenso dass die Möglichkeiten einer globaler gewordenen Produktion die Verlagerung von Arbeit in die Gebiete mit den jeweils schlechtesten Lohn- und Arbeitsbedingungen erleichtern.

Kostensenkung als Ziel

Dies heißt jedoch nicht, dass das Kapital deswegen auch wirklich in diese Gebiete verlagert. So soll z.B. die Waschmaschinen-Produktion aus dem Spandauer BSH-Werk nach Nauen und nicht in das noch günstigere Werk in Polen verlagert werden. Dies ist klar eine politische Entscheidung: hier geht es dem Konzern darum, das Modell eines nicht-tarifgebundenen Werkes in Deutschland zu fördern, in dem bezüglich Entlohnung und Arbeitszeit keine Gewerkschaft mehr mitzureden hat.

Natürlich will das deutsche Kapital bestimmte strategische Produktionen und Entwicklungsarbeiten auch weiterhin in seinem "Heimathafen" behalten. Nur eben zu seinen Bedingungen. Die besten Resultate erzielt auch das Kapital noch mit der uralten Strategie des "Teile und Herrsche": einerseits wird den deutschen KollegInnen jederzeit mit der Verlagerung nach Billiglohn-istan gedroht, während in den ärmeren Ländern weiterhin keine nachhaltige Entwicklung stattfindet, sondern diese auf Zuliefer-Produktion festgelegt werden. So bleibt das Gefälle erhalten und die ArbeiterInnen auf beiden Seiten können günstig gegen einander ausgespielt werden.

Es macht hier keinen Sinn, auf die "Qualität unseres Standorts" hinzuweisen - die kennen die Kapitalisten auch selber. Sobald wir uns auf die Konkurrenz um "den besten Standort" einlassen, haben die Kapitalisten uns genau dort, wo sie uns haben wollen: Dieses Spiel können wir nur verlieren.

Was tun?

Wenn wir eine vernünftige Gegenwehr organisieren wollen, müssen wir uns vielmehr zwei Dinge klar machen:

(1) unsere Karten sind besser, als es aussehen mag: Verlagerungsdrohungen sind vielfach ein Bluff, mit dem nur schlechtest-mögliche Bedingungen erpresst werden sollen - so viel wie sie androhen, wollen sie gar nicht verlagern; bei entsprechender Gegenwehr gibt es also gute Chancen, sich erfolgreich zur Wehr zu setzen und die eigenen Forderungen durchzusetzen;

(2) letztlich erfolgreich können wir nur sein, wenn wir uns nicht gegeneinander ausspielen lassen: sowohl auf lokaler und nationaler Ebene, wie auch auf internationaler Ebene müssen wir zusammen kämpfen, wenn wir dem globalen Kapital unter seinen heutigen Renditezwängen noch wirksam Widerstand entgegen setzten wollen.

Über den Betrieb hinaus Widerstand leisten!

Zu den Schließungsdrohungen bzw. Massenentlassungen in den Spandauer Betrieben sagen wir daher: Widerstand ist keineswegs zwecklos, er muss nur gezielt über den Betrieb hinaus organisiert werden - und nicht nur andere Konzernwerke in Spandau miteinbeziehen, sondern insbesondere auch die Werke, die als "Billigstandorte" gegen uns ausgespielt werden sollen!

So hat der europaweit koordinierte Widerstand der Hafenarbeiter letztes Jahr gezeigt, dass auch das global agierende Kapital gegen einen internationalen Streik machtlos ist, und den Forderungen der Hafenarbeiter nachgeben musste. Dies sollte uns allen als Beispiel dienen, dass auch weiterhin Widerstand gegen die Renditehaie erfolgreich organisiert werden kann!

Jetzt den Kampf organisieren!

 

Es nützt nichts, über die mangelnde Gegenwehr von Betriebsrat oder Vertrauenskörper, oder die "schlechte Politik" der Gewerkschaftsführungen zu jammern. Die geringe Beteiligung von Siemens-KollegInnen an gewerkschaftlicher Willensbildung und über den Betrieb hinaus gehender politischer Aktivität ist ein Mitgrund, dass wir keine bessere Vertretung haben. Je schärfer die Auseinandersetzung wird, um so weniger können wir erwarten, dass irgendwelche "Stellvertreter" schon richtig für uns handeln und entscheiden werden.

Dies muss auch bei uns eine entscheidende Lehre sein: Wenn wir nicht selbst aktiv werden, uns selbst organisieren und unseren Mund aufmachen, dann sind andere Ergebnisse eben auch nicht zu erwarten. Nur wenn wir aktive, kämpferische Basisgruppen und Vernetzungen davon mit anderen Betrieben bilden, werden wir auch in Gewerkschaft und Betrieb eine entschlossene Politik des Kampfes um ein klares Programm für unsere gemeinsamen Interessen durchsetzen können.

Insofern muss uns die Auseinandersetzung um den aktuellen Personalabbau eine Lehre sein. Was den noch nicht Betroffenen droht, liegt auf der Hand: früher oder später ist jeder den gleichen Angriffen ausgesetzt, wird von Schließung oder Massenentlassung bedroht, wird mit Beschäftigungsgesellschaft oder Erpressung von Zugeständnissen konfrontiert. Aus der aktuellen Auseinandersetzung müssen wir dann folgendes lernen:

Kämpfen lohnt sich in jedem Fall - wenn wir zusammenstehen und von anderen Betrieben Solidarität organisieren, können wir Werkschließung oder Entlassungen verhindern! Dazu müssen wir auf unsere ureigenen gewerkschaftlichen Kampfmittel zurückgreifen.

Nur durch Streiks und Betriebsbesetzungen haben wir eine Chance, die Angriffe des Siemens-Konzern zu stoppen! Das gilt nicht nur, wenn die Schließung unmittelbar bevorsteht, sondern ebenso, wenn das Unternehmen Jahr für Jahr die Belegschaft mit einer Salamitaktik ausdünnt.

Wir können dem Betriebsrat nicht allein die Verhandlungen überlassen - über alle Zwischenschritte und -Ergebnisse muss berichtet und abgestimmt werden! Es muss ein Aktionskomitee gebildet werden, das den Kampf vorbereitet und bei jeder Wendung der Situation entscheidet, welche Aktion angebracht ist! Hier sind die IG-Metall-Vertrauensleute und andere aktive GewerkschafterInnen und KollegInnen gefragt.

Insbesondere darf kein Verhandlungsergebnis akzeptiert werden, ohne Urabstimmung in der Belegschaft! Über den Betrieb hinaus müssen Solidaritäts- und Koordinierungskomitees gebildet werden, LeiharbeiterInnen, Arbeitslose, betroffene Bevölkerung müssen in den Widerstand einbezogen werden. Gemeinsam können wir den Angriff des Kapitals zurück schlagen!

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