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Abschaffung von “Obamacare”, Steuersenkungen und Haushaltsplan

Aktuelles zu Trump

Tobi Hansen, Neue Internationale 220, Juni 2017

Wollen wir die aktuelle Politik Trumps skizzieren, müssen wir uns auf die wesentlichen Kürzungen und Reformen konzentrieren. Über die Entlassung von FBI-Chef Comey und die Sonderermittlungen des Justizministeriums in Sachen Russland werden wir nicht schreiben, ebenso wenig über den 350 Mrd. US-Dollar Rüstungsdeal mit Saudi-Arabien. Diese Administration ist täglich in aller Munde. Skandale häufen sich. Dabei werden reale Angriffe manchmal aus den Augen gelassen.

Abschaffung von Obamacare, Teil 1

Nachdem zunächst sogar die RepublikanerInnen keine eigene Mehrheit für die Abschaffung des Patient Protection and Affordable Care Act (Gesetz über PatientInnenschutz und bezahlbare Pflege, kurz: ACA, Obamacare) im Repräsentantenhaus hatten, wurde vom Weißen Haus aus wie auch von den verbündeten Medien à la „Breitbart“-News heftig Stimmung gegen diese Abgeordneten gemacht. Wer nicht für Trump und seine Pläne stimmt, wird als „unpatriotisch“ denunziert. Das kommt schlecht an bei den nationalistischen UnterstützerInnen dieser Regierung. Ebenfalls wurde ihnen ganz praktisch gedroht, dass sie ihre Chancen für eine erneute Nominierung massiv schmälerten, wenn sie jetzt nicht für die Abschaffung stimmten.

Anfang Mai war es dann soweit. Die Spitzen aus Regierung und Partei ließen sich brav vorm Weißen Haus drapieren und Trump konnte beweisen, zumindest ein Wahlversprechen auch per parlamentarischer Mehrheit umzusetzen und nicht nur per Dekret. 20 Abgeordnete der Fraktion stimmten immer noch gegen das neue „American Health Care Act“, zum einen, weil sie die vorherige Krankenversicherung noch „mehr“ abgeschafft wissen wollen, aber auch, weil WählerInnen vor Ort fragen, ob sie denn dann noch versichert sein werden. Das kann derzeit niemand genau sagen.

Eine komplette Abschaffung, wie von der „Tea Party“ gefordert, hätte 24 Millionen US-AmerikanerInnen direkt ohne Versicherung dastehen lassen. Der aktuelle Entwurf verschiebt dies auf die nächsten Jahre. So bleiben Bestandteile des alten Gesetzes wie die Versicherungspflicht, aber auch, dass unter 26-Jährige bei ihren Eltern versichert sein dürfen, zunächst erhalten. Die Hardliner, versammelt im „Freedom Caucus“, konnten sich aber in folgenden Punkten bereits durchsetzen: Die Bundesstaaten dürfen künftig wieder entscheiden, was zur Versicherung gehört und was nicht. Vom Wegfall betroffen sind vor allem die Schwangerschaftsberatung und -unterstützung sowie die Notfallhilfe, eigentlich elementarer Bestandteil jeder Krankenversicherung. Ebenfalls dürfen die Versicherungen wieder höhere Prämien für chronisch Kranke bzw. ältere „KundInnen“ verlangen, was praktisch zur Ausgliederung dieser Betroffenen führen wird. Gleichzeitig wird versprochen, dass dadurch die Beiträge für alle wieder sinken würden - eine heuchlerische Spaltung der Bevölkerung in „Gesunde“ und „Kranke“.

Dies kann bei der Abstimmung im Senat wichtig werden. Dort haben die RepublikanerInnen nur eine Mehrheit von 4 Stimmen und gerade auch ihre älteren WählerInnen hatten sich an „normale“ Beiträge zur Versicherung gewöhnt bzw., dass sie als Erkrankte keine höheren Beiträge bezahlen müssen und nicht aus der Kasse ausgemustert werden.

Haushaltsplan 2018

Während mit der de facto Abschaffung von „Obamacare“ 1 Billion Euro eingespart werden sollen (600 Mrd. für gutverdienende AmerikanerInnen durch Entlastungen von Subventionen für die staatliche Versicherung Medicaid und 337 Mrd. durch dortige Einsparungen in den nächsten 10 Jahren laut MDR und SPIEGEL Online, beide vom 5.5.2017), ist bereits klar, wohin investiert wird. Die zögerlichen Einsparungen der Obama-Administration beim Verteidigungsetat werden zurückgenommen.

Während für Verteidigung, Heimatschutz und Veteranen bis zu 60 Mrd. US-Dollar mehr ausgegeben werden, wird bei Gesundheit, Bildung, Entwicklungshilfe, Wohnungsbau, Arbeit, Umwelt u. a. eingespart. Besonders auffällig neben den Kürzungen bei der Krankenversicherung ist der Bildungsbereich. Dort werden 14 % des gesamten Etats, ca. 9,2 Mrd. US-Dollar, gekürzt, alles zum Wohle des privaten und kirchlichen Schulangebots. So wird bspw. die Nachmittagsbetreuung eingeschränkt. Schließlich gibt es ja genug kirchliche Betreuungsangebote, bei denen dann auch der Lehrplan der öffentlichen Schulen nachbearbeitet wird. Qualifizierung für LehrerInnen, Förderunterricht für beeinträchtigte SchülerInnen wie auch die Unterstützung arbeitender (oder in Ausbildung befindlicher) Eltern werden gekürzt und gestrichen. Dies ist ein massiver Angriff auf das marode öffentliche Bildungssystem der USA. Ministerin DeVos tut dies auch aus Eigeninteresse. Schließlich ist ein Teil ihres Milliardenvermögens auch in der privaten/kirchlichen Bildung „aktiv“. Dort verspricht man sich neue „KundInnen“ für diese Bildungseinrichtungen.

Mit diesem Haushaltsplan wird der Charakter des Kabinetts wiederum deutlich: Umverteilung von unten nach oben, ein Selbstbedienungsladen für alle vertretenen Kapitalinteressen und ein Generalangriff auf die Beschäftigten, RentnerInnen und die Jugend - dafür steht die Regierung Trump.

Steuersenkungspläne und die internationalen Auswirkungen

Dies lässt sich auch an deren Steuerplänen beobachten. Es wäre auch keine Republikaner-Regierung, wenn nicht großzügige Pläne für Steuersenkungen ausgearbeitet würden. Die nun vorliegenden haben aber auch internationale Auswirkungen. Die Erbschaftssteuer wird abgeschafft. Die war Trump, wie jedem, der über Milliarden verfügt, immer ein Gräuel. Der Spitzensteuersatz wird von 39 auf 35 % gesenkt. Das sind erst mal „normale“ Vorhaben einer solchen Regierung. Das Highlight der Pläne, welche von Mnuchin (US-Finanzminister) und Trumps Wirtschaftsberater Cohn, beide vormals bei Goldman Sachs tätig, vorgestellt wurden, ist die Absenkung der Unternehmenssteuern von 35 auf 15 %.

Damit werden die USA schlagartig zu einem Niedrigsteuerstandort, vergleichbare Sätze finden sich bei fast keinem anderen Industriestaat. Als die Slowakei mal 10 % plante, gab es eine direkte Intervention aus Brüssel. Seitdem reichen auch 20 %, um attraktiv fürs Kapital zu sein.

Damit lüftet Trump letztlich das „Geheimnis“, wie er US-Unternehmen und ihre nicht versteuerten Gewinne (über 400 Mrd. US-Dollar von Apple, Amazon, Google, Oracle…) wieder in die USA holen will - mit niedrigen Steuersätzen. So einfach kann Kapitalismus sein.

Gleichzeitig wird auch eine neue Privatisierungswelle angekündigt. De facto steht die ganze Infrastruktur (Verkehrswege, Energiesysteme, Bildung und Verwaltung) zum Verkauf. So wissen die Großkonzerne auch gleich, was sie für niedrige Steuern und vorfinanzierte öffentliche Kredite einkaufen können.

Gerade diese Steuerpläne zeigen auch, dass der US-Imperialismus mit dem Kabinett Trump derzeit offen die ökonomische Konfrontation mit den globalen KonkurrentInnen sucht. Natürlich sind solche Steuersätze für Unternehmen ein massiver „Standortvorteil“ gegenüber der EU, China und Japan, locken auch deren Großkonzerne an und spitzen zugleich die Konkurrenz zu.

Das ist die Aufgabe dieser Regierung und das setzt sie zur Not auch ohne Trump um. Bei der Häufung der Skandale, Ermittlungen etc. ist es durchaus möglich, dass der Präsident die Legislaturperiode nicht übersteht. Allerdings hat der Rest des Kabinetts eine klare Agenda vor Augen, auch ohne Trump würde die fürs Finanzkapital hinreichen.

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Nr. 220, Juni 2017
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