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Tarifrunden Ritual

IG Metall will 5 Prozent

Frederik Haber, Neue Internationale, März 2016

Die IG Metall leistet sich einen großen Aufwand, wenn sie die Lohnforderung für die Tarifrunden festlegt. Alle Mitglieder dürfen sich an der Debatte beteiligen. Theoretisch. Einfluss haben sie keinen.

Alle Vertrauensleute dürfen Vorschläge machen und, wenn sie die Mitglieder in den jeweiligen Betrieben befragen, dann dürfen diese das ebenfalls tun. Anschließend beraten Funktionärskonferenzen oder Delegiertenversammlungen auf lokaler Ebene und dann die Großen Tarifkommissionen der Bezirke über die Forderung. Der Vorstand gibt eine Empfehlung ab. Nach einer erneuten Beratungsrunde beschließen dann die Tarifkommissionen erneut eine Empfehlung an den Vorstand, der letztlich die Forderung aufstellt, da über die Satzung gesichert ist, dass er alleine die Tarifpolitik bestimmt.

Er könnte sie auch gleich festlegen, wie dies in der chemischen Industrie der Fall ist. Denn der Prozess, der früher noch zumindest teilweise den Willen der Basis widerspiegelte, ist heute strikt reglementiert. Noch 2002 führte die Empörung über einen zu niedrigen Abschluss im Jahr davor dazu, dass die Forderung so hoch geschraubt wurde, dass ein Streik unvermeidbar war. Heute wird die Diskussion in den Betrieben darauf reduziert, wie hoch eine „Umverteilungskomponente“ aussehen soll, die gemeinsam mit der Inflationsrate (dieses Jahr 1%) und der gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsentwicklung (2%) die Forderung ergeben soll. So verkündet der Vorstand die 5-Prozent-Forderung, die im Grunde schon von Beginn an feststand, als Ergebnis einer „Diskussion“.

Vom Ritual zur Farce

Das bedeutet zweierlei. Der IG-Metall-Vorstand strebt einen Abschluss um die 3% in diesem Jahr an. Die Umverteilung wurde nie erreicht und sollte es auch in diesem nicht. Genauso wie der Produktivitätsfortschritt, der in der Metallindustrie höher liegt als in der Gesamtwirtschaft, dem Kapital zufallen soll.

Zum zweiten ignoriert das die Forderungen der Beschäftigten, dass die Verluste ausgeglichen werden, die sie bei ERA, bei Standortsicherungen oder in der Krise gemacht haben. Argumente, dass die Preissteigerung für Lohnabhängige eine andere ist als die allgemeine Inflation, spielen keine Rolle. Es geht nicht um die Bedürfnisse und die Sicht der Arbeitenden, sondern das wirtschaftliche Verständnis des Vorstandes. Das Verständnis für das Kapital, das unbedingt seine Vermehrung dank hoher Umsatzrendite will.

Das Vorgehen des gesamten IG Metall-Apparates, demokratische Beratung zu spielen und zugleich seine Entscheidung durchzudrücken, lässt das Prozedere immer mehr zu einer Farce verkommen. Vielen, gerade den engagierten MetallerInnen, stößt dies auf. Wenn sie Forderungen von 6, 7 oder 8 Prozent vorschlagen, werden sie als SpinnerInnen hingestellt, über ihre Begründungen wird sich lustig gemacht. Der ganze „demokratische“ Prozess wirkt lächerlich, wenn schon an seinem Beginn der „Vorschlag“ des Vorstandes als endgültige Forderung über die Medien verbreitet wird.

Aber die Medien können nichts dafür. Ihre Erwartung, dass diese Vorgabe durchkommt und nicht die Vorschläge aus den Betrieben, ist durch wiederholte Erfahrungen belegt.

Für die MetallerInnen an der Basis gilt: Aus der Unzufriedenheit muss eine organisierte Bewegung werden! Dann können die Meinungen und Forderungen der Basis wieder eine Rolle spielen in der IG Metall. Nicht nur in der Tarifrunde.

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Nr. 207, März 2016
*  Flüchtlingsfrage: Test für die EU
*  Drohender Rechtsruck: Antirassismus konkret
*  Internationaler Frauentag: Rassismus und Frauenunterdrückung
*  Tarifrundenritual: IG Metall will 5 Prozent
*  Internationalismustage der NaO: Durchgeführt trotz Repression
*  Landtagswahlen am 13. März: Referenden über Rassismus und Große Koalition?
*  Politisch-ökonomische Perspektiven: Deutsche Imperialismus, Klassenkampf und die "radikale" Linke
*  China: Krisenverschärfungen
*  Britannien: Die Labour Party und revolutionäre Taktik
*  Polen: Unaufhaltsam nach rechts?
*  Türkei: Hände weg von Kurdistan!
*  Syrien zwischen Waffenstillstand und Eskalation: Reaktionärer Vormarsch oder permanente Revolution?