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Palästina

Solidarität mit der Intifada!

Gerald Waidhofer, Neue Internationale 85, November 2003

Am 8. August feuerten israelische Soldaten eine Rakete auf ein Gebäude des Flüchtlingscamps Askar in Nablus. Ihr Ziel waren Fayez Assader und Khamis Abu Salem - zwei führende Mitglieder der Hamas. Beide wurden getötet.

Die schwer bewaffneten israelischen Truppen eröffneten dann das Feuer auf Leute, die sie mit Steinen bewarfen. Dabei wurde ein 20jähriger getötet, ein anderer erlag den Folgen eines Tränengasangriffs. Acht Familien wurden durch diesen Angriff obdachlos. In brutaler Manier hat Israel den Waffenstillstand gebrochen und die 'road map' (Straßenkarte) - den "Friedensplan" - ignoriert.

Die Hamas reagierte: "Wir rufen alle Zellen auf, dieses Verbrechen zu beantworten und dem Feind die richtige Lehre beizubringen." Am 19. August tötete die Bombe eines Selbstmörders 21 Insassen eines Busses in Jerusalem.

Auf israelischer Seite war der Waffenstillstand stets nur scheinbar und auf Druck der USA zugestanden worden. Es wurden nur einige hundert (nicht die versprochenen tausenden) PalästinenserInnen freigelassen, die ohne Prozess einsaßen. Während sich die Israelis aus der Umgebung Bethlehems zurückzogen, behielten sie die meisten Städte der West-Bank weiter in einem eisernen Griff, was den PalästinenserInnen dort das tägliche Leben unerträglich macht.

Waffenstillstand

Nach Beginn des Waffenstillstands ermordeten israelische Soldaten und Siedler 17 Menschen (davon 7 Kinder), verwundeten 437 (davon 88 Kinder) und inhaftierten 593. Sie konfiszierten 4.457 Morgen Land für jüdische Siedlungen, zerstörten 987 Morgen landwirtschaftlichen Gebietes mit Bulldozern, fällten 12.462 Bäume und zerstörten oder beschädigten 253 Häuser.

Seit Sharon am 10. August "jedes Hamas-Mitglied" zu einem legitimen Todes-Ziel erklärte, führte Israel 10 Raketenangriffe in 10 Tagen durch, verwundete und tötete dabei mehrere Militante.

Der Waffenstillstand wurde durch die PLO-Führung ausgehandelt - besonders von Marwan Barghouti, einem zentralen Fatah-Führer, der im Gefängnis sitzt. Es gab die Übereinkunft, dem neuen palästinensischen Ministerpräsidenten Mahmoud Abbas Zeit zu geben, um nach drei Jahren Intifada von der israelischen Regierung "bedeutende Zugeständnisse" zu erhalten.

Abbas benötigte den Waffenstillstand auch als Teil der Verpflichtungen der Palästinensischen Selbstverwaltung (PNA), die in der sogenannten 'road map' enthalten waren, für eine Regelung zwischen den PalästinenserInnen und Israel. Die 'road map' soll die Formierung eines souveränen Staates Palästina gewährleisten und eine von den PalästinenserInnen und anderen Staaten anerkannte Grenze sichern.

Allerdings setzte Ariel Sharons Regierung von Anfang an auf die Festigung der existierenden jüdischen Siedlungen und die Erstellung ihres 'Sicherheits'-Zaunes tief im palästinensischen Gebiet fort. Außerdem drängte Sharon den US-Präsidenten Bush, auf Abbas mehr Druck auszuüben, dass dieser über den Waffenstillstand hinausgeht und die Kräfte der PNA benutzt, um die Hamas zu vernichten. Nur dann, behauptete Sharon, würde Israel beabsichtigen, mehr zu tun, um das Leiden der PalästinenserInnen zu verringern.

Abbas wiederum versuchte Bush klar zu machen, dass die Versuche, Hamas durch die US-freundliche palästinensische Führung zu vernichten, lediglich einen Bürgerkrieg entfachen würden, solange Israel weiter die Palästinenserinnen angreift und nichts gegen die Siedlungen in den besetzten Gebieten unternimmt.

Während des Waffenstillstands hatte die US-Außenpolitik zeitweilig den Anschein, als versuche sie, beide Seiten zu einer "vernünftigen" Übereinkunft zusammenzubringen und Bush äußerte verhaltene Kritik an Sharons "Sicherheitsmauer".

Bush deutete an, dass weitere Darlehensgarantien der USA für Israel von über 9 Mrd. Dollar (ohne die Israel nicht hoffen könnte, Geld vom Kapital- und Kreditmarkt zur Finanzierung seiner militärischen und expansionistischen Pläne zu erhalten) gestrichen werden könnten. Er drängte Sharon, seine Mauer nur an der bestehenden grünen Grenze zwischen Israel und der West-Bank zu bauen, die aber nach der Besetzung dieses Gebietes während des Krieges 1967 von Israel ebenfalls illegal errichtet wurde.

Sharon lehnte das strikt ab. Die medienwirksame Erklärung, einige kleinere illegale Siedlungs-"Vorposten" zu räumen, diente nur dazu, die internationale Meinung zu beruhigen. Die Räumungen wurden meist schnell wieder rückgängig gemacht, sobald die Kameras verschwunden waren. Der Ausbau der bestehenden großen Siedlungen erfolgt dafür umso rascher - mitfinanziert durch US-Gelder.

US-Politik

Washingtons Politik ist weder pro-palästinensisch, noch "ausgeglichen". Die USA haben stets Israel gedeckt - und bewaffneten es gut, um zu verhindern, dass arabische Staaten in der Region in die Lage kommen, den regionalen Interessen der USA zu schaden, besonders dem Zugriff auf die Erdölvorräte.

Aber die eigenen Interessen Washingtons stimmen mit denen Israels nicht vollständig überein, da Bush strategische Stabilität im Nahen Osten benötigt, nicht einen Dauerkonflikt. Die radikale islamische Opposition gegen den US-Imperialismus (inkl. der Al-Quaida) wird teilweise angetrieben durch die Unterdrückung der PalästinenserInnen durch Israel.

Die Zustimmung Israels zur Beendigung des Diebstahls von immer mehr palästinensischem Land ist entscheidend, wenn die moderate palästinensische Führung jemals die Massen der Bevölkerung überzeugen sollte, den gestutzten winzigen "Staat" zu akzeptieren, den Washington und Israel für sie im Auge haben.

Aber eine Mehrheit in Sharons Kabinett sieht das keineswegs so. Sie wollen den Verbleib Israels in der West-Bank und möglicherweise Gaza und die Millionen PalästinenserInnen "einladen", nach Ägypten oder Jordanien zu gehen.

Diese Zionisten meinen, Israel sei zu klein, müsse seine Grenzen ausdehnen und dass es keine Sicherheit vor der Militanz der PalästinenserInnen geben könne, solange Millionen von ihnen neben Israel lebten. Sie ignorieren das historische Verbrechen Israels an den PalästinenserInnen, als 1947/48 die palästinensische Bevölkerung aus ihrer Heimat und von ihrem Land vertrieben wurde, um ihren rassistischen Staat auf dem Gebiet einer anderen Bevölkerung zu errichten.

Doch auch der tatsächliche Zwang zur Flucht vor der Verfolgung der Juden in Europa rechtfertigt keinesfalls die Vertreibung, Unterdrückung und Ermordung eines anderen Volkes, um dort einen "eigenen" Staat zu errichten. Dieser Staat Israel ist in erster Linie Vorposten des Imperialismus in der Region und zudem in jeder Hinsicht von dessen Hilfe und Gunst abhängig.

Die "moderaten" ZionistInnen in der israelischen Regierung glauben, dass mit einer 200 Meilen langen "Sicherheitsmauer", zusammen mit der militärischen Präsenz zum Schutz aller zentralen jüdischen Siedlungen, ein palästinensischer "Staat" keine Bedrohung sein dürfte.

Tatsächlich hat der Staat, den sich Washington und Tel Aviv vorstellen, keine Kontrolle über seine Grenzen, seinen Luftraum oder Küste, hat weder Armee noch Waffen, um Israel auch nur ansatzweise gefährden zu können, besitzt kein zusammenhängendes Gebiet zwischen den Zentren ihrer Bevölkerung und verfügt über fast keine ökonomischen Ressourcen. Ein solches Palästina wäre nur die Farce eines souveränen Staates und insofern wieder nur abhängig vom Imperialismus sein!

Nach dem Bruch des Waffenstillstandes hat die US-Administration ihre vorgebliche "Neutralität" wieder aufgegeben. Sie hat wieder Arafat als den hauptsächlichen "Feind des Friedens" angegriffen. Sie forderte, dass die PNA und Abbas mehr zur Demontage der Hamas unternehmen müssen. Die USA bemühen sich, die Finanzen verschiedener Wohlfahrtsvereinigungen, denen sie eine Unterstützung der Hamas nachsagen, einzufrieren.

Eines der ersten Opfer dieser Politik des Imperialismus war freilich "ihr" Mann in der palästinensischen Adminstration: Abbas.

Wir begrüßen die Intifada, die in ihr drittes Jahr geht! Wir rufen die globale Anti-Kriegs-Bewegung auf, eine Kampagne zur Beendigung der israelischen Besetzung der West-Bank!

Eine Solidaritätsbewegung für die Intifada ist angesichts der aktuellen neuen Offensive Israels von einschneidender Bedeutung, denn ohne internationale Solidaritätsbewegung droht die Niederlage des heroische Widerstand der palästinensischen Massen.

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Nr. 85, November 2003

*  Von der Demo zum Massenstreik: Agenda kippen!
*  Nach dem Gewerkschaftstag der IG Metall: Waffenstillstand
*  Bildung: Leere statt Lehre
*  Ausbildungsplatzabgabe: Wer nicht ausbildet, zahlt!
*  Die Union und die Sozialreformen: Pest oder Cholera
*  Klassenkampf in Europa: Das Kapital schlägt zu
*  Europäische Antikapitalistische Linke: Weg aus der Sackgasse?
*  Bolivien: Arbeiter und Bauern an die Macht!
*  Palästina: Solidarität mit der Intifada!
*  Heile Welt
*  Europäisches Sozialforum: Paris, wir kommen!