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Verschleierungsverbot

Getarnter Rassismus

Svenja Spunck, Frauenzeitung Nr. 3, Arbeitermacht/REVOLUTION, März 2015

Die Diskussion um ein Verschleierungsverbot in Deutschland kommt immer wieder auf, inspiriert von dem bereits in Frankreich verabschiedeten Gesetz, das für eien Gesichtsverschleierung mit Burka und Niqab eine Strafe von 150 Euro für die Frau und einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 60.000 Euro für denjenigen, der sie dazu zwingt, vorsieht.

Angeblich sei diese religiöse Praxis nicht mit dem Laizismus (d.h. der Trennung von Staat und Religion), den demokratischen Werten und der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau vereinbar. Interessant ist, dass die regierende Christlich Demokratische Union (CDU) in einem Land, in dem nach wie vor 23% Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern besteht, diese Debatte nun wieder anheizt. Ob Angela Merkel wohl bei ihrem letzten Kaffeeklatsch mit dem Papst auch über Frauenrechte gesprochen hat?

Alle Religionen sind ein spezifischer Ausdruck der realen gesellschaftlichen Verhältnisse. Sie  tragen dazu bei, besonders reaktionäre Formen zu manifestieren, indem sie vorgeben, diese seien durch ein höheres Wesen legitimiert. Sich aber genau eine Variante davon auszusuchen, und sich dann als großer Befreier darzustellen, hilft niemandem. Im Gegenteil, gerade in der aktuellen Debatte um die scheinbare „Islamisierung des Abendlands“ wird dadurch nur noch Öl ins anti-muslimisch-rassistische Feuer gegossen. Dafür wird auch noch Dankbarkeit erwartet.

Aber allein die Argumentation, eine Verschleierung sei schlecht, da die Frau dadurch unkenntlich wird, zeigt ganz genau, das eine nicht weniger reaktionäre Idee dahinter steckt. Frauen seien Objekte, die einem bestimmten Bild zu entsprechen haben, welches von anderen bestimmt wird. Es scheint völlig ausgeschlossen, dass Frauen eigene Entscheidungen treffen. Ebenso könnte man eng anliegende Kleidung verbieten und Dankbarkeit erwarten, schließen schütze man Frauen damit vor Vergewaltigungen.

Genauso wenig wie Frauen sich diktieren lassen sollten, dass sie kurze Röcke und tief ausgeschnittene Oberteile zu tragen haben, sollten sie sich vorschreiben lassen, ihr Gesicht zu verschleiern. Doch ebensowenig darf der bürgerliche Staat entscheiden, welche religiösen Praktiken erlaubt sind und welche strukturell, rassistisch unterdrückt werden. Der scheinheilige Laizismus beschert uns allen frohe Weihnachten, doch an Ramadan müssen alle schuften.

Wir lehnen jede Form der Fremdbestimmung über Frauen ab, genauso wie staatliche Repression gegen Muslima. Wir lehnen jede reaktionäre Form von Religion ab, genau so wie jede staatliche Unterdrückung einer bestimmten Religion.

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Frauenzeitung, März 15
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