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Vor 20 Jahren in Britannien

Bergarbeiterstreik

Helga Müller, Neue Internationale 92, Juli/August 2004

Maggi Thatcher verwandelte Ende der 70iger Jahre die Torys zu einer neoliberalen Partei. Dies war notwendig geworden, nachdem die Bergarbeitergewerkschaft die Tories 1974 durch massive Streiks gegen ihr Sparprogramm aus dem Amt geworfen hatte und Ted Heath nicht in der Lage war, den Einfluss dieser Gewerkschaft und der gesamten britischen Arbeiterbewegung zu brechen, um das Programm der Bourgeoisie gegen die Arbeiterschaft durchzusetzen. Dieses bestand in der Politik der Privatisierung, des massiven Stellenabbaus und des freien Spiels der Marktkräfte ohne staatliche Regulierung.

Entscheidend war, dass durch diesen Sieg die Gewerkschaftsmitglieder, die Militanz der Kämpfe massiv zunahmen und die Erfolge der Gewerkschaften gegen die Maßnahmen der Regierung ins "Unermessliche" zu wachsen schienen.

Thatchers Ziele

Thatcher richtete die Politik der Konservativen nun vollständig darauf aus, die Macht der Bergarbeitergewerkschaft und damit der gesamten britischen Arbeiterschaft zu brechen. Dabei ging sie sehr systematisch vor: alle Bereiche - staatliche Gewalt und Rechtssprechung, taktisches Ausspielen der Arbeiterbewegung gegeneinander - wurden diesem Ziel untergeordnet.

Die Gründe für diese Konzentration auf die Zerschlagung der Macht der Bergarbeitergewerkschaften waren folgende:

1. Die Privatisierung der Bergwerke war ein wichtiges Element, um den Plan der Tories, die gesamte staatliche Wirtschaft zu privatisieren, durchzusetzen. Wenn sie dieses Ziel in der Kohleregion erreichten, dann konnten sie es überall durchsetzen.

2. Die NUM wurde - trotz ihrer damaligen Führung - von der ganzen Arbeiterbewegung als ihre Avantgarde betrachtet. D.h., wenn die NUM zerschlagen würde, wäre das ein strategischer Sieg über die gesamte Klasse und genau das war das Ziel von Thatcher.

Gleichzeitig zeigte der Erfolg ihrer Maßnahmen die Schwäche der britischen (nicht nur dieser) Gewerkschaftsbewegung auf, die in der Unterordnung ihrer Führung unter die Interessen der Unternehmer und der Verweigerung der Anwendung der Arbeiterdemokratie - kurz: in der Politik des Reformismus - liegen.

Thatchers Strategie ist in zwei Dokumenten niedergelegt: Das erste ist ein Papier von Keith Joseph, das "Der Schlüssel zur Erholung Britanniens liegt in der Lösung des Gewerkschaftsproblems" heißt. Dieses Papier stellt dar, dass die Verschiebung des Kräfteverhältnisses zugunsten der Unternehmer nur durch die Veränderung der bisherigen Spielregeln erfolgen kann.

Die neuen gesetzlichen Maßnahmen wurden nicht auf einmal durchgesetzt (was der Fehler von Heath war), sondern nach und nach; in ihrer Gesamtheit machten sie eine effektive Gewerkschaftsarbeit aber fast illegal.

Aber die Änderung des gesetzlichen Rahmens konnte nicht ohne die Unterminierung der Fähigkeit der Gewerkschaftsbewegung, Widerstand zu leisten, durchgesetzt werden. Dazu griff Thatcher auf den "Ridley Plan" zurück.

Seine Idee bestand darin, den Widerstand der gesamten Arbeiterklasse auf ein Minimum zu reduzieren. Ab 1979 begannen die Tories damit, den Plan von Nicolas Ripley - eines engen Verbündeten Thatchers - umzusetzen:

die Kohlevorräte wurden aufgestockt, gleichzeitig wurde die Energiegewinnung immer mehr auf Atomkraftwerke verlagert.

die Polizei zu einer Streikbrecher-Truppe umorganisiert.

Innerhalb der Kohleindustrie sollten alle Manager, die in dieser verstaatlichten Industrie groß geworden waren, weg. Sie waren zu sehr an die "Politik des Konsenses" gebunden und zu weich gegenüber der NUM. Ein wirklicher Anhänger der freien Marktwirtschaft wurde gebraucht.

Tatsächlich wurde im September 1983 Ian MacGregor, der kurz zuvor Jobs bei British Leyland vernichtet und gewerkschaftliche Strukturen zerstört hatte, zum Vorsitzenden der britischen Kohleindustrie ernannt. Er gab später zu, dass er von Thatcher ausgewählt wurde, um die NUM zu zerschlagen, diese Industrie kaputtzumachen, um sie bereit für die Privatisierung zu machen.

Das letzte Element bestand darin, die Bergarbeiter zu isolieren. Dies sollte dadurch erreicht werden, dass die Regierung sich andere Schlüsselsektoren der Klasse vornahm und diesen eine Niederlage beibrachte. Das geschah 1979 in der Automobil-, 1989 in der Stahlindustrie, 1982 bei den Eisenbahnern und im Öffentlichen Dienst und 1983 bei der Druckergewerkschaft. In jedem dieser Fälle wurde der Streik von der Gewerkschaftsführung, die unter den Tories immer mehr nach rechts ging, isoliert. Gleichzeitig bauten die Tories eine Sektion innerhalb der Gewerkschaftsbürokratie auf, die offen für die Organisierung von Streikbruchs war, d.h. eine unternehmerfreundliche Achse in der Gewerkschaftsbewegung bildete. Tatsächlich fanden die Tories solche Kräfte in den Gewerkschaften, auch in der NUM wie z.B. in Nottinghamshire.

Erst als alle diese Komponenten des Ridley Planes umgesetzt waren, gab Thatcher den Startschuss für den Krieg gegen den "inneren Feind".

1981 kam es zur ersten Auseinandersetzung zwischen der NUM und der Regierung, die aber zugunsten der Bergarbeiter ausging. Doch Thatcher war noch nicht bereit, ihr fehlten noch die Instrumente zur entscheidenden Schlacht. Die Entscheidung stand noch bevor.

Zu jener Zeit hatte Arthur Scargill, ein "linker" Gewerkschaftsführer aus Yorkshire, den Vorsitz übernommen. Scargill war persönlich für die Organisierung der fliegenden Streikposten der Bergarbeiter von Yorkshire in den Streiks von 1972 und 74 verantwortlich. Sie waren sehr effektiv in der Organisierung von Solidaritätsaktionen aus anderen Bereichen.

Scargill wurde von den Regierenden als Feind Nr. 1 angesehen. Auf der anderen Seite hatte er aber nicht die ungeteilte Unterstützung der Arbeiterbewegung: Die Mehrheit des TUC (englischer Dachverband der Gewerkschaften, vergleichbar dem DGB) hasste ihn und die Labour Party betrachtete ihn als eine Belastung. Doch Scargill hatte keine Gegenstrategie zum Ridley-Plan.

1983, nach ihrem Sieg im Argentinien-Krieg, gefolgt von ihrem massiven Wahlerfolg, war Thatcher bereit: Der Ridley Plan konnte in die Tat umgesetzt werden.

Kampagne für einen landesweiten Streik

Am 1. März 1984 kündigte der Vorstand der nationalen Kohleindustrie (Coal Board) die Schließung der Cortonwood Zeche in Yorkshire an. Scargill argumentierte damals richtig, dass MacGregors Plan in Wirklichkeit darin bestände, ein großes Bergwerksschließungsprogramm zu starten, welches mit 20 "unwirtschaftlichen" Bergwerken beginnen, aber mit der Schließung weiterer 70 Bergwerke weitergehen sollte, was zu ca. 70.000 Arbeitsplatzverlusten führen würde.

Doch jede/r, auch die engsten Gewerkschaftsmitglieder dachten, dass Scargill übertreibe, nur um einen Streik zu provozieren. Der Streik, der folgte, war die wichtigste industrielle Auseinandersetzung in Britannien seit dem Generalstreik von 1926. Ein ganzes Jahr lang streikten die Bergarbeiter und ihre Unterstützer/innen gegen die Tories. Die Bergarbeiter wussten - wie jede/r klassenbewusste Arbeiter/in -, dass es in dieser Auseinandersetzung nicht allein um ihre Jobs ging, sondern um die Zukunft der gesamten Arbeiterklasse und die Fähigkeit der Gewerkschaftsbewegung, sich gegen die Angriffe des kapitalistischen Systems verteidigen zu können.

Aber dass dieser heroische Streik nicht zum Sieg führte, lag an der Politik der NUM-Führung, einschließlich ihres kämpferischsten und linkesten Mitglieds Arthur Scargill, die im Linksreformismus stalinistischer Prägung bestand.

Natürlich war Scargill ein Kämpfer und er beabsichtigte nie bewusst, die Arbeiter auszuverkaufen, aber Scargills politische Linie ging nie über den kämpferischen Linksreformismus hinaus. So weigerte er sich bis zuletzt, die Gewerkschaftsmitglieder über die Köpfe des NUM-Vorstandes hinweg zur Solidarität aufzurufen. Er hing dem syndikalistischen Glauben an, dass eine gewerkschaftliche Aktion nur seiner Gewerkschaft die Macht des Staates besiegen könne.

Der erste Beweis für diese Schwäche zeigte sich am Anfang des Streiks, als es um die Frage der Organisierung eines nationalen Streiks ging. Die Kumpel von Cortonwood waren innerhalb von drei Tagen nach Ankündigung der Schließung im Streik. Innerhalb von zwei Tagen folgte Yorkshire. Es wurden Streikposten in andere Regionen versandt. Schottland, Südwales, Kent, der Nordosten und Nord Derbyshire waren auch bald dabei.

In den Midlands war die Aktion sehr zerrissen. In Nottinghamshire begann der rechte Flügel, gegen einen nationalen Streik Front zu machen, indem er für eine nationale geheime Abstimmung plädierte, wenn es um die Frage des nationalen Streiks ging. Die kämpferischen Teile antworteten auf diese Provokation mit der Versendung von noch mehr Streikposten.

Mit dieser Initiative war klar, dass der rechte Flügel des NUM-Vorstandes beabsichtigte, den Kampf um einen nationalen Streik zu verhindern. In zwei geheimen Abstimmung war Scargill knapp unterlegen - mit dem Ergebnis, dass kein nationaler Streik stattfand. Unter diesen Bedingungen wäre ein rollierender Streik, der jede Region in den Streik einbezogen und die Aktion im Nachhinein legitimiert hätte und auf nationaler Ebene über den Vorstand hätte koordiniert werden müssen, die korrekte Antwort gewesen.

Was Scargill und seine engsten Verbündeten in der NUM Peter Heathfiled und McGahey (ein Linker und Mitglied der KP) taten, war folgendes: Anstatt einen nationalen Streik auszurufen, überließen sie jeder Region die Entscheidung, ob sie streiken wollten oder nicht.

Dies gab den Führern des rechten Flügels in den nicht streikenden Gebieten die Möglichkeit, ihre Kampagne gegen einen nationalen Streik auszuweiten. Zum anderen bedeutete es, dass viele Bergarbeiter der Midlands davon überzeugt waren, dass sie keine Streikbrecher seien, da sie von ihren lokalen Gewerkschaftsverantwortlichen ja nicht zum Streik aufgerufen wurden.

Das war ein fataler Fehler, der es erlaubte, dass die Spaltung innerhalb der NUM tiefer wurde. Hätte der NUM -Vorstand einen nationalen Streik ausgerufen, hätte er die Rechten von dieser Möglichkeit abgehalten und sichergestellt, dass der immer noch vorhandene Loyalismus gegenüber der NUM dazu geführt hätte, dass es eine breitere Aktion geworden wäre.

Entscheidende wäre hier gewesen, die streikende Minderheit in diesen Gebieten miteinander zu verbinden und Repräsentanten der streikenden Bergarbeiter auszusenden, die in jeder Zeche Versammlungen abhalten.

So wurde insbesondere Nottinghamshire in der Zwischenzeit für Streikposten eine nicht mehr erreichbare Zone: die Polizei errichtete Straßenblockaden und stellte Hunderte von Polizisten vor den Bergwerken auf, in denen die Kumpels noch arbeiteten, um auf jeden Streikposten, der durchgekommen war, einzuschlagen.

Die Reaktion der NUM-Führung darauf war absolut unzureichend. Sie hielt eine nationale Delegiertenkonferenz ab, die den Streik als national erklärte und wies die Bergarbeiter in Nottinghamshire und anderen Regionen ganz einfach an, mit der Arbeit aufzuhören.

Streikbrecher der UMD

Um diese Entscheidung durchzusetzen, wäre es aber notwendig gewesen, den NUM- Mitgliedern in den Midlands klarzumachen, dass die Gewerkschaft - einschließlich der Funktionäre in den "moderaten" Gebieten - es ernst meinen. Jedes Mitglied, das den Streik brach, hätte diszipliniert werden müssen bis hin zum Ausschluss. Dies wäre die Chance gewesen, der Streikbrecherbewegung, das Genick zu brechen.

Wieder einmal entschloss sich die NUM-Führung nur zu einer halbherzigen Maßnahme. Sie verständigte sich nun doch darauf, Streikbrecher zu disziplinieren - doch diese Regel wurde nicht angewendet! Nun konnten sich die harten rechten Streikbrecher erst richtig organisieren. Sie wurden nun auch von Schlüsselfiguren der regierenden Klasse wie David Hart finanziell unterstützt.

Hart, der Thatcher nahe stand, finanzierte nicht nur Prozesse gegen den Streikaufruf der NUM, der von den bürgerlichen Klassenrichtern als illegal erklärt wurde. Als der Streik weiterging und sich die Fronten verhärteten, traf er sich heimlich mit Führern der Streikbrecher, um eine Spaltungsgewerkschaft aufzubauen - die Gewerkschaft der Demokratischen Bergarbeiter (Union of Democratic Mineworkers - UDM). Eine Organisation, die ausschließlich für den Zweck des Streikbrechens gegründet worden war.

"Linke" Unterstützer

Schon nach wenigen Wochen hatte der Bergarbeiterstreik mit einem zentralen Problem zu kämpfen. Die Gewerkschaftsführer in der Stahlindustrie begannen, den Bergleuten in den Rücken zu fallen. Ursprünglich hatten sie zugesagt, dass sie dem Bergarbeiterstreik beistehen würden, indem sie sich weigerten, Kohlelieferungen für die Dauer des Streiks anzunehmen und so drohten, die Stahlproduktion zu blockieren. Nun gaben mehr und mehr von ihnen unter allerlei Vorwänden klein bei - sei es unter Verweis auf repressive Gewerkschaftsgesetze oder aus ganz und gar nationalistischen Motiven wie die schottischen Gewerkschaftsführer, denen "ihre schottische Industrie" näher stand als die Solidarität mit ihrer Klasse.

Hinzu kam, dass die Stahlindustrie Abkommen mit den Streikbrechern der UDM, aber auch einzelnen NUM-Leuten schloss, um weiter Kohle zu erhalten.

Scargill hatte gehofft, die Gewerkschaftsführer in der Stahlindustrie durch das Unterlassen jeder öffentlichen Kritik an ihrer ohnedies immer schon halbherzigen Solidarität von solchen Aktionen abzuhalten. In Wirklichkeit hatte er sie damit aber gerade ermutigt, den Bergleuten in den Rücken zu fallen.

Effektive Solidarität erhielten die Bergarbeiter von vielen Eisenbahnern - genauer von regionalen und lokalen GewerkschafterInnen und ihre Organisationen. Vom Vorsitzenden der Eisenbahnergewerkschaft ASLEF Ray Buckton konnte das freilich nicht behauptet werden. Er ließ zwar "seine" Basis gewähren, weigerte sich aber, offen zur Unterstützung der Bergarbeiter aufzurufen und weigerte sich auch, als TUC-Vorsitzender (die er während des gesamten Streiks inne hatte) zur Ausweitung des Streiks aufzurufen.

Die halbherzige bis unterlassene Unterstützung der Bergarbeiter durch den TUC einschließlich der linken Gewerkschaftsführer zeigte sich besonders deutlich im Fall des Dockerstreiks. Der linke Gewerkschaftsführer Jimmy Knapp der NUR hatte ähnlich wie Buckton ursprünglich "100 Prozent" Unterstützung zugesagt. In der kritischen Phase des Streiks im Frühjahr/Sommer 1984 freilich schloss Knapp einen Tarifvertrag für die Eisenbahner ab und nahm sie so aus dem Arbeitskampf.

Scargill sah Knapp und Buckton trotzdem als verlässliche Verbündete im TUC und nahm sie sogar vor linker Kritik aus der Eisenbahnergewerkschaft in Schutz. Das war kein Zufall. Hier zeigen sich Scargills politische Grenzen. Er war nie über einen kämpferischen Syndikalismus und Reformismus hinausgekommen. Als linker Bürokrat respektierte er die Claims anderer linker Bürokraten.

Die Schwäche Scargills zeigte sich aber auch bei einem der heroischsten Momente des Bergarbeiterstreiks. Beim Kampf um Orgreave, ein Stahlwerk in der Nähe von Sheffield. Um den Druck des Streiks zu erhöhen und die Wiederaufnahme der Stahlproduktion zu stoppen, hatte die NUM-Führung unter Scargill beschlossen, das Stahlwerk mit 1000en jungen Bergarbeitern zu blockieren. Scargill selbst führte den Kampf zur Besetzung des Stahlwerks an.

Dabei stießen die Bergarbeiter jedoch auf einen Gegner, mit dem Scargill nicht gerechnet hatte: die für den bürgerkriegsartigen Kampf vorbereitete und jahrelang umgerüstete Polizei. Vier Wochen, im Mai und Juni 1984, versuchten die Bergarbeiter Tag für Tag, die Polizeilinien zu durchbrechen. Vergebens!

Die Staatsmacht konnte an diese Stelle nicht gebrochen werden und die NUM war nicht in der Lage, eine politische Strategie für eine Solidaritätskampagne mit dem Kampf gegen die Staatsmacht zu entwickeln.

Wendepunkt

Zusammen mit der Rückziehern der linken Gewerkschaftsführer bildete die Niederlage in Orgreave den Wendepunkt des Bergarbeiterstreiks. Nach rund einem Monat musste der heroische Kampf aufgegeben werden. Regierung und Staatsgewalt gingen nun zur Offensive über. Die Repression wurde in die Kerngebiete des Streiks selbst getragen.

Gleichzeitig übernahmen auch im TUC die rechten Gewerkschaftsführer das Kommando über die "Solidaritätsarbeit" mit den Bergarbeitern. Während die linken Bürokraten viele Erklärungen in Solidarität mit den Kumpel verabschiedet hatten ohne den Worten Taten folgen zu lassen, drängten die Rechten darauf, die Solidarität auf die "Unterstützung Notleidender" zu beschränken. Die ArbeiterInnen sollten zwar Geld für Bergarbeiter und ihre Familien spenden, aber sie sollten keine Solidarität mit dem Streik üben oder gar Solidaritätsaktionen organisieren. So wie Scargill zuvor die linken Verbündeten gedeckt hatte, machte er nun einen Deal mit den TUC-Führern und deckte sie damit von links, während sie gleichzeitig den Bergarbeiterstreik verrieten.

Selbst in der zweiten Jahreshälfte 1984 gab es noch eine Reihe von Möglichkeiten, den Streik zu generalisieren. Das scheiterte jedoch an weiteren Verrätereien der TUC-Führer. Schließlich setzte sich auch unter den NUM-Führern eine weichere Linie durch, die schließlich gegen Scargill die Oberhand gewann. Im März 1985 wurde der Streik formell beendet.

Die Niederlage des Bergarbeiterstreiks war der Schlüssel zum Erfolg Thatchers und seine Niederlage markiert eine strategische Niederlage der britischen Arbeiterklasse, von der sie sich bis heute nicht gänzlich erholt hat. Neben der brutalen Entschlossenheit Thatchers und der Verräterei der Labour- und Gewerkschaftsführer, trugen auch die Schwächen in der Strategie Scargills zur Niederlage bei:

sie war unfähig, die Spaltung innerhalb der gewerkschaftlichen Kräfte zu überwinden;

sie zeigte die Grenzen der Massenstreikposten auf, wenn diese gegen ein riesiges national koordiniertes Polizeiaufgebot zu kämpfen hatten;

sie zeigte die Grenzen eines Kampfes auf, der allein auf die Bergarbeiter begrenzt war, wenn man es mit der Regierung zu tun hatte.

Ein politischer Kampf gegen die Regierung benötigt eine bewusste politische Antwort. Diese verlangt mehr als Bergarbeiter-Unterstützungskomitees und Spenden von nationalen und lokalen Gewerkschaftsgliederungen. Diese verlangt lokale Aktionsräte, die aus Delegierten aller Gewerkschaften und Gemeinden, die die Bergarbeiter unterstützen, bestehen. Mit diesen Organen hätten Massensolidaritätsaktionen und letztlich ein Generalstreik organisiert werden müssen.

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Nr. 92, Juli/August 2004

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*  Arbeitskampf bei FIAT Melfi: Basis erzwingt Schritt vorwärts
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